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Von Menschen und Wölfen


Wölfe – sie wecken ambivalente Gefühle in uns. Entweder wir lieben sie oder wir hassen sie. Wir fürchten uns vor ihnen oder wir suchen ihre Nähe. Aber was passiert, wenn Wölfe unsere Nähe suchen?

Der einsame Wolf. Er gilt in Hollywoodfilmen oft als Symbol für den Einzelkämpfer für die Gerechtigkeit, so wie Chuck Norris, der als Texas Ranger im Film den Beinamen „einsamer Wolf“ hat.
Im wirklichen Leben sind Wölfe aber keine Einzelkämpfer. Sie sind hoch soziale Familientiere und brauchen einander, um langfristig zu überleben. Wenn einzelne Wölfe aus ihrer Gruppe abwandern, dann tun sie dies normalerweise, um eine neue Familie zu gründen. Aber es gibt auch Ausnahmen.
Eine solche Ausnahme war ein schwarzer Wolf in Alaska. Romeo, wie er von seinen Fans genannt wurde, hatte seine Familie verloren und aus unerklärlichen Gründen die Nähe von Menschen gesucht. Immer wieder tauchte er am Mendenhall-Gletscher bei Juneau auf und spielte mit den Hunden von Fotografen. Nie wurde er aggressiv, bis auf wenige Ausnahmen, wenn er kleinere Hunde angriff. Mehrere Jahre lang kam er jeden Winter nach Juneau und erfreute die Touristen, zuletzt 2009. Danach wurde Romeo nicht mehr gesehen.
Romeo hatte gelernt, dass Menschen nicht gefährlich sind – im Gegenteil, sie brachten ihm sogar noch Spielzeug (Hunde) mit.
Wir Wolfsexperten sehen ein derartiges Verhalten gar nicht gerne. Es stellt sich so dar, als wären wilde Wölfe gänzlich ungefährlich. Aber es ist gerade dieses Verhalten wie das von Romeo, das dazu führt, dass es zu Angriffen kommen kann.
Jahrelang haben wir Wolfsschützer laut gerufen: „Noch nie hat jemals ein gesunder, wilder Wolf einen Menschen angegriffen“, und so gehofft, auch den letzten Zweiflern die Angst vor den Wölfen zu nehmen. Wir haben es sogar selbst geglaubt – und dabei die Augen vor den Tatsachen verschlossen. Fakt ist: Es gibt Angriffe von wilden Wölfen auf Menschen. Und ein weiterer Fakt ist: Es werden mehr. Das Paradoxe ist, je mehr wir die Wölfe lieben, umso mehr sorgen wir für Konfliktpotenzial - und am Ende dafür, dass sie getötet werden.
In den letzten Jahren haben in Nordamerika an Menschen gewöhnte Wölfe mehrmals Menschen verletzt oder bedroht. Aggressive Zwischenfälle wurden aus Kanada und Alaska gemeldet. Damit werden wir in Zukunft häufiger rechnen müssen, weil immer mehr Wölfe ihre Angst vor den Zweibeinern verlieren.
Wenn Wölfe die Nähe von Menschen suchen und keine Konsequenzen erleiden müssen, eventuell sogar noch mit Futter belohnt werden, bezeichnen die Biologen das als „Habituierung“. Sie gewöhnen sich immer mehr an uns und fürchten uns weniger. Dann kann es dazu kommen, dass ein Wolf einen Menschen angreift. Früher wurden derartige Angriffe meist durch Tollwut verursacht. Sie ist in Europa inzwischen fast ausgerottet.
Wir sind in Deutschland in der glücklichen Lage, eine Wolfspopulation zu haben, die sich bis auf wenige Ausnahmen kaum bemerkbar macht. Aber auch hier gibt es ein Konfliktpotenzial, denn Wölfe können nun einmal äußerst schwierige Nachbarn sein. <...>

Fast überall auf der Welt waren noch vor einem Jahrhundert die meisten großen Beutegreifer verschwunden. Durch ein neues Umweltbewusstsein in der Bevölkerung und verstärkte Schutzbemühungen kehrten sie in den letzten Jahren wieder zurück. Auch in Europa sind Wölfe, Bären und Luchse auf dem Vormarsch, was einer der größten Naturschutzerfolge des 20. Jahrhunderts ist. Solange die Zahl der Beutetiere noch groß und die der Beutegreifer niedrig ist, ist alles in Ordnung. Wir haben wohlgenährte Wölfe, die jedoch scheu sind. Geht aber die Zahl der Beutetiere zurück und die Zahl der Wölfe steigt, sind die Beutegreifer gezwungen, auf andere Beute auszuweichen. Sie erforschen neue oder andere Nahrungsquellen. Das ist dann der Zeitpunkt, an dem wir mehr Wölfe und Bären in unserer unmittelbaren Nähe sehen werden.
Wölfe sind in Deutschland, Italien, Frankreich und der Schweiz ganzjährig geschützt. Rotkäppchen ist tot – zumindest in den Köpfen der meisten aufgeklärten Menschen. Manche Pro-Wolf-Bewegung macht aber aus dem grauen Vierbeiner eine Art „Supermann“, der nur lieb und schön und edel ist. Das Pendel ist von der einen zur anderen Seite ausgeschlagen. Jetzt ist es Zeit für uns, einen Mittelweg zu finden, die Diskussion ins Gleichgewicht zu bringen. Und dazu müssen wir ehrlich sein.
Ich arbeite seit 20 Jahren intensiv für den Schutz der Wölfe und habe bemerkt, dass wir in den letzten Jahren einen neuen Abschnitt in der Akzeptanz erreicht haben. War es früher wichtig, überhaupt einen Schutz für den Wolf zu erreichen, über sein Leben aufzuklären, die Menschen emotional anzusprechen und Druck auf die Regierung auszuüben, so hat sich heute unsere Zielsetzung verändert. Wir versuchen nicht mehr länger, „den Wolf zu retten“, sondern wir versuchen nun, „mit dem Wolf zu leben“.
Unser Ziel heute ist es nicht mehr, die Wölfe vor dem Aussterben zu bewahren, sondern sie in unsere Landschaft, unsere Heimat, zu integrieren. Dazu bedarf es einer Vielfalt pragmatischer Lösungen auf echte Probleme, dort wo Menschen in Konflikt mit Wölfen geraten. Wir müssen nicht versuchen, zu erreichen, dass jeder den Wolf liebt, sondern dass die Menschen ganz einfach seine Gegenwart als einen Teil unserer Landschaft akzeptieren.

(Auszug aus: „Mit Wölfen leben“; Wolf Magazin 1-2010; mehr: http://www.wolfmagazin.de)

WOLFSPUREN
Beitrag Von Menschen und Wölfen von Elli H. Radinger
vom 13. Okt. 2010


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