Apollo111:
Basierend auf ihrer Mission, professionelle und qualitativ hochwertige
zeitgenössische Produktionen zu schaffen, entschieden sich die Gründer für
diesen Namen, um damit an die erste Mondlandung der US-amerikanischen
Raumfahrtbehörde NASA zu erinnern. Gleichzeitig soll damit auch dem Gott der
Künste, dem Beschützer von Poesie und Musik in der griechischen Mythologie
gehuldigt werden. Das Apollo111 ist aber mehr als nur ein Theater. Es ist
ein Ort der Begegnung, der Experimente. Denn neben dem modern ausgerüsteten
Kellersaal mit einer Kapazität von 140 Sitzplätzen für Theater oder Kino
stehen noch ein Raum für Konzerte, eine Bibliothek, drei Probe- und zwei
Casting-Zimmer sowie eine Bar-Terrasse zur Verfügung.
Das von Bogdan
Dumitrache (Schauspieler), Cătălin Rusu (Werbeagenturleiter), Dragoș
Vîlcu (Produzent) und dem international bekannten Filmregisseur Călin-Peter
Netzer (dessen Filmbeitrag Mutter & Sohn erhielt 2013 den Goldenen Bären der
Berlinale; Bogdan Dumitrache spielte darin eine der Hauptrollen, Anm.)
gegründete Kulturzentrum besticht vor allem durch sein revolutionäres
Konzept: Jede Spielsaison wird von einem anderen Künstler kuratiert und
widmet sich schwerpunktmäßig einem spezifischen Thema. Zudem steht jede der
Apollo111-Eigenproduktionen nur sechs Wochen lang auf dem Programm.
"Apollo111 ist aus der Notwendigkeit entstanden, dass die Nachfrage nach
künstlerisch wertvollen Inszenierungen der freien Szene drastisch gestiegen
ist", sagt Bogdan Dumitrache, zugleich Kurator der ersten Spielsaison.
Diese
bietet Theater und Film, zeigt aber auch Produktionen für Kinder. Darüber
hinaus verfolgt sie einen interdisziplinären Ansatz, der sowohl
(inter-)kulturelle als auch (inter-)mediale Perspektiven aufnimmt. Somit ist
es kein Wunder, dass bekannte Filmregisseure eingeladen wurden, den
Spielplan mitzugestalten. Für die Eröffnungsfeier zeigte Radu Jude Ali
–
Angst essen Seele auf, eine Bühnenumsetzung des gleichnamigen filmischen
Werkes von Rainer Werner Fassbinder. Schon seit zwei Jahren ist der
weltbekannte rumänische Filmemacher, dessen Streifen Aferim! im Jahr
2015 mit dem Silbernen Bären für den besten Regisseur ausgezeichnet wurde,
in der Theaterszene aktiv. Sein Bühnendebüt gab Jude 2016 am Nationaltheater
"Mihai Eminescu" in Temeswar mit Szenen einer Ehe von Ingmar Bergman.
Ein Jahr später folgte am selben Haus Die Kontroverse von Valladolid
von Jean-Claude Carrière. Und dazwischen die Inszenierung von Fassbinders
1974er Melodram. Dass dessen Thema in der heutigen Flüchtlingsproblematik
nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat, ist ebenso verblüffend wie
erschütternd.
Nach dem Regen
hieß die zweite Eigenproduktion von Apollo111. Auch das 1993 entstandene
Stück von Sergi Belbel ist aktueller denn je. In der fiktiven Welt des
renommierten katalanischen Autors hat es seit zwei Jahren nicht mehr
geregnet. Hubschrauber kollidieren immer wieder mit Wolkenkratzern. Überdies
gibt es des Öfteren Selbstmordversuche von den Dächern der Hochhäuser.
Darüber hinaus wird Mitarbeitern eines Großunternehmens das Rauchen am
Arbeitsplatz komplett verboten. Daher schleichen sie sich auf die Terrasse
des Gebäudes, um heimlich zu rauchen. Sekretärinnen, Informatiker, Postboten
oder Direktoren. Alle verletzen das Rauchverbot. Und bei diesen illegalen
Zigarettenpausen kommt es immer mehr zu Debatten über gravierende
persönliche Probleme. "Seit 2015, als ich beschloss Nach dem Regen zu
inszenieren, scheint die Welt von einer kollektiven Hysterie erfasst zu
sein. Zukunftsangst hat sich zu einem massenpsychologischen Phänomen
aufgeschaukelt, egal ob in Europa, Amerika oder Russland", sagt Regisseur
Alexandru Maftei. Dennoch gibt es eine Rettung: die Liebe.
Vielversprechend
verlief der Start der Spielstätte Apollo111, die von der Bank BRD
–
Groupe Société Générale unterstützt wird. Man darf gespannt sein, was für
ein Thema und welche Künstler der populäre Theaterregisseur Radu Afrim,
Kurator der nächsten Spielsaison, vorschlagen wird. |