Von Engeln und Moldawiern...
Deutsche Erstübersetzung aus
Petru
Cimpoeşus Roman Simion liftnicul:
"Wir haben versucht, die wichtigsten
Argumente und Gegenargumente aus dem Gespräch von Herrn Thoma
und seiner Frau in einem ruhigen und zivilisierten Ton
auszudrücken, aber jetzt sehen wir uns gezwungen zu präzisieren,
dass die erwähnte Diskussion keineswegs einen freundlichen
Charakter hatte, sondern, ganz im Gegenteil, voller
Schimpfwörter und Drohungen war". (Iulia
Dondorici, 28. 12. 2007) |
Europa-Show im Palace-Hotel
Interview mit Alexander Hausvater, dem Doyen des rumänischen Theaters: "Wenn ich eine Produktion mache, identifiziere ich mich mit allen Gestalten und ich erlebe sie – ich glaube, dass eine Rolle zur nächsten führt. Du kannst kein Theaterschaffender sein, wenn du nicht im Raum der Gestalten, in der Zeit der Gestalten, in den Formen der Gestalten lebst". (Alina
Mazilu, 28. 12. 2007) |
Fotografisches Sehen
Wie sehen eigentlich Fotografen die Welt? Anders
als andere Menschen, meint Julian J. Rossig in seinem Buch
"Fotojournalismus". (Hans
Durrer, 28. 12. 2007) |
Ausflug in die Vergangenheit
In einer Sprache reich
an Jargon skizziert der rumänische Autor
Dan Lungu in "Klasse Typen" Szenen
aus dem Leben zweier
Menschen, die, ausgehend vom
Kommunismus, nun in der kapitalistischen Gegenwart
angekommen sind. (Irina
Wolf, 28. 12. 2007) |
Süßer die
Glocken nie klingen
Volkstheater Wien:
Alan Ayckbourn tritt in seinem
Klassiker
"Schöne Bescherungen" den Beweis
an, dass Weihnachten
nichts mit jener Idylle gemein hat, wie sie in den
Festtagsliedern herbeigeträllert wird. (Kristina
Werndl, 08. 12. 2007) |
Was die moderne
Literatur vom
Lesen weiß
Die Anfänge der
modernen Lesekultur in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
wurden von einem ausführlichen und vielgestaltigen Diskurs über
das Lesen begleitet,
zahlreiche lesende Heldinnen und Helden bevölkerten damals die
deutschsprachige Literatur.
In der modernen Mediengesellschaft befindet sich die Lesekultur
erneut im Umbruch, und
wieder zeigt sich die Literatur als hervorragendes Feld, um über
die Kulturtechnik
Lesen und ihren historischen Wandel
nachzudenken.
(Günther
Stocker, 08.
12. 2007) |
Nestroys
Jux
Volkstheater Wien:
Michael Schottenbergs
"Jux" wurde vom
Publikum
einhellig bejubelt – eine Sache nicht ohne Witz.
(Kristina
Werndl, 19. 11. 2007) |
Geschäft
ist Geschäft
Schauspielhaus Salzburg:
Das Salzburger Schauspielhaus legt mit einer lautstarken
Inszenierung von Arthur Millers
"Tod eines Handlungsreisenden" die Schattenseiten
der kapitalistischen Gesellschaft bloß.
(Susanne Alt, 03. 11. 2007) |
Swinging
Nestroy
Volkstheater Wien:
Andreas Vitásek ist im Volkstheater Wien im
Nestroy-Klassiker "Einen Jux will
er sich machen" zu sehen. Kristina Werndl traf
ihn im Café Raimund zum Gespräch.
(Kristina Werndl, 24. 10. 2007) |
Politische
Kochshow
Kasino am
Schwarzenbergplatz Wien:
Österreichische Erstaufführung von Feridun Zaimoglus und Günter
Senkels Islam-Stück "Schwarze
Jungfrauen". (Kristina Werndl,
08. 10. 2007) |
Unheimliche Regenwürmer
Dan Lungus
Roman "Das Hühner-Paradies" könnte man am
besten als "Prosa
des Alltags" bezeichnen. In einem einfachen, umgangssprachlichen
Stil voller Witz
und Humor erzählt der Roman einige Tage aus dem Leben der
Menschen
auf einer Straße in der rumänischen Provinz.
(Iulia
Dondorici, 02. 10. 2007) |
Die Lust am Einknicken
In seinem
Buch "Hurra, wir kapitulieren!" lässt der Spiegel-Journalist
und Börne-Preisträger Henryk M. Broder kein gutes Haar an der von ihm
konstatierten Gefälligkeit
des Westens gegenüber der islamischen Welt. Seine
meist differenzierte, manchmal
aber auch arg vereinfachende Analyse zeugt von derselben verbohrten
Einseitigkeit, die er andern (zu Recht) ankreidet.
(Hans Durrer, 02. 10. 2007) |
Guantanamo, Abu Ghraib, az-Zarqawi
und zurück
Beschämung und Ehre in der muslimischen
Rezeption:
Wenn wir über das Internet, den Cyberspace nachdenken,
wird häufig in Kategorien wie dem inhärent
demokratisierenden Charakter des Cyberspace reflektiert.
Die Video- und Textbytes, mit denen wir in diesem
Beitrag konfrontiert werden, dementieren solche
Vorstellungen in erschreckender Weise, zeigen uns den
Cyberspace als Sphäre der Propaganda des Grauens.
(Rüdiger Lohlker, 02.
