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Teil 3 : Wilde Frauen - Lebe deinen TraumElli H. RadingerDie Zeit vergeht wie im Fluge, und es ist kaum zu glauben, dass wir uns nun schon dem letzten Teil des Seminars nähern.Nach einer letzten kleinen Pause, erzählt uns Elli Radinger von ihrem Buch Wolfsküsse und ihren Reisen nach Yellowstone. Dieses Buch hat eine eigene Geschichte. Als geplanter Spitzentitel des Verlages durfte nichts dem Zufall überlassen werden. Schon der Titel wurde zur Herausforderung. Wolfsküsse“ war die Idee des Verlages. Und löste in Elli ärgste Bedenken aus. Sie hatte einen Ruf als Wolfsexpertin zu verlieren. Was würden die Kollegin denken, wenn sie ein Buch herausbrachte, das vermuten ließ, der Wolf werde zum Kuscheltier degradiert? Nein, auf keinen Fall! Aber der Verlag bestand darauf. Rücksprache mit Freunden und Kollegen zerstreuten die Zweifel. Die Leser sind nicht dumm. Sie werden wissen, dass es als Metapher gemeint ist. Also gut, dann eben Wolfsküsse. Der Untertitel war nicht minder umstritten. Mein Leben unter Wölfen. "Ich lebe aber nicht unter Wölfen. Kein Mensch kann unter wilden Wölfen leben, auch wenn das manche Möchtegern-Forscher von sich behaupten. Ich beobachte sie. Forsche. Versuche aufzuklären und in den Köpfen der Menschen das falsche Bild vom Wolf durch Fakten zu ersetzen." Doch auch hier setzte sich der Verlag durch. Ein Titel muss verkaufsfördernd sein. Nur darum geht es. Der nächste Schritt: Das Coverfoto. Natürlich ein Wolfskuss. Es gab ein Bild aus Wolf Park. Die erste Begegnung mit einem echten Wolf und ein Wolfskuss. Wie gewünscht. Doch dem Verlag nicht gut genug. Das Bild war zu alt. „Wir brauchen etwas aktuelles.“ Da fiel Elli Tanja Askani mit ihren handaufgezogenen Wölfen ein. Ein Anruf, die Schilderung des Problems, natürlich würde Tanja helfen. Doch die Zeit drängte. Binnen einer Woche mussten die Aufnahmen gemacht werden. In Stress und Hektik reiste Elli in die Lüneburger Heide. Immer den Satz von Tanja im Ohr, dass sie entspannt und ausgeruht zu den Wölfen kommen musste. Unruhe und Stress überträgt sich schnell auf die Tiere. Die Begegnung mit Noran und Naaja macht alle Probleme vergessen. Es ist unbeschreiblich, diesen beiden großen weißen Tieren gegenüberzustehen und von ihnen begrüßt zu werden. Für den Wolfskuss allerdings, muss mit Käse nachgeholfen werden. Darauf ist Noran ganz wild. Die Bilder sind im Kasten. Alles ist gut. Nun muss das Buch beworben werden. Mehrere Auftritte im TV, Interviews, Lesereisen. Und dann der Anruf von Stern TV. Sie wollen einen Beitrag über die Wolfsfrau bringen. Die Programmplanung ruft an und möchte einen kleinen Film als Einspieler. So etwas gibt es natürlich nicht, ohne geht es aber nicht. Sie wollen Elli filmen, wie sie aus einem Zelt kriecht, vor dem wilde Wölfe liegen – am liebsten in Deutschland. "Wilde Wölfe haben Angst vor Menschen?" "Ach so, dann vielleicht ein anderer Film." Der Trailer zu Wolfsküsse stammt von Bob Landis, einem berühmten Naturfilmer. Vielleicht erteilt er die Genehmigung, eine längere Sequenz zu verwenden. Elli zuliebe stellt er Aufnahmen zur Verfügung. Doch das reicht nicht. Zu wenig Blut. Es wird ja nicht gezeigt, wie das Wolfsrudel