...
Neue Texte
Wes Brot ich ess
Es geht zunächst gar
nicht darum, ob bzw. inwiefern
die Bürger, die für die Grundrechte
einstehen, in ihrer
jeweiligen Auffassung von Gerechtigkeit, Recht,
Staatsgewalt, Governance und Meinungsfreiheit recht
haben. Es geht darum,
dass sie nicht nur ein Anrecht
darauf haben, ihren Senf zur Sache zu geben,
son-
dern geradezu verpflichtet sind, angesichts des zu-
tiefst bedenklichen
Dornröschenschlafs der Medien
und der Legislative und der damit verbundenen
Unter-
minierung des Rechtsstaats an der Wiederbelebung
unserer streithaften
Demokratie mitzuwirken.
(Vasile V. Poenaru,
06. 12. 2020)
Irgendwann kommen sie wieder
Der 30. Oktober 1938 ist
ein Meilenstein in der Ge-
schichte des Radiotheaters. An
dem Tag überzeugte
Orson Welles' genial inszeniertes
Hörspiel nach dem
gleichnamigen Roman "Krieg der Welten"
von H. G.
Wells die Zuhörer von der Invasion der
Außerirdischen.
Diese Radiosendung geriet zum besten
Beweis für die
Kraft der Tonkunst. Auch wenn die
Revolution der
digitalen Technologie das Radio heute als
Kommu-
nikations und Manipulationsmedium umdefiniert hat,
so steht doch außer Zweifel, dass das Hörspiel noch
immer genug Magie besitzt, uns jederzeit wieder
an
"Marsmenschen" glauben zu lassen.
(Von
Oana Cristea Grigorescu,
06.
11. 2020)
Auftritt für Italiens junge
Theatergeneration
Nachdem die drei
vorangegangenen, von Antonio La-
tella kuratierten Treffen den
internationalen Regis-
seuren, Schauspielern und Dramatikern
gewidmet
waren, kamen bei der heurigen 48. Ausgabe der
Thea-
terbiennale von Venedig vor allem die jungen
italieni-
schen Künstler zum Zug. Unter dem zentralen Motto
"Atto
quarto:
Nascondi(no)" wurden vom 14. bis 25.
September insgesamt 28 Weltpremieren gezeigt, die
sich ausschließlich mit
einem Thema
befassten: der
Zensur. Das üppige Festivalprogramm umfasste
inhalt-
lich
wie formal sehr unterschiedliche Arbeiten.
(Irina
Wolf,
06.
10. 2020)
Verlassene Zahnbürste sucht Mensch
Während der reguläre Spielbetrieb in Rumänien mona-
telang
unterbrochen war,
bemühten sich manche
Theaterregisseure um neue Kunstformen. So
auch
Bobi Pricop.
Zusammen mit sechs Schauspielern erar-
beitete er das
"performative Video-Gedicht" Exeunt.
Installation, Performance, Film – die im Internet ge-
zeigte
Produktion ist vor allem kein
Theater. Exeunt –
der lateinische Begriff bezieht sich
auf den Abgang der
Schauspieler
von der Bühne – kreist um das Thema
der Einsamkeit.
(Irina
Wolf,
12. 09. 2020)
Reisen in Pandemiezeiten
Ich liebe Reisen, hätte aber nie gedacht, dass ein
viertägiger
Aufenthalt in
Bukarest so viel Stoff für
Geschichten bieten würde. Aber
beginnen wir am
Anfang:
Man nehme ein im April storniertes Flugticket
und buche es um
(österreichische
Fluggesellschaft
Austrian; Strecke Wien-Bukarest-Wien).
(Irina
Wolf, 20. 08. 2020)
Alle meine Flüsse
Viele Flüsse haben was
zu sagen. Flüsse schaffen Ver-
bindung. Doch sie machen auch seit eh und je natür-
liche Grenzen aus. "Lasst das Wasser fließen!",
ver-
langte Heraklit energisch. Und der gute alte Neptun
war damit einverstanden. Unsere Flüsse haben den
Kontinent, ja die ganze Welt strukturiert, organisiert,
nach allen Regeln der Ästhetik und der Politikwissen-
schaft. Die Ur-Flüsse meiner
Kindheit sind
die
Donau,
die Traun und der Mühlbach. Von der Unmittelbarkeit
des Alltags her
sind es freilich der Mühlbach, die Traun
und die Donau. Doch jene kommen
hierin nicht zu
Wort, diese hingegen durchaus. Denn die Donau sei,
so Karl-Markus Gauß, der intelligenteste Fluss
Europas. (Vasile V. Poenaru, 06. 08. 2020)
Zwei Magier der Farben
Im Rahmen einer seit Februar laufenden Ausstellung
präsentiert
das Leopold
Museum 170 Exponate zweier
herausragender österreichischer
Künstler des 20.
Jahr-
hunderts: Friedensreich Hundertwasser und Egon
Schiele. Das
Bemerkenswerte daran:
Hundertwasser
verband eine lebenslange geistige Beziehung zu
seinem
großen malenden
Vorbild, der eine Generation vor ihm
lebte. Einige
Gemeinsamkeiten im Werk der beiden
Künstler sind offensichtlich, manches erschließt sich
erst auf
den zweiten Blick.
(Irina Wolf, 01. 07. 2020)
"Unabhängigkeit gebiert die wichtigsten Ideen"
Vlaicu Golcea, Komponist und Arrangeur, Performer,
Sound
Designer und Produzent, im Aurora-Interview:
"Ich wünsche mir, dass die neue
Generation rumäni-
scher Künstler, die ihr Recht auf die Gegenwart bean-
sprucht, die Kraft zum
Reden und Tun finden wird und
in der Lage ist, unseren
rumänischen DNA-Code umzu-
schreiben, eine echte Revolution anzuführen und
eine
Kunst zu schaffen, die im Einklang mit ihren wahren
Bedürfnissen
steht. Das
sage ich aus der Perspektive
eines Menschen, der seit 1995 mindestens
zehn Jahre
im
Underground verbracht hat, zur Zeit als dies noch
ein echtes
Underground war, ohne Facebook, Twitter
und Instagram, die es
augenblicklich zum Upperground
und cool machen."
(Daniela
Şilindean,
06. 06. 2020)
...
Eine Almani-Trilogie in Lower Saxony
Aller guten Dinge sind drei. Und fünf ist ja auch keine
schlechte Zahl. Es geht nämlich im Folgenden um fünf
Freunde (furchtlose Superhelden allesamt) und ein
Kamel,
die sich aus dem fernen Irak bzw. aus Algerien
oder eben aus dem Sudan auf
den Weg nach Nieder-
sachsen machten, um in Erfahrung zu bringen, ob in
Hannover an der Leine tatsächlich das allerbeste
Deutsch weit und breit
gesprochen wird und ob der
Brocken (im Harz) ein wahrhafter
Sprachbrocken sei.
Toc de mac! Tandaradei!
(Vasile V. Poenaru,
01. 05. 2020)
Theater: Spiegel zwischen
Individuum und Gesellschaft
Catinca Drăgănescu
ist eine rumänische Regisseurin.
Doch nimmt sie in
diesem Beruf in ihrem Geburtsland
eine Minderheitenposition ein.
Als freischaffende
Künst-
lerin hat sich Drăgănescu von Anfang an einem Regie-
programm
gewidmet, das Theater
und Gesellschaft
vereint. In den letzten Jahren hat sie es
geschafft,
als Gastregisseurin
an Staatstheatern zu inszenieren.
Im Einklang mit dem Programm
ihrer Generation
befasst
sie sich mit Vergangenheitserkenntnis und -verständ-
nis,
Identitätsproblemen,
Wirtschaftsmigration, Klisch-
ees und Wahrnehmung von
Minderheiten.
(Oana
Cristea Grigorescu,
01. 04. 2020)
Drei Tage zum Plündern
Rumänische Parole aus dem Jahr 1989: "Hoch lebe die
Revolution!
Schlagt den Kerl zusammen! Zerstört
alles,
was ihr nicht
mitnehmen könnt. Hoch lebe der wissen-
schaftliche
Sozialismus!" Als Ceausescu dann am er-
sten Weihnachtstag hinterlistig erschossen wurde,
hieß
es: "Zu Weihnachten braten wir das Schwein."
