Crauss.
THERE IS NO PILOT !
Gott weiss, wohin wir als nächstes verweht werden. wozu also brauchen wir einen captain. reisen ist ein zweischneidiger spiegel. nach vorn gehn und nach hinten sehn. sich nach der vergangenheit wenden und das zukünftige konkav erblicken. please extinguish all cigarettes. we are about to attempt a crash landing. es ist zeit, abschied zu nehmen, schon beim start. da erst recht. wir haben uns wohl gefühlt bei den freunden, die uns gern küssten, am see mit den vielen säumen – versäumnissen –, den überbordenden möglichkeiten. das ufer ist eine entscheidung. wir konnten die zeit verstreichen und unsern reiseführer für eine weile einen guten mann sein lassen. erst als es herbst wurde, begannen wir, weiter zu wehen. wir haben vieles und wir selbst wurden versäumt; der see ein spiegel, der uns bereits die wolke blicken liess, in der unsere erinnerung zerfetzte, bevor sie überhaupt einsetzte. put your hands over your eyes. i've got a funny feeling, i've seen this all before. der bewusstseinsfluss verliert sich auf der speicherkarte, irgendwo in einer auslagerungsdatei; cityscape hinterhof: da unten sollen wir vorgestern noch gewesen sein? niemals. Gott weiss, wo wir landen und wie. vom flug bekommen wir garnichts mit. sind wir denn eingenickt, erinnerungen nachgehangen? put your hands over your eyes. jump out of the plane. there is no pilot. all journeys are double-edged, nicht nur, wenn wir in bewegung sind, sondern erst recht an jedem einzelnen punkt der strecke. dennoch: zurück geht nichts. die landung ist weich, darauf vertrauen wir. etwas ruhiges, nettes: wo schafe friedlich grasen. schlafwesen, in deren körpern nacht hängt und entpflichtung. das fanden wir wahr. wenn wir zwischen den schafen schlafen, sind wir der abgehangenen gedanken ledig. wenn wir unter bäumen landen, werden uns neue eingeflüstert. die festen bäume, die den schafen einen grund geben und uns einen halt. bis zum nächsten herbst. wer einem baum begegnet, beendet die reise. bäume gehen in die zeit, nicht in den raum. nicht mehr nötig zu wissen, ob es überhaupt einen piloten gab auf der reise ins jetzt. from the air kommen wir
her, sagt Laurie Anderson.
zu Anne Beresfords poem airborne, dt. im schweben von Ron Winkler.
in: MOTORRADHELD. klagenfurt: ritter verlag 2009

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