den Hirsch reißt. Oder wie sich zwei Wölfe gegenseitig zerfleischen. Immer wenn es spannend und blutig wird, ist ein Schnitt. "Kann man den Film nicht ungeschnitten bekommen?" Elli ist fassungslos. Versucht, der Programmdame zu erklären, worum es bei ihrer Arbeit und in dem Buch geht. Doch das ist nicht interessant genug. Man braucht Spannung, Drama, Action. Niemand will den Wolf harmlos sehen. Als liebevolles Familienmitglied. Als scheuen Jäger. Unter diesen Umständen fällt der Beitrag bei Stern TV flach. Man ist um eine Erfahrung reicher. Und ernüchtert. Es geht eben doch nur um Quoten, Verkaufszahlen und Umsatz. Da wenden wir uns doch lieber erfreulicheren Themen zu. Ellis Buch, Yellowstone, die Reise einer Frau zu den Wölfen – und zu sich selbst. Die Sehnsucht nach Freiheit und ein gewisses Fernweh lag ihr schon immer im Blut. Daher begann ihre berufliche Karriere als Flugbegleiterin, genauer als „Rotkäppchen“, womit das Schicksal vielleicht schon einen kleinen Wink geben wollte. Aber die Damen und Herren der Lufthansa mit den roten Mützen mussten natürlich nicht auf Wölfe aufpassen und auch keinen Kuchen und Wein zur Oma bringen, sondern betreuten alleinreisende Kinder. Da sie sich in diesem Beruf zu viel mit negativen, destruktiven Fällen beschäftigen musste, sattelte Elli um. Mit ihrer Erfahrung im Bereich der Luftfahrt, lag ein Jurastudium im Bereich des Luftverkehrsrechtes nahe. Im späteren Berufsleben bestand der Anwaltsalltag dann jedoch eher aus Scheidungen, allgemeinem Verkehrsrecht und dergleichen. Also auch nicht das Wahre. Als der Exehemann einer Mandantin ihr nach verlorenem Prozess um einen Fernseher selbigen durchs Fenster ihrer Kanzlei warf, stand für Elli fest: So kann es nicht weitergehen. Damit wirst du nicht glücklich. Doch was konnte die Leere füllen, die sie in ihrem bisherigen Leben empfand? Hunde hatte Elli schon immer geliebt. Sie war mit ihnen aufgewachsen. Die wilden Vorväter faszinierten sie. Elli suchte und fand. Einen Praktikumsplatz in den USA. Im Wolf Park Indiana arbeitete der renommierte Wolfsforscher Dr. Erich Klinghammer mit handaufgezogenen Gehegewölfen. Er war bereit, Elli aufzunehmen, doch ob sie einen Praktikumsplatz bekommen würde, konnte er nicht entscheiden. Das lag allein bei den Wölfen. Elli greift zum Buch und schlägt eine Passage auf. Wolfscasting könnte man es nennen. "Kein Schmuck – Wölfe spielen gern mit allem, was baumelt. Kein Make-up, kein Parfum. Wölfe wälzen sich gern in allem, was stinkt. Bist du gesund? Ein Wolf wird jede Schwäche sofort erkennen und merkt, dass du krank wirst, lang bevor du es selbst spürst." Nicht gerade beruhigende Worte, wenn man gleich einem Wolf Auge in Auge gegenüberstehen wird. Und dann ist es soweit. Elli fängt die Magie dieses Augenblicks in Worten ein. Wir sind alle gebannt, sind im Geiste mit dabei. Die Begegnung, der erste Kontakt und dann – der Wolfskuss. Sie ist angenommen. Die Arbeit als Praktikantin besteht in der Versorgung und der Beobachtung der Tiere. Stundenlang dokumentieren die Studenten jede Bewegung, jede Aktivität oder auch nur die Ruhephasen. Wolfswelpen werden mit der Flasche großgezogen und so auf den Menschen geprägt. Es ist anstrengend, aber Elli fühlt