Eigentlich ist es ja noch ein bisschen frueh fuer einen Jahresrueckblick (oder spaet – je nachdem). Aber wenn man seine Zeit in Serienjahre
einteilt, ausgerichtet am US-Markt, dann ist diesen Sonntag Silvester und somit wird es hoechste Zeit fuer eine Rueckschau (fuer deutsche Fernsehzuschauer jedoch eine Vorschau!). So ein Serienjahr faengt normalerweise im September mit dem >Fall<-Programm an, hat seinen Hoehepunkt bei den grossen Season Finales
im Mai und endet mit der bombastischen Emmy-Award-Gala im Herbst. weiterlesen »
All you can miet
schreit es von einer Werbeplane an einem offensichtlich leicht angezaehlten Buerohaus in Kreuzberg. Das klingt nach endlosen Raeumen zu endlichen Festpreisen. Doch ausschlaggebend fuer den erfolgeichen Mieterstatus bleibt auch hier nicht der eigene Hunger, sondern der tatsaechliche Geldbeutel – schliesslich heisst es can
und nicht want
. Bereits das Wort Leerstand
setzt Vermieter, aus Gruenden der eigenen Berufsauffassung, in Schockzustaende, so dass Bueromieter als Zwischennutzer Erste Hilfe leisten koennen. weiterlesen »
Mozart komponierte so schnell, dass einer aus unserer Zeit nicht einmal schneller seine Noten abschreiben kann. Japanische Postboten vor dreihundert Jahren brauchten keine Woche, um von Tokio bis Kioto zu Fuss zu gehen. Wir sind langsam geworden und denken, dass wir uns nur deshalb langsam vorkommen, weil die technische Entwicklung unmenschlich schnell ginge. Ich teile nicht die Nostalgie nach der guten, alten Zeit, in der alles langsamer gewesen sein soll. Es ist dennoch wahr, dass es heute einen Zeitdruck gibt: das Gefuehl, immer schneller mehr, oefter, groesser und billiger produzieren zu muessen. weiterlesen »
Ich komme aus dem tiefsten Westen Deutschlands – aus Wuppertal. Ich habe weder polnische Vorfahren noch wurde meine Familie vertrieben. Anfang der neunziger Jahre habe ich auf dem schwarzen Brett vor der Mensa an der FU Berlin einen Aushang gesehen >Polnisch lernen in Krakau
und fand die Idee Polnisch zu lernen so abgefahren, dass ich mich entschieden habe fuer zwei Wochen dahin zu fahren.< So fing der von den Polen heiss geliebte Steffen Moeller die Panel-Diskussion In weiter Ferne und doch so nah
an. weiterlesen »
Zeit fuer einen Gottesdienst. Doch wir befinden uns nicht in der Kirche, sondern im Haus der Berliner Festspiele. Mario Vargas Llosa ist an diesem Sonntag Mittag hier und der Moderator hat nur acht Minuten, um den in Peru geborenen Autor vorzustellen. weiterlesen »
Der G-8-Gipfel hat nicht nur dazu beigetragen, dass sich eine breite Oeffentlichkeit der Groesse und des Potenzials der globalisierungskritischen Bewegung bewusst geworden ist. Heiligendamm war – frei nach Tocotronics Wir sind viele
– vor allem auch fuer die Binnenstruktur des Protests wichtig: Zuvor meist vereinzelte Kritiker, Gruppen und Organisationen sind sich in einer Art kollektivem Selbstfindungsprozess ihrer Wirkungsmacht bewusst geworden. weiterlesen »
An Orten der documenta12 begegnen einem Vexierbilder und Trompe l’Oeils, Imitationen und unvermutet andersgleiche Wiederholungen. “Relax – It’s only a ghost! Der naechste Winterschlaf kommt bestimmt!” (Dirk von Lowtzow) Bilderserien und Bildstilistiken kehren wieder, unvorhergesehen, als musisch-literarische Motive, unvermutet die losen Ausstellungsstuecke in einen Zusammenhang singend. Es ist die Aesthetik – unvermuteter Gegenstand einer Kunstausstellung? -, die sich hier immer wieder selbst besingt. weiterlesen »
Die Wochenzeitung DIE ZEIT
warb kuerzlich mit dem Angebot, sich in Gruppen zum Philosophieren ueber den Zeitbegriff auf eine Insel
in der Nordsee zurueckzuziehen. Zum Pauschaltarif. Die Berliner Gazette optimiert dieses Angebot: Jeder, der will, ist dazu eingeladen zum Nulltarif ueber den Zeitbegriff zu philosophieren. Und zwar auf einer Insel im Netz: der Webseite der Berliner Gazette. weiterlesen »
Seit 16 Stunden bin ich in Istanbul. Meine Uhr im Laptop will mir das nicht glauben, aber es ist so. Sie behauptet hartnaeckig, es seien nur 15 Stunden, sie will mir meine Erfahrungen hier nicht goennen, aber ich weiss es besser: in Istanbul gehen die Uhren eine Stunde schneller. Die Idee, der Zeit Beine zu machen ist dabei gar kein alter Hut. Sie hatte nicht nur Atatuerk in den 20er Jahren sondern vor einer Woche auch Hugo Chavez in Venezuela. Dort sollen bald alle Uhren 30 Minuten vorgehen. Den Sozialismus in seinem Lauf. Aber das nur nebenbei, schliesslich sind wir hier in der Tuerkei. weiterlesen »
Sprache laesst sich nicht am Massstab von Zeit und Geschwindigkeit verstehen. Sie ist, vor allem in Schriftkulturen, ein Element gesellschaftlicher Stabilitaet und sorgt fuer Kontinuitaet. Kollektive und individuelle Identitaeten sind auf diese Stabilitaet angewiesen. Aber die Zeit geht an Sprachen nicht vorbei. Sie wandeln sich, und dafuer brauchen sie Zeit. Gegenwaertig kann man in mancher Hinsicht von einer Beschleunigung solchen Wandels sprechen. So gibt es offenbar eine Beschleunigung des Sprachensterbens. Es gibt Berichte, dass in Australien, Lateinamerika und einigen Regionen Asiens mit verschwindenden kleinen ethnischen Gruppen gegenwaertig Sprachen mit einer nicht bekannten Geschwindigkeit sterben
. Aber es ist zweifelhaft, dass es einen direkten Zusammenhang dieses Sterbens mit der Globalisierung gibt. Die Gleichzeitigkeit duerfte eine blosse Koinzidenz sein. weiterlesen »
Die Alpen: Edelweiss, Enzian, Weissbier, Haxen und leider Gottes auch Bayern. In abgelegenen Bergdoerfern scheint man seit Jahrhunderten keinen Kontakt mit der Aussenwelt gehabt zu haben. Die Folgen: Taubheit, Blindheit, Debilitaet. Wo sich kein variantenreicher Genpool finden laesst, muss man eben mit der eigenen Schwester, Mutter oder Tante improvisieren. Das hat seine Vorteile, alles bleibt in einer Familie, es gibt keine haesslichen Scheidungen wie mit angeheirateten Wildfremden und die Kriminalitaetsrate liegt bei Null, schliesslich hat man ja jederzeit genug Zeugen zur Verfuegung, die ihre inzestuoes-gichtigen Haende fuer einen ins Feuer legen. weiterlesen »
“Sympathisch uncool” befand das Popkultur-Magazin intro in seiner aktuellen Ausgabe ueber die Jubilaeumsgala der Berliner Gazette. Ferner: “Das Ganze erinnerte etwas an einen Tag der offenen Tuer.” Das ist nett gemeint. Dankeschoen. weiterlesen »