
Kommentare
"Wir müssen Gott zurück in die Schule schicken": eine schöne Idee vertan.
Die Spinne schafft's nicht zur Parse.
Für "zu Tränen gerührte Steine" erstmal bei Marianne Fritz in die Schule gehen, bevor sich so etwas wagen läßt - Wagnissen eignet die Gefahr des Scheiterns, ja; sie ohne Training einzugehen, ist schlichtweg... nee, das schreib ich nicht. 'tschuldigung.
"nur das lob lohnt die rede" (egger). wurde hier mal als konzept ausgegeben. und hat insofern etwas, als kritik meist verschließt (freilich, um weiter zu kommen, auszusortieren etc.), abschließt, wegwirft. um sich (oder anderen) orientierung zu verschaffen, sehr sinnvoll, aber in diesem kontext nur beschränkt, mündet oft in gähnende werturteile. wo lebhafte diskussionen entstehen ist damit schon viel gesagt.
Das lyrische Ich macht alles richtig, spendet dem Bettler, der Kirche, es braucht sich nicht zu schämen. Aber was bringt das, wo die Welt aus dem Lot ist. Der eine darbt, der andere hat als Widerstandskämpfer in jungen Jahren sein Leben gelassen. Fotos zeigen die lange Reihe von Opfern, ihre Blicke verfolgen das Ich bis zum Hotel. Libertà, heißt es, Freiheit, und befindet sich neben der streng bewachten Synagoge. So nicht, denkt das Ich im Geiste von Dostojewskis rebellisch-resigniertem Iwan Karamasow. Soll der Schöpfer solch verfehlter Schöpfung erstmal seine Lektion lernen. Doch ist es womöglich zu spät. Denn die unerbittliche Spinne webt am Schicksalsfaden, um ihn - eine grausame Parze - eventually durchzuschneiden. Dann ist Schluss für alle.
Der Satz des Anfangs ist zu lang (dritte Zeile wäre besser ein eigener Satz). Prosa-Syntax versus Vers-Gang.
Nach dem Stolpern aber lese ich und gehe mit und sehe alles. Ich mag, wenn ich alles sehe. Und es ist - so weit - noch nicht überlastet, der Weg, den ich da an der Hand dessen oder derjenigen gehe. Auch nicht durch die persönlichen Äußerungen, was in der "Figur" vorgeht wie "ich war froh, mich nicht schämen zu müssen". Riskante Formulierung. Aber ich nehme den schlichten Gedanken in dieser Szene an! Ich kenne Modena nicht vom Augenschein, bin aber doch in vertrautem Raum. Weil ich mit dem da, das die Situation ohne Schnörkel ausführt, mitgehe. Ganz das alte, ganz das bekannte Europa 20. auf 21. Jahrhundert. Der Fluch der Zeit anwesend - Ilma Rakusa hat es hier vorstehend zusammengefasst.
Konkret, aber allgemein genug. Unspektakulär genau, irgendwie ...sanft. Was zu sehen sein kann, beinahe jeden Tag, wenn man offen genug durch diese Städte geht.
Ich würde dem Ganzen vermutlich mehr Rhythmus geben, den Zeilen mehr Vers-Charakter vielleicht. Ist aber nicht mein Gedicht.
Ich würde etwas streichen. Das kann ich wenigstens vorschlagen:
Die letzte Zeile endete gut vor dem "es ist hohe Zeit."
Fußnote: Den Satz von "Bleib" bis "blieb" - den möchte ich mir merken.
Alles ist vorbei: der Gottesdienst, die gerührten Steine, die milden Gaben, die kurz gehaltenen Zigaretten der heroischen Widerständler, auch deus absconditus höchstselbst. Wir sind in unserer Unzeit angelangt, mit (Nomina, Omina) »Libertà« und »Best Western« und der Synagoge unter Waffenschutz. Einzig eine Verbohrtheit macht weiter, die Spinne – eher eine der düsteren Parzen – die an ihrem Faden schraubt.

