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Minnesota WeihnachtJedes Jahr, wenn die Weihnachts- und Adventszeit beginnt, erinnere ich mich an den Winter, den ich vor vielen Jahren in einer kleinen Blockhütte im nördlichen Minnesota verbracht habe. Ich lebte dort mitten im Wolfs- und Bärengebiet, abseits von jeglicher Zivilisation, ohne Strom und fließendes Wasser. Eines Nachts, kurz vor Weihnachten, hörte ich ganz in der Nähe Wölfe heulen. Am nächsten Tag machte ich mich auf die Suche nach ihnen. Ich fütterte noch einmal den Ofen, zog die Schneeschuhe an und lief hinunter zum See, der einsam unter einer dicken Schneedecke vor mir lag. Schnell fand ich die Wolfsspuren und folgte ihnen tief in den Wald. Selbst mit Schneeschuhen kam ich hier nicht mehr vorwärts. Wieder einmal stellte ich fest, wie armselig wir Menschen mit unseren zwei Beinen ausgestattet sind. Die Spuren der Wölfe führten über Stock und Stein, durch tiefstes Dickicht, über Klippen und Felsen und immer wieder über weite, schneebedeckte Felder. Nur mühsam kam ich im meist knietiefen Schnee voran. Ich versuchte, leise zu sein, aber sowohl mein angestrengtes Keuchen als auch das Krachen der Zweige gaben mir keine Chance gegen die lautlosen Beutegreifer, die sich elegant und sicher irgendwo vor mir bewegten. Gelegentlich traf ich auf eine Stelle, an der sich ein Reh ausgeruht hatte, und die ausgiebig von den Wölfen markiert worden war. Dann plötzlich fand ich weitere Wolfsspuren, die aus anderen Richtungen zusammentrafen. Es sah so aus, als ob sich die gesamte Wolfsfamilie auf die Jagd gemacht hatte. Dennoch galt mein Mitgefühl weniger dem verfolgten Reh als den Wölfen. Das Reh war im tiefen Schnee mit seinen langen Beinen im Vorteil. Der Winter ist hart in Minnesota. Schon in der kurzen Zeit, die ich hier lebte, konnte ich nachempfinden, wie viel Kraft und Energie das Überleben kostet. Die Wölfe hatten Glück. Nach etwa eineinhalb Stunden Spurensuche fand ich frische Blutspuren im Schnee. Ich folgte ihnen und sah kurze Zeit später das Reh im Gebüsch liegen. Sein Bauch war schon aufgerissen und ein Hinterbein fehlte. Die Innereien lagen abseits. Es war noch warm. Ich untersuchte das Tier und sah sofort die Bisswunden an Beinen und Kehle. Es hatte sicherlich nicht lange gelitten. Weit und breit sah ich keine Wölfe, nur ihre Spuren. Ich fühlte keine Angst, denn ich wusste, dass wilde Wölfe keine Menschen angreifen. Selbst wenn ich ihnen dieses hart erkämpfte Futter wegnehmen würde, hätte ich nichts zu befürchten. Dazu haben sie viel zu viel Angst vor uns Zweibeinern. Aber ich spürte, wie mich unzähligen Augenpaaren beobachteten. Die Wölfe waren noch da und sie hatten Hunger. Meine Anwesenheit hielt sie vom dringend benötigten Futter ab. Ich zog mich zurück und machte mich auf den mühsamen Heimweg zur Cabin. Am späten Nachmittag kehrte ich noch einmal an die Stelle vom Morgen zurück, um nachzuschauen, wie viel die Wölfe von ihrer Beute übrig gelassen hatten. Nichts außer ein paar Haaren und Blutspuren. Vermutlich hatten sich die vielen Raben, die in den letzten Stunden über dem See gekreist waren, das geholt, was noch übrig geblieben war. Als in der Nacht vom See hoch wieder das Heulen der Wölfe erklang, war ich dankbar, dass ich an diesem Tag für einen kurzen Augenblick ein Teil von ihnen sein durfte. Wölfische Weihnachten! ![]() WOLFSPUREN
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