Die Würde des Menschen? Nie
gehört. Drei Jahrzehnte
mussten vergehen, bis die rumänische
Öffentlichkeit
wenigstens in etwa einsah, dass eine
derartige, zu-
tiefst menschenverachtende Einstellung weder mora-
lisch noch
heldenhaft oder gar demokratisch und recht-
mäßig ist. Und die ausländischen Medien haben den
Blödsinn gedankenlos gekauft.
Stichwort Breaking
News. Na ja, fake news.
(Vasile V. Poenaru,
01. 03. 2020)
Botond Nagy, ein
Philosoph des Bildes
Trotz
seiner erst 26 Jahre hat Botond Nagy schon
14 Werke kreiert, darunter
Inszenierungen nach Sha-
kespeare, Gombrowitz, Tennessee Williams, Strindberg,
Beckett
und Ibsen. Nagy ist ein dynamischer Künstler,
der an wichtigen Theaterhäusern in Rumänien
arbeitet.
Er hat sich vom Erfolg nicht blenden
lassen, kümmert
sich weiterhin um seine
berufliche Weiterentwicklung,
nimmt
an Workshops und an Festivals teil.
Wer ist
Boty, wie er im Freundeskreis
genannt wird?
(Oltița
Cîntec,
04. 02. 2020)
Die vielen Ichs der Tatiana
Maslany
Die Kanadierin Tat
Maslany spielt im Serienfilm Orphan
Black so viele Klone, dass einer gar nicht mehr gut
mitzählen kann. Sie spielt sie geradezu unglaublich
differenziert. Und dennoch handelt es sich dabei letzt-
endlich streng genommen jeweils um die eine Person:
um dieselbe Person (also um die Schauspielerin), wenn
man sich auf der Ebene der Realität bewegt, und um
die gleiche Person, das heißt um ein wohlgemerkt
jeweils anderes Individuum derselben "Marke", ja um
ein jeweils anderes Individuum mit dem gleichen Erb-
gut: um Klone; um gleichwertige Kopien ohne Original.
(Vasile V. Poenaru, 23. 01. 2020)
"Die Beziehung zum Text ist
eine Suche nach Wahrheit"
Die rumänische Architektin und Bühnenbildnerin Irina
Moscu im
Aurora-Interview: "Es geht immer darum,
das Wesentliche hervorzuheben:
Schlüsselwörter, die
sich in Arbeitskonzepte verwandeln, Bilder, die die
voll-
ständige Bedeutung des Textes enthalten, visuelle
Metaphern. Die
Beziehung zum Text ist ein Suchpro-
zess nach der Wahrheit. Gefühle und
Emotionen regen
meine Vorstellungskraft an. Sie werden auf Papier in
bewusste und unbewusste Gesten umgesetzt. Alles
inspiriert mich: ein
Gemälde, ein Detail in einem Café-
haus, ein Künstler, ein Spaziergang durch
die Stadt
usw. Im kreativen Prozess lässt man sich überraschen."
(Oltița
Cîntec,
05. 01. 2020)
Dreißig Jahre
Theaterfreiheit
Die 29. Ausgabe des Rumänischen Nationaltheater-
festivals, welche
vom 18.
bis 27. Oktober in Bukarest
stattfand, firmierte heuer
unter dem Motto "Magische
Momente der Geschichte". Präsentiert wurden die
besten
rumänischen Produktionen der
letzten Theater-
saison sowie vier internationale Gastspiele.
Zusammen
mit Buchvorstellungen,
Workshops, sieben Ausstellun-
gen, zahlreichen Radiosendungen und
Konferenzen
wurde
ein umfangreiches Panorama der in den letzten
dreißig Jahren
seit dem Fall
des Kommunismus gewon-
nenen Freiheit geboten.
(Irina Wolf,
15. 12. 2019)
"Wo wir stehen" oder
"Unsere Standortbestimmung"
Dass die kürzlich im
Suhrkamp Verlag erschienene Rede
Barack Obamas nicht gerade sinngemäß
adäquat über-
setzt wurde, passt zum gegenwärtigen Trend, aus der
anspruchsvollen Tätigkeit des Übersetzers ein mecha-
nisches Wörter-Pingpong
zu machen. Bereits 2008
wurde dessen "Yes, we can!" genau so in die deutsch-
sprachige Öffentlichkeit geschmissen, wie es die eben
mal nicht perfekten Übersetzungsprogramme ausge-
spuckt hatten. Und auch jetzt kann einer neuerlich
fragen: Wo sind die
verlässlichen Übersetzer geblie-
ben? Legen sie allesamt wieder mal
eine kurze Pause
ein? Oder wurden sie durch billige Copy-and-Paste
Toy Soldiers ersetzt?
(Vasile V. Poenaru,
01. 12. 2019)
"Ich spreche nicht, wenn ich etwas
ausdrücken will"
Aurora-Interview mit Andrea
Gavriliu: Die junge Rumä-
nin hat es geschafft, ihren Namen bereits in den ersten
Jahren
ihrer Karriere bekanntzumachen. 1985 geboren,
absolvierte sie 2008 die
"Babeş
Bolyai" Universität in
Klausenburg. 2013 machte sie ihren Master in
Choreo-
grafie an der Nationalen Universität für Theater- und
Filmkunst in
Bukarest. Ihre Abschlussarbeit, Zic Zac,
eine
Theater-Tanz-Produktion, ist im In- und Ausland
rasch bekannt geworden.
Derzeit ist sie außerordent-
liche Professorin an der Fakultät für Theater
und Film
der UBB und Choreografin am Nationaltheater "Lucian
Blaga" in
Klausenburg. Am meisten interessiert sie sich
für "physisches" Theater.
(Luana
Pleşea,
13. 11. 2019)
Herzliche Grüße an das
Luceafărul-Theater in Iaşi!
Liebes Festival für
Junggebliebene,
Du hast immer
großartig ausgesehen, aber in diesem Jahr hast Du
Dich wirklich
selbst übertroffen. Seit einem halben
Jahrzehnt gehöre ich zu
Deinen treuesten Besuchern,
aber noch nie hast Du mich so begeistert. Puppen-
theater für
Kinder und Jugendliche, Performance
und
Sprechtheater für Erwachsene, eine Showcase des
gastgebenden Theaters, Konzerte,
Tanz- und Zirkus-
aufführungen, szenische Lesungen,
Buchpräsenta-
tionen,
Ausstellungen und vieles mehr. Eine fantas-
tische Programmauswahl
mit einem restlos neugieri-
gen Publikum!
(Irina Wolf,
01. 11. 2019)
"Wenn die Kultur spricht,
verschwindet der Hass"
Interview mit der rumänischen
Regisseurin und Multi-
mediakünstlerin Carmen Lidia Vidu: "Ich war immer eine
Außenseiterin sowohl im Theater als auch im Film. Aus
meiner Position als freischaffende Künstlerin beobachte
ich, dass
Rumänien seit Jahren versagt hat, eine euro-
päische Stimme zu werden. Es
gibt eine chronische
Isolation und ich kann sie mir nicht erklären. Dabei
möchte ich doch in einer Welt ohne kulturelle Grenzen
leben. Es sollte keine Grenze zwischen Rumänien und
dem Rest der Welt geben, zwischen dem Publikum und
den Künstlern, zwischen mir und dem Theater. Mein
Wunsch ist es, eine internationale Künstlerin zu sein,
die Rumänien in die europäische Gegenwart versetzt."
(Irina Wolf,
25. 10. 2019)
Waschechte Kanadierin im
Dickicht
Meine Tochter Lavinia ist die einzige gebürtige
Kanadierin in der Familie. The real deal. The one
and only. From coast to
coast to coast gibt es
keinen einzigen Grizzly, keinen Bieber, keinen Moose,
keinen Ahorn und keinen Fluss, der so sehr kana-
disch sei wie meine Lavinia. Als sie geboren wurde,
wohnten "wir anderen" schon seit fast zehn Jahren
in Toronto. Anno 1998 hatte es mich nämlich mit
Frau und Kleinkind nach Kanada verschlagen...
(Vasile V. Poenaru,
19. 10. 2019)
...
Ein Jugendtheater, das sehr
erwachsene Fragen stellt
Strategisch
bestens
platziert in unmittelbarer Nähe
des historischen Stadtkerns, bietet das
Jugendtheater
Piatra
Neamţ einen wichtigen Bezugspunkt für Besucher
und Einheimische zugleich.
