Durch
ein kluges Zusammenspiel von Choreografie, Kostümen, Licht und Musik
entwickeln Eugenio Resta, Agata, Demetrio und Teodora Castellucci
– letztere drei sind Sprösslinge
von Romeo Castellucci und Chiara Guidi
– seit 2007 aufsehenerregende
Tanzarbeiten. Ihre Projekte entstehen in einem kollektiven
Gestaltungsprozess.
Für Marzo haben sie
sich außerdem mit dem Theatermacher und Dramatiker Kuro Tanino sowie mit dem
japanischen Manga-Künstler Yuichi Yokoyama zusammengetan. Wo Dewey Dell in
ihren Arbeiten "vom Körper und dessen Bewegungen ausgehen und erst später
das Licht und das Bühnenbild hinzufügen", wie Agata Castellucci erklärt, ist
Kuro Taninos Verfahrensweise genau umgekehrt. Aus diesen zwei
unterschiedlichen Arbeitsweisen entsteht eine äußerst originelle und
dynamische Performance.
Kämpferisch
und hochemotional zugleich gestaltet sich die Geschichte, die sich auf der
Bühne entfaltet. "Es ist eine an sich einfache Handlung, die sich zwischen
menschenähnlichen Gestalten auf einem von der Erde weit entfernten Planeten
abspielt", sagt Teodora Castellucci, die für die Choreografie verantwortlich
zeichnet. Die Schauspieler treten auf wie animierte Comic-Figuren: ein
seltsames Wesen, dessen Kostüm an einen Samurai erinnert, eine außerirdische
Gestalt, verkörpert durch einen Skifahrer mit Helm, und ein
"Autorennfahrer", auf dessen Kostüm groß eine "2" prangt und die einen Helm
mit markantem spitzem Schnabel trägt. Für Erheiterung sorgen ein fetter, mit
seinen "Armen" herumfuchtelnder fünfzackiger Stern und drei
Michelin-Männchen, die sich später in gefährliche kläffende Hunde
verwandeln.
Sie alle befinden sich in
einem weißen, zeitlosen Raum. Vereinzelt sind feine Schatten der Gestalten
auf der Hinterwand der Bühne zu erkennen (Eugenio Resta zeichnet für
Lichteffekte und technische Komponenten verantwortlich).
Undeutlich
ist die Sprache des Samurais. Es hört sich wie Japanisch an. Dabei wird dem
Publikum mit englischen Übertiteln geholfen. Denn für Marzo haben
Dewey Dell japanische Wörter "in erster Linie wegen ihres Klanges
ausgewählt", sagt Demetrio Castellucci, der für die zum Teil dröhnende
elektronische musikalische Untermalung sorgt. Minako Matsuishis und Kuro
Taninos Stimmen werden wirkungsvoll eingesetzt. Fast wie in einem
Sciencefiction-Film hören sich die Worte an: "Seit der Antike war März schon
immer der Monat des Krieges. Wenn der Winter verblasst, bringt die Blütezeit
des Frühlings eine gewaltsame Kraft und überwältigende Veränderung mit
sich".
Überaus passend zum
Gruppennamen thematisiert die Produktion auf lebendige und kreative Weise
zeitlose Konflikte wie Liebe, Eifersucht, Gewalt und Tod, den Kampf des
Guten gegen das Böse. Denn Dewey Dell ist eine Hommage an das gleichnamige
junge Mädchen in William Faulkners Roman "Als ich im Sterben lag". Auch die
Programmierung des Teatro Contatto in Udine von Marzo in der Saison
2014/15 ist nicht zufällig, ist diese doch der Vielfalt gewidmet. Unter
anderem werden "Momentaufnahmen der Richtungen, Formate und Sprachen der
darstellenden Künste widergespiegelt" sowie "innovative Inszenierungen, die
die Realität und die Fantasie neu gestalten", dargeboten. Mit Marzo
landeten die Veranstalter einen Volltreffer. Das Publikum war in
Begeisterung, die Aufführung wurde mit Standing Ovations honoriert.
Dieser Bericht war nur Dank der großzügigen
Unterstützung des CSS
Teatro stabile di innovazione del Friuli Venezia Giulia möglich.