• Wilde Palmen

    Wie sieht die Zukunft im Jahre 2007 aus? Ein grauhaariger, braun gebrannter Typ ist Jesus, Jean Baudrillard, Bill Gates und George W. Bush zugleich. Er hat eine neue Religion erfunden (Synthiotics) und steht als Philosoph unter dem Label New Realism fuer eine Welt aus Bits ein, die wiederum von seiner Firma Mimecom in der Sitcom Church Windows erprobt wird (die Charaktere treten in den Wohnzimmer aller Zugeschalteten als Hologramme auf) – klar, dass so einer fuer das Amt des Praesidenten kandidiert, eine Vereinigung namens The Fathers hinter sich wissend, die natuerlich auch er selbst gegruendet hat und die die Kinder aller Andersgesinnten entfuehrt, um jene gefuegig zu machen. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #17

    Mit Globalisierungskritik habe ich so meine Schwierigkeiten. Da sind mir zu viele Wunschfantasien im Spiel, von denen ungeklaert bleibt, ob wir sie uns ueberhaupt wuenschen sollen. Hinzu kommt, dass die Kritik von einem kruden Schwarz-Weiss-Denken lebt und mitunter von ideologischer Verbohrtheit untermalt wird. Nun verhalten sich die Dinge aber weit komplizierter und komplexer, als es diese Leute darstellen oder wie es sich die Negativrhetorik des Neoliberalismus, des Cyber-Kapitalismus oder der militaerisch-industrielle Komplex vorstellt, die Sachverhalte arg versimplifiziert. weiterlesen »

  • Eine Reise in die Seele des Muensterlandes

    Egal, wo ich heute wohne, wer ich bin und wie ich mich artikuliere, mein Ursprung liegt im topographisch und dialektal platten Muensterland. Meine Geburtsstadt fuehrt das schoene Motto: “Kiek de aes wier drin, woar iaetten un drinken un fiern spass maeck un woar use wichter un jungs kueernt noch up platt kueern” (Schau mal wieder rein, wo gerne gegessen, getrunken und gefeiert wird und unsere Maedchen und Jungen noch Platt reden koennen). Diese Stadt heisst Rheine und ich habe sie 1996 nach dem Abitur verlassen. Danach verlor ich, trotz regelmaessiger Besuche bei meinen Eltern, das Gefuehl fuer die Muensterlaendische Mentalitaet. weiterlesen »

  • Verlustgeschichtsschreibung

    Die Krise der Musikindustrie hat auch den Musikjournalismus erfasst. Blogs mit ihrer rasend-schnellen Informationsdistribution wie auch die Allverfuegbarkeit von Musik in Downloadportalen und Sharingsystemen, oft schon Monate vor dem eigentlichen Veroeffentlichungstermin, haben zu einem Einflussverlust des klassischen Schreibens ueber Pop gefuehrt. weiterlesen »

  • Vom Zeit haben

    Seit der Ausgabe 391 nehme ich mir Zeit fuer euch. Nicht immer ganz mein Geschmack, die Berliner Gazette, aber doch immerhin etwas, das ich als angenehm und unterhaltsam bezeichne. Zur Zeit ist es die Zeit, mit dem ihr euch auseinandersetzt. Nun ja, warum nicht? weiterlesen »

  • Porno-Rap: Haende hoch! Hosen runter!

    Manchmal muss man schreien. Richtig laut, sonst hoert einen ja keiner. Leider haben meistens die Bloeden das lauteste Organ. Im deutschsprachigen Hip Hop kreischen sich zurzeit vor allem so genannte Ghetto-Gangsta-Kids die Kehlen wund. Ghetto bedeutet hierzulande, dass man aus Berlin-Tempelhof stammt. weiterlesen »

  • Alles überstürzen

    Philosophie ist Widerstand gegen den Zeitgeist, gegen die Beschleunigungszwaenge, gegen die Verlangsamungsappelle ihrer Zeit. Philosophie ist nicht anachronistisch, sie ist diachronistisch, das heisst sie durchquert ihre sozial, politisch, oekonomisch, kulturell etc. kodierte Zeit. Die Philosophie kennt ihre eigene Geschwindigkeit. Manchmal liegt ihre Beschleunigung in der Zurueckhaltung, in einer gewissen theoretischen Distanzierung und Abstinenz im Verhaeltnis zu den Problemen der Zeit. Manchmal beschleunigt die Philosophie, indem sie verlangsamt, indem sie sich entschleunigt oder sich tot stellt. weiterlesen »