Seit über
sechzig Jahren ist
es das Wahrzeichen der von beeindruckenden Bergen
und
Wäldern umgebenen Stadt im Osten Rumäniens.
Unter dem postkommunistischen Motto "Erfolg!" fand
in der traditionsreichen Spielstätte vom 18. September
bis 2. Oktober die 31. Auflage der
Piatra Neamţer
Festspiele statt.
(Irina Wolf, 12. 10. 2019)
...
"Wir
dachten, den Sommer überleben wir nicht"
Eines der weniger bekannten privaten Spielhäuser
Bukarests ist das
sogenannte "Unteatru",
was sich
schlicht mit 'Ein Theater' übersetzen lässt. Gegründet
wurde
es vor beinahe
zehn Jahren von Andreea und
Andrei Grosu. Beseelt vom starken Willen "das zu
tun,
was
wir tun wollen", hat das Paar erfolgreich Krisen
überstanden, dem
berüchtigten
rumänischen Behör-
denirrsinn getrotzt und sich als feste kreative Größe
in der freien Bukarester Theaterszene etabliert.
(Oltița
Cîntec,
05.
10. 2019)
...
Liebe
–
Scheitern
–
Gott
Auch heuer
wurde in Venedig wieder groß aufgekocht,
pardon: Theater
gespielt. Der Vergleich zwischen Küche
und Bühne liegt
im Genussland Italien zwar immer nahe,
für
Antonio
Lattella, zum dritten Jahr in Folge künstler-
ischer
Leiter der Biennale, gibt es anlässlich des heuri-
gen
Mottos "Dritter Akt: Dramaturgien" hingegen eine
spezielle Verbindung: "Die Hand des Kochs kann,
meta-
phorisch betrachtet, mit der eines Dramatikers
vergli-
chen werden, der beim Schreiben eines
Theaterstücks
seine Inspiration dosiert, bevor er sie
der Öffentlichkeit
serviert." Zur Erklärung:
Nachdem die
beiden vorange-
gangenen Treffen den Regisseuren und
Schauspielern
gewidmet waren, fand die heurige 47.
Ausgabe
unter
dem
Generalthema "Dritter Akt: Dramaturgien" statt.
Unter
dieser Vorgabe wurden vom 22. Juli bis zum 5.
August
insgesamt 23 neue Stücke in 28 Inszenierun-
gen, darunter
sechs Weltpremieren, gezeigt.
(Irina Wolf,
04.
09. 2019)
Autoreifen + Schokolade = Politik! Ob es wohl einen Zusammenhang gibt zwischen Orgas-
mus und Umweltschutz?
Oder zwischen Selbstbefrie-
digung und Afrika? Tatsächlich lässt sich eine
kausale
Beziehung nicht nachweisen. Dennoch gelingt es Mar-
tin Grubers neuester
Inszenierung "Wie
geht es weiter
– die gelähmte Zivilgesellschaft", das scheinbar
Gegen-
sätzliche auf ebenso humorvolle wie kritische
Weise zu
verbinden. Gleichauf mit dem 30-jährigen Jubiläum des
aktionstheater
ensemble
fand die Premiere zwischen
dem 12. und 16. Juni im Meidlinger Werk-X
statt.
(Irina Wolf,
03.
08. 2019)
Turin in Festkleidung
Vierundzwanzig Produktionen, einundsechzig Vorstel-
lungen, davon
acht Erstaufführungen,
neunzehn Tage
volles Programm. So zeigte sich heuer das Turiner
Fes-
tial
delle Colline Torinesi in seiner vierundzwanzigsten
Auflage.
"Strömungen,
Deklinationen der Reisen" laute-
te das diesjährige Motto. Es gibt viele Gründe, wes-
halb man das Festival besuchen sollte. Hier werden
zehn davon vorgestellt, die vielleicht die
Neugierde
für die nächsten Jahre wecken werden.
(Irina Wolf,
15.
07. 2019)
Thirty years a zombie
Diesen Brief hab ich Anfang Juni in "Area 51" gefun-
den. Ich glaube natürlich kein Wort von dem, was
drin steht, doch es ist meine patriotische Pflicht,
diese sogenannte Dracula-Bulle zwecks ihrer ja
hoffentlich bald zu erfolgenden wissenschaftlichen
Widerlegung in den so wundersam kreativen Raum
unserer Geschichtsschreibung zu stellen.
(Vasile V. Poenaru, 01. 07. 2019)
...
Vorgetäuschte
Vergangenheitsbewältigung
Verwanzen von
Wohnungen und Folterung der Regime-
gegner standen bei Dominik
und Alex auf der Tages-
ordnung. Die beiden waren Mitarbeiter des
berüch-
tigten Geheimdienstes
Securitate und schreckten
auch nicht davor zurück, schwangere
Frauen zu ver-
prügeln. Eine dieser
Schwangeren brachte damals
eine behinderte Tochter zur Welt:
Liza. Durch einen
Zufall tritt die
junge Liza heute plötzlich in das Leben
von Dominik und Alex −
und verändert es auf grund-
legende
Weise. "Ich bereue nichts", ein Stück unter
der Regie von
Lendvai Zoltán, ist ein couragierter,
emotional bewegender Versuch, über Gerechtigkeit
zu reflektieren
in einem Land, das
noch immer an den
Spätfolgen seiner kommunistischen
Vergangenheit
leidet.
(Irina Wolf,
02.
06. 2019)
...
Unlogisch-philosophisches
Traktat
Herrschaften! Zeit
zum Auftauen. Die Eiszeit hat’s jetzt
auch schon hinter sich. Kein Frost
mehr in österreichi-
schen Landen.
Es ist toll, wieder so richtig da zu sein.
Auf allen vier Buchstaben. Da: innerhalb der Sprache,
innerhalb des Seins und all der wundersam artikulierten
Dinge, die nun mal dazu gehören. Denn, jetzt
mal Hand
aufs Herz:
Es geht um die Sprache.
Um meine Sprache.
Um die volle Sprache und um nichts als die Sprache.
(Vasile V. Poenaru, 08. 05. 2019)
...
Der Urschrei der
Freiheit
"wir gingen weil alle gingen" – so heißt die erste
Geschichte im gleichnamigen Band von Thomas Perle.
Weihnachten
1989: Es ist die Zeit der Revolution in
Rumänien, die Tage, in
denen das Ceauşescu-Ehepaar
entmachtet und hingerichtet wird.
Wie gehen die
Menschen mit der gewonnenen Freiheit um? Wie
blicken sie auf das Leben während der kommunis-
tischen Diktatur
zurück? (Irina Wolf, 15.
04. 2019)
Lebensdokumentationen und
Libertinage im Folk
Crosby Tyler: perfekte Bläserarrangements und
manch
markante Trompeten- und schwermütige Violinmelodie,
ein Gespür für erstklassige Balladen; jeder Song ein
Kleinod. Meiko: zuckersüß klingende Variationen frem-
der Stücke, sparsam arrangiert; melodisch-schwere
Bassmelodien und swingend-leichte Drums, sporadisch
durchdrungen von fiepend-melancholischem Synthe-
sizer. Lindi Ortega: Stilmischung aus Country, Folk,
Rock, Jazz, Vaudeville, mit flatterhaften und tradi-
tionalistischen Facetten.
(Tina Karolina Stauner,
01. 04. 2019)
Orientalische Impressionen:
Syrien im Jahr 2006
Er hat mehrere Gläser an
den Gürtel geschnallt. Am
Rücken trägt er eine riesige orientalische Teekanne.
Durch seinen roten Fez ist er schon von Weitem sicht-
bar: der Teeverkäufer, eines der Markenzeichen von
Damaskus. Sabah el noor: "Ich wünsche dir einen Mor-
gen voller Licht, Schönheit und Blumen." Vor dreizehn
Jahren, am 29. April 2006, war in Syrien die Welt noch
in Ordnung.
(Irina Wolf,
09. 03.
2019)
Diese Frauen setzen ein Zeichen!
Gesellschaftskritische
experimentelle Arbeiten sind
das Spezialgebiet von Carmen
Lidia Vidu. Die bekannte
rumänische Regisseurin hat 2016 ein Dokumentar-
Theaterprojekt
namens Tagebuch Rumänien ins Leben
gerufen, in dem sie
mit viel Engagement und
Wahr-
heitsliebe über ihre Heimat berichtet, einem Land, das
noch
immer geprägt ist
von ethnischen Spannungen,
Korruption, politischen Machtkämpfen
und vielfältigen
sozialen Problemen.
