• McDeutsch in Amsterdam

    Zwischen nationalem Kulturbesitz und internationalem Gemeingut: Welche Rolle spielt die deutsche Sprache fuer die Identitaetsbildung in der Globalisierung? Vor diese Frage stellte die Berliner Gazette letztes Jahr rund 50 Kulturschaffende aus dem In- und Ausland im Rahmen des durch die Kulturstiftung des Bundes gefoerderten Dialogprojekts >McDeutsch<. weiterlesen »

  • Fan-Fiction: Literatur im Netz wird von allen gemacht – auch von TV-Serienjunkies

    Fast alles, was TV-Serien angeht, spielt sich heutzutage im Netz ab. Hier gibt es die neusten Episoden zum Runterladen, heisse Debatten auf den Message Boards und so weiter. Im Forum meiner aktuellen Lieblingsserie House, M.D. bin ich neulich noch auf etwas Neues gestossen: die literarischen Erguesse anderer Fans. Die so genannte Fan-Fiction, bei Wikipedia bereits als eigenstaendige Literaturgattung aufgefuehrt, ist fuer mich eine vollkommen neue Welt. weiterlesen »

  • Zeit für eine Welt

    Ich bewohne einen Alptraum, ein kleines Zimmer, in das nur ein Bett passt, und selbst das Bett hat noch eine Zementplatte ueber dem Fussende, um dem Raum eine Art Schweizer- Taschenmesser-Multifunktion zu geben. Die Menschen, die auch in diesem Haus leben, sind unglueckliche Neuankoemmlinge, die um jeden Preis versuchen, sich in die Dynamik Mexico Citys einzufinden… aber eher noch diejenigen, die sich dagegen wehren, von ihr ausgespuckt worden zu sein. Wir klammern uns alle irgendwie verzweifelt fest. weiterlesen »

  • Abendessen mit Skype

    Endlose Casting-Shows in den letzten Tagen hier in Neukoelln. Auf der Suche nach einem neuen Mitbewohner, vorzugsweise Mann. Sind nicht anspruchsvoll. Sollte nur moeglichst ruhig sein, Nichtraucher, unattraktiv. Das uebliche halt. Wollen ja nur Frieden, wenn um uns herum schon der Ausnahmezustand herrscht: Leichen verbrannt, Maenner im Park mit Messern attackiert werden und so weiter. Abenteuerlustige Bewerber hatten wir bislang nicht, so zumindest das Zwischenfazit nach gesehenen vier, gefuehlten neun Besuchern.

    Lehnt alle Typen ab, die etwas von Skype erzaehlen, meinte M. Die musste es wissen. Seit der Freund aus dem Nachbarland eingezogen ist, gibt es bei ihr nur noch Abendessen mit Skype. Du machst keine Vorstellungen, sagte sie mit einem Anflug von Bitterkeit in der Stimme. Warne daraufhin die Mitbewohnerin, die sich unbeeindruckt zeigt. Lass uns morgen sprechen, okay? P. ist gerade online, und K. und N. auch. Munter haut sie in die Tasten ihres Laptops, mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit: Sie kommuniziert ueber Skype mit drei Leuten gleichzeitig. Ich nehme meine Mueslischale und gehe auf den Balkon.

    Unten auf der Strasse tobt das Leben. Nachbarn haben einen Grill auf dem Buergersteig aufgebaut, Klappstuehle und einen Kasten Bier geholt, und freuen sich das erste Kotelett dieses Jahres. Ausgelassene Stimmung dort unten, das beruhigt. Ich weiss nicht, was passieren wuerde, wenn ich einfach das Laptop-Kabel fuer zwei drei Wochen verschwinden liesse, ueberlegte Freundin M. Es gäbe wohl erst einmal ein Riesentheater, aber dann? Klingt nach einem Plan.

  • Pseudomaenner und Superfrauen

    Ich plane immer alles im Voraus wenn ich in meine Heimatstadt Warschau fahre. Ich mache einen Termin beim Frisoer, bestelle Theater- und Konzertkarten; ich weiss immer ganz genau, welche Filme ich sehen will, welche Ausstellungen es gerade gibt, welche Buecher und CDs ich mir besorgen sollte. Dann fahre ich mit einem kleinen gruenen Renault durch die Stadt, die ich mal gut kannte. Ich fuehre bei meinen Kurztrips nach Warschau mein ganz privates Luxusleben. Freunde organisieren Partys, weil ich gerade in der Stadt bin. Toll. Doch nun, seit ein paar Jahren schon, ist alles ganz anders: Ich bin fremd in der Stadt, in der ich gross geworden bin.