sich … Zuhause angekommen. In Wolf Park lernte sie auch Günter Bloch kennen, mit dem sie später mehrere Bücher über Wölfe und Hunde schreibt. Sie gründen die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe in Deutschland. Wollen aufklären, Vorurteile abbauen und dem Wolf die Rückkehr in die deutschen Wälder ermöglichen. Doch Elli will noch mehr. Sie will wilde Wölfe beobachten. In Freiheit. Das International Wolf Center in Minnesota und Dave Mech geben ihr Gelegenheit dazu. Sie lernt alles über das Verhalten von Wolf und Beute, über Radiohalsbänder, Peilung und Ortung. Ellis nächste Station ist der Yellowstone Nationalpark. Seit 1995/96 werden wieder Wölfe angesiedelt. Die Wölfe werden mit Sendehalsbändern versehen, damit man sie orten und ihre Wanderungen verfolgen kann. Jetzt lernt sie von den Wölfen, beobachtet sie täglich beim Sozialleben, der Jagd und der Paarung. Darf im Wolfsprojekt mitarbeiten. Heute führt sie kleine Gruppen von Touristen in den Nationalpark, wo sie mit Ferngläsern und Hochleistungsspektiven bewaffnet auf den Spuren der Wölfe wandeln. Die Touristen lernen: Wie verhalte ich mich richtig? Gegenüber den Wölfen – und gegenüber Bären. Ob der Rat von „Totstellen, selbst wenn der Bär dich anfrisst“ ernst gemeint ist, oder nur schocken soll, bleibt offen. Auf jeden Fall halten sich alle an die Regeln: Nicht alleine gehen und immer das Pfefferspray dabei haben. Die Belohnung ist das Erleben der Natur in der Serengeti Amerikas: zahlreiche Bisons, Kojoten, Bären, Hirsche und Wölfe, einmalige Eindrücke einer unberührten, wilden Landschaft und Erinnerungen für die es keine Worte gibt. Einer der der bekanntesten Wölfe im Park und der Lieblingswölfe von Elli ist Casanova, der schwarze Druid-Wolf. Den Abschluss von Ellis Vortrag macht ein Film von Bob Landis über diesen besonderen Wolf und sein Leben. Zuvor gibt uns Elli noch mit auf den Weg, dass heutzutage ja immer häufiger Seminare für Führungskräfte angeboten werden, die lernen sollen Rudelchef zu werden. Natürlich werden hierzu Gehegewölfe herangezogen und leider auch immer noch eine Menge Halbwahrheiten über Alpha, Omega und Dominanz verbreitet. Diese Seminare sind laut Elli unsinnig, weil man echte Führung nicht von Gehegewölfen lernen kann, sondern nur von wilden Wölfen. Der Film über Casanova fängt in dessen Welpenzeit an. Wohlbehütet entdeckt er die Welt. Wächst im kleinen Rudel seiner Eltern heran und sammelt zumindest per Anschauungsunterricht erste Erfahrungen bei der Jagd. Doch dann wird sein Vater von einem fremden Rudel, welches das Lamar Valley beansprucht, getötet und Black Wolf muss zusammen mit seinen Geschwistern und seiner Mutter fliehen. Das Schicksal ist hart. Es ist Winter. Der Hungertod droht. Black Wolf versucht, seinem Vater nachzueifern, doch die Jagd bleibt erfolglos. Erst ein Kadaver rettet die kleine Familie. Dann kommt ein fremder Rüde in das neue kleine Revier und Black Wolfs Mutter geht mit ihm eine Verbindung ein. Als Halbstarker wird es für Black Wolf schließlich Zeit, seine Familie zu verlassen. Doch er hat kein Interesse, ein eigenes Rudel zu gründen. Der Weg führt ihn zurück in die alte Heimat, wo jetzt die Druids leben. Sobald der Leitwolf der Druids ihn