10. 2007) |
Sehnsucht nach Liebe
Scham,
Nacktheit und Körperbild von Jugendlichen:
Die
hier aufgeführte Studie an Kärntner
BerufsschülerInnen zeigt: Jugendliche im
Alter
zwischen 15 und 20 Jahren gehen überaus
selbstkritisch mit sich um. Sie vergleichen ihre Körper ständig mit dem in unserer
Gesellschaft geltenden Idealbild. Dieses
künstlich
generierte Ideal ist jedoch nicht zu erreichen.
(Mario Obersteiner; Klaudia Odreitz, 02.
10. 2007) |
Moribunde Synästhesien
Sinnlichkeit und Sinnverwirrung im Liebestod Tristans
und Isoldes:
Es ist ein altes Klischee, dass Liebe und Tod,
Eros und Thanatos wesensverwandt seien.
Die Wahrheit ist, dass sie von der Poesie
zusammengedacht und
-gereimt werden.
Um synästhetische Exzesse geht es in beiden Fällen.
(Manfred Kern, 01.
09. 2007) |
Die Sinne als Problem in der
Philosophie
Menschliche Wahrnehmung in Antike und Gegenwart:
Die menschlichen Sinne und ihre Funktionen wurden
keineswegs zu allen Zeiten und
allerorts gleich gedeutet. Den Philosophen der
klassischen Antike waren diese
Organe, die auf jeden Bereich des Lebens einwirken,
manche Überlegungen wert, die
durchaus nicht einheitlich waren. Doch auch heute noch
hat sich, neue medizinische und
naturwissenschaftliche Erkenntnisse hin oder her, die
Philosophie nicht auf eine einheitliche Deutung dieser
Organe und ihres Einflusses auf die
menschliche Existenz festgelegt.
(Andreas
Graeser, 01.
09. 2007) |
"Das
Auge bringt den Menschen in die Welt, das Ohr die Welt
in den Menschen"
Wer keine Zeit oder Lust hat zu lesen, der kann auch
hören: Thomas Manns "Zauberberg",
Schnitzlers "Fräulein Else" oder Sven Regeners
Bestseller "Herr Lehmann" bilden nur einen
winzigen Bruchteil aus dem vielfältigen Angebot an
sprechenden Büchern, das aktuell mehr
als 6.000 Titel (CDs und Kassetten) umfasst. Trotz
einzelner Tonraritäten aus dem
frühen 20. Jahrhundert gibt es das Hörbuch im deutschen
Sprachraum noch nicht allzu lang:
Vor nicht einmal 30 Jahren gründete Erich Schumm
den ersten deutschen Hörbuchverlag.
(Peter
Jakobeit, 01.
09. 2007) |
Empathische Synästhetik
Maria Lassnigs Bilder von der Inneren Welt:
Die Fähigkeit, die Sinne über das Sehen hinaus zu
stimulieren,
zählt zu den prominentesten
Eigenschaften von Maria Lassnigs Gemälden. Ihr
Strich ist geladen und voll Spannung. Ihre
Farben sind Gift. Die losen Falten ihrer Haut
verströmen Geruch, und unbeseelte Objekte,
die manchmal Figuren bloß
begleiten, vibrieren und glühen mit spürbarer Energie.
(Albina
Colden; Benedikt Mandl, 01.
09. 2007) |
Slow Food
–
Genießen mit allen Sinnen
Der Slow Food-Gedanke entstand im Herbst 1986 – just an
jenem Tag, an dem McDonald's seine erste Filiale in
Italien eröffnete. Global einheitlich schmeckendes Fast
Food im Herzen Roms – das empfanden der Journalist Carlo
Petrini und eine handvoll Gleichgesinnte nicht nur als
Zumutung, sondern als Attacke auf die Esskultur. Sie
deckten eine mehrere Meter lange Tafel vor der
US-Schnellimbissbude und luden alle Vorbeikommenden ein,
gemeinsam mit ihnen typisch regionale Hausmannskost und
guten Wein zu genießen. Nach und nach wuchs der Kreis
bewusster Genießer, der gegen die Vereinheitlichung des
Geschmacks und für das Recht auf Genuss kämpft, zu jener
beachtlichen internationalen Slow Food Bewegung von
heute.
(Manfred
Flieser, 01.
09. 2007) |
Vom Sendespiel zur nomadischen
Radiokunst
In keiner anderen Kunstgattung
dürfte die Vielschichtigkeit und Zerrissenheit
des digitalen Zeitalters so authentisch abgebildet
werden wie im zeitgenössischen Hörspiel.
Um so unverständlicher ist es, dass
der kulturelle Diskurs die Aktualität und Relevanz
der Radiokunst nach wie vor vernachlässigt.
Hans-Jürgen Krugs
"Kleine
Geschichte des Hörspiels"
wird hoffentlich dazu beitragen, den für die gesamte
Kunstszene abträglichen Zustand zu ändern.
(Christoph Buggert, 01.
09. 2007) |
Spürnasen riechen besser
Hercule Poirots Nase ist durch einen mächtigen
gezwirbelten Schnurrbart
versperrt, Lilly Steinfests
Riechorgan hat die Form einer Klingonennase. Man könnte
geradezu ein umgekehrt
proportionales Verhältnis zwischen Funktionalität der
Nase
und detektivischem Vermögen
vermuten. Egal. Beide Ermittler sind Meister ihres
Faches, Lilly ist
aber
bedeutend sexyer. Sie beweist in Heinrich Steinfests
neuestem Krimi einen
sensationellen Riecher für das Verbrechen.
(Kristina Werndl, 01.
09. 2007) |
Aspekte der Hör- und Sprachentwicklung
Hören verbindet Menschen und ermöglicht und die verbale
Kommunikation. Neben den Worten hören wir den Klang der
Stimme und die Emotionen, die darin mitschwingen.
