Siegfried Lenz: Landesbühne (Novelle) |
Siegfried Lenz: Landesbühne |
Inhaltsangabe:
Im Gefängnis in Isenbüttel teilen sich Clemens und Hannes eine Zelle. Bei Clemens handelt es sich um einen auf Sturm und Drang spezialisierten Germanistikprofessor, der zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, weil er Examenskandidatinnen, die mit ihm ins Bett gegangen waren, zu erfolgreichen Prüfungen verholfen hatte. Hannes winkte auf Ausfallstraßen von Hamburg mit einer gestohlenen Polizeikelle Autofahrer an den Straßenrand, von denen er annahm, dass sie zu schnell fuhren und kassierte an Ort und Stelle "Bußgelder" in bar – bis er versehentlich eine Zivilstreife anhielt und aufflog. Ihr Chor sang vermutlich gerade Wem Gott will rechte Gunst erweisen, und da sie bei dem Wort "Gott" das Blitzlicht traf, bildeten ihre Münder ein ebenmäßiges, dunkles Loch. (Seite 67)
Ausgerechnet Isolde Bromfeld, die schläfrigste unter Clemens' Studentinnen, arbeitet nun als Volontärin beim Grünauer Tageblatt. Als auch in überregionalen Zeitungen Berichte über die Grünauer Kulturwoche erscheinen, beschließen die Ausbrecher, die Aufschrift "Landesbühne" in "Sonderfahrt" zu ändern und sich nach Dänemark abzusetzen. Aber sie werden von Pannwitz, dem Stellvertreter des Bürgermeisters, aufgehalten und eingeladen, ins Stadthaus zu kommen, wo einige von ihnen mit "Grünauer Nelken" geehrt werden sollen. "Ihnen steht ein großer Theaterabend bevor [...] Was Sie erleben werden, ist ein Stück der Menschenliebe [...] Wer des Trostes bedarf – hier kann er getröstet werden." (Seite 93) Vor allem Hannes wird von dem Bühnenstück ergriffen. "Du wirst es nicht glauben, Professor, ich dachte, ich spiel da mit, ich fühlte mich mittendrin. Der Mensch, der das geschrieben hat, wusste alles über mich, und wusste, was warten heißt, warten ohne Hoffnung." (Seite 95f)
Der Professor wird von vier seiner ehemaligen Studentinnen besucht: Anja, Kirsten, Brigitte und Isolde Bromfeld. Sie bringen ihm Mohnkuchen mit und Kaffee, den sie mit Aquavit versetzt haben. Die jungen Frauen erzählen ihm, dass sie den Fanclub "Sturm und Drang" für ihn gründen werden. "Die Frage ist nur, wie weit darf man gehen. Wie unbedingt muss man sich daran halten, was einem das Dokumentarische nahelegt, ich denke an Namen, an Orte, es gibt da doch gewisse Rechte, Eigentumsrechte." (Seite 112f) Der Professor zerstreut die Bedenken des Gefängnisdirektors: "Manchmal kann die Wahrheit nur erfunden werden." (Seite 113) Hannes weiht seinen Zellengenossen in einen neuen Ausbruchsplan ein, doch als es so weit ist, lässt er die anderen ziehen und bleibt bei Clemens zurück. Er will mit ihm zusammen bleiben. |
Buchbesprechung:
Ausbrecher aus einem Gefängnis werden für Mitglieder der Landesbühne gehalten und verhelfen einer Kleinstadt zu einer Kulturwoche. Handelt es sich dabei um eine Inszenierung, von der die Männer selbst nichts wissen? |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Siegfried Lenz (Kurzbiografie) |