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Eine Reflexion oder Abschweifung über seichtere und tiefere Meere und unser mögliches Verhältnis zu ihnen. Dargeboten in einer gespreizten, altertümelnden Diktion, die Sinnlichkeit dem Gedanken- und Wortspiel opfert. Von einem Triest- Gedicht mag, wer die Stadt kennt und liebt (ich bin in ihr aufgewachsen), anderes erwarten. Für den Autor sind Stadt und Bucht nur ein Anlass, um über "untief schönes", "die vielen wellenmassen" und die "schlabbrigfeuchten reize" der Meere nachzudenken. Zu einem definierbaren Ergebnis kommt der Dichter nicht, vielmehr folgt sein Sprechen, etwas schwindlig machend, immer neuen Wellenlinien. Was man auch als "Sich durchschwindeln" bezeichnen könnte.
Geht es hier denn um Triest? Vielleicht um ein aus mir, in mir, durch mich hindurch sprechendes. Mit wie vielen Stimmen? Einer? Jedenfalls mit dem Meer. Oder könnte die Rede ebenso von einem inneren Udine sein? Nein, es geht ums Sprechen in meinem behaupteten Triest! Damit das Triste vorübergehend wieder Triest wird.
Triest - eine der Städte, in deren Angesicht auch moderne Dichter zu Minnesängern werden. Italienschwärmerei, kuk-Romantik, hemmungslose Nostalgie und hoher Ton. Und was wird hier gezündet? Ein Filibuster vom Feinsten, der sich ganz herrlich in den Unsinn dreht und dabei so klar auf den Bildern lyrischer Autoerotik harft, dass man fast vergessen könnte, dass hier jemand von Erwartungen schreibt und deren Unterwanderung. Denn diese Erwartungen sind paradox: einerseits singen und nicht schildern, also Rausch statt Dokument. Andererseits aber gefasste Bilder. Zurecht stellt sich die Frage: wie denn "dieses schöne wogen" und "das gewellte" einzäunen, also den Anstand wahren, wenn es doch um "schlabbrigfeuchte reize" geht, die ja auch eigentlich gewünscht sind, nur gibt's keiner zu? Schon das erste Bild: Man stelle sich bitte vor, wie eine Dame im seichten Meer Handstand macht, von Anstand kann da keine Rede sein. Dichtung also als Schwindel und dieses Gedichte als ein vergnügliches und ganz bewusstest Sich-Rausreden und Davon-Stehlen. Es dreht uns eine lange Nase und handelt eben doch: von Triest und seiner Dichtung.