Man sieht, wer seine Seele verkauftDas Multitalent Hans Platzgumer im Gespräch über Massenkompatibilität, Innovationszwang und Popliteratur Wer seine Pseudonyme aufzählen will, braucht dafür beide Hände. Für seine Arbeitsfelder muss man schon die Füße zur Hilfe nehmen. Und für seine Veröffentlichungen die Nachbarn. Sagen wir es, wie es ist: Hans Platzgumer ist Musiker, Komponist, Produzent und Autor (um eine grobe Einteilung zu machen), unter zahlreichen Pseudonymen und in unterschiedlichsten Kollaborationen veröffentlichte er rund 300 Alben und absolvierte über 1000 Auftritte in der ganzen Welt. Und schrieb zwei Bücher. Und Hörspiele. Und Filmmusik. Und sprach mit lit08.de über die Ideale, die hinter dieser ganzen Arbeitswut stecken. lit: Herr Platzgumer, Sie verstehen sich als Underground-Musiker. Was bedeutet das denn überhaupt, „Underground“? Platzgumer: „Underground“ steht für mich nach wie vor für Integrität und für eine Verweigerungshaltung gegenüber der Kommerzialisierung von Kunst. Ich verwende es als ehrlich gemeinte Alternative zum „Mainstream“, als Modell, das die Freiheit der Kunst über ihre Massenkompatibilität stellt. Man kann auch „Punk“ dazu sagen, aber ich finde diesen Begriff überstrapaziert, vorallem auch weil er eine bestimmte Musikrichtung suggeriert. Strawberry Fields ist Undergroundlit: „Underground“ ist also eher ein Ideal? Platzgumer: Erst mal steht „Underground“ im popmusikalischen Kontext für keinen musikalisch definierten Stil. Auch „Independent“ war kein bloß musikalisch definiertes Genre, jedenfalls bevor es mit dem Ausverkauf von Grunge in den 90ern zu „Indie“ oder „Alternative“ und damit zu einem Verkaufsschlager wurde, mit dem sich Millionen scheffeln ließen. Aber glücklicherweise ist das Modell „Untergrund“ allgemeiner gehalten und musste bislang in der skrupellosen Ausschlachtung der Kommerzapparate nicht soviel hinnehmen wie etwa das Schlagwort der „Unabhängigkeit“. Copyright © Raimund Groß und Victor Kümel – Aug 15, 2008 |
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