• Offene Prozesse

    Ich komme aus Santiago de Chile, seit 2004 lebe ich in Berlin. Eigentlich wollte ich Schriftstellerin werden. Als 1989 die in Chile die Diktatur endete, wurde die Kulturpolitik neu strukturiert. Mit einem Mal flossen viele oeffentliche Gelder in den Kunstbetrieb. Das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass Kunst etwas Visuelles ist. Das Schriftstellerische verschwand dahinter. Zahlreiche Institutionen, Kunstschulen wurden gegruendet, Ausstellungen, Kataloge produziert. weiterlesen »

  • Zu flach und zu hoch

    Es ist nicht kategorisierbar, floesst Angst ein, ruft Kopfschuetteln hervor, Ablehnung, wird verdraengt, vergessen, hinterlaesst insofern nur selten ohne Weiteres lesbare Spuren in der Geschichte: das Paradoxe. Zurecht werden Sie fragen: Aber ist Widerspruechlichkeit nicht das konstitutive Markenzeichen der Wirklichkeit? Doch geht es hier um etwas anderes. Oder doch zumindest um einen ganz besonderen Fall: Texte, die zugleich als zu flach und als zu hoch wahrgenommen werden. Texte, wie sie im Protokoll-Segment der Berliner Gazette erscheinen. weiterlesen »

  • Wer zuerst kommt, darf laenger warten

    Immer schoen hinten anstellen. Es geht hier der Reihe nach. Entlang der alltaeglichen Zivilisiertheit, weniger Ergebnis der Vernunft als Konsequenz schmaler Gaenge zwischen Warendisplays und Leitregalen: Die Schlange bezahlbereiter Konsumenten in deutschen Gross-Discountern. Jeden Tag ersteht man sich hier ein Stueck von der Welt – Einkaufswagenreisen mit dem immer gleichen Ziel: Beduerfnisbefriedigung. Und das ist gut so, und frisch und preiswert. Zumindest glauben wir das. Subtiler als die Praemiumkekse draengt sich in Augenhoehe der Eindruck auf, dass fuer viele Mitkunden der Marktbesuch die einzige oekonomische Partizipation des Tages ist. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #8

    Welche Fragen im Kontext der Globalisierungskritik kuenftig gestellt und diskutiert werden sollen? Wir wollen Eigentumsfragen und damit die Frage nach Moeglichkeiten fuer eine demokratische Kontrolle der Wirtschaft – auf allen ihren Ebenen – kuenftig staerker in den Mittelpunkt stellen. Dazu gehoert eine demokratische Kontrolle der internationalen Finanzmaerkte ebenso wie das Verhindern bzw. Rueckgaengigmachen von Privatisierungen oeffentlicher Gueter und eine staerkere betriebliche Mitbestimmung. weiterlesen »

  • Wir sind die Roboter

    >Wir haben uns nicht ausgesucht zu Robotern zu werden. Es gab einen Unfall in unserem Studio, bei dem unsere Sample-
    Maschine explodierte. Als wir das Bewusstsein wiedererlangten, waren wir Roboter.< So drueckt es Thomas Bangalter aus, der zusammen mit Guy-Manuel de Homem-Christo das kongeniale Elektro-Duo >Daft Punk< bildet. weiterlesen »

  • Gejobbt, geschuftet und gechillt

    Es ist kurz nach 21 Uhr und ich fahre den Computer runter, schalte die Videokamera zur Ueberwachung der Aussenfassade ein, die Sicherungen aus und gehe die Treppe hinunter. Erst durch die Tabakboerse im Erdgeschoss und dann durch das Buero. Zum letzten Mal schalte ich die Alarmanlage ein und warte auf das nervtoetende Piepen, das kennzeichnet, dass sie scharf gestellt ist. Mehr als zwei Jahre habe ich hier in der Videothek Moviestar neben dem Abi gejobbt, geschuftet und gechillt. Denn entweder war es so, dass gar nichts los war – oder es war zu viel los. Der Job des Videothekaren ist bestimmt nicht immer so entspannt aber in einer kleinen Stadt wie Pritzwalk, wo kaum mehr als 40 Leute am Tag in den Laden kommen, ist es schon sehr angenehm. weiterlesen »

  • Brustwarzenpolizistin in Manchester

    Die Nacht ist schon um zwei vorbei. Bullige Tuersteher schieben das stockbesoffene Volk wie eine traege, unwillige Viehherde zu den Ausgaengen der Clubs auf der Peter Street im Zentrum von Manchester. Manchmal tun sie das auch unsanfter als erwartet. Nach drei knappen, dafuer umso intensiveren Stunden alkoholisierten Suchens nach einem Bettgenossen fuer die Nacht, sind Taxis Mangelware, englisch angestanden wird trotz Pegel, bekleidete Frauen sind ebenso selten, ansehnliche Frauen sowieso, gebuegelte Haare umrahmen schlecht ueberschminkte Gesichter, die Maenner sind fast in Uniform: schwarze Anzughose, weisses Knopfhemd, Glatze. weiterlesen »

  • Die Tuerkei gestern und heute

    “Immer faellt mir, wenn ich an den Indianer denke, der Tuerke ein.” Als Karl May 1893 mit diesen Worten seine Winnetou- Erfolgsgeschichte begann und die Indianer mit dem “kranken Mann am Bosporus” verglich, stand das Osmanische Reich tatsaechlich vor einem Scherbenhaufen. weiterlesen »

  • Verwoben bis in die verdeckten Haarspitzen

    Ein “Skandalbuch” sei das, ein “wahrer Aufschrei” – wenn solche Postulate durch Magazine und Rundfunkanstalten geistern, sollten die literaturkritischen Fuehler ausgestreckt werden. Mehrmals im Jahr wird einem ja irgendeine Publikation als “Skandalroman” verkauft, meist sind es dann Drogen- oder Sexgeschichten. Das neueste Buch aus dieser Sparte handelt von vier jungen Maedchen, die gern mit ihren Handys rumspielen, sich verlieben, das Herz brechen lassen und sehr viel heulen. Ziemlich unspektakulaer. Und der Skandal? Die Autorin: Eine Kopftuchtraegerin! Und noch dazu eine huebsche. weiterlesen »