ein bild

Dorn einer Nelke


Misslungene Selbstoperation,
da liege ich im kühlen Mai,
jemand im Hof schießt auf Elstern.

Der wochenlange Regen
treibt alle in sich zurück,
Löwenzahn und Zorn wachsen,

wütend sehe ich die Vögel
und höre, sie singen, Drosseln,
Stare, ihren Nesselgesang.

Und vorm verschwimmenden Fenster
im Laub der falschen Akazien
wetzt die Hoffnung die Messer.

Seit Wochen den Dorn einer Nelke
im Finger, den Niemandsdorn,
Nelken sind unbewaffnet.

Die Wiese mein Brusthaar,
Atem wiegt das trabende Gras.
Poch, grünes Blut, poch weiter!

29.06.2006 11:33:40 

Cuckoo Cocoon


Rael regains consciousness in some musky half-light. He is warmly wrapped in some sort of cocoon. The only sound he can hear is dripping water which appears to be the source of a pale flickering light. He guesses he must be in some sort of cave – or kooky tomb, or catacomb, or eggshell waiting to drop from the bone of the womb.
*
Wrapped up in some powdered wool – I guess I'm losing touch.
Don't tell me this is dying, 'cos I ain't changed that much.
The only sound is water drops, I wonder where the hell I am,
Some kind of jam?
Cuckoo Cocoon have I come to, too soon for you?
There's nothing I can recognise; this is nowhere that I've known.
With no sign of life at all, I guess that I'm alone,
And I feel so secure that I know this can't be real
But I feel good.
Cuckoo cocoon have I come to, too soon for you?
I wonder if I'm a prisoner locked in some Brooklyn jail
Or some sort of Jonah shut up inside the whale.
No – I'm still Rael and I'm stuck in some kind of cave.
What could've saved me?
Cuckoo cocoon have I come to, too soon for you?
*
Resigning himself to the unknown he drifts off into sleep.

Genesis

27.06.2006 13:17:46 

Die Gewalt von Gedichten


The base of all inks and pigments is seawater. Seamus Heaney


Ein warmer blauer Sommervormittag,
von den hölzernen Quais an der Liffey
schnappten sich Möwen die Brotrinden
und weichten sie im Schlammwasser auf,
und beglückt von der Raffinesse der Vögel
schlug Paddy Haughy Mick FitzRoy vor,
am Merrion Strand schwimmen zu gehen.
Sie kauften Bier und trotteten zum Zug.

Ein silbernes Flimmern in der Luft,
im Nachbarabteil gestapelt Kartons,
und an den Fenstern vorbei schossen
die Möwen gleichauf mit dem Waggon,
in dem Haughy und FitzRoy durstiger
von Halt zu Halt plauderten übers Meer,
Nachmittage in ihrer Kindheit am Meer,
das Meer und die Gewalt von Gedichten.

Grün gewesen war der Himmel immer,
kamen sie mit der Klasse nach Blackrock,
um da auf den Bus zum Strand zu warten.
Umschwirrt von Wespen fragte Haughy
Warum beschreibst du das nicht mal?
Mick zog an der schwarzen Zigarette.
Sie tranken, es war heiß, und summten.
Der Bus stand da, Möwen auf dem Dach.

Ein großer Spiegel über dem Asphalt,
durch den hindurch sie und die Jungs,
die sie gewesen waren, und die Toten,
die sie begraben hatten, bis zu dem Bus
schwankten; Haughy klopfte an die Türe,
und sie ging auf: Wann fährst du? Der Fahrer
gähnte, meinte, ob das der Dichter FitzRoy sei,
und als der sich verneigte, sprang der Motor an.