Schlecht zu hören schafft Missverständnisse, Misstrauen,
verunsichert und trennt von der Welt der Hörenden. Musik
berührt uns. Akustische Signale warnen und helfen, uns
zu orientieren. Geräusche sind allgegenwärtig. (Andreas
Seimer, 01.
09. 2007) |
Empirie eines Tages
Unter
vielen Experimenten diese beiden: Versuchen, zwischen den
Regentropfen
durchzulaufen, ohne nass zu werden.
Versuchen, sich so schnell zu drehen, dass
im Spiegel noch das Abbild meines Rückens zu erahnen ist. (Teresa
Präauer, 01.
09. 2007) |
Handgreiflich
Eine der stärksten und zugleich
entscheidenden Gesten in Hermann Nitschs Orgien
Mysterien Theater ist der Griff ins rohe
Fleisch, das Betasten und Betatschen blutig-feuchten
Gewebes. Eine Geste, die
alle frühen bildnerischen Experimente und erste
auf Text basierende
Arbeiten in ein synästhetisches, alle Sinne
beanspruchendes
Ganzes verwandelt.
(Hanno Millesi, 01.
09. 2007) |
Tödlicher Lufthauch
Im
ausgehenden 18. Jahrhundert
versetzt das Miasma, das "faulige Molekül"
die Menschen in Angst und Schrecken: Giftige, vom Boden
aufsteigende Dämpfe schwängern die Luft und bedrohen
Leben und Gesundheit der Stadtbewohner. In dieser
Situation schlägt die Stunde der Nase: Geschätzt
als Wachposten im Erkennen schlechter
Gerüche, gerät sie zum vorzüglichen
Analyseinstrument, das vor krank
machenden Ausdünstungen und giftigen Substanzen warnt.
Mit Hilfe der Nase lässt sich die Umwelt chemisch
erforschen.
(Franz Wagner, 01.
09. 2007) |
Von der Diskretion des Glücks
Stinkende Windeln, vollgesabberte
Blazer, geplatzte Abend-Termine und durchgekotzte
Nächte – ja, auch
das bedeutet es, Kinder zu kriegen. Aber da gibt es auch
diesen
Geruch auf dem Babykopf, auf der
Haut unterm Flaum, ein Duft
direkt aus dem Paradies, sinnlich
und rein, nach dem absoluten
Zuhause, vertraut und süß, als
hätte man das vor Menschengedenken
gerochen und erinnerte sich wieder daran.
(Katharina Körting, 01.
09. 2007) |
Im Labyrinth der 12 Sinne
Der rumänische Künstler Gabriel
Stan führt den Leser in seinem Erstlingswerk durch einen
Irrgarten von Geschichten aus der repressiven Zeit des
Kommunismus und der "freien" Gesellschaft danach ebenso
wie durch Verse aus der Bibel, Erzählungen aus der
indischen Philosophie und der jüdischen Lehre.
(Irina
Wolf, 01.
09. 2007) |
Salat auf Draht
Zu berichten ist von zarten Schösslingen, die in der
nährstoffreichen Kieler Erde aus
dem Boden sprießen. Eine Saat geht auf, ein Salat
der Sorte Wortsalat steht
zum
Pflücken bereit. Das funktioniert ohne körperliche
Anstrengung und gekrümmten
Rücken, ohne sich die Hände schmutzig zu machen, man
glaubt es kaum: Man wähle einfach
die Telefonnummer: 0049 431/9011156. (Kristina
Werndl, 01.
09. 2007) |
Triest liegt nicht am Meer
Wo bereits James Joyce oder Joseph Roth
dem Duft des Kaffees erlegen sind: Das Caffè San Marco
gehört bis heute zu den bekanntesten
Jugendstil-Kaffehäusern von Triest. (Lukas Marcel
Vosicky, 01.
09. 2007) |
Nicht fürs Ohr allein
Wahrnehmung von Musik im historischen Wandel:
Hören – von Musik wie von Sprache – wird in unserem
mechanistischen Weltbild allzu
voreilig auf das Ohr bezogen. Dabei ist die
Wahrnehmung von Musik im Wesentlichen eine
– bisher kaum erforschte – Leistung des Intellekts.
Beispiele aus der europäischen
Kunstmusik der letzten 200 Jahre können demonstrieren,
wie sehr uns hoch spezialisierte
intellektuelle Leistungen als "natürlich"
erscheinen.
(Anselm Gerhard, 01.
09. 2007) |
Ganz bei Sinnen sein
Wenn mein
Dichter schlafen geht, bin ich allein mit seinen Texten.
Alles, was ich will, darf ich mir
dann nehmen. Ich darf mir die Gefühle aneignen, die da
feilgeboten werden. Ich darf
Gedanken hegen, die woanders entstehen. Ich darf sie
billigen, verstoßen, verdrehen
oder vielleicht sogar vollenden. Ob er wohl träumt, mein
Dichter?
(Vasile
V. Poenaru, 01.
09. 2007) |
Wege zur Verständigung
Ein Plädoyer für das
Sprechen- und Artikulierenlernen von Gehörlosen:
Lautsprachliche Kommunikation öffnet Gehörlosen die Tore
zu Berufen auch in nicht geschützten Umfeldern und
ermöglicht so eine bessere und leichtere Integration.
(Kristin Teuchtmann, 01.
09. 2007) |
Vom blinden Genuss betäubender
Düfte
Dem Geruch hat Thomas Mann sein allerletztes vollendetes
Werk gewidmet, "Die Betrogene" (1953). Zu diesem regte ihn
eine Klatschgeschichte an, die er so in sein
Tagebuch notierte: "eine ältere
[…] Aristokratin, die sich leidenschaftlich in den
jungen
Hauslehrer ihres Sohnes
verliebt" und deshalb eine durch Krebs hervorgerufene
"Blutung" als "Auferstehung"
ihres "Weibtum[s]" missversteht.