    Als ich das letzte Mal da war, habe ich Shirley Valentine im Theater Polonia gesehen. Es ist das erste private Theater in Polen, gegruendet von Krystyna Janda, ohne Zweifel eine Superfrau. Eigentlich ist sie Schauspielerin, durch Filme von Wajda beruehmt geworden. Sie spielt Shirley, eine frustrierte, nicht gerade junge Frau, die sich einsam fuehlt und deswegen mit der Wand in ihrer Kueche redet. Sie schafft es letzten Endes und fliegt nach Griechenland, ganz alleine, ohne ihrem Mann Bescheid zu sagen. Erst dort faengt sie wirklich an zu leben. Das Theater ist voll, das Volk lacht und weint. Eine One-Man-Show, oder besser gesagt: One-Superwoman-Show. Ein paar Tage spaeter bin ich zu einem Konzert von Marysia Peszek gegangen. Ich musste nach Praga, einen Stadtteil, den ich nicht so gut kenne, auf der anderen Seite des Flusses. Marysia trat in einer ehemaligen Fabrik auf; sie spielte mit Wasser und Licht auf der Buehne.

    Sie sang ueber Warschau, wo auch sie gross geworden ist. Eine Stadt, die aus Licht entstanden ist; eine Stadt mit vielen Gesichtern. Sie ist voll von Pennern, Prostituierten, teuren Autos und grossen Kirchen. Eine Stadt voll von Superfrauen und Pseudomaennern; eine laute Stadt, die nicht atmet und nie einschlaeft. Marysia hat keine Zeit fuer Sex, obwohl sie die gerne finden wuerde. Marysia hat auch keine Zeit fuer Liebe. Jede Nacht spaziert sie mit ihrer Katze durch den Himmel und sammelt Sterne. Sie wuerde gern weg, aber sie kann es nicht; sie liebt Warszawa und fuehlt sich fuer sie verantwortlich. Manchmal fuehlt sie sich hier auch fremd, manchmal hasst sie die Stadt in der Pseudomaenner entscheiden, ob Superfrauen abtreiben duerfen. Ich hasse dich, meine Stadt, singt sie dann, verpiss dich!

  • Ein historischer Standortvorteil

    Berlin ist nicht wie London, Madrid oder gar Paris. Berlin ist näher an der sogenannten Dritten Welt, stellt Berliner Gazette-Herausgeber Krystian Woznicki fest. Aber gleichzeitig habe man Tuchfühlung mit den Zentren des Wohlstands. Diesen historischen Standortvorteil gilt es zu nutzen. weiterlesen »

  • Medienkunst erledigt? Antwort#5

    Ich hatte dieses Jahr auf der Transmediale ziemlich viele Deja-vu-Erlebnisse und sagte mir: interaktiv heisst inzwischen infantil. Dann habe ich im Club Transmediale beim share mitgespielt, mit meinem Keyboard und meinem RotTT-Kollegen Antialias inmitten von ein paar Dutzend Laptop-Kids, und was haben die gespielt? House Musik der banalsten Sorte, hochmedialisiertes, aber extrem unterkomplexes Zeug. Neues scheint, zumal in der Medienkunst, von den gerade gehypeten neuen Technologien abzuhaengen, vergleichbar dem Arbeiten mit neuen Materialien in der bildenden Kunst.

    Bild: Norbert Bayer

    Ich erwarte medienkuenstlerische Arbeiten, die sich auf blogs, myspace, Games, Handies, 2nd world, e-paper etc. beziehen. Da der Umgang mit Neuen Medien inzwischen ein Kinderspiel ist (und nicht mehr dieses Millionen-$-Dings, das Medienkunst mal exklusiv und die bekannten Medienkuenstler bekannt gemacht hat) und der generelle bildende Kuenstler inzwischen auch lockerer mit Computern etc. umgeht (und sie nicht mehr, wie noch gar nicht lange her, fuer Teufelszeug haelt), duerfte auch hier Vermassung einsetzen. Gestern sprach ich mit einem Vertreter einer grossen Berliner Softwareschmiede fuer Videoschnitt-Programme, und er sagte, die Hauptzielgruppe seien bei ihnen Rentner – von da kann auch noch einiges an Naiver Medierei erwartet werden. Die Schrottmenge wird also wachsen, aber, einfach nur aus quantitativen Gruenden, auch die Chance, dass was Interessantes dabei ist.

