
Kommentare
Ein Gedicht des Augenblicks, über die Punktualität der Zeit, die Schönheit der Präsenz einerseits, ihre Vergänglichkeit andererseits. Die beiden "jetzt" in der ersten und dreizehnten Zeile sind die beiden Fixpunkte dieser Wahrnehmungsstudie. Als würde man zwei Nägel in die Wand schlagen und versuchen, das Bild der Gegenwart daran aufzuhängen. Sich leise daran erfreuend, dass es sich nicht aufhängen lässt. Das Aufreihen der Impressionen mag ein noch so altes Verfahren sein, trotzdem entfalten die Bilder eine zarte Kraft. Poetische Energie durch Verdrehung. Den Bilder wird durch die chiastische Vertauschung von Ursache/Wirkung, aktiv/passiv ein Umkehrschub entlockt: "träume wildern / in der Wirklichkeit. sie unterscheiden mich nicht mehr." Zuletzt dieser kleine, feine Kommentar zu unserer Gegenwart: "Und wieder rauche", also wieder die Tätigkeit des Vergänglichen überhaupt aufnehme. Schön, wenn sich der Schall des Gedichts in Rauch auflöst. Hätte dieses "und wieder rauche" vor ein paar Jahren eingeleuchtet? Oder funktioniert das erst im Kontext der Prophylaxe-, Gesundheits- und Sicherheitsgesellschaft, wenn man gerade für die Vergänglichkeit raucht?
* Ob der "Fellrand" eigentlich ein "Feldrand" sein soll? Oder beides, weil man den Feldrand eh nicht loswird?
Unbedingt Fellrand: Ich möchte die Vorstellung von einem felligen Etwas, das von vielen Augen bewohnt wird, ungern wieder hergeben.
Ein Gedicht der Dauer, das vom Älterwerden handelt. Ein Spätsommergedicht, in dem in vier Haltungen (Gehen, Stehen, Suchen, Sitzen) darüber nachgedacht wird, was mit einem gemacht wurde im Laufe des Lebens. Und doch sitzt jemand am Ende da und schaut ins Feuer (der Augenblick, in dem die Dauer liegt) und raucht SELBST. Am Ende kehrt dieser Jemand an einen früheren Punkt, vielleicht die Jugend zurück durch das Rauchen.
Merkwürdig, dass für "früher" das Meer mit der freien Sicht steht, die Leichtigkeit sich aber erst mit den Bäumen, die einen eng umstehen, einstellt.
Kleiner Stoffwechsel. Das Äußere, etwas unwillig beschriebene, wird wie so viel Brennholz reingeholt (schon der Sommer mutet hier wie Herbst an!), während der Rauch von innen nach außen dringt. Bis hoch zu der kursiv sich schlingelnden Überschrift. Unvermögen. Unmut. Unlust. (Bis auf das Rauchen, womit man wieder begonnen hat.)
Ich komme erst einmal mit den Zeilenbrüchen nicht klar, also mit der Struktur der Verse. Wieso s i n d es Verse? Ich probiere rhythmisch, probiere nach italienischer Manier Silbigkeit, nix haut hin. Auch Alliterationen usw. halten die einzelnen Verse nicht ineinander.
Was die inhaltliche Seite anbelangt, allerdings, geht es mir wir den vorherigen Kommentator:inn:en.
Frühsommer mit Staubgeruch und grünem Wind, darin ein unfrohes Ich, dessen "blick zurück wankt auf gedächtnisbrücken". Nicht nur die "sehkraft schwimmt", alles scheint zu taumeln: zwischen Jetzt und Früher, Traum und Wirklichkeit. Dass dieses Ich sich verläuft und im Wald nach Tierkadavern gräbt, soll das Erdung bringen? Wohl kaum. Es bleibt flüchtig wie der Rauch. Und wie eine flüchtige Skizze erscheint auch das Gedicht, gleichsam somnambul zusammengehalten von Gleichklängen, Binnenreimen und einem elegischen Rhythmus.

