
Kommentare
klasse!
Ja, „täglich Tod“ statt täglich Brot, das ist einmal eine Umdeutung! Und wie der Titel schon das ganze Gedicht enthält, wie es sukzessive aus ihm herausgetrieben wird und wie man es am Ende beinahe wieder in ihn zurückfalten kann. Wie unmißverständlich und dabei nach allen Seiten ausstrahlend diese Sätze sind. So hingesagt, wie man es in ein Notizbuch schreibt oder einen Neujahrsvorsatz formuliert. Und dennoch mit geschliffenen Klingen, jederzeit als Ausbruchswerkzeuge zu gebrauchen. Man bekommt sofort Lust, es auswendig zu lernen, um es sich einzuverleiben wie eine Kraftnahrung.
Wow, solche Verse in einem Notizbuch. Sagen Sie, Theresia Prammer, was müsste passieren, damit Sie vielleicht ein paar Auskopplungen von Ihren Notizen publizieren? Und verdammt, an meinen Neujahrsvorsätzen werde ich wohl auch noch einmal feilen müssen.
Wie großartig hier doch die Engführung zwischen dem Wicht und dem plötzlich präsenten Gott, zwischen dem hirnlosen Brückenbau des Reimens und der göttlichen Interstuhlverbindung. Und ja, so ein Gott sitzt nicht einfach zwischen zwei, sondern zwischen allen Stühle, was für ein wunderbares Thronbild, das so recht aber leider nicht in den Kopf will (ein Königreich für einen Papan!). Und zuletzt dieses fein umjustierte Prinzip der Ebenbildlichkeit: Göttliches Aussehen korrespondiert mit dem eigenen Fühlen. Aber da Gott zwischen allen Stühlen gerade keine so gute Figur macht, ist das in diesem Fall ein Bild höchster Ambivalenz. Eine Ambivalenz, die alles erschüttert, außer offenbar die unumstößlich Sicherheit in Sachen Selektion. Aschenputtel nichts dagegen.
Bloß steht "täglich tod" in dem Gedicht gar nicht drin; vom "täglich sterben" ist die Rede, was etwas anderes, vor allem aber präzise ist. Anders als Sie anderen stört mich das Wort "Wicht", das mir des Binnenreims halbe gewählt worden zu sein scheint (auf "nicht") und in der Tat eine Klammerwirkung hat; aber mit diesem Wort verliert sie (für mich) an Kraft, weil die Intention (für mich) herbeigedrechselt wirkt. Auch tut mir "nur hirnlos (zu) reimen ... muß beendet werden" sprachlich weh, wegen der "zu"-Auslassung.
Weiters: Was bedeutet "seellos süchtig"? Seelenlos süchtig? Gut, kann man meinen, wär aber - Verzeihung, wenn ich einmal inhaltlich argumentiere - nicht wirklich erstrebenswert, oder? Hübsch allerdings, geradezu antik, ist die Verfaßtheit dieses anarchistischen Gottes - er läßt sich nur als einer unter mehreren denken, andernfalls er sich zwischen die Stühle der eigenen Schöpfung setzte. Kirchlich argumentiert geschah so etwas zuletzt in der südamerikanischen (katholischen!) Kirche der Befreiung; aber Kirche ist nicht Religion noch Gott.
Aber es sind <i>schneidige</i>, so vermessene wie freche Verse, das gefällt mir.
auf den Wicht lasse ich nichts kommen, zumal er mir immer wieder Gedicht aufruft, das ihn im Titel trägt und mir so gut gefällt wie dieses.
Ballade, welche das Duell betrifft, das Herr von Bergerac ausfocht mit einem Wicht
Aus dem Versdrama “Cyrano de Bergerac” (1897) von Edmond Rostand. Deutsch von Ludwig Fulda