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sich unter dem Titel „Aus der Welt“ augenblicklich in die Welt hineinlesen, in eine Person oder Persona, für Momente blitzen mögliche Identitäten auf, eine „sie“ und eine andere, die vielleicht doch dieselbe ist, oder die wievielte, die sie aus einer anderen Schicht anblickt, im weitesten Sinne geht es um Fortpflanzung, die Art und Weise, wie Lebewesen biologisch aneinanderhängen und auseinander hervorgehen, das Körperliche daran (Gelege, Dotter, Eihaut) und quer durch die biologischen Spezies, auch Flechten werden aufgerufen, Kühe, 'Schaf- und Käferstückchen' und zum Schluss hin eine Samenkapsel, und doch ist es zugleich eine einzige Geschichte und die Geschichte einer einzelnen Seele, sie beginnt mit einem freiwilligen Vergehen, dem nichts mehr übrig bleibt, wenn die Lebensarbeit der Fortpflanzungen (genetisch, metabolisch, psychisch, sozial, symbolisch) vom Absterben eingeholt wird, und über diesen Entschluss zum Vergehen kann sich noch viel Konkreteres in diesen angerissenen Sätzen oder Ausschnitten gleichzeitig aussprechen und verbergen, aber so lese ich das Gedicht nicht, nicht als Rätselraten um spurentechnische Auflösungen, sondern ich lese es als weitgespannte, federnde Membran, semipermeabel zum eigenen Menschlichen und seiner unentrinnbaren biologischen Natürlichkeit, an der nichts 'romantisch' oder 'archaisch' ist (um nur zwei Register von geläufigen Missverständnissen abzuweisen), ich lese es im Bewusstsein der unbegreiflichen Tatsache, dass aus dieser 'Natürlichkeit' etwas hervorgeht wie das Bewusstsein, das sich in einer so außergewöhnlichen Sprache wiederfinden kann, ich lese es am eigenen Leibe –
Die "kinderlose Stille" in "vom Auge abgesehen" (10), die "knochennacht" zwischen "mutatas" und "muttertask" (63), im Gedicht "Wolkenseelen" (86) die Voraussage: "Bestreiten Vernichtung, all die Male, wo wir / nicht Eltern geworden sein werden, diese eine / Endgültigkeit." Und jetzt, hier in "aus der Welt" eine vierte Inszenierung von Geburt oder Nicht-Geburt.
Aus meiner Perspektive handelt es hier nur um eine Figur, von der es wiederholt heißt: "denkt sie". Man erfährt, dass sie das Dröhnen einer Klinik hinter sich lässt. Und man erfährt von ihrer Tätigkeit: "Selbst wenn sie so über die Flure hetzt, immer neue Kleine im Arm, sie hebt, hebt, legt [...]". Das klingt nach Beruf und das klingt für mich nach einem Gedicht aus der Perspektive einer Hebamme, also von jener Person, die beruflich für einen seltsamen Übergang steht: Das Kind wird auf die Welt gebracht, so als wäre es vor der Entbindung nicht schon auf der Welt gewesen. Über diesen Übergang nachdenkend, überlagern sich die Gedanken über die Hochebene, über das Seelenleben des Kindes und über den Umgang von der Mutter mit dem Neugeborenen: "Küssen Sie Ihr Kind", "Schlecken Sie es ab". Wie geht aus der Welt, in die Welt kommen, wenn man die Vermittlung dieses Übergangs zum Beruf macht. Wenn also der (natürliche) Ablauf der Geburt Essenz der eigenen Arbeitskultur ist.