21.06.2006 21:49:49 


Lieber Hendrik,

welchen Wert hat die Freiheit der Kunst, wenn in ihrem Namen die Freiheit eines Einzelnen derart eingeschränkt wird, dass er sich Anfeindungen und dem Verlust seiner Berufsgrundlage gegenübersieht? Du hast ganz Recht, es geht hier nicht um die Frage, ob wahr ist, was Britta Höper über Herrn K. geschrieben und veröffentlicht hat. Selbst dann, sollte alles stimmen, WAS Britta darzustellen versucht, so ist doch, WIE sie es tut, der meiner Ansicht nach falsche Weg; nicht nur, dass ihr Text die funktionalen Züge einer Hetzschrift trägt, auch der Goldene Fisch wird funktionalisiert von einem Text, der eben leider kein literarischer, sondern bestenfalls ein journalistischer ist. Wie hält er es mit der Fiktionalisierung? Welche Mittel der Differenzierung setzt er ein? Wo liegt sein konstruktiver Ansatz? Kannst Du verstehen, wenn ich meine, dass literarische Freiheit zu bewahren zunächst meint, menschliche Freiheit zu schützen? Das schöne Zitat von Max Frisch, mit dem Sylvias Text "Kodex" beginnt, ist gespenstisch, denn man stelle sich doch dieses Wort vor, jeder einzelne das seine, das Wort, das dich umbringt: Einer sagt es im Vorbeigehen zu dir, und du fällst um. Oder stirbst wie am Schwarzen Fleck dieser alte Pirat in Stevensons "Schatzinsel". Jede Verletzung eines einzelnen Menschen ist eine Herabwürdigung von uns allen, sagt Camus; und Britta hat sicherlich Recht mit ihrer Empörung gegenüber Äußerungen, sollten sie so gefallen sein. Doch es ist ein Unterschied, ob im Gespräch unter vier Augen Dinge gesagt werden oder ob ich sie in der Öffentlichkeit ausbreite. Einer Öffentlichkeit, wohlgemerkt, deren Präsenz uns anhand dieses Vorfalls zu denken geben sollte. Einer Öffentlichkeit auch, die, wie Du es sehr schön geschrieben hast, zumeist für Ungerechtigkeit sorgt allein dadurch, dass einer sich nicht wehren kann.

Herzlich grüßt Dich, Wellenmann,

Dein M.

14.06.2006 11:07:01 

Gretchen-Frage


Lieber Hendrik,

Freiheit, Kraft und Schönheit der Welle sprechen für mich aus Deinem Bild im Goldenen Fisch vom 26. Oktober. Du hast es seinerzeit "dem Persönlichkeitsrecht" gewidmet. Ich erinnere mich gut an unsere irritierte Empörung, als wir einen Tag zuvor Britta Höpers Text "Where Feigheit lives" lasen: Deine Antwort entspricht dem aufs Assoziative vertrauenden Text-Bild-Symbol-Gespräch, an dem sich alle "Fische" seit über anderthalb Jahren beteiligen.
Britta Höpers Text, ganz gleichgültig, wie man ihn lesen und empfinden mag, hat Kreise gezogen in unserer Stadt, Gymnasiasten haben ihn im Netz entdeckt, ausgedruckt, vervielfältigt und verteilt an der Schule, an der der darin diffamierte Lehrer und Literaturvermittler Kunst unterrichtet und regelmäßig in den "Zeichensaal" bittet; Oskar Pastior war einer seiner letzten Gäste, wir beide haben dort gelesen, genauso wie viele andere junge Autorinnen und Autoren.
Herr K. hat nach meinem Empfinden nichts von der in Britta Höpers Text dargestellten Fratze. Ab und zu treffen wir uns, um gemeinsam ein Runge-Gemälde in der Hamburger Kunsthalle anzusehen; seine geschulten Meinungen zu Kunst, Literatur und Moral sind geschliffen, manchmal scharf, sie basieren jedoch auf Frage, nicht Urteil; als abfällig oder respektlos kenne ich ihn nicht. Es verwundert mich nicht, dass Herr K., nichts ahnend von der Schmähung im Goldenen Fisch, die Verfasserin mehrfach zu weiterer Zusammenarbeit aufgefordert hat, und es verwundert mich genauso wenig, dass sich Britta Höper diese weitere Zusammenarbeit hat gut bezahlen lassen.
Den Schaden trägt nicht allein Herr K., dessen Ruf an seiner Schule unter Kollegen, Eltern und Schülern nachhaltig ramponiert sein dürfte. Der Goldene Fisch ist nun zumindest in einigen Hamburger Literaturkreisen diejenige Netz-Plattform, auf der anscheinend hemmungslos undifferenziert jeder nach Laune rund- und heruntergemacht werden kann. Die Probleme, die das mit sich bringt, liegen auf der Hand, Persönlichkeitsrecht, freie Meinungsäußerung, literarische Freiheit, Freiheit des Internets sind nur einige Begriffe, die da sofort zur Diskussion stehen. Ich habe diese Angelegenheit kurz skizziert, um Deine Frage verständlich zu machen, lieber Hendrik, Deine Frage nämlich, ob der Goldene Fisch so etwas wie einen Werte-Kodex nötig hat. Hat er?

