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Startseite > Bücher > Biografie > Rütten & Loening > Elli H. Radinger > WOLFSKÜSSE - MEIN LEBEN UNTER WÖLFEN > Leseproben > Rudel-Dynamik

Rudel-Dynamik

WOLFSKÜSSE - MEIN LEBEN UNTER WÖLFEN

Elli H. Radinger
Roman / Biografie

Rütten & Loening

Fester Einband, 224 Seiten
ISBN: 978-335200820-7

Sep. 2011, 19.99 EUR

Die Wölfe. Man denkt, man kennt sie und weiß, wie sie „ticken“. Aber solche Überheblichkeit wird schnell bestraft. In all den Jahren, in denen ich die Wölfe beobachte, habe ich sie stets als liebevolle, fürsorgliche Tiere kennengelernt, die sich um ihre Familie, um Kinder, alte und Verletzte aufopferungsvoll kümmern. Dann kam der Tag der „Palastrevolte“, an dem die gesamte Druid-Wolfsfamilie ihrer dominanten und brutalen Leitwölfin entgegentrat – auch um ihre Kinder zu schützen. Die Wölfe töteten ihre eigene Leitwölfin. Das war eine bisher noch nie beobachtete Sensation und zeigte uns wieder einmal, dass man in der Wolfswelt nie etwas als selbstverständlich und gegeben hinnehmen kann.