(Yahya
Elsaghe, 01.
09. 2007) |
Das Irrationale im Rationalen
Die Fotografien von
Bernd und Hilla Becher sind so objektiv, sachlich und
dokumentarisch wie sentimental. Von naturwissenschaftlichen
Analogien über den
kulturhistorischen Wert ihrer Arbeit wurde den Bechers
mittlerweile alles zugesprochen.
Fest steht aber eins: Ihre Bilder sprechen für sich selbst.
(Reinhard
Winkler, 06. 08. 2007) |
Journalistische Panik
Es ist in
vielen Teilen der Welt nicht mehr möglich, gänzlich uninformiert
zu sein. Die Nachrichten
drängen sich ins Sein. Die Abschottung dagegen funktioniert
nicht mehr.
(Daniela Ingruber, 05. 08. 2007) |
In Brasilien
Dass es in Rio und in São Paulo
viel Gewalt gibt, das weiß jeder. Dass
das Ausmaß
dieser Gewalt im Mai 2006 in São Paulo an Bagdad, mithin
an Krieg, erinnert hat, das
haben damals viele geschrieben. Doch wie verhält es ich
eigentlich mit der Gewalt
im Rest des Landes? Ein Augenschein in Brasiliens Nordosten.
(Hans Durrer, 04. 08. 2007) |
Eukalyptus
Nichts du duftendes Nichts/fall ein in meine verwilderte Seele/fall ein ins verkrüppelte harzige/Wurzelgeflecht meines Herzens/fall ein in das blühende Ginstergebüsch/an den Hängen meiner versandeten Träume."
(Irmgard Perfahl, 03. 08. 2007) |
Wiens Geliebte
Mit
"Czernowitz – die Geschichte einer
untergegangenen Kulturmetropole"
wurde ein Standardwerk geschaffen für
eine ernsthafte Annäherung
an die alte Hauptstadt der Bukowina. (Benedikt
Mandl, 14. 07.
2007) |
Die "Wahrheit"
der Erinnerung
–
Jüdische
Lebensgeschichten
Jean Amérys "Örtlichkeiten" (1980),
Fred Wanders
"Das gute Leben. Erinnerungen"
(1996) oder Anna Maria Jokls "Die Reise nach London. Wiederbegegnungen" (1999)
gelten als
herausragende poetisch-literarische Beispiele autobiographischer
Selbstbefragung,
lebensgeschichtlicher
Bilanzierung und zugleich individuell-kollektiver
jüdischer Gedächtnis-
und Erinnerungskulturen.
Die drei genannten Texte sind sprachlich-literarisch
bemerkenswerte Exempel einer sehr
umfangreichen jüdischen Leistung auf dem Felde
von "Dichtung
und Wahrheit" – aus einem
inzwischen unübersehbaren gewordenen
Feld von bisher
etwa 600 autobiographischen
Texten deutschsprachiger jüdischer
SchriftstellerInnen.
(Karl
Müller, 01. 07. 2007) |
Der Teufel hat den
Blues verkauft
Wahrscheinlich beendete Jesus nach/seinem vermeintlichen Tod/die gescheiterte Karriere als Sektenführer,/ging als Barmixer nach Indien,/verkaufte Fruchtsäfte an reiche, ältere Damen,/heiratete die Witwe eines Großgrundbesitzers."
(Martin
Dragosits, 01. 07. 2007) |
Hannibal
Lecter als Opfer
Akademietheater
Wien:
Der aus Bulgarien stammende Schriftsteller Dimitré Dinev wendet
sich in seinem
neuen Stück dem Sagenkreis um Minotaurus zu; Niklaus Helbling
führt Regie.
(Kristina
Werndl,
01. 07. 2007) |
"Ich bin eine alte Frau und Kommunistin"
Vorabdruck: Dan Lungu:
"Sanda zieht schnell ihren
Kopf ein. Ein paar Tropfen waren ihr direkt in den Nacken gefallen. Wir
betreten ein Abteil. Sanda schwingt sich auf einen Sitz, so wie man es mit
einem Bett macht, bevor man es kauft. Mit dem Finger prüft sie die
Vinyloberfläche. Sie liest die Aufschriften und sieht sich die Fotos an, die
unter Glas und mit vernickelten Schrauben befestigt sind: eine
Berglandschaft und mehrere Ansichten vom Meer ..." (Aus dem Rumänischen von Aranca Munteanu, 01. 07. 2007) |
Ionesco und ich
Lese ich einen Text, so beschäftigt mich die Geschichte
drumherum wenig, wichtig ist mir
vielmehr, ob die Lektüre mich unterhält, meinen Horizont
erweitert, mich etwas entdecken lässt,
mich etwas lehrt, mir zeigt, dass andere ganz ähnlich denken und
empfinden wie ich selber auch. Dazu
genügen oft kurze Passagen, Bruchstücke, einzelne Sätze.
(Hans Durrer, 01. 06. 2007) |
Eine Stadt als Versprechen
Hermannstadt/Sibiu ist europäische Kulturhauptstadt 2007. Seine
Symbolkraft geht
für Rumänien weit über die einer ökonomischen und
touristischen Boomtown hinaus.
(Walter M. Weiss, 01. 06. 2007) |
Die Seele der Moldau
Sie
ist die Stadt der Fürsten und war lange Jahre Zentrum des
literarischen und intellektuellen Lebens in Rumänien: Iaşi.