Fragt Dich herzlich Dein Freund und Metöke

Mirko

13.06.2006 12:55:46 

Schneegrenze


Haus mit dem weißen Bogen,
Straße in den Ort und zum See
an Kirchlein und Friedhof vorbei.
Erinnerungen keine, in dem Haus
war ich sprachlos, die Krüppelkiefer,
so es denn eine war, ist samt Grab
und dem Großvater verschwunden.
Türkis alles Wasser nach Regen,
aus dunklerem wachsend blasses
Grün überall bis zur Schneegrenze.
Die Farben hier immer behalten.
Alle fünf Jahre muss ich zurück,
sie reden hören; dazugehört
nie, aber vergessen auch das.

12.06.2006 11:13:06 


Heiner Link 1960 – 2002 Unvergessen

31.05.2006 16:48:13 

Wiener Liedchen


Wenn du entgleist bist
auf dem Praterstern,

frag am Belvedere die Krähen,
wie weit werd ich segeln,

lass den Park bestimmen,
Drainagen wegen umgepflügt,

wo ein kleiner brauner Bagger
seinem Vorarbeiter nacheilt,

ferngesteuert und eisern,
Schlosshund auf Ketten, ach

wein nicht, sollen doch bitte
Gustav Klimt und Sonja Knips

entscheiden, ob du der Liebe wert,
und da du’s sicher bist, welcher,

welcher Liebe, welcher, welcher
Liebe, Liebe, Liebe, Liebe.




30.05.2006 23:39:28 

Die letzte Ehre. Zum Heinrich-Heine-Preis für Peter Handke


Nein, bei aller unbedingt zu verteidigenden Unabhängigkeit einer kulturellen Institution kann es nicht richtig sein, Peter Handke ausgerechnet jetzt den Heinrich-Heine-Preis zu verleihen, so kurz nach dem Theaterskandal von Paris und so kurz nach dem Ableben des Serben-Führers, so kurz nach Handkes demonstrativer Macht-Geste, Milosevic die letzte Ehre zu erweisen. Es fehlt das Leben in dieser kalten Kette: Über Tote wird geredet, an Gräbern, über Reiche und Gebiete nationaler oder subjektiver Mythen, nirgends eine Spur Liebe zu Leben, Überlieferung, Literatur. Peter Handke soll sich fragen, was ein Harry Heine zu einem Schergenführer solchen Schlags gesagt hätte, man kann sich sicher sein, es hätte wahrhafter Schönheit nicht entbehrt – die alle erreicht und die jede Obrigkeit überdauert. In Düsseldorf täte man gut daran, seine Unabhängigkeit anderweitig zu behaupten.

29.05.2006 15:05:54 

Prague Singsong


Light from where? And no gold
knows the answer. Gold
from where? And no river knows.

Over the bridges, over the
Vltava the madly-signing
swifts may know.

The gardens, the gardens;
pear trees, the pears;
the blossoms feel it for sure,

dust on your shoulder,
stones and folded notes
on a grave in tousled grass.


Ü.: Isabel Fargo Cole

23.05.2006 19:11:01 

Shock me


Your lightnin's all I need
My satisfaction grows
You make me feel at ease
You even make me glow
Don't cut the power on me
I'm feelin' low, so get me high

Shock me, make me feel better
Shock me, put on your black leather
Shock me, we can come together

And baby, if you do what you've been told
My insulation's gone, girl you make me overload

Don't pull the plug on me, no, no
Keep it in and keep me high

Shock me, make me feel better
Shock me, put on your black leather
Shock me, we can come together
Come on

Shock me, baby, shock me, oh yeah
Shock me, baby, shock me, oh yeah

Shock me, make me feel better, oh yeah
Come on and shock me, put on your black leather
Baby, I'm down to the bare wire
Shock me, we can come together
Oh yeah, I wanna feel your power
Shock me, make me feel better
Baby, I'm down to the bare wire
Shock me, put on your black leather
Baby, come on, come on, shock me

