Manfred Mittermayer u.a. (Hg.): Thomas Bernhard (ide. Informationen zur Deutschdidaktik) |
Manfred Mittermayer, Eva Maria Rastner und Werner Winterstein (Hg.): Thomas Bernhard |
Inhaltsangabe und Besprechung
Die Beiträge im ersten Drittel des "ide"-Heftes über Thomas Bernhard dienen der Orientierung und Einordnung.
Ganz Österreich ist zu einem skrupellosen Geschäft geworden, in welchem nurmehr noch um alles gefeilscht und in welchem jeder um alles betrogen wird. Sie glauben, in ein schönes Land zu reisen und reisen in Wahrheit und in Wirklichkeit in ein pervers geführtes Geschäftshaus. (Thomas Bernhard: Auslöschung, hier: Seite 20) Während Thomas Bernhard zunächst als humorloser Schriftsteller der Verzweiflung, Sinnlosigkeit und Todessehnsucht missverstanden wurde, gilt er seit den Achtzigerjahren als "Übertreibungskünstler", den man nicht ernst zu nehmen braucht. Damit werde man ihm ebensowenig gerecht, meint Gregor Thuswaldner: Während Bernhards Werke zu Lebzeiten des Autors Skandale ungeahnter Ausmaße erreicht haben, werden heute seine Stücke als großes Gaudium gefeiert. (Seite 21)
Über die Aufarbeitung des Nachlasses von Thomas Bernhard und die Werkausgabe referieren Martin Huber und Manfred Mittermayer (Der literarische Nachlass und die Gesamtausgabe der Werke Thomas Bernhards). Der Bernhard'sche Arzt verhält sich gegenüber seinen Patienten meist nicht als Helfer und Heiler, sondern als selbstherrlicher Despot, wenn nicht gar als potenzieller Mörder. (Seite 45) Mireille Tabah weist in ihrem Beitrag (Weiblichkeitsimagines bei Thomas Bernhard) darauf hin, dass Frauenfiguren in Thomas Bernhards Werk spätestens mit dem Roman "Das Kalkwerk" (1970) an Bedeutung gewannen. Dabei hält Mireille Tabah die frauenverachtenden und frauenfeindlichen Äußerungen der männlichen Hauptfiguren nicht für affirmativ, sondern für subversiv. [...] scheinen sie [die männlichen Hauptfiguren] doch die kulturell tradierte Opposition zwischen geistig schöpferischer Männlichkeit und rein körperlicher, triebhafter, vernunft- und sprachloser Weiblichkeit kritiklos zu reproduzieren und als "naturgemäß" auszugeben [...] Doch der Schein trügt." (51) Ob Thomas Bernhard zu Recht als "Kryptokomiker" betrachtet werden dürfe, fragt Wendelin Schmidt-Dengler (Thomas Bernhard – ein "Kryptokomiker"?). Den Titel der 1967 veröffentlichten Erzählung "Ist es eine Komödie? Ist es eine Tragödie?" versteht der Autor dieses Beitrags programmatisch. Dass die Werke von Thomas Bernhard auch komische Züge aufweisen, fiel überhaupt erst in den Siebzigerjahren auf. (Gregor Thuswaldner wies in seinem Beitrag bereits darauf hin, dass Thomas Bernhard anfangs als humorlos gegolten hatte.) Einer der Ersten, die es merkten, war Eckhard Henscheid, der 1973 eine Glosse darüber schrieb: "Der Krypto-Komiker. Wie der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard seine Bewunderer, seine Kritiker und wahrscheinlich sich selber an der Nase herumführt" ("Pardon", 7/1973, S. 21 – 23). Der Begriff "tragikomisch" passt jedoch laut Wendelin Schmidt-Dengler nicht für die Werke von Thomas Bernhard: Bernhards Texte sind sowohl von ihrer komischen Seite wie auch von ihrer tragischen Seite zu lesen; sie funktionieren nach dem Modell von Umspringbildern [...] (Seite 62) Liesbeth Bloemsaat-Voerknecht beschäftigt sich mit dem Verhältnis Thomas Bernhards zur Musik ("Nicht nur ein musikalischer Mensch, sondern ein Musiknarr ..." Einführende Bemerkungen zu Thomas Bernhard und der Musik). Das Thema der Musik hat Bernhard sein ganzes Leben keine Ruhe gelassen. (Seite 73)
Zunächst schildert sie die Hassliebe des Schülers zu seiner Geige und seinen Widerwillen gegen die vom Großvater aufgezwungenen Violinstunden. Als Thomas Bernhard während seiner Lehre bei einem Lebensmittelhändler seine Stimme entdeckte, verschaffte ihm der Großvater Unterricht bei der Gesangslehrerin Maria Keldorfer, und deren Ehemann Professor Theodor W. Werner unterwies Thomas Bernhard in Musiktheorie und –ästhetik. Der Kapellmeister Josef Krisp riet ihm dann allerdings unumwunden, lieber Metzger als Sänger zu werden. – Nach diesen einleitenden biografischen Angaben geht Liesbeth Bloemsaat-Voerknecht näher auf die Affinität der Sprache von Thomas Bernhard zur Musik ein. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006
Thomas Bernhard (Kurzbiografie) |