(Irina Wolf,
07.
02. 2019)
Die mediale Blendung der
rumänischen Wendung
Die im August 2018 zur Schau getragene Zerrissenheit
der rumänischen Gesellschaft, die
repressive "state of
mind" der Ordnungskräfte, die tiefgreifende moralische
Unbeholfenheit, das ist alles auf die in den
letzten drei
Jahrzehnten
– trotz aller demokratischen Bestrebungen
eines Teils
der Gesellschaft
– nicht zur Reife gekom-
mene Wende zurückzuführen. Schuld
daran ist die
Große Lüge der glorreichen Revolution, ja die Annah-
me,
dass überhaupt eine glorreiche Revolution statt-
gefunden habe bzw. dass diese
siegreich gewesen sei.
(Vasile V. Poenaru,
23.
01. 2019)
Rumänische Geschichte im
Kleinformat
Ein Land, vorgestellt als die Summe seiner Menschen:
Unter dem
Motto "Geschichte in
Kleinschreibung" ge-
staltete Cristina Modreanu die Landkarte
Rumäniens
neu. Das von ihr
kuratierte Festival "Oh Europa" prä-
sentierte anlässlich des
hundertsten Jubiläums des
modernen rumänischen Staates Geschichten einfa-
cher Bürger,
die auf wahren Schicksalen verschie-
dener Minderheiten oder
Ethnien basieren.
(Irina Wolf,
12.
01. 2019)
Hundert neue Welten entdecken
Auf dem Bukarester Nationaltheaterfestival
durfte
man zuletzt wieder grandioses Theater in geballter
Form
erleben: Tanzaufführungen, Bühnenstücke,
Konferenzen,
Buchpräsentationen, Filmvorführungen,
Konzerte, eine Fotoausstellung
Brigitte Lacombes,
eine Meisterklasse Gabriela Carrizos. Das sind nur
einige
Beispiele aus dem Fundus jener insgesamt
hundert Veranstaltungen, die vom
19. bis 29. Oktober
zum Anlass des 100. Jahrestages der Gründung des
modernen rumänischen Staates dargeboten wurden.
(Irina Wolf,
13.
12. 2018)
Österreich wider Bayern:
Ein Bruderzwist um Salzburg
Das Schöne hamma in uns. Und um
uns herum. Und
über uns. Es ist der gesamtösterreichische Geist, in
dem die deutsche Seele ihren tieferen, europäischen
Grund findet, was übrigens auch meinem zum Bayer
mutierten Bruder voll und ganz einleuchtet. Denn
schließlich kommt es nicht von ungefähr, dass das
deutsche Nationalepos von einem Österreicher ver-
fasst wurde. Ganz nebenbei: Schon im meines Erach-
tens sehr gut gelungenen Nibelungenlied heißt es,
dass die Bayern ausgesprochene Haberer gewesen
seien, mehr noch, Wegelagerer, ja, Räuber und
Banditen... (Vasile V. Poenaru,
01.
12. 2018)
...
Tiefe Einblicke ins Gestern und
Heute
Am
1. Dezember 2018 feierte Rumänien das hundert-
jährige
Bestehen des modernen rumänischen Staates.
Ein
historisches Ereignis. Mihai Măniuţiu, Direktor des
Klausenburger Nationaltheaters und dessen künstler-
ische
Leiterin Ştefana Pop-Curşeu nahmen dies zum
Anlass, der
achten Ausgabe des Klausenburger Tref-
fens das Motto
"Visionen" voranzustellen. Hierzu fan-
den zeitgenössische
Theaterstücke sowie Jahrhun-
derte alte Meisterwerke der
rumänischen Literatur
wie das Roma-Epos
Die Ţiganiada
oder die Legende
vom Meister Manole ihren Weg auf die
Bühne.
(Irina Wolf,
23.
11. 2018)
Katzen, Clowns und ein Schäfchen
namens
Mioriţa
Eigentlich bietet sich ein Aufenthalt in Iaşi zur Erkun-
dung der
kulturträchtigen Stadt
an. Viele histori-
sche Gebäude laden zum Staunen ein. Das abwechs-
lungsreiche, vielfältige Programm des Internationalen
Theaterfestivals für
ein junges
Publikum (FITPT)
lässt dies aber kaum zu!
(Irina
Wolf,
07.
11. 2018)
...
Ambientexperimente von
Musikergenerationen
Surma:
Detailverliebte, verspielte Soundbastlerin in
einer Pop-Sphäre, in der sich ältere Gestalten wie
Joanna Newsom und Björk tummeln. Lisa Nordström:
Elektronische Klänge in verlassenen Ballsälen, Straßen-
unterführungen und düsteren Gassen. Akustische Stim-
mungen, musikalische Fantasien, klangliche Bilder, selt-
same Laute. Musik ohne Worte. Rebecka Törnqvist:
Meisterin im Erschaffen bizarrer Songgebilde und thea-
tralischer Szenen. Jazz, Folk, Pop und Rock verschach-
teln sich in ihren Liedern zu einer akustischen Einheit,
exotische Blüten im Grenzbereich von Pop und Jazz.
(Tina Karolina Stauner, 20. 10. 2018)
Iran
–
Land der vielen Gesichter
Nur dreihundert
Kilometer westlich von Teheran ent-
fernt, wirkt Hamadan im Vergleich zu der von Abgasen
geplagten Hauptstadt wie eine grüne Oase. Schon bei
der Einfahrt in die zu Füßen des Zagros-Gebirges gele-
gene Ortschaft wird deutlich, dass ich mich in einem
Skiort befinde. Im Zentrum liegt eine sorgfältig gepfl-
egte Grünanlage, üppig mit Turngeräten ausgestattet.
Darauf üben sich in Tschador gehüllte Frauen in sport-
lichen Aktivitäten. Sie sind zu sehr in ihre Bewegungen
vertieft, um unserer Reisegruppe Aufmerksamkeit zu
schenken. Im Gegensatz dazu werden wir auf dem
Hauptplatz von einer Schulgruppe wortwörtlich über-
fallen. Kreischend stürzen sich die sechsunddreißig
Mädchen in rosafarbenen Schuluniformen auf uns ...
(Irina
Wolf, 11.
10. 2018)
Königliche Hoheit aus
aktuellem Anlass
Vorweg eine gute
Nachricht: Vorgestern hat mich ein
Nachbar
from the old country (also ein Austrian) an-
gerufen und mir im
Schwung des schönen Augenblicks
mitgeteilt, dass ich soeben zum König
gewählt wurde;
und zwar von ihm selbst. Und wenn der Nachbar sagt,
ich bin
jetzt König, dann bin ich jetzt König. Mit oder
ohne Krone. Das
heißt … Right on! Ich brauch ‘ne
Krone! (Vasile V. Poenaru, 01. 09. 2018)
Von Gespenstern und Löwen
Im
Becken von San Marco herrscht ein ständiges
Treiben: Vaporettos legen an,
Frachtboote entladen
ihre Waren, Gondolieri fahren Touristen auf dem Canal
Grande. Links der Blick über die Insel San Giorgio
Maggiore, rechts
über die imposante Basilika Santa
Maria della Salute. Umrahmt von
prachtvollen Gebäu-
den wie diesen fand hier vom 20. Juli
bis zum 5. August
die 46. Ausgabe der Venediger Theaterbiennale statt.
Vorgestellt wurden mehr als dreißig
Produktionen,
darunter sechs Weltpremieren.
(Irina
Wolf,
20.
08. 2018)
Auf zur fröhlichen
Männerzerstörung!
In Martin
Grubers neuester Produktion, die vom 13.
bis 17. Juni im
Wiener Kosmos Theater gezeigt wurde,
dreht sich alles um
die Klischees und Rollenbilder des
modernen Mannes.
Humorvoll und polarisierend zugleich
begibt sich der
Regisseur zusammen mit seinen Akteu-
ren auf die Suche
nach einem neuen Männerbild
zwischen Unterhosen, Bärten
und Pompons.
(Irina
Wolf,
01.