sieht und angreifen will, flieht Black Wolf Richtung Straße. Die Druids meiden den von Menschen geschaffenen Weg durch das Lamar Valley instinktiv. Doch Casanova scheint das nicht zu beunruhigen. Vielmehr nutzt er diese Sicherheitsgrenze, die ihm ermöglicht, dennoch in der Nähe seiner Angebeteten zu bleiben. Casanova schafft es, sich mit der Tochter des Druid-Leitwolfes zu verpaaren und wird von den Druids schließlich angenommen. Dennoch geht er Zeit seines Lebens immer wieder fremd. Er verdreht einer Menge junger Wölfinnen den Kopf und paart sich mit ihnen. Etliche Welpen unterschiedlicher Rudel in Yellowstone gehen auf ihn zurück. Seine Taktik ist dabei immer die gleiche. Er flirtet auf Teufel komm raus, wird er angegriffen, flieht er und rennt zur Straße. Ein Lover, kein Kämpfer. Als der alte Druid-Leitwolf stirbt, gehen sämtliche Wolfsbeobachter und Biologen davon aus, dass Black Wolf nun die Druids anführen wird. Doch offenbar ist ihm die Verantwortung zu anstrengend. Er überlässt seinem jüngeren Bruder, der sich ebenfalls dem Rudel anschließt, diese Position und bleibt weiterhin der Verführer. Trotzdem ist er für das Rudel extrem wichtig und besonders bei der Jagd sehr erfolgreich. Schließlich verlässt er im Alter von neun Jahren die Druids und gründet tatsächlich mit einer Wölfin noch einmal eine eigene Familie, die er als Leitwolf anführt. Casanova gehört zu den berühmtesten Wölfen Yellowstones. Die Aufnahmen von Bob Landis haben uns alle nach Yellowstone entführt. Uns einen Eindruck dieser atemberaubenden Wildnis vermittelt, und die Geschichte eines besonderen Wolfes nahegebracht, den wohl keiner von uns mehr vergessen wird. Das Seminar neigt sich dem Ende zu. Eine letzte Fragerunde, eine letzte Möglichkeit, sich Bücher signieren zu lassen. Dann ist es Zeit, nach Hause zu fahren. Doch der Nachmittag der Wilden Frauen hat in den Herzen von uns allen Spuren hinterlassen und die Erkenntnis, dass wir eben doch nicht die Krone der Schöpfung sind, und dass es sich lohnt, seinen Traum zu leben ... Vier Fragen an Elli H. RadingerTC: Was brachte Dich dazu, mit Wölfen zu arbeiten?ER: Mich machte mein Anwaltsjob unglücklich und ich dachte: „Da muss es doch mehr geben.“ Meine lebenslange Liebe zu Hunden brachte mich dann zum Wolf und der Idee, etwas zu machen, was mit diesen Tieren zu tun hat. Dabei war es für mich wichtig, wilde Tiere zu erforschen, keine Gehegetiere. TC: Welche Kernessenz hat es für dich, diesen Traum zu leben? ER: Ehrlich gesagt, sind es vier. Meine vier Wolfsregeln: Liebe deine Familie! Kümmere dich um jene, die dir anvertraut sind! Gib niemals auf! Hör nie auf zu spielen! TC: Wölfe bedeuten für dich… ER: Freiheit und Unabhängigkeit TC: Ich bin eine Wilde Frau, weil … ER: … ich zu mir selbst stehen kann. ![]() WOLFSPUREN
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Wetzlarer Wolfstag 2014
Tanya Carpenter |
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Die Wildnis in mir
Elli H. Radinger |
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Teil 3 : Wilde Frauen - Lebe deinen Traum
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Teil 1 : Wilde Frauen - Lebe deinen Traum
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