Mit ihrer Atmosphäre und
Tradition, ihrer Schönheit,
zählt sie heute zu den kulturellen Highlights jeder
Rumänienreise. Als Ort von fünf
großen Universitäten, Sitz bedeutender Firmen,
eines internationalen Flughafens,
Ausgangspunkt zum berühmten moldawischen Weingebiet
Cotnari besitzt
Iaşi
aber auch viel wirtschaftliches Potential.
(Irina Wolf, 01. 06. 2007) |
Gastfreundschaft und Gottvertrauen
Fotografische Impressionen aus Rumänien:
"In Rumänien finde ich die Motive, die meiner Vorstellung von
Fotografie am nächsten kommen. Dabei liegt es mir fern,
touristische Klischees zu bedienen. Ich suche die (nicht)
alltäglichen Situationen und
versuche, mit den einfachen Menschen in
Kontakt zu treten." (Ronny Müller,
01. 06. 2007) |
"Nouvelle Vague" des rumänischen Films?
Das Jahr
2000 markierte den absoluten Tiefpunkt des rumänischen Kinos:
kein einziger Film wurde während dieser Zeit veröffentlicht. In
den letzten Jahren hat sich die Situation dramatisch gewandelt.
Eine beachtliche Zahl junger rumänischer Regisseure produziert
Filme am laufenden Band. Auf den internationalen Filmfestivals
stellen sie seit Kurzem ihr beeindruckendes Talent zur Schau.
(Irina Veliz, 01. 06. 2007) |
Die Infusion
Sie weiß schon, das wird nichts. Schon als die junge Ärztin
beim Hereinkommen in ihr Blickfeld getreten
ist, hat sie die Unsicherheit förmlich riechen können. Der forsche
Schritt und das Lächeln haben sie nicht täuschen können.
Sie hat es sofort gewusst, die schafft
das nicht, mit so einem jungen Gesicht kann die doch keine Erfahrung
haben.
(Marianne Leersch, 01. 06. 2007) |
Völlig arbeitslost
Der vernichtende Blick des bewusstseinserweichenden
Arbeitsberaters trifft mich hart. "Zeigen Sie mal Ihre Bewerbungen",
fordert er ungeduldig. Nach zwei Sekunden kommt ein motivierendes
"Ist das alles? Nur 42 Bewerbungen in einer Woche? Sie müssen mal
mehr Gas geben!"
(Angelo
John Ashman, 01. 06. 2007) |
Rattus Liber
Eine behandschuhte Hand griff in den Käfig, um Laborratte 3
am Schwanz aufzuhängen, sie baumelte kopfunter von der Decke des
Käfigs und setzte ihre Schulungsversuche unverdrossen fort. Es gehe
darum, dozierte sie, den Opfergedanken vom Kopf auf die Füße zu
stellen. "Wir leben in einer verkehrten Welt", sagte sie.
(Peter Hodina, 01. 06. 2007) |
Synapse und Synthese
Marietta Bönings Gedicht Seele III, das ihren ersten
Gedichtband mit dem Titel raumweise
eröffnet, ist eine stringente Engführung von Eros – man könnte auch
sagen: Sorge – und Aggression.
(Martin Hainz, 01. 06. 2007) |
Zyankali, Zombies und zarte Damen
Julia Gschnitzer und Hanne Rohrer bringen als fürsorgliche
Schwestern in Joseph Kesselrings "Arsen und
Spitzenhäubchen" alleinstehende Männer unter die Erde – bis 17.6. im
Salzburger Landestheater.
(Susanne Alt, 01. 06. 2007) |
Akademische Produktionsbrigaden
Der Wiener Philosoph
Konrad Paul Liessmann stellt in seinem neuen Buch
"Theorie der Unbildung" die These auf,
dass die "Wissensgesellschaft", in der wir heute angeblich
leben, in Wahrheit gar keine ist.
(Franz Wagner, 01. 06. 2007) |
Was wäre, wenn Iran Mexiko eingenommen hätte?
Eine funktionierende US-Demokratie ist
nicht nur ein Wert für sich selbst, sondern verspricht reale
Möglichkeiten eines konstruktiven Umgangs mit vielen Problemen der
Gegenwart, auf internationaler und nationaler Ebene; auch mit den
Problemen, die im wahrsten Sinne des Wortes das Überleben der
Menschheit bedrohen - demonstriert am Beispiel der Iran-Krise.
(Noam Chomsky, 01. 06. 2007) |
Kopfgeburten
Vom Gefallen an
Cézanne bis zum Erlebnis, mit einfachsten Mitteln wie Punkten
und Strichen Ausdruck darstellen zu können, ist es ein
jahrzehntelanger Weg. Aber die
Frage heißt nicht: Was braucht
man, um etwas darzustellen, sondern: Was
braucht man
dazu alles nicht?
(Reinhard Winkler, 01. 04. 2007) |
Vier Leben in einem:
Hans Schneider/Hans Schwerte
"'Nein, in die SS wäre ich sicher nicht eingetreten', sagte ich in
einer Seminarpause zu Hans Schneider, dem neuen Honorarprofessor an der
Salzburger Universität, als dieser auf unerhörte Weise reagierte. Er
fuhr plötzlich seinen Zeigefinger auf mich aus und rief hoch erregt aus:
'Das, Herr Dr. Müller, sollten Sie nicht sagen! Wie können Sie das
sagen!' Wie hätte ich ahnen können, dass ich Schwertes Lebensthema,
seinen bis dahin nicht aufgedeckten Namenswechsel des Jahres 1945 von
Hans Schneider zu Hans Schwerte, vielleicht sein Lebenstrauma gestreift
hatte."