08. 2018)
Ruckzuck-Ermittlung:
Komödie der Großartigkeit
Die Handlung dieser überaus noblen Komödie der Groß-
artigkeit ist natürlich in einer großartigen Großstadt
angesiedelt. Es geht darum, eine im Rahmen der Initia-
tive "Ordentliche Ordnungshüter" begangene Polizei-
straftat systemintern ins Reine zu bringen. Leider
wurde der Täter von einem den Ordnungshütern offen-
sichtlich böse gesinnten Augenzeugen gefilmt. Die
Medien schalten ein. Die Affäre dringt bis zum Innen-
senator. Das
Department steht unter Druck. Die
Ermittlung nimmt ihren
Lauf...
(Vasile V. Poenaru,
11. 07. 2018)
In Memoriam Dieter Schnebel
Für den im Mai 2018
verstorbenen Musiker, Kultur-
geschichtsforscher und Theologen Dieter
Schnebel
erwuchs aus Tradition auch futuristische Perspektive,
mit
wissenschaftlichen Experimenten und Versuchs-
anordnungen, avantgardistischen
Musikperformances
und Worten als philosophische Tiefendimension. Er
war Nachkriegsavantgarde und experimentelle Vokal-
musik gehörte
ebenso zu seinem Oeuvre wie Sakral-
musik und Oper.
(Tina Karolina Stauner, 25. 06. 2018)
Mark Zuckerberg und die
Empfindsamkeit der Dinge
Hunderttausende Kanadier sind unmittelbar vom Face-
book-Skandal betroffen. Das liegt im Wesen der Dinge,
die nun schon seit geraumer Zeit aus den Untiefen des
Internets ans Tageslicht kriechen. Wenn's um Digitali-
sierung geht, ist uns kein Wolkenkratzer, keine Chef-
etage und kein Himmel zu hoch. Alles, was wir wahr-
haben wollen, wird wahr. Der Seppel entlarvt sich als
erstklassiger Business Manager und der Kasperl ist ein
Chief Executive Officer mit Weltenblick und Krawatte.
(Vasile V. Poenaru, 23.
05. 2018)
Spiel, Spaß und jede Menge
Arschlöcher
Swing.
Dance to the right heißt die neue Produktion
des
Theatermachers und Gründers des aktionstheater
ensemble,
Martin Gruber. Sie ist laut eigener Aussage
die
"Einlösung eines Versprechens", im Falle eines
Rechtsrucks in Österreich "etwas Unterhaltsames auf
die
Bühne zu bringen".
(Irina
Wolf,
14.
04. 2018)
Reale Traumgestalten am Ontariosee
Zwei kaiserliche Kraftkerle in der kanadischen Wildnis:
Karl-Markus und Stelică,
das sind hartgesottene Krie-
ger. Das sind echt ritterliche Figuren. Wie aus
dem Bil-
derbuch rausgeschnitten. Wie es in jenen Zeiten, als
es noch Helden
gab, gang und gäbe war. Wenn sie
sich auf die Streitrosse schwingen,
bricht der Asphalt
unter ihnen, und zwar bis Mississauga. Das nenn' ich
einen Umbruch! Oder einen Aufbruch. Aber jedenfalls
keinen Bruch mit der
Tradition. Wenn sie das Kriegsbeil
schwingen, laufen alle Feinde davon, und
wenn sie die
Friedenspfeife rauchen, verdunkelt sich der Himmel ob
ihrer
Rauchgewalt ...
(Vasile V. Poenaru, 18.
03. 2018)
Überall Extreme
Erst ein
riesiges Buch und dann ein kleines, ein häss-
liches und dann wieder ein
schönes, ein weißes und ein
schwarzes, das Buch des Lebens und
das des Todes,
das des Kommunismus und jenes des Faschismus: Mit
solch entgegengesetzten
Titeln lockte die im ersten
Stock des Klausenburger Nationaltheaters gezeigte
Ausstellung
die Besucher des Internationalen
Treffens,
das im vergangenen Oktober in der Hauptstadt
Siebenbürgens stattfand.
(Irina
Wolf,
17.
02. 2018)
Hundertmal Rumänien: Eine
spielfreudige Identitätssuche
Klein, aber fein: So präsentierte sich die Internationale
Bukarester Theaterplattform,
die
im Oktober 2017 in
Rumäniens Hauptstadt stattfand. Die vor
vier Jahren
von der
Theaterkritikerin Cristina Modreanu ins Leben
gerufenen
Festspiele hinterfragten das
europäische
Konzept der Toleranz und Demokratie und untersuchten
gleichzeitig die
Position des osteuropäischen Landes
auf der kulturellen Karte
unseres Kontinents.
(Irina
Wolf,
17.
01. 2018)
Mit Theater die Welt verändern
Über fünfzig nationale
Produktionen, drei internationale
Gastspiele,
fünfundzwanzig Buchpräsentationen, Work-
shops, Filmvorführungen, zahlreiche
Konferenzen und
Debatten, sechs Ausstellungen, dreiundvierzig Hör-
spiele.
Eine
kaum
überschaubare Lawine von Veran-
staltungen! So bunt präsentierte sich
die 27.
Ausgabe
des Nationaltheaterfestivals, welche vom 20. bis
zum
30. Oktober in Bukarest
stattfand.
(Irina
Wolf,
15.
12. 2017)
Zehn Jahre buntes Treiben: Junges
Theater in
Iaşi
Vom 5. bis 10. Oktober verwandelte sich das rumän-
ische Iaşi in
eine
Hochburg theatralen Geschehens,
das nicht nur auf kleinen und großen Bühnen
der
Stadt
im äußersten Osten des Landes,
sondern gleicherma-
ßen in Einkaufszentren wie
auch auf Straßen und
Plätzen stattfand. Vielfältig und abwechslungsreich
präsentierte
sich das unter dem Motto "Horizonte“
zusammengestellte Programm des
Internationalen
Theaterfestivals für ein junges Publikum.
(Irina
Wolf,
23.
11. 2017)
Riesenschildkröten auf der
Lipscani-Straße!
Seit 2009 findet in Bukarest jeden
Sommer ein
internationales Straßentheater-Festival statt.
Dieses Jahr machten sich Truppen aus Frankreich,
Kolumbien, Italien, Deutschland, aus den Niederlanden,
aus
Österreich, Spanien und Rumänien in der
rumänischen Hauptstadt breit.
Zahlreiche Veran-
staltungen bescherten dem walachischen Hoch-
sommer einen gemütlich und ansprechend inszen-
ierten Mehrwert an Charme, an Bildhaftigkeit,
an bewegter wie bewegender Emotion.
(Vasile
V. Poenaru,
05.
10. 2017)
Kultureller Brückenschlag
in Temeswar
Seit genau zehn Jahren nun bemüht sich das
Temes-
warer Euroregionale Theaterfestival
(TESZT), die
Zusammenarbeit zwischen den Spielstätten in den
angrenzenden Donauländern
zu intensivieren. Dass
diesem Ansinnen auch heuer wieder voll
entsprochen
wurde, davon
zeugen das hohe Zuschauerinteresse
sowie eine breite Palette
innovativer und einfühlsamer
Theater- und Tanzproduktionen von internationalem
Zuschnitt. (Irina
Wolf,
07.
08. 2017)
Frauen im
Mittelpunkt
In bester Spiellaune
zeigte sich auch heuer wieder
das Turiner Festival delle
Colline Torinesi in seiner
schon zweiundzwanzigsten Auflage.
Ob Regisseurinnen,
Schauspielerinnen oder Autorinnen: Es waren
vor allem
die Frauen, die in den vergangenen drei Wochen im Juni
zur Hochform aufliefen, sei es in Form beeindruckender
Darstellungskunst, durch originelle Ideen bei der Insze-
nierung,
nicht zuletzt aber auch durch ein allgemeines
Gespür für
aktuelle soziale oder historisch brisante
Themen. (Irina
Wolf,
05.
07. 2017)
Show me the money!
Tellerrand-G’schichten zu den großen Themen Sein,
Nichtsein,
Geld und Sehnsucht
–
allesamt in ihrer
unheimlichen historischen Geworfenheit
erfasst: Über
Karl-Markus
Gauß’ neues Buch "Zwanzig Lewa oder
tot". (Vasile
V. Poenaru,
21.