Wölfe sind sehr familienorientiert. Es gibt keine Patchworkfamilien, Lebensabschnittspartner oder Altenheime. Eine Wolfsfamilie ist eine Art Großfamilie, bestehend aus einem Elternpaar, dem ein- bis zweijährigen Nachwuchs sowie Onkeln und Tanten. Die Wolfseltern haben ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein und sind Vorbild für die Jungtiere, die sie genau beobachten und so lernen, erwachsen zu werden. Wer die Gruppe führt und das Sagen hat, entscheidet sich immer situationsbedingt.
Warum gelingt Wölfen das, was Menschen so selten schaffen: eine Partnerschaft, bis dass der Tod sie scheidet?
Ich glaube, dass zwei Faktoren dafür ausschlaggebend sind, dass Wolfspaare ihr Leben lang zusammenbleiben.
Erstens: Sie konzentrieren sich auf das Wesentliche. Alle arbeiten zusammen zum Wohle der Familie.
Zweitens: Es findet eine ständige Kommunikation statt, und es gibt gemeinsame Rituale, die verbinden.
Die meisten Wolfseltern leben ein ganzes Leben lang monogam zusammen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Wenn, wie in Yellowstone, reichlich Platz und Beute vorhanden sind, bilden sich Großkommunen wie zu Hippie-Zeiten. Dann kann es passieren, dass neben der Leitwölfin auch andere Weibchen einer Wolfsfamilie Welpen bekommen. So bekamen beispielsweise bei den Sloughs mehrere Jahre hintereinander jeweils vier Wölfinnen Junge. Jede Wölfin hatte ihren eigenen Bau. Aber gelegentlich – besonders wenn die Gruppe zur Jagd aufbrach – brachten die Mütter alle ihre Welpen in eine Höhle und kümmerten sich abwechselnd um die Kleinen. Quasi eine Form von Wolfskindergarten. Aber auch hier blieben die Leitwölfe zusammen, während die erwachsen werdenden Kinder nach und nach abwanderten, um eigene Familien zu gründen. Besonders fürsorglich kümmern sich Wolfsväter um ihren Nachwuchs. Sie sind regelrecht verrückt nach ihnen. In einer Wolfsfamilie wird niemand im Stich gelassen. Auch alte oder kranke Tiere werden versorgt.
Wolf 113 war der Chef der Agate-Wölfe. Bei einem Kampf mit einem fremden Wolf riss ihm dieser die Hoden heraus. Wir wussten nicht, ob er überleben würde. Blutend lag er auf einem Hügel im Revier der Agates. Doch die anderen Wölfe seiner Familie kümmerten sich um ihn. Sie leckten ihm seine Wunden und brachten ihm Fleischstücke mit. Langsam kam Wolf 113 wieder zu Kräften. Nach einigen Tagen konnte er wieder aufstehen und ein paar Meter herumlaufen, bevor er sich wieder hinlegte. Es war Paarungszeit, und der alte Leitwolf konnte nicht mehr für Nachwuchs sorgen. So übernahm ein anderes Mitglied der Familie diese Aufgabe. Gemeinsam mit der Leitwölfin kümmerte er sich auch um den kranken Wolf. Ganz automatisch besetzte er die Führungsposition.
Hatte ich nicht immer gelesen, dass kranke oder schwache Wölfe von den Rudelmitgliedern getötet werden? Nichts davon stimmt. Immer wieder erlebe ich, wie kranke Tiere von der Familie gepflegt werden.
Aber es gibt natürlich auch die berühmte Ausnahme. In Yellowstone war es ein Familiendrama wie aus einem Hollywoodfilm, das selbst die Biologen überraschte.
Die Leitwölfe der Druids, Wolf Nummer 21 M und Wölfin Nummer 42 F, waren die berühmtesten Wölfe im Park. Ein Vorzeigepaar, das seine Familie ruhig, gelassen und souverän führte und selbst schwierige Situationen schnell unter Kontrolle bekam. Das war aber nicht immer so.
Bevor Nummer 42 zur Leitwölfin der Druids aufstieg, erlebte ich eine Situation, die genau dem Bild entsprach, das ich aus der Gehegeforschung kannte: Eine Leitwölfin, die sich nur durch extreme Unterdrückung der anderen Wölfe in ihrer Position halten konnte. Dass das auf längere Zeit nicht gut gehen konnte, zeigt ihre Geschichte:
Wölfin Nummer 40 F war eine der ersten Leitwölfinnen der Druids und die Schwester von Nummer 42 F. Von Anfang an regierten 40 F und ihr damaliger Partner, Leitwolf Nummer 38 M, die Familie mit eiserner Hand. Beide führten ihre Familie immer wieder in Kriege mit benachbarten Wolfsgruppen. Als 38 M außerhalb des Parks illegal erschossen wurde, übernahm der zweijährige Wolf Nummer 21 M seine Position. Mit dem neuen Chef schien es bei den Druids ruhiger zu werden. Nur die Leitwölfin blieb weiterhin aggressiv. Eine fremde Wölfin, die versuchte, sich der Gruppe zu nähern, wurde von ihr buchstäblich in der Luft zerrissen.
Das Jahr 2000 sollte zum Schicksalsjahr für 40 F werden. Die Druid-Familie bestand nun aus dem Leitwolf, fünf Weibchen und zwei Welpen. Im Frühjahr überschlugen sich die Ereignisse und verblüfften Biologen und Fachwelt gleichermaßen. Wieder einmal zeigte sich 40 F von ihrer hässlichsten Seite. Vier Jahre lang hatte sie nun ein extrem aggressives Regime geführt. Sie unterdrückte und verprügelte massiv sämtliche Familienmitglieder, wann immer sich die Gelegenheit bot. Regelmäßig tötete sie die Welpen der anderen Wölfinnen – auch die ihrer Schwester. Es brodelte lange bei den Druids. Bis sich schließlich Widerstand regte. Als 40 F erneut versuchte, die Welpen ihrer Schwester zu töten, lehnte sich diese – zusammen mit der ganzen Familie – gegen das bisherige Terrorregime auf. Gemeinsam töteten sie die Leitwölfin. Die Schwester 42 F übernahm nicht nur deren Position, sondern zog auch zusätzlich zu ihren eigenen Welpen den Nachwuchs ihrer tyrannischen Schwester groß. Die ganze Wolfsfamilie unterstützte sie dabei. Die Wölfe zeigten ein unglaubliches Mitgefühl für den Nachwuchs einer Herrscherin, die ihnen allen das Leben zur Hölle gemacht hatte. Die neue Leitwölfin Nummer 42 wurde als »Cinderella« oder »Aschenputtel-Wolf« weit über die Parkgrenzen hinaus bekannt. Cinderella blieb bis zu ihrem Tod 2004 eine souveräne und freundliche Leitwölfin. Die Druids verhielten sich von nun an deutlich weniger aggressiv. Irgendwie schien der Vorfall die Familie zu vereinen, die vorher nur durch Härte zusammengehalten worden war.
Dass eine dominante Leitwölfin von der eigenen Familie getötet wird, ist äußerst selten. Ich habe es in Yellowstone in sechzehn Jahren nur zwei Mal beobachtet.

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Beobachtungen
Bilanz
Die Magie des Augenblicks
Führungsqualitäten
Neue Wege gehen
Persönliche Empathie
Wo sind die Wölfe

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