Philip Roth: Täuschung (Roman) |
Kritik: Der Roman "Täuschung" von Philip Roth besteht ausnahmslos aus Dialogen. Wirklich gelungen sind die letzten beiden Kapitel, in denen Philip Roth raffiniert und witzig mit Fiktion und Wirklichkeit spielt. ![]() |
||||
Philip Roth: |
||||
Inhalt: Als die Ehefrau des Schriftstellers Philip ein Notizbuch mit Dialogen entdeckt und annimmt, er habe Gespräche protokolliert, die er mit einer Geliebten führte, versucht er sie davon zu überzeugen, dass alles nur fiktiv sei und als Materialsammlung für seinen neuen Roman diene. Nach dessen Erscheinen ruft er die angeblich nur erdachte Geliebte an, die sich in einer der Romanfiguren wiedererkannte. Doch ob dieses Telefongespräch real oder fiktiv ist, bleibt offen ... ![]() |
Originalausgabe: Deception |
|||
Philip Roth: Täuschung |
Inhaltsangabe:
Zum Arbeiten zieht der Schriftsteller Philip sich jeden Tag in ein Studio außerhalb seiner Wohnung zurück. Eines Abends eröffnet ihm seine Ehefrau, sie habe in einem liegen gebliebenen Notizbuch von ihm geblättert. Es enthält eine Sammlung von Dialogen.
"Meine Mutter hat mir beigebracht, niemals mit entblößter Fotze dazusitzen."
Beide sind verheiratet, und die Frau hat auch einen Sohn.
"Ich habe mir eine Liebesaffäre vorgestellt – das tue ich die ganze Zeit. Nicht so, wie es die meisten Männer gewöhnlich tun, während sie ihren Schwanz anpacken, sondern weil das meine Arbeit ist." (Seite 137) Einige Zeit nach dem Gespräch mit seiner Ehefrau ruft Philip die Geliebte an, mit der er seit längerer Zeit keinen Kontakt mehr hatte. Sie eröffnet ihm, beim letzten Treffen schwanger gewesen zu sein, allerdings nicht von ihm, sondern von ihrem Ehemann. Mit dem und ihren beiden Söhnen lebt sie inzwischen ganz in den USA. Philips neuen Roman hat sie gelesen. Bekannte sprachen sie darauf an und behaupteten, eine der Figuren ähnele ihr sehr. "Warum, warum tust du das? Warum gehst du so mit dem Leben um? Und insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass du die Geheimhaltung wolltest – und unsere Beziehung war entstellt von Geheimhaltung, von deinen nahezu paranoiden Bemühungen, die ganze Sache im Verborgenen zu halten. Und alles wegen deiner Frau. Warum hast du dann ein Buch geschrieben, bei dem ihr, da bin ich sicher, gar nichts anderes übrigbleibt, als zu denken, es müsse auf einer realen Person basieren? Warum?" (Seite 149) Philip erklärt seiner früheren Geliebten, dass er seine Ehefrau glauben machte, die Dialoge würden von Rosalie Nichols stammen. Rosalie, der das Buch ebenfalls aufgefallen sei, denke das übrigens auch und habe zum ihm gesagt: "Die ganze Zeit habe ich gedacht, du hättest mich um meines Körpers willen geliebt, während es doch in Wirklichkeit um meiner Sätze willen war." (Seite 150) Bevor Philip sich von seiner früheren Geliebten verabschiedet, erzählt er ihr, er trage sich mit dem Gedanken, sie auch noch in einem weiteren Roman auftreten zu lassen und dabei auch das Telefongespräch zu verwenden, das sie gerade führten. |
Buchbesprechung:Der Roman "Täuschung" besteht ausnahmslos aus Dialogen. Dass Philip Roth darauf verzichtet hat, die Figuren in einer Exposition vorzustellen und sie zu beschreiben, erschwert den Zugang, zumal wir als Leser zunächst nicht wissen, wer da spricht und wann es geschieht. Auch im weiteren Verlauf des Romans beginnen viele der Absätze ohne Hinweis auf die Figur der bzw. des Sprechenden; die Rollen werden oft erst während eines Dialogs erkennbar. [...] man am besten gar nicht fragt, was hier Autor, Erzähler, Figur ist; denn dass alles durcheinandergeht, das ist seine Daseinsform. Er liebt ausschließlich, um zu schreiben; aber er schreibt ausschließlich von der Liebe. (Süddeutsche Zeitung, 12. Januar 2008) Wirklich gelungen sind die letzten beiden Kapitel. Im vorletzten Kapitel versucht Philip seine Ehefrau davon zu überzeugen, dass die von ihr gefundenen Dialoge von ihm mit einer Geliebten rein fiktiv seien und als Materialsammlung für seinen neuen Roman dienten. Nach der Veröffentlichung des Buches ruft er die angeblich nur erdachte Geliebte an, die sich in einer der Figuren wiedererkannte. Von dieser Figur glaubt jedoch auch noch eine andere Geliebte des Schriftstellers, er habe sie damit gemeint. Doch ob dieses Telefongespräch real oder fiktiv ist, bleibt offen. Was ist "real" und was Täuschung? Dieses Spiel mit Fiktion und Wirklichkeit ist raffiniert, witzig und amüsant. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008
Philip Roth (Kurzbiografie) |