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Das Ohr reagiert, als hörte es ein altes Lied. Klangvoll sind die vierhebigen trochäischen Verse mit ihren Kreuzreimen, doch wovon sie erzählen, verstört. Das wie Haar aufragende Geäst, rissige Lippen (zu wem gehören sie?), blasse Gipfel - alles von schimärischer Unheimlichkeit. Und so geht es weiter. Was liegt, hechelt wie im Überlebenskampf. Es sind letzte Zuckungen einer erkaltenden Endzeitwelt. Am Reif allein kann es nicht liegen. Aber die Musik - auch der zweite Eindruck bestätigt es - betört.
Was verstört sind auch diese Gegensätze - über allen Wipfeln ist eben keine Ruh. Die erste Strophe ahnt, was war. In der zweiten lauert die Zukunft. Im letzte Vers der ersten Strophe tröstet das leise Atmen der Gipfel, in der zweiten Strophe hingegen liegt in der Stille das Grauen. Die Bäume bergen die Erinnerung an Körper, dann werden sie zu Tätern in spe, noch hecheln sie nur, bereit zur Tat. Oder sind sie die Wächter vor der Tat? Und über allem ja die Tatsache: Raureif kündigt Kälte an, sein Glitzern auch ein Versprechen. In dieser Überschreibung des Schönen aber nur die Beklemmung.