Fix Zone

Freejazz in der DDR

Redaktion: 

DKW Ausstellung "Freejazz in der DDR"

Die DDR mit Mauer, Militär und lückenloser Überwachung durch SED, Stasi und Volkspolizei, diese Einheitsgesellschaft mit Einheitspartei, Einheitsgewerkschaft, ihren gleichgeschalteten Medien und den immer gleichen Plattenbauten bietet wenig Chance auf Individualität. Ausgerechnet in dieser geschlossenen Gesellschaft, in diesem gleichgeschalteten Land entsteht eine Musik, die an Individualität, Egozentrik, Spielfreude, Freiheitsdrang, Fantasie und Kreativität kaum zu überbieten ist: der DDR-Freejazz.
Unter den Augen des Überwachungsstaates, mit Wissen des allzeit gut informierten Staatssicherheitsdienstes und des SED-staatlichen Kulturbetriebes wächst eine in vielen Farben und Schattierungen schillernde Subkultur heran. Das Entstehen dieser Szene kann nicht vordergründig den Einflüssen des „Klassenfeindes“ zugerechnet werden, deshalb zögert der Machtapparat, die erprobten Werkzeuge seiner Repression auszupacken: Überwachung, Verfolgung, Erpressung, Verlockung, Ausweisung, Einweisung oder Berufsverbot. Stattdessen reagiert der Staat wahlweise mit Unverständnis, Druck und immer wieder auch mit Förderangeboten. Schließlich erfolgt dann doch ein Verbot.

In der DDR der 1970er und 1980er Jahre entsteht und existiert eine kleine, eng vernetzte, hoch kreative und international gefragte Freejazz-Szene. Diese Szene lebt von begabten Musikern, die genau für diese Musik brennen. Und sie wird getragen von einem Netzwerk an Unterstützern und vor allem von einem für diese mutigen Ausflüge in neue Klangwelten bereites Publikum, das zu Experimenten ebenso bereit ist wie die Künstler. Ein Publikum, das den avantgardistischen Improvisationen vielleicht nicht immer folgen kann, aber einer gläubigen Gemeinde gleich versteht: hier geht es um einen Freiraum jenseits der offiziellen Einheitskultur. Tausende sind es in der DDR, die die Jazz- und Kulturklubs regelmäßig bevölkern, die den Protagonisten an die abgelegensten Orte hinterher reisen und kein Festival verpassen.

Im Zentrum der Ausstellung „Freejazz in der DDR. Weltniveau im Überwachungsstaat!“ stehen die Kraft, der Enthusiasmus, die Spiel- und Genussfreude und der über allem stehende leidenschaftliche Freiheitsdrang. Die Ausstellung versucht, die Wurzeln dieses kulturellen, künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Phänomens freizulegen. Und sie nimmt die Fährte auf, die erfolgreiche und international angesehene Musiker aus der DDR wie Ernst-Ludwig Petrowsky, Conny Bauer, Helmut Sachse, Ulrich Gumpert, Günter Sommer und viele mehr bis in unsere Zeit gelegt haben. Sie umreißt die eng vernetzte Musikerszene und lässt Musiker, Multiplikatoren, Veranstalter und Fans zu Wort kommen. Veranstaltungsorte wie Berlin, Peitz, Leipzig, Greifswald, Magdeburg, Dresden und Ilmenau werden dabei eine Rolle spielen.
Neben Hörstationen zeigt die Ausstellung dokumentarische Fotografien, Filme und Plattencover. Im dkw. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus wird die Präsentation durch sammlungseigene Exponate wie Plakate und Druckgrafik erweitert.

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