Kiss

22.05.2006 10:32:41 

Ein dreiflügliger Grat. Zum Georg-Büchner-Preis für Oskar Pastior


Oskar Pastior wurde der diesjährige Georg-Büchner-Preis zugesprochen, eine Entscheidung, die nicht allein ein Lebenswerk würdigt! Kaum einem Dichter der sprachreflexiven Schule ist es wie Oskar Pastior gelungen, Akrobatik, Klangspiel und Lexikalität ein politisch engagiertes Moment abzuringen. Pastiors Werk vereinigt Raffinesse, Lebenserfahrung und höchste Integrität, ein dreiflügliger Grat, den zu halten nur wenigen gegeben ist. Man muss Pastior gehört haben – erst vor ein paar Wochen war er zu Gast im Hamburger Klostergymnasium und las dort "Im Zeichensaal" vor Schülern, Lehrern und einem kleinen Publikum einen Querschnitt durch sein 40 Jahre durchmessendes Oeuvre. Jeder heute so begründete Versuch, erstarrter Poesie neue Wucht abzugewinnen, die sowohl auf Sprache als auch Leben fußt, Spiel und Widerstand verbindet, findet seinen Vorläufer und Mitstreiter in Oskar Pastior.

15.05.2006 10:28:05 

Prager Singsang


Woher das Licht? Und kein Gold
kennt die Antwort. Woher das
Gold? Und kein Fluss weiß.

Über den Brücken, über der
Moldau vielleicht die Mauersegler
mit der Zeichenwut wissens.

Die Gärten, die Gärten;
Birnbäume, die Birnen;
bestimmt ahnens die Blüten,

Staub auf deiner Schulter,
Steinchen und kleine Zettel
auf dem Grab im weichen Gras.


11.05.2006 20:54:31 

Zum Tod von Grant McLennan


mclennan

Little lies, they’ll take your pride.
Until you take your shoes
And go outside, stride over stride,
Walk to that tide because
The door is open wide.
Stride over stride
Walk to that tide.
Bye, bye pride.
Because the door is open wide.
The door is always open wide.
The door is always open wide.

09.05.2006 13:25:10 

--------- Forwarded message ----------


Wie die meisten von Ihnen wohl wissen, ist Peter Handke derzeit in Frankreich Gegenstand einer heftigen Polemik, die am Donnerstag, den 27.4. zu der Entscheidung führte, sein Stück „Das Spiel vom Fragen" vom Spielplan der Comédie Française zu nehmen.
In Frankreich wurde nun eine Petition gestartet, die heftig gegen diese Form der Zensur protestiert. Anbei einerseits ein offener Brief Elfriede Jelineks, andererseits ein Schreiben, das schon von mehreren Schriftstellern, Künstlern, Wissenschaftlern und anderen unterzeichnet wurde. Wir bitten sowohl um Ihre Unterstützung (Unterschrift), indem Sie per Mail Ihre Zustimmung erteilen, als auch darum, die beiden Texte im Freundes- und Bekanntenkreis zirkulieren zu lassen. Bitte schicken Sie Ihre Unterstützungserklärung an Olivier Le Lay (lelay.olivier@wanadoo.fr), Anne Weber (anne.web@wanadoo.fr) oder Elisabeth Schwagerle (elischwagerle@hotmail.com)

1) Texte Elfriede Jelineks:

Ich bin entsetzt, daß die Comédie-Francaise sich als Zensurbehörde geriert
und ein Stück von Peter Handke vom Spielplan nimmt, um dem Schriftsteller
wegen seiner pro-serbischen Position "öffentliche Sichtbarkeit" zu
entziehen. Sein Stück jetzt deswegen nicht aufzuführen reiht die so
traditionsreiche Comédie-Francaise in die schreckliche Tradition von
Kulturinstitutionen in Diktaturen ein, die unliebsame Künstler kaltstellen
und zum Schweigen verurteilen. Wer einen Schrifsteller an der Ausübung
seines Berufs (und daran, seine Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren)
hindert, begeht ein Verbrechen nicht nur an diesem Dichter, sondern an
dieser gesamten Öffentlichkeit. Ein solches Verhalten ist am allerwenigsten
geeignet, den Opfern des Milosevic-Regimes Gerechtigkeit widerfahren zu
lassen