06. 2016)
In revolutionärer Mission
Die
freie Szene in Rumäniens Hauptstadt hat seit
November 2016 eine neue,
geradezu genial zentral
gelegene Spielstätte
–
das Apollo111. Es bietet
mit
seinem großen Kellersaal den Aufführungen der freien
Szene ausreichend Platz, will aber zugleich noch mehr
sein: Mit einer angeschlossenen Bar, einem Raum für
Konzerte oder einer Bibliothek, vor allem aber mit
seinem innovativen Konzept entsteht im Herzen
Bukarests ein neuer bemerkenswerter
Ort der Begeg-
nung und der Experimente.
(Irina Wolf,
04. 05. 2017)
Land der extremen Gegensätze
Alles scheint
sich hier auf dem staubigen Gehsteig
abzuspielen. Berge von
Plastikmüll liegen dicht neben
reich beladenen Obst- und
Gemüsewagen.
Motorrad
fahrende
Affen treffen auf gemächlich dahintrottende
Dromedare.
Jahrhunderte alte Bauwerke und Dörfer, in
denen die Zeit
stehen geblieben zu sein scheint,
wechseln sich ab mit
lärmendem Verkehr und dem
wuselnden Treiben der Märkte. Und
dazwischen: Ein
klimatisierter Bus und darin eine Glaswand,
die säuber-
lich die
Touristen von den
einheimischen Fahrern
trennt. Mit einem Wort: Willkommen in
Indien!
(Irina Wolf, 17.
03. 2017)
Österreichische Essayistik und
EU-Traumpolitik
Robert Menasse
beschwört in seinem anregenden
Essay "Der eindimensionale Europäer", anhand dessen
er seine Mitmenschen dazu bewegen will, mit wach-
samem Blick in die Zukunft zu schauen, die produktive
Phantasie des Träumers, die volle Kreativität, die der
Kontinent aufbringen kann. Auch Karl-Markus Gauß
zeigt sich als versierter, Fragen stellender Europäer,
der sein Erdteil lieb hat, wenn man so sagen darf.
Denn Gauß ist ein Österreicher, der dem Selbsthass
wie dem Fremdenhass kategorisch entsagt.
(Vasile V.
Poenaru,
01. 02. 2017).
For Ever Dancing
Ganz ohne
begleitendes Motto diesmal, aber mit einem
starken
Aufruf zur Erhaltung von Kultur und Kunst und
gegen die
Zerstörung bürgerlicher Werte ging heuer
die 26. Auflage
des Rumänischen Nationaltheaterfes-
tivals über die Bühne. Herausragende Schauspielkunst
und tänzerische Raffinesse
prägten ein Festspiel
voller Poesie und
bildlicher Wucht. (Irina Wolf,
13. 12. 2016)
Klausenburger Festspiele
Auf den Bühnen des
führenden Theaterhauses Sieben-
bürgens fand vom 3. bis
zum 9. Oktober die sechste
Ausgabe der "International Meetings in Cluj"
statt. Das
prächtige,
1906 von dem berühmten altösterreich-
ischen Architektenduo
Helmer & Fellner errichtete
Gebäude, bot den würdigen Rahmen für
ein Zusammen-
kommen von Künstlern aus aller
Welt. Frische, mutige
Produktionen und die Erschließung neuer
Performance-
Räume
und Perspektiven für das Publikum standen im
Fokus eines
spannenden und
abwechslungsreichen
Festivalprogramms. (Irina Wolf,
02. 11. 2016)
Donauschwäbisches
Schicksal zwischen Ost und West
Adalbert Karl Gauß,
der Vater des Salzburger Schrift-
stellers Karl-Markus Gauß, wurde 1912 im ungarischen
Bácspalánka geboren und kam Ende 1945 nach Öster-
reich. Als zugewanderter Salzburger setzte er sich
intensiv mit seiner donauschwäbischen Herkunft ausei-
nander, etwa mit den bis heute aktuellen Fragestel-
lungen rund um
das "Schicksal der Restgruppen deut-
schsprachigen Insel-Volkstums
in Südosteuropa nach
den katastrophalen Erschütterungen zwischen 1933
und 1945". Inwiefern konnte man anno 1959 vom
Standpunkt Salzburg aus über Themen wie Identität
und Heimat sprechen? Gauß geht diesen Fragen über
die Seitenwege der Selbsterkundung nach. (Vasile V.
Poenaru, 07. 10. 2016)
Zeitgenössisches Theater in Turin
Ein intimes, vertrauliches
Treffen zwischen einem
Schauspieler und einem einzigen
Zuschauer an einem
Tisch in einem Caféhaus: Wer
innovative Bühnenauf-
tritte wie diese in einem Stück
namens Hamlet Private
sehen wollte, und dazu noch
mehr als zwanzig weitere
Produktionen, durfte sich vom
2. bis zum 21. Juni zur
XXI. Auflage des Turiner
Theaterfestivals aufmachen.
(Irina Wolf,
05. 09. 2016)
Rittertum und Germanensache
Übernimmt der gnädige
Rezensent die
gängigen Flos-
keln des Wissenschaftsbetriebs, schreibt er so, wie
ihm befohlen, sind akademische Diplome, Stempel,
Würdigungen und
Gütesiegel ihm gewiss. Maßt der
Kritiker sich aber an,
seinen Verstand zu gebrauchen
und ehrlich zu kritisieren, muss er mit der
unerbitt-
lichen Vergeltung
des Opfers seiner Kritik
rechnen –
und mit dem
unerbittlichen Hass der
gesamten
Gefolgschaft
des Großfürsten der
Germanistik.
(Vasile V. Poenaru,
07. 08. 2016).
Albträume und Parallelwelten
Einer der aktuell
meistgelesenen ungarischen Schrift-
steller ist
György Dragomán. Weltweit
bekannt wurde
er durch Der weiße König, ein Buch, das ab 2005 in
mehr als dreißig Ländern erschienen ist. Auch in seinem
neuesten Werk Der Scheiterhaufen
widmet sich
der
1973 in Siebenbürgen geborene und 1988 nach Ungarn
ausgewanderte Erfolgsautor wieder seinem Geburtsland
und bricht gemeinsam mit seiner dreizehnjährigen Heldin
Emma
in ein nach der Wende
traumatisiertes, emotional
verwüstetes Rumänien auf. (Irina
Wolf,
26. 07. 2016)
Probierfeld für Jungtalente
Mit dreißig Veranstaltungen an verschiedenen Spiel-
orten, darunter einer Uraufführung, Gastspielen aus
Ungarn und Italien, zwei
Konzerten,
Tanz- und
Dokumentartheater in französischer, ungarischer und
deutscher
Sprache, setzte das Festival für Neues
Theater in Arad ein kräftiges
Lebenszeichen der
jungen rumänischen Künstlergeneration. (Irina Wolf,
20. 06. 2016)
Auf den Zeitbogen geritzt
Wir peitschen auf das
tote Pferd der Germanistik los,
was das Zeug hält. Professoren
und Studenten stehen
in Reih und Glied vor der laufenden Kamera
und sind
sich dessen einig, dass Celan, unser Celan, unser
Busenfreund, ein großer Schriftsteller war. Einer von
uns. Einer, der uns aus der Seele gesprochen hat.
Einer, der’s immer
noch tut. Ich und du, Celans Kuh.
Das Wandern ist des Müllers
Lust ... (Vasile V. Poenaru,
01. 06. 2016)
Im Labor der Träume
Das von
Ramona Olasz ins Leben gerufene Zimmer-
theater in
Bukarest ist einzig in seiner Art. Das erste
deutschsprachige Privattheater in der rumänischen
Hauptstadt versteht es nun schon seit zwei Jahren,
mit
fein ausgewählten Produktionen und professioneller
Schauspielkunst seine Besucher in den Bann zu ziehen.
Eines sollte man als Zuseher aber keinesfalls tun: sich
verspäten. (Irina Wolf,
12. 05. 2016)
Auszüge aus einem
Traum-Journal
Er hatte ein zusammengeflicktes Gesicht jetzt, trug
Starbrille, war wüst von den Jahren gezeichnet, ranzi-
gen Altlöwengeruch verbreitend parfümiert, hatte einen
ganz altmodischen, schlotternden Dreireiher an. Mit der
Linken auf einen Krückstock gestützt, umarmte er mich
umständlich-theatralisch und wollte mich küssen: da
erkannte ich, was ich ja immer schon ahnte ...