    Ich glaube – und das ist keine ironisch-launische Bemerkung -, dass das Thema bullshit gerade im Kommen ist (s. etwa Oswald Wiener: Humbug, in: Der Ficker, Band 2, Wien 2006), und da gibt es natuerlich gerade in der Medienkultur viel ab-, d.h. in den Orkus zu arbeiten. Gestern behauptete jemand, dass auf utube taeglich 50.000 neue Videos eingestellt werden. – Wie gesagt: das Exklusive ist weg. Monsterscreens und Wireless-Interaktiv-Schnickschnack steht inzwischen in fast jedem Kinderzimmer; dass irgendwas Neues Medium heisst, ist kein besonderes Kriterium mehr. Komplexitaet und Originalitaet bleiben freilich Aufgaben, die so schwierig sind wie sie immer waren. Neulich mal nach langem wieder ein Kunstwerk gesehen, das mich beeindruckt hat, von Nadja Schoellhammer beim Goldrausch im Kuenstlerhaus Bethanien, und die war im wesentlichen aus Papier (auch ein Medium?).

  • Medienkunst erledigt? Antwort#4

    Warum wird neue Medienkunst als obskure und selbstreferentielle Subkultur wahrgenommen, die im Begriff ist, zu verschwinden? Warum ist es fuer Kuenstler, die mit den neuesten Technologien experimentieren, so schwer, Teil der Popkultur oder der zeitgenoessischen Kunst zu werden? Was macht es so attraktiv und dennoch so schwierig, mit Wissenschaftlern zusammenzuarbeiten? Warum ging die neue Medienkunst waehrend der ueppigen Tage des Dotcom-Booms leer aus, und warum bevorzugen Geeks und IT-Millionaere, sich Autos und anderen Tand der Mittelklasse zu kaufen, statt sich ihrer eigenen Kunstform zuzuwenden?

    Bild: Norbert Bayer

    Woher kommt die unterwuerfige Haltung gegenueber den Naturwissenschaften? Bietet der Bereich der Erziehung den einzigen Ausweg, wenn wir einzelne Biographien betrachten? Neue Medienkunst hat sich zwischen kommerziellem Demodesign und Museumsstrategien positioniert, und anstatt erdrueckt zu werden, ist sie in einen Abgrund des Missverstandenwerdens hineingefallen. Nach Jahren des heroischen Kampfs, Arbeiten zu schaffen, Ausstellungen zu konzipieren und Festivals, Konferenzen und Kurse zu organisieren, zeichnet sich nun ein drohendes Gefuehl der Krise ab. Handelt es sich dabei nur um einen schmerzhaften Augenblick in einem Prozess des Wachstums oder haben wir es mit strukturellen Problemen zu tun?

    Waere es besser, die neue Medienkunst in den Bereich des Film, des Theaters und der bildenden Kuenste zu intergrieren, oder bekommt man bessere Werke zu sehen, wenn technologiebasierte Kunst ihre eigenen Finanzierungsstrukturen, Medienlabore und Zentren hat? Abgesehen von einer kritischen Untersuchung der Voraussetzungen – und ueberhaupt der Existenz – einer elektronischen Kunst, moechte ich das um Biennalen kreisende System der zeitgenoessischen Kunst argumentativ hinterfragen. Letzteres reproduziert eine rueckwaertsgewandte Unterscheidung zwischen dem Fake des Spezialeffekts und dem authentischen Kampf echter Kuenstler mit dem rohen, unbearbeiteten Bild. (Weiterlesen)

  • Thai-Lessons#4

    Waehrend meines Thailandtrips machte ich mich mit meinen Freunden natuerlich auch auf zum Had Rin. Das ist der Ort, wo es die beruehmten Vollmondpartys gibt. Wir kamen um 22 Uhr dort an und der Strand war schon total voll. Als wir so ueber den Strand schlenderten trafen wir zwei polnische Maedchen – es war das einzige Mal, dass ich Polnisch hoerte in meinen drei Wochen in Thailand. Die Maedels tranken polnischen Wodka aus der Flasche, die sie selbst mitgebracht hatten. Sie hatten naemlich Angst davor, Drogen in ihre Cocktails gemischt zu bekommen. Na ja, ich glaub nicht, dass an diesem Strand irgendjemand etwas for free herausgerueckt hat.