(Karl Müller, 01. 04. 2007) |
Aschenbrödel ohne Happy End
Volkstheater Wien:
Einmal pro Saison hat das Wiener Volkstheater einen Horváth auf dem
Programm: Diese Saison ist es sein vielleicht bestes, jedenfalls
reduziertestes Stück:
"Glaube Liebe Hoffnung. Ein
kleiner Totentanz in fünf Bildern".
(Kristina Werndl,
01. 04. 2007) |
A restless genius
Introduction to the philosophy of Ibn Hazm of Cordoba:
During the centuries Ibn Hazm has been criticized for his
exasperated strictness and rigour that seemed to separate the law from
the historical vicissitudes. Undoubtedly this concern for the
originality of his message reflects the torment and the personal
suffering of a man lived in "the most tragic moments of the Muslim
Spain" and of "the decisive crisis of Islam in Andalucia". He wanted to
bring back jurisprudence to the original teaching of the Prophet and his
Companions.
(Giovanni Patriarca, 01. 04. 2007) |
Melpomene
Ich schließe die Augen, sie schmerzen vom aggressiven Licht
dieses Sommertages. Das Rasenmähergeräusch erstirbt, der Grasschnitt
wird auf den Kompost geworfen und der Motor von Neuem gestartet. Momente
absoluter Stille sind selten. Nicht mal nachts wird es wirklich ruhig,
denn dann beginnt der Garten in seiner fremden Sprache von Dingen zu
sprechen, die ich nicht verstehe und die mir unheimlich sind. Dinge, die
tiefer gehen, die ursprünglicher sind, als dass ein Mensch, so
ernüchtert wie ich, sie verstehen könnte.
(Stephanie Doms, 01. 04. 2007) |
Tod hinter der
Sonnenbrille
Lee Hazlewood sieht das Ende der Straße und singt noch einmal
wundervoll.
(Bernhard Flieher, 01. 04.
2007) |
Pomp ohne
Power
Burgtheater Wien:
Nummer drei des Shakespeare-Zyklus am Burgtheater: "Julius
Cäsar" inszeniert von Falk Richter.
(Kristina Werndl,
04. 04. 2007) |
Der Champagner des
Zaren
Das Berliner Kaufhaus "KaDeWe" bot im Juni 2004 eine Flasche
Champagner aus dem Besitz des letzten russischen Zaren an. Sie lag
einzeln und sorgfältig gebettet in einer Holzkiste in einem kleinen Raum
des obersten Stockwerks. Neben der Kiste befand sich Schild, auf dem in
zwei, drei Sätzen die Geschichte der Champagnerflasche umrissen wurde.
Es folgte die Nennung des Preises: 4.350 €.
(Bert Kallenbach, 01. 04. 2007) |
Ein
Amerikaner in Berlin
Vokstheater Wien:
Michael Schottenberg inszeniert das Musical "Cabaret".
(Kristina Werndl,
01. 04. 2007) |
Die blamierte Mutter
Das Kind nimmt auf einem Hockerchen Platz und beginnt einfach
nicht mit dem Spielen. Unruhe kommt auf. Die
Mutter hetzt sie an:
"Spiel doch! Spiel endlich! Worauf wartest du?
Jetzt hast du die einzige Chance deines Lebens, spiel doch, eine solche
Chance wirst du nie wieder bekommen!" Das Kind
spielt aber nicht. Es sitzt vor dieser
komischen Orgel und entwickelt keinen Ton.
(Peter Hodina, 01. 04. 2007) |
Headbutt im Walde
Burgtheater Wien:
Überzeugend: Vom Gesamtkonzept und in den szenischen Details – der
"Sommernachtstraum" in der Regie des Niederländers Theu Boermans
an der Burg. (Kristina Werndl,
01. 04. 2007) |
Die Kronenmaschine
Studiert, aber
nicht zu Ende, weder die so genannte germanische Philologie noch die
Musikwissenschaft. Gearbeitet, aber selten lange am selben Ort. Unter
anderem auf Erdbeerfeldern in einem recht angenehmen Winkel Deutschlands
unweit der französischen Grenze. Später, während die Kommilitonen mit
Beiträgen zur Stereoptypenforschung ihren Magister bosselten, bei einer
Spedition in der Nähe von Stuttgart. Und gegenwärtig Betreiber eines
Kopierkabuffs. Aber eigentlich? Was war ich eigentlich? Existierte ich
eigentlichlos?
(Lothar
Quinkenstein, 01. 04. 2007) |
Sag Ja zum Nein
"Sag Ja zum Nein, sag nur nicht Jein, wenn jedes Vielleicht
schon zu einem Nein geworden ist. Es gibt so viele Definitionen von
Liebe, wie es Menschen auf der Erde gibt, aber so wenige Definitionen
darüber, was ein Mensch ist, wenn wir ihn nicht in zwei Geschlechter
zerlegen.
(Clemens
Schittko, 01. 03. 2007) |
Die Eiskönigin und
Wolfgang Schäuble
Das grelle Licht des Internets scheuen sie wie Fledermäuse den Tag.
Ihr oberstes Prinzip ist die Diskretion, ihre Chiffre das &-Zeichen. Für
literarische Agenturen gilt: je unsichtbarer, desto besser.
(Kristina Werndl, 01. 03. 2007) |
Mit Hitler im Bett
In seiner komplett missglückten Komödie "Mein Führer" versucht Dani
Levy, "die wirklich wahrste Wahrheit über Hitler" zu zeigen. Was er
damit erreicht, ist das genaue Gegenteil: nicht Aufklärung, sondern
platte Reduktion.
(Franz Wagner, 01. 03. 2007) |
Essenale
ER schüttelte Ketchup auf das weiße Schneidbrett.