2) Offener Brief

Am 6. April erschien in der französischen Wochenzeitung Le Nouvel
Observateur ein kurzer Artikel über Peter Handke, verfasst von Ruth
Valentini. Die Journalistin bezeichnet den Schriftsteller darin als
„Revisionisten" und behauptet, dass Handke „das Massaker von Srebrenica
gutheisst und auch andere Verbrechen, die im Namen der Rassenreinheit
begangen wurden", indem sie ihm Worte in den Mund legt, die er nie
ausgesprochen hat. In einem Brief an den Nouvel Observateur antwortet Peter
Handke auf diese Anschuldigungen. Nach mittlerweile drei Wochen wurde diese
Antwort immer noch nicht veröffentlicht, und zwar mit der Begründung, „dass
die Person, die sich um die Leserbriefe kümmert, derzeit auf Urlaub ist."
Währenddessen genügten fünf lügnerische Sätze, damit Marcel Bozonnet, der
Verwaltungsdirektor der Comédie Française den Entschluss fasste, ein Stück
Peter Handkes, das im Herbst 2007 in einer Inszenierung von Bruno Bayen zur
Aufführung gelangen sollte, aus dem Programm zu nehmen. Als er mit seiner
Entscheidung an die Öffentlichkeit trat, nannte Marcel Bozonnet schamlos als
einzigen Beweggrund den im Nouvel Observateur erschienenen Artikel. Ohne
sich die Mühe zu machen, die Behauptungen der Journalistin zu überprüfen,
zeigt sich Bozonnet, sein Neues Evangelium, den Nouvel Observateur, als
Schutzschild vor sich hertragend, in der Öffentlichkeit als Verteidiger der
Opfer und heldenhafter Menschrechtskämpfer.
Halten wir fest: die einzig richtige Information, die Ruth Valentini in
ihrem Artikel übermittelte, ist die folgende: Peter Handke fuhr zur
Beerdigung von Milosevic. Es geht hier nun nicht darum zu entscheiden, ob er
damit Recht hatte oder nicht. Es geht um die Frage, ob diese Tatsache in
Frankreich die Wiedereinführung einer Form der Zensur rechtfertigt, wie sie
von den Vertretern der herrschenden Meinung gerne ausgeübt wird. Zensur gab
es in Sachen Handke schon vor der Entscheidung der Comédie Française, die im
Grunde nur das (vorläufige) Endergebnis einer systematischen Ächtung ist,
der Peter Handke seit einigen Jahren ausgesetzt ist. Seit er begonnen hat,
die allgemeine Verteufelung der Serben und die Bombardierung Ex-Jugoslaviens
zu denunzieren, wird Handke von den Medien wie ein gefährlicher Feind der
Öffentlichkeit behandelt, den man schamlos beschimpfen und dessen Worte
jeder nach Belieben verdrehen kann: in jedem Fall erscheint der Verleumder
als Vertreter der guten Sache. Die Meinungsuniformität der Zeitungen ist
frappant und ihr Einfluss ist so groß, dass Buchhandlungen keine Bücher
Handkes mehr verkaufen wollen. Die Wiederholung, Wunschloses Unglück, Die
Lehre der Sainte-Victoire, die zu den schönsten Büchern des letzten
Jahrhunderts zählen, werden boykottiert, zensuriert. Man verlässt sich
lieber auf die Meinung des Nouvel Observateur als sich mit einem
bemerkenswerten und wunderbar einzigartigem Werk auseinander zu setzen.
Glücklicherweise braucht dieses Werk keine Verteidigung. Es kennt keine
Meinungsmache. Es ist einfach da, voller Vielfalt und Stille, groß und
lebendig. Es wird nicht „das letzte Wort" haben, was es übrigens auch nicht
will. Es erwartet sich nichts. Es gibt keine Antwort. Wer noch nicht alles
verstanden hat wie jene, die sich darauf berufen, täglich die Zeitung zu
lesen, wird die Antwort selbst zu finden wissen.

01.05.2006 10:37:02 

Mogador. Paralipomena (2)


Nicht wirklich ersichtlich, von wessen Hand es stammt, das Zitat, das Camus im November 1939 in sein Tagebuch schreibt. "M." könnte für Henri de Montherlant stehen, über dessen "Nutzloses Dienen" er zwei Einträge früher berichtet; es könnte aber genauso eine Notiz sein für Camus' eigene Figur Meursault, also den "Fremden":

"M. 'Die Menschen sind nicht meinesgleichen. Sie sind diejenigen, die mich anschauen und über mich urteilen; meinesgleichen sind diejenigen, die mich lieben und die mich nicht anschauen, die mich allem zum Trotz lieben, trotz der Erniedrigung, trotz der Gemeinheit, trotz des Verrats, mich und nicht das lieben, was ich getan habe oder tun werde, die mich lieben würden, so lange ich mich selber lieben würde – sogar bis zum Selbstmord.'"