    Der Strand jedenfalls war voll von Touris, die Unmengen von Alkohol in sich hineinschuetteten, kifften, ins Meer kotzten, in Ohnmacht fielen und dann leblos im Sand lagen. Ausserdem trieben sich dort noch thailaendische Polizisten rum, die wohl ein bisschen angenervt waren von den vielen Partybesuchern, die bereits total hinueber waren. Deshalb haben sie uns wohl insgesamt drei Mal durchsucht und uns jedes Mal Viel Spass weiterhin! gewuenscht. Gegen drei Uhr habe ich meine Freunde aus den Augen verloren – gerade hatte ich sie noch mit einer Gruppe von Thai-Lady-Boys schaekern sehen. So ganz allein und ohne Geld fuehlte ich mich ziemlich verwundbar.

    Mehrere Male klatschten Besoffene auf meinen Po. Meine wuetenden Schreie der Entruestung verstanden sie dann auch noch als Einladung. Irgendwann war mir dann alles egal. Ich verbrachte ungefaehr eine Stunde damit, meine Freunde zu suchen ohne auch nur eine Person anzulaecheln. Dann kam mir der Gedanke, wie ich es zurueck ins Hotel schaffen wuerde, ohne auch nur einen Pfennig Geld dabei zu haben. Ich bekam richtig Schiss. Schliesslich haben wir uns dann doch noch wieder gefunden. Die anderen waren auch schon ziemlich fertig. Gegen fuenf Uhr entschlossen wir uns dann, dieses Schlachtfeld mit all den leblosen Koerpern zu verlassen.

  • Das Psychogramm des Staubsaugerbeutels

    Gestern musste ich im Muell wuehlen. Nicht direkt im Muell, aber immerhin im Staubsaugerbeutel meines Techtelmechtels. Dass sich unsere Art von Beziehung auch einmal auf diese Ebene erstrecken wuerde, war mir anfangs nicht bewusst. Aber seitdem zwei meiner Ohrringe, die ich nachlaessigerweise auf dem Kaffeetisch liegengelassen hatte, beim nachmittaeglichen Aufraeumen einfach weggesaugt wurden, musste sich das Ganze zwangslaeufig verlagern. Manchmal kommt man gegen eine intimere Gangart einfach nicht an.

    Also sass ich nun gestern im Flur, vor mir auf altem Zeitungspapier das Opfer, ein prall gefuellter Staubsaugerbeutel. Ein Schnitt mit der scharfen Spitze der Schere – schon quollen geschaetzte sechs Monate haeuslichen Schaffens meines Techtelmechtels hervor. Neben den erwarteten Staubflusen fand ich ein Wattestaebchen, gefuehlte zweitausend Zigarettenfilter, zwei Naehnadeln, ein 1-Cent-Stueck sowie ein Feuerzeug (wie das in den Staubsaugerbeutel gekommen sein soll – ich will es nicht wissen). Welches Bild ergab sich fuer mich aus diesem Durcheinander?

    Ich habe es mit einem leicht chaotischen Suchtmenschen zu tun (Zigarettenfilter en masse), der bei allen Abhaengigkeiten doch Wert auf Sauberkeit legt (das Wattestaebchen fuer die Ohren) und immer fuer eine Ueberraschung gut scheint (das Feuerzeug). Von meinen Ohrringen natuerlich keine Spur (zaubern kann mein Techtelmechtel folglich auch). Gluecklicherweise war ja neulich gerade Ostern. Ich bin das Suchen also gewohnt, das Nicht-Finden leider nicht.

  • Gelebte Zeiten

    Mein Arbeitsbereich ist die Uni. Beschleunigungsmoeglichkeiten – und damit einhergehend Beschleunigungszwaenge – zeigen sich dort gegenwaertig durch technische Entwicklungen (Internet, Computer, Vervielfaeltigungstechniken), durch institutionelle Oeffnungen (akademischer Disziplinen, Arbeitsmaerkte, Kommunikationskanaele) und durch den starken Druck zu Wirtschaftlichkeit und globaler Wettbewerbsfaehigkeit des Unibetriebes. Diese Beschleunigungszwaenge fuehren in den Arbeitszusammenhaengen, in denen ich mich bewege zu einem Herumexperimentieren mit Moeglichkeiten des Zeitsparens hinsichtlich der Textaneignung, der Textproduktion, der Seminarvorbereitung und – durchfuehrung, der Beschaeftigungszeit pro Studierendem ohne dabei die Qualitaet der Ergebnisse zu vermindern. weiterlesen »

  • Wild Campen

    Wild Campen in Berlin? Berliner Gazette-Autorin Anne Grieger hat eine Frau entdeckt, die das dauerhaft betreibt. Und fragt sich, warum. weiterlesen »