Zurückgestellt fuhr ERFinger in den Ketchup, bedeckte ihn ganz, und
steckte ihn in ERMund. So verfuhr ER, ER, bis das weiße Schneidbrett
wieder weiß war. ERFinger mit Ketchup vom Schneidbrett in ERMund. Bis
weiß wieder ganz weiß war. Das Rot in ERMund. Versenkt.
(Heinz Pusitz, 01. 03. 2007) |
Technodizee
Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Flugzeug abstürzt? Der
Konstrukteur, der Pilot, der Mehrheitsaktionär, der immer stärkeren
Druck ausübt auf die Fluggesellschaft, Kosten zu reduzieren – oder gar
der Fluggast selbst, der immer billiger und schneller ans Ziel kommen
will? Die Antwort lautet wohl: Alle! Jeder Einzelne trägt die
Verantwortung, weil jede und jeder Einzelne an ihrer oder seiner Stelle
mit ihren oder seinen spezifischen Ansprüchen das System "Technik" –
hier "Flugzeug" – generiert.
(Josef Bordat, 01. 03. 2007) |
Mutmaßungen über
Puppen
Schauspielhaus Wien:
Doch scheint es, während bis zu drei Menschen in schwarzer Kleidung die
Bewegungen der Figur lenken und hierbei zur sechshändigen Unperson
werden, als erlange da die Figur Eigenständigkeit wie Leichtfüßigkeit,
ja Menschennähe. Je lebendiger die Puppe, desto gehilfenhafter wirken
die Puppenführer; ja, mehr von den Bewegungen der Puppe geleitet denn
umgekehrt.
(Teresa Präauer, 01. 03. 2007) |
Sp-p-p-p-ra-ra-rachlos
In einer Gesellschaft, in der alles und alle reibungslos
funktionieren sollen, haben Stotterer häufig nichts mehr zu sagen.
Sprachgestörte Menschen werden heute oft wie Aussätzige oder
Geisteskranke behandelt. Dies geschieht besonders in der Wirtschaft,
insbesondere bei der Arbeitssuche. Da heute in beinahe allen Berufen
flüssige Sprache gefordert ist, fällt der Stotterer durch fast alle
Raster.
(Jürgen Kirschner, 01. 03. 2007) |
Lauschen, Schauen,
Träumen
Der Fabrikantensohn und Harvard-Absolvent Henry
David Thoreau zieht im Jahre 1845 in eine von ihm selbst erbaute Hütte
in den Wäldern von Massachusetts, um zwei Jahre in Einsamkeit zu
verbringen. Die Aufzeichnungen seines Experiments erscheinen später
unter dem Titel "Walden". Gandhi, Martin Luther King und so
mancher Pazifist haben aus diesem Text Kampfgeist und Ermutigung
geschöpft.
(Walter Wagner, 01. 03. 2007) |
randeinwärts am
flaschenpostvenster
erst vorhin noch, lungerten wohl wohlwollend mit
abgeschabten fangzähnen um das von geheimen diensten pudelbemützt
beschattete objekt. sei es: schwarzbraun ist die haselnuss gleich stark
verkehrt gelesen, beherbergt jede menge meistgesuchte botschaften,
einige auch dazugegechnet, saszen fast arglos auf dem boden der
tatsachen, gleich unter jener wäscheleine, der man nicht über den weg
trauen konnte.
(Angelo John
Ashman, 01. 03. 2007) |
Die Philosophie Ibn Khalduns
"Er hat die Geschichte zu einer Wissenschaft gemacht",
schreibt der Historiker Y. Lacoste über den islamischen Gelehrten Ibn
Khaldun. Tatsächlich hat der im 14. Jahrhundert lebende arabische
Philosoph nicht nur historische Daten gesammelt, so wie andere vor ihm.
Er entwarf als erster Theorien darüber, wie Gesellschaften sich
entwickeln. Manche seiner Ansichten klingen bemerkenswert modern. So
könne etwa der Wohlstand eines Landes nicht an seinen Geldreserven oder
Edelmetallen gemessen werden, sondern durch die Spezialisierung und die
Arbeitsteilung seiner Bewohner.
(Giovanni Patriarca, 01. 03. 2007) |
Timişoara
Der
Reichtum an Kulturschätzen, den Temeswar bietet, ist bemerkenswert und
vergleichbar mit rumänischen "Kulturhauptstädten" wie Sibiu oder
Bukarest. Doch was den Besucher erwartet, ist mehr als ein "barockes
Freilichtmuseum". Timişoara ist eine pulsierende, moderne
Universitätsstadt mit großer wirtschaftlicher Zukunft. (Klemens Jäger, 01. 03. 2007) |
"Ovids Exildichtungen sind der Beginn einer
'rumänischen Literatur'"
Interview mit Gerhard
Petersmann:
"Rumänien" vermerkt der Sprachforscher Gerhard Petersmann, "begreift
sich in Mentalität und Kultur als romanisches, der westlichen
lateinischen Kultur Europas zugehörendes Land. Das kulturelle Erbe Roms
ist allgegenwärtig und für Rumänien identitätsstiftend." (Franz
Wagner, 01. 03. 2007) |
Das rumänische Dorfleben
Fast jeder im Dorf hatte sein eigenes Haus und seinen eigenen
Garten. Früher lebten dort auch alle Generationen unter einem Dach.
