Uni Schwerpunkt
Der glückliche Bummelstudent und der erfolgreiche Studienabbrecher

AFEU: Erzähle uns kurz deine Geschichte: Warum brauchst du länger/studierst du nicht mehr?
Mara Sykora: Ich habe bereits mit 17 mein erstes Studium begonnen, Soziologie an der Uni Wien, um auszunutzen, dass ich sehr jung maturiert habe und gleich ins Studium einsteigen konnte. Ich habe aber sehr schnell gemerkt, dass Sozialwissenschaften sowie das System der freien Universität nicht ideal für mich sind und habe mein Studium in Wien abgebrochen und bin nach Innsbruck gezogen um hier an der FH zu studieren. Hätte ich dieses eine „vergeudete“ Jahr aber nicht gehabt, wäre mir gar nicht so stark bewusst geworden, dass ich lieber auf einer FH studieren möchte. Ich brauche somit 1 Jahr „länger“ um zu meinem Abschluss zu kommen, würde es aber in keinem Fall als vergeudet ansehen, da ich natürlich selbst in dem Jahr unglaublich viel gelernt habe, auch wenn es mir nirgends angerechnet wurde/wird.
AFEU: Mancher würde sagen, du Versager, du hast es wohl zu nichts gebracht. Fühlst du dich als Versager?
Mara Sykora: Hin und wieder kommt mir der Gedanke „Ach wäre ich gleich bei dem geblieben wäre ich ein Jahr früher fertig“ – aber wozu? Warum sollte man unbedingt ein Jahr früher seinen Bachelor-Titel haben wollen (welchen ich dennoch voraussichtlich schon mit 22 haben werde)? Eine Zeit lang habe ich etwas damit gehadert ob es die richtige Entscheidung war und ich nicht tatsächlich „Zeit verloren“ habe, mittlerweile bin ich aber mehr als froh und mir ganz sicher dabei, dass es die beste Entscheidung war. Ich fühle mich absolut nicht als Versagerin weil ich so oder so viel gelernt habe, auch wenn ich ein Studium bloß angefangen und nicht weitergetragen habe.
AFEU: Wie sieht dein Alltag aus? Was machst du mit der ganzen Zeit?
Mara Sykora: Durch meinen Wechsel auf eine FH habe ich jetzt eher weniger Zeit als vorher, da ich sehr eingespannt bin im Studium. Mein Alltag besteht jetzt aus einem Vollzeitstudium mit 33 Stunden pro Woche Anwesenheitspflicht.
AFEU: Was würdest du jemanden raten, der so schnell wie möglich die Phase seines Studiums hinter sich bringen will, weil er/sie meint, das Leben fängt erst mit dem ersten 40-Stunden Job an?
Mara Sykora: Dem oder derjenigen würde ich erwidern, dass es meiner Meinung nach ein Blödsinn ist. Das harte Arbeitsleben fängt dann an, ja, aber nicht das Leben generell. Ich würde jedem und jeder raten die Zeit des Studiums voll auszukosten um Interessen zu vertiefen, neue zu wecken und sich selbst besser kennenzulernen. Arbeiten kann man noch sein ganzes restliches Leben und im Berufsleben wird man auch noch vielerlei Erfahrungen sammeln und ebenso Interessen vertiefen und eventuell neue wecken. Das Studium bloß als Mittel zum Zweck zu sehen, als Grundbaustein den jeder und jede haben muss um schlussendlich erfolgreich zu arbeiten bzw. zu leben, lehne ich persönlich ab. Natürlich ist heutzutage ein Studium keine große Besonderheit mehr und die Personen mit mehr bzw. höheren Abschlüssen haben womöglich bessere Chancen am Arbeitsmarkt, aber sofern es finanziell möglich ist und das Interesse besteht, empfehle ich allen die Zeit als Studierende/r, als offener wissbegieriger interessierter Mensch, voll auszukosten.