Henri de Montherlant wurde heute vor 110 Jahren geboren, er nahm sich 1972 das Leben; aber auch das beweist nichts.

21.04.2006 14:50:12 

Runge-Huldigung


Er konnte keine Ohren malen.

06.04.2006 16:58:38 

Slow Pulse Boy


Somewhere the blast furnace explodes
Plumes of amber in the night sky
Each explosion bounces
From horizon … to horizon
From horizon … to horizon
And for a while, the slow pulse boy
Stood by the window
And let the fire sink into his skin
Again all was still
But for the empty tin
Rolling up and down a gutter
On the breeze
Then we were standing very close
I could live in the space
Between his heartbeats
Outside the furnace errupts again
And dark red rivers
Filled our veins with frenzy
We could tear up the floor
And find all the things we'd ever lost
The fire burns in our jack boots
So we chase the explosions
From horizon … to horizon
From horizon … to horizon
Wrap ourselves around the distance
For as long as we can hold
Somewhere a girl is singing
There is calm in the air
But there is greater calm than I can bear
Tomorrow the sun shines

And also the Trees


04.04.2006 11:34:32 

Mogador. Paralipomena


MOGADOR (Es-Sueira),
Seehafen, an der See also, also der:

ÄGYPTER
der atlantischen Küste der See, also:

MAROKKO
Marokko, 31° 50', Hauptstadt der See, also:

PROVINZ
Provinz-See, also:
Einwohner ungefähr 20.000, von denen eine Hälfte See, also:

JUDEN
Juden sein sollen, und über 100 Europäer, also:

STADT
STADT, STEVEN (1525-1584)
Stadt über der See, also:

WASSER
WASSER und LAND
Wasser auf einer hervorstehenden See, also:

KANTE
KANTE, WILLIAM PETT (1864-)
Kante des kalkhaltigen Sandsteins. In bestimmten Zuständen des Winds und des Meeres wird sie fast zur See, also:

INSEL
ein Seewall aber schützt die Straßen, also:

SAND
SAND, GEORGE (1804-1876)
Sand-Dünen längs der See, also:

BESEN
Besen und, jenseits, die Arganwälder, an der seeabgewandten

SEITE
SEITE, THOMAS NELSON (1853-)
SEITE, WILLIAM (1811-1885)
Seitlich birst die Stadt in die See, zwischen See und Stadt also:

HIMMEL (eng. hefen, heofon, heofone; dieses Wort erscheint in hevan; die Höhe; holl. hemel; es scheint, kein Anschluss zwischen den zwei Wörtern, und die entscheidende Ableitung des Wortes
HIMMEL (skie, eng., Wolke; Skua, Farbton; woher "Abschaum," Lat.-obscurus, Dunkelheit, &c.))
HIMMEL, FREDERICK-HENRY (1765-1814)
Himmel und See, also:

MEER
MEER, OSWALD (1809-1883)
MEERÄSCHE
Meer, und dies führt möglicherweise zu seinem Namen Es-Sueira, "die See", also:

ABBILDUNG
Abbildung: Es ist die gut geplante und saubere Stadt an der See, also:

REICH
Reich, das an der See, also:

GETRAGEN
GETRAGEN, KARL LUDWIG (1786-1837)
Der Wohlstand von Mogador liegt an der See, also:

HANDEL
also:

ALLEN
ALLEN, ETHAN (1739-1789)
ALLEN, JAMES-WEG (1850-)
ALLEN, JOHN (1476-1534)
ALLEN, WILLIAM (1532-1594)
ALLEN, WILLIAM FRANCIS (1810-1889)
allen auf See, also:

WINDEN
WINDEN, THOMAS BLIZARD (1811-1888)
Winden ausgenommen den Südwestwinden, also:


DREI VIERTEL (drei Viertel, da die Führung zwischen der Stadt und der Insel schmal und gefährlich.) Es ist die gut errichtete Stadt also ein fehlendes:

TOR
also eine:

STELLE
eine Stelle auf See, also ein:

PUNKT
ein Punkt über der See.

(Für Hans Thill)

03.04.2006 11:04:05 


coe
"Robert Creeley talking to his son Tom"
Foto: Elsa Dorfman. Mit Dank an Christine


28.03.2006 10:11:32 

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