Beinah jeder hatte in seinem Hof mindestens ein Huhn, einen Wachhund,
und manche besaßen sogar ein Schwein. Als Kind gab es nichts Schöneres,
als auf allen Vieren in den hüfthohen Hühnerstall zu kriechen, um
nachzusehen, ob da auch wirklich ein frisch gelegtes Ei lag. Wer dachte
da schon an Dreck, Flöhe oder sonstiges Ungeziefer? (Paula
Leichtweiß/Irina Wolf, 01. 03. 2007) |
Die Frage nach dem Sinn des Lebens
Es ist objektiv gleichgültig, welche bestimmten Menschen
existieren. Diese These, die Thomas Nagel vertritt, kollidiert mit dem
Standpunkt, den jeder von uns einzunehmen geneigt ist. Danach sind wir
für uns der Mittelpunkt der Welt und unglaublich wichtig. Je objektiver
wir aber auf unser Leben blicken, desto bedeutungsloser erscheint es uns
in dem Sinn, dass genauso gut ein Anderer an unserer Stelle existieren
könnte. Und es gibt nach Nagel nicht einmal einen Grund dafür, warum
überhaupt Menschen hätten entstehen sollen. Gäbe es keine Menschen, so
müsste man sie nicht erfinden.
(Thomas Sukopp, 01. 02. 2007) |
Junge Dramatik aus Polen
Volkstheater Wien:
Autorenwochenende im Hundsturm: Ein Team von jungen Schauspielern und
Regisseuren beweist, dass der Humor keine Schengengrenzen kennt.
(Kristina Werndl,
01. 02. 2007) |
Molly und Dolly
Ich stehe irgendwie wie ein Museumswächter da, wie ein
Museumswächter ohne jede Erklärungskompetenz. Wo der seine Gedanken hat,
weiß man nicht. Ob er etwas denkt oder nur mit der Wahrung des Scheins
seiner Unauffälligkeit beschäftigt ist. Er denkt vielleicht irgendetwas
Sexuelles sich aus. Ob dieses Sexuelle nach außen kommt, ist die Frage.
Der Wächter ist eine Flasche, sein Kopf der lustige Stöpsel drauf.
(Peter Hodina, 01. 02. 2007) |
"Ich
jongliere mit Partikelchen"
Interview mit Christian
Steinbacher:
"Wenn eine
Teekanne oben und unten offen ist, und ich will mir Tee kochen, ist
die Teekanne
sinnlos. Wenn ich mir aber gar keinen Tee mit
dieser Kanne kochen will, dann kann
eine solche Teekanne sehr sinnträchtig sein. Der
zweckfreie Raum birgt mehr Möglichkeiten zur
Sinngebung. Die Leute machen sich verrückt, weil sie immer Sinn und
Zweck kurzschließen. Das verhindert den Mehrwert
an Sinn. In der Kunst gehen wir aus dem
Zweck raus." (Reinhard Winkler,
01. 02. 2007) |
Miniatur
Ich saß im großen Ohrensessel, hielt mich in der Philosophie
Demokrits auf, hörte von diesem, dass die Seele aus Feueratomen besteht.
(Eva Fischer, 01. 02. 2007) |
Big
Daddy feiert Geburtstag
Theater in der Josefstadt:
Philip Tiedemann inszeniert im Theater in der Josefstadt gegen
"Festen" an, jenes filmische Meisterwerk des Dänen Thomas Vinterberg,
das 1998 den Spezialpreis der Jury in Cannes gewann.
(Kristina Werndl,
01. 02. 2007) |
Erziehungsprobleme
Theater Lüneburg:
Auch nach fast 70 Jahren des gesellschaftlichen Wandels legt Willy
Russells Stück "Educating Rita" noch immer ähnliche Klassenunterschiede
offen wie das von George Bernard Shaw verfasste Drama "Pygmalion" aus
dem Jahr 1912.
(Jürgen Kirschner,
01. 02. 2007) |
Beglückend, verstörend und herrlich irre
Markus Köhle begibt sich auf die Suche nach den Kultbüchern von morgen,
als da (vielleicht) wären: Urs Mannhart.
Die Anomalie des geomagnetischen Feldes südöstlich von
Domodossola. Oder: Volker Strübing. Das
Paradies am Rande der Stadt.
("Finden sie nicht auch, dass das Universum
ein ganz klein wenig nach Senf duftet? Darum: Marilpen"). Und
schließlich: Lou A. Probsthayn. Der Benutzer.
(Markus
Köhle, 01. 02.
2007) |
Neue Reiselust gen Osten
Es bleibt zu hoffen, dass sich zahlreiche engagierte und mutige Menschen
finden, die auch der Grenzregion der südlichen Westukraine/Rumäniens
eine Chance geben, sich zu entwickeln und zu wachsen. Der Reichtum an
Sehenswürdigkeiten ist ein großer, den es zu entdecken und zu erleben
gilt. (Brigitte Macaria, 01. 02. 2007) |
Held und Unbekannter
George Enescu erfreute sich schon zu
Lebzeiten größerer Beliebtheit als jeder andere rumänische Komponist:
dank seiner Werke, die "national" und "universal" zugleich waren, dank
seines grandiosen Geigenspiels und charismatischen Dirigats und dank der
unschätzbaren musikalischen Aufbauhilfe für sein Land, in dem ein
Konzertleben sich erst Ende des 19. Jahrhunderts zu entwickeln begann.
(Johannes Killyen, 01. 02. 2007) |
Richtige Antworten, falsche Fragen
Rumänien wird von einer Drift in die Rechtsradikalität
bedroht, aber auch von der mafiosen Unterminierung. Wie
gut diese beiden Entwicklungen miteinander konvergieren, nämlich die
Sündenböcke benennende Ideologie der Großrumänischen Partei und die
darob ungestört fortschreitende Verluderung, das zeigt sich
allenthalben. (Martin A. Hainz, 01. 02. 2007) |
Endlich daheim
–
in der Fremde
Als 18-Jährige verließ
Paula Leichtweiß ihre Geburtsstadt Bukarest, um mit ihrer Familie nach