  • Unter Hausarrest

    Die eigenen vier Waende sind das architektonische Aequivalent zu dem, was den Menschen als modernes Subjekt konstituiert: die selbst-gesteckten und die selbst-gewaehlten Grenzen, gleichzeitig aber auch der Ort einer Sammlung und Buendelung von Informationen und Geistesstroemen: das Hirn. Klingt abstrakt und weit hergeholt? Das Motiv des Gebaeudes oder des Zimmers als Analogon fuer die menschliche Psyche durchzieht die Literatur- und Filmgeschichte. Leerstehende Haeuser, fensterlose Zimmer, geheime Kammern, Keller ohne Ausgang, etc. Ebenso praesent ist jedoch auch das polare Gegenstueck dieses Motivs: Aufwendig eingerichtete Eigenheime als Spiegel der individuellen Innenwelt. weiterlesen »

  • Wanted – a tad alive! Wettbewerbsausschreibung

    Im Feuilleton geht es um Kultur. In diesem, dem der Berliner Gazette, und in den paar anderen, unwesentlichen, auch. “Kultur” ist schon eine an Schwammigkeit kaum zu ueberbietende Begrifflichkeit. Wo faengt sie an, wo endet sie, sowohl auf der Zeit-, als auch auf der Raumachse ist das wohl kaum zu klaeren. Ganz uebel wird es, will man Leute, die in derartige Machenschaften verwickelt sind, begrifflich fassen. In Ermangelung eines handfesten Oberbegriffs fuer Kuenstler, Philosophen, Literaten, Musiker, Kulturjournalisten, Publizisten und was sie nicht alles sind, scheint man sich auf Kulturschaffender geeinigt zu haben, ein ziemlicher Pyrrhos-Sieg. “Kulturschaffender”? “Jahresendfigur mit Fluegeln”? “Strassenverkehrsordnungswidrigkeitsverfahrens- einstellungsbescheid”? weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #16

    Ich bin schon mein ganzes Leben lang immer sehr engagiert gewesen. In meiner High School organisiere ich den Debattierclub und ich helfe Mitschuelern, die Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen. Ich habe mit einer Freundin, einer Asian American, eine Anti-Drogen-Kampagne organisiert und dann haben wir noch ein Dialogzentrum ins Leben gerufen wo sich Gangmitglieder auf neutralem Boden treffen koennen. Ich sehe mich als Teil der globalisierungskritischen Bewegung – auch ohne an Demonstrationen teilzunehmen oder in politischen Organisationen zu stecken. weiterlesen »

  • Soundscape Techniques

    Die Stadt glitzerte so schoen. Merkte ich beim Landen mit der Tuerk Hava Yollari, unter ausgeflockten Wolken protzt vergilbte Mondscheibe. Die Internoise 2007 durfte ich in Istanbul besuchen auf Einladung einer Kollegin der technischen Akustik. Im Nippon Hotel uebernachtete ich, Flatscreens sind hier tatsaechlich Fenster zur Welt. Religiositaet ist eine stadtbildende Kraft (drei Tage vor dem Zafer Bayramı, Tag des Sieges ueber griechische und imperial-antidemokratische Besatzungsarmeen 1922, Sultanat am Ende, nationale Demokratie voraus, geflaggt bis in Cafés und Wohnblocks hinein). weiterlesen »

  • Von richtigen und falschen Tuerken

    Was ist in Istanbul anders als in Deutschland? Genauer: Was ist hier in Beyoglu, dem schicken, westlichen Stadtteil von Istanbul, anders als in Berlin? Oder noch genauer: Was unterscheidet schicke Istanbul-Tuerken von meinen Kreuzberger Tuerken? Zunaechst unterscheidet sich der eine Tuerke vom anderen durch die Sprache. Das klingt logisch, ist es aber nicht. Wenn beide Tuerkisch sprechen, klingt der Kreuzberger Tuerke gepresst, kratzig und mischt seine Saetze mit deutschen Brocken. Spricht der Tuerke aus Beyoglu, singt er. Der Reiz erhoeht sich noch, wenn ein Tuerke wirklich singt, auf der Strasse, oder ein Muezzin zum Gebet ruft. weiterlesen »