Sebastian Haffner: Geschichte eines Deutschen Die Erinnerungen 1914 - 1933 (Sachbuch) |
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Inhaltsangabe und Buchbesprechung
Sebastian Haffners bürgerlicher Name lautete Raimund Pretzel. Er wurde am 27. Dezember 1907 als Sohn eines aus Pommern stammenden Schulrektors in Berlin geboren. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs war er sechs Jahre alt. Später erinnert er sich, dass die Nachrichten über den Krieg für ihn damals so aufregend waren wie die Berichte über ein internationales Sportturnier. Anstelle von Fußballtoren wurden Gefallene gezählt. Ungeachtet des "Steckrübenwinters" (1916/17), in dem es auch für ihn kaum noch etwas zu essen gab, fehlte dem Schuljungen das Bewusstsein für die Katastrophe.
[...] Er schrieb für rechte und linke Blätter, für seriöse Zeitungen und Illustrierte [...] Vom Kalten Krieger wurde er zum Vorkämpfer einer Entspannungspolitik. Wann immer es ihm richtig erschien, legte er das Ruder um 180 Grad herum und überraschte mit klugen Argumenten für das Gegenteil dessen, was er gestern noch ebenso klug verfochten hatte. Sebastian Haffner starb am 2. Januar 1999. Dass die meisten Deutschen damals, im Februar 1933, an die kommunistische Brandstiftung glaubten, kann man ihnen, scheint mir, nach alledem nicht übel nehmen. Was man ihnen übel nehmen kann, und worin sich zum ersten Mal in der Nazizeit ihre schreckliche kollektive Charakterschwäche zeigte, ist, dass damit die Angelegenheit für sie erledigt war. [...] Wenn die Kommunisten den Reichstag angesteckt hatten, war es doch ganz in Ordnung, dass die Regierung "hart zupackte"! Am nächsten Morgen diskutierte ich diese Dinge mit ein paar Referendarkollegen. Alle waren sehr interessiert [...] und mehr als einer äußerte seine augenzwinkernden Zweifel an der offiziellen Version. Aber keiner fand etwas Besonderes dabei, dass man in Zukunft seine Telefongespräche belauschen, seine Briefe öffnen und seinen Schreibtisch erbrechen durfte. "Ich empfinde es als persönliche Beleidigung", sagte ich, "dass man mich verhindert, zu lesen welche Zeitung ich will – weil angeblich ein Kommunist den Reichstag angesteckt hat. Sie nicht?" Einer antwortete fröhlich und harmlos: "Nein. Wieso? Lasen Sie denn etwa bis jetzt den 'Vorwärts' und 'Die Rote Fahne'?" (Sebastian Haffner: Geschichte eines Deutschen)
Sebastian Haffners Manuskript "Geschichte eines Deutschen" entstand 1939 im Exil. Obwohl zu diesem Zeitpunkt sowohl der deutsche Angriff auf die Sowjetunion als auch der Holocaust noch in der Zukunft lagen, ahnte er das Unheil voraus. Der brillante Denker erzählt aus seinem Leben und setzt sich dabei klug, pointiert und hellsichtig mit der politischen Entwicklung in Deutschland zwischen den beiden Weltkriegen auseinander, besonders mit der Frage, wie so viele Deutsche von den Nationalsozialisten verführt werden konnten und bereit waren, auf ihre individuelle Freiheit zu verzichten. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003 / 2007 |
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