(Peter Hodina, 14. 04. 2016)
Wahnsinnig weiblich
Leidenschaftlich,
einfühlsam und herausragend durch
seine pantomimische Raffinesse,
bringt die Wiener
Regisseurin Leni Lust ein von ihr selbst
geschriebenes
Stück über drei der
bedeutendsten Frauen des frühen
20. Jahrhunderts auf die Bühne:
Clara
Immerwahr-
Haber,
Virginia Woolf und Camille Claudel. Alle drei
starben auf
tragische Weise. (Irina Wolf,
05. 03. 2016)
Heine, Hesse und Goethe
Lernt Sächsisches Hochdeutsch, lernt Toronto-Schwä-
bisch, lernt die Sprache des Steppenwolfs, seine inne-
ren Sprachbilder, hört euch ein neues Lied an, ein bes-
seres Lied, erhascht den Klang einer fremden, lichten
Welt, die uns allen doch so eigen ist. Freundet euch
mit drei deutschen Autoren an, sie werden’s euch
danken. All dies sagte ich meinen Studenten in Toronto.
Und das muntere Trio der Titanen stand mir zur Seite,
wohl wissend, dass Deutsch am Ontariosee keineswegs
Schnee von gestern ist.
(Vasile V. Poenaru,
19. 02.
2016).
Im Osten viel Neues
Drei neue Bücher bieten fundierte Einblicke in die
aktuellen
Trends und Themen
der rumänischen und
osteuropäischen Tanz- und Theaterszene.
(Irina
Wolf,
28. 01. 2016)

Dr. Caligari oder: Wie ich lernte, das
Bürgertum zu lieben
Im jüngsten Band der
Bukarester Germanistik-Professo-
rin Ioana Crăciun wird anhand
einer tiefgründigen Erfas-
sung der Bedeutungsstruktur des
Bürgerlichen ein man-
nigfaltiges, aus der Analyse des
Massenphänomens
Stummfilm heraus umrissenes Bild der Weimarer
Republik
gezeichnet, in neuartiger
Form, so wie es bisher noch
nicht am Horizont der
Filmwissenschaft sichtbar war.
(Vasile
V. Poenaru,
22. 12. 2015)
Schaufenster eines
Vierteljahrhunderts
Schauspielerisch stark und
geradezu schwindeler-
regend vielfältig gestaltete sich
die 25. Ausgabe des
Rumänischen
Nationaltheaterfestivals.
Mit mehr als
vierzig Produktionen aus dem In- und Ausland sprengte
die
künstlerische Leiterin Marina Constantinescu alle
Rekorde. (Irina Wolf,
02. 12. 2015)
"Goethe, komm her!"
Kulturobjekte
lassen sich leicht aneignen. Kulturdinge.
Kulturgegenstände. Etwa ein
Goethe, wenn’s sich so
fügt. Nur, welches mag wohl die passende Art und
Weise sein, so einen Goethe anzugehen, einzupacken?
Die Antwort:
Es gibt nur eine
Art, Texte zu lesen. Man
muss einstürmen, sich Inhalte aneignen, Bedeutungen
beimessen, kurz: sich nehmen, was immer auch zum
Mitnehmen da ist. Und
wenn’s Titanen-Texte sind: mit
den Titanen ins Gespräch geraten. Man muss sie von
ihrem Sockel
runterholen. Man muss sie duzen, man
muss sie umarmen. Johann und Wolfgang auf die
Schulter klopfen: "You guys are alright." (Vasile
V.
Poenaru, 07.
11. 2015)
Kinder- und Jugendtheater aus
Rumänien
Das "Luceafărul" Kinder- und Jugendtheater der
ost-
rumänischen Stadt
Iaşi
ist aktuell das einzige von
insgesamt fünf lokalen
Theaterhäusern, das ein inter-
nationales Festival
organisiert. Die diesjährige achte
Auflage, die vom 4.
bis 9. Oktober stattfand, bewegte
sich ganz im Zeichen
der jungen rumänischen Künstler.
(Irina Wolf,
02. 11. 2015)
Musiker, Kollektivdichter und Weltphilosoph
Die
Legende des Free Jazz, Extrem-Ästhet Ornette
Coleman, lebt
seit Juni 2015 nicht mehr. Aus diesem
Anlass hier eine
Erinnerung an eine seiner Shows der
vergangenen Jahre beim Jazzfestival
Saalfelden 2009.
(Tina Karolina Stauner, 14. 10. 2015)
Sommerlicher Theaterreigen in
La Serenissima
Vom 30. Juli bis 9. August fand die 43. Auflage der
Theaterbiennale in Venedig statt.
Die
Themenpalette
reichte von der Unsicherheit am
Arbeitsplatz und der
Manipulation durch Medien über
Studien der Nachkriegs-
zeit in Deutschland oder dem
Völkermord in Ruanda und
dem in Japan grassierenden hikikomori-Phänomen.
Die
Stärke der Festspiele lag jedoch nicht nur in den prä-
sentierten Stücken. Auch die elf Meisterklassen, die
jugendlichen Künstlern gewidmet waren, begeisterten
Mitwirkende und Zuseher. (Irina Wolf,
02. 09. 2015)
Europäisches Denken und rumänisches Weiden
Wenn der freie Wille
eine Illusion ist, wie der Hirnfor-
scher Wolf Singer meint, ist
dann das, was ich zu
denken meine, noch mein Gedanke? Und
ist das, was
ich zu wollen meine, meine Absicht? Oder
steckt noch
was dahinter? Auf die Suche nach einer Antwort
bege-
ben sich: ein österreichischer Philosoph, ein rumäni-
scher
Schäfer und ein kanadischer Cowboy.
(Vasile V. Poenaru, 15. 08. 2015)
Eine Hommage an Liebe und Tod
Als
europäische Kulturhauptstadt 2015 besticht das
belgische
Mons durch zahlreiche Veranstaltungen und
Events. Zu den
Bühnenhöhepunkten des Sommers zählt
dabei das Stück
Wassergeräusch des italienischen
Regisseurs Marco Martinelli. Die bereits 2010
uraufge-
führte und für Mons adaptierte Inszenierung
dringt
tief in die menschliche
Seele und löst starke Gefühle
aus. So gelingt ein
überwältigender, beeindruckender
Theaterabend,
der noch Wochen später nicht loslässt.
(Irina Wolf,
06. 08. 2015)
Frauenfiguren im Mittelpunkt
Vom 1. bis 20. Juni stand die
diesjährige Jubiläums-
auflage des Turiner
Theaterfestivals mehr denn je im
Zeichen des
Zeitgenössischen und überzeugte durch
ein attraktives
und abwechslungsreiches Programm.
(Irina Wolf,
01. 07. 2015)
Kritik der reinen Schreibkraft
Siebenundzwanzig Ausgaben
ist das Grazer Feuilleton-
magazin schreibkraft
nun alt, von letzten Weisheiten
will die "langsamste Redaktion der Welt" indes nichts
wissen, bietet doch das aktuelle Heft ("zweifelhaft")
den exakten Gegenentwurf für allzu schnelle Gewiss-
heiten. Das Prinzip der Infragestellung reicht dabei laut
Herausgeber Werner Schandor von "zweifelnder
Selbst-
suche über unangebrachtes Misstrauen bis hin zu den
philosophischen Kniffen des gehobenen Zweifelns".
(Vasile V. Poenaru, 30. 06. 2015)
Zeichen der Erneuerung
Gibt es ein
Leben nach dem Tod? Wenn ja, wie könnte
dieses aussehen?
Mihai Măniuţiu,
der sechzigjährige
rumänische Regisseur, versucht in
seiner neuesten
Produktion Das Leben ist schöner nach
dem Tod diese
Fragen zu beantworten. In einer
imaginären Welt voller
Bierkisten und -flaschen erzählen
zwölf Schauspieler in
guter Stimmung und mit viel Gesang
und Tanz teils
schaurige Geschichten von ihrer Ankunft
im Paradies.
(Irina Wolf,
29. 06. 2015)
Lasst uns also fröhlich sein!
Der über die Grenzen
seiner Heimat Russland hinaus
bekannte
Theaterregisseur Lev Dodin inszeniert im
Stück "Gaudeamus"
die Geschichte
einer Gruppe Wehr-
pflichtiger in der ehemaligen UdSSR. Über neunzehn
packende Szenen
bietet das Stück schwarzen Humor
vom Feinsten und hat auch 25
Jahre nach
seiner
Premiere nichts an Energie und Aktualität verloren.
(Irina Wolf,
28. 05. 2015)
Zeitgemäß kontrastive
Betrachtungen
Spionage und Gemütlichkeit. Schmäh-
und Schleich-
kultur. Agentenhochburg Wien. In zwei neu erschie-
nenen Büchern geben der Wiener Journalist Emil Bobi
und der ehemalige
Westeuropa-Spionagechef
des
rumänischen Geheimdienstes, Cornel Nemetzi, Einblick
in eine Welt der Kontraste, in ein fernes, nahes Reich
lichterloher Aufdeckungen und allerdunkelster
Schweigsamkeit.
(Vasile V. Poenaru, 02. 04. 2015)

So feiert Valladolid seine
Schutzpatronin
Auch in Krisenzeiten scheinen sich Feste in Spanien
großer
Beliebtheit zu
erfreuen. In der Woche rund
um den 8. September hat auf
den anfänglich ruhigen
Straßen von Valladolid die Eröffnungsfeier zu Ehren der
Heiligen
San Lorenzo,
Beschützerin und Patronin der
Stadt, beachtliche Spuren
hinterlassen.
(Irina Wolf,
01. 04. 2015).
Mangas und Michelin-Männchen
Ende Januar
herrscht fast schon frühlingshaftes
Wetter auf den
Straßen von Udine. Ähnlich geht es
im Theatersaal zu,
wie zumindest der Titel verspricht.
Marzo heißt
die Performance, die vom jungen italien-
ischen
Künstlerkollektiv Dewey Dell gezeigt wird.
(Irina Wolf,
01. 03. 2015)
Germanistik heute. Eine Skizze
Fenster auf, frische Luft reingelassen, tüchtig ausge-
mistet,
tief eingeatmet: Freunde, dies ist eine wahre
Geschichte. Keine
erfundene. Keine erlogene. Keine ver-
schönerte.
The true story. Es ist aber kein akademi-
scher Bericht, und
schon gar nicht etwa ein Bericht an
eine Akademie. Der Herr
Räuber von und zu Hotzenplotz
und der Herr Baron von und zu
Münchhausen schreiben
genug akademische Berichte. Wir hingegen
wollen ein-
fach mal erzählen, was los war, als der erste Laut auf
den ersten Umlaut prallte und den Urkongress aller
g'scheiten
Leut' herbei beschwor. Wenn Hermann Hesse
da wäre, würde er
sowas Traktat über den Steppen-
germanisten nennen.
(Vasile V. Poenaru,
01. 02. 2015)
Timeless
Hans-Joachim Roedelius' Klaviermusik ist eine
poetische,
melodische Welt für sich. In sich ruhend, nach nichts
fragend,
nichts fordernd, weit ins Introspektive, Intro-
vertierte gehend. Wie einfach
da, um alle Oberfläch-
lichkeit und alles nichtssagend Redselige verachtend
links liegen zu lassen. Der Schönheit und Unverbraucht-
heit der Natur nahe,
den Innenstädten mit ihrem lärm-
enden Großstadtgetriebe fern.
Musik, die wegen ihres
hohen Aussagegehalts zeitlos wird und weiter Bedeu-
tung trägt.
(Tina Karolina Stauner, 25. 01. 2015)
Unzulängliches Ereignis
Er kam, er sah und
er diskutierte: Peter Stein, der
Doyen unter den deutschen Theatermachern, besuchte
im Vorjahr die kanadische Metropole Toronto, um sich
dort der alten, neuen Frage vom Genuss und vom
Gewinn der Schauspielerei zu widmen. Ort der
Debatte?
Das drittgrößte Zentrum für Live-Theater im englisch-
en Sprachraum; gleich nach London und New York.
(Vasile V. Poenaru, 09. 01. 2015) .
Einer von uns
Elftausend
Bücher zu Hause haben, das ist nicht jeder-
manns Sache. Aber dieser Mensch lebt
erwiesener-
maßen von Büchern, in Büchern, über Büchern, unter
Büchern (allein
die Fackel-Edition wiegt 35 Kilo, nicht
einmal bei Familie Feuerstein waren
die Schreibsteine
schwerwiegender), ja seine Wohnung besteht fast
ausschließlich aus Büchern. Und die Bücher leben in
ihm. Und er lebt für
uns: Der Salzburger Schriftsteller
Karl-Markus Gauß feierte heuer seinen 60. Geburtstag.
(Vasile V. Poenaru, 30. 11. 2014)
Exilerfahrung und Identitätssuche
Auf gewohnt tiefsinnige und
provokante Weise begeis-
terte das italienische
Künstlerduo Stefano Ricci und
Gianni Forte sein Zagreber
Publikum. In einem Rahmen
aus starken Bildern und
überraschenden Einfällen
wurden Themen wie die Einsamkeit des
modernen
Menschen, Sehnsucht nach Geborgenheit und Verlust
der Liebe verhandelt. Eine spannende Reise über eine
Hochschaubahn der Gefühle.
(Irina Wolf,
04. 11. 2014)
Der Mann im Griensteidl
Ein Denkmal zu Ehren des fleißigsten Österreichers in
Rumänien errichten? Dazu reicht der Marmor nicht.
Doch mal kurz das Profil eines Wiener Kulturmen-
schen (und Deutschlehrers) ausschneiden, der sich
auch in Bukarest die Füße zertreten hat und an
dessen Gemüt immer noch ein Haufen rumänisches
Deutschtum klebt? Das kriegen wir mit einem tüchtigen
Stück Zeitungspapier hin. Und mit Germanistik ...
(Vasile V. Poenaru,
31. 10. 2014)
"Mehr Prygel als Flygel" oder: Der
gedrehte Troubadix
Es war mir ärgerlich, dass meine Mutter mich bis in
die Knabenjahre manchmal "Püppchen" nannte. Zuerst
stecken die nämlich dich in einen Schwuchtel-Brut-
kasten, erlauben dir aber später nicht, schwul zu sein.
Das ist deren Perfidie. Freud sagte einmal, wir statten
unsere Kinder für die Tropen aus und schicken sie dann
zum Nordpol ...
(Peter Hodina, 25. 09. 2014)
Rumäniendeutsche Literatur inside
and out
Die Germanisten Ioana
Crăciun, George
Guţu,
Sissel
Lægreid und Peter
Motzan machen’s einem nicht leicht:
Der von ihnen 2012 im
Münchener IKGS Verlag
heraus-
gegebene wissenschaftliche Sammelband setzt
interkul-
turelle Akzente und
beleuchtet den "Gegenstand" Ru-
mäniendeutsche Literatur
aus vielen Richtungen her-
aus.
Durch das Zusammenspiel deutscher, norwegi-
scher und rumänischer
Ansätze,
Arbeitsweisen, Gedan-
kenwelten und Mentalitäten wird dabei ein facetten-
reicher,
wiewohl bisweilen etwas umständlich und zum
Teil schon eher
narrativ-inventarisierend geratener
Dialog gewährleistet.
(Vasile V. Poenaru, 24. 09. 2014)
Spuren der Polymetrik
Bereits zum 320. Mal
fand Anfang Juli in der Münchner
Echtzeithalle eines der 1999 gestarteten "Montags-
gespräche" statt. Unter dem Titel
Spuren der Poly-
metrik
wurden vier Klangbilder vorgestellt. Viel gear-
beitet wurde dabei
mit dem Computer, der als
echtes
"Musik-Instrument" zum Einsatz kam. Es spielte das seit
drei Jahren
bestehende
Autoren-Ensemble, bestehend
aus Dieter Trüstedt, Elmar Guantes, Wilfried Krüger und
Hans Wolf.
(Tina Karolina Stauner, 23. 09. 2014)
Heinrich Steinfest: Der
Allesforscher
In seinem jüngsten
Roman erweist sich Heinrich Stein-
fest neuerlich als Meister
der überraschenden Plot-
und Figurenentwicklung. Rund um seinen
jungen Helden
Sixten Braun erschafft der Autor einen Schwarm an
faszinierenden
Gestalten. Atmosphärisch
zu spüren ist
dabei eine nicht religiöse, eher schon
pantheistisch an-
mutende Humanität, die
sich vorrangig aus der Wert-
schätzung der Einmaligkeit der
Menschenwesen und
ihrer
vielgestaltigen Bindungen ergibt. Das färbt ab,
öffnet Herz und
Hirn des
Lesers für die verborgene
Poesie der Welt. (Kristina
Werndl, 26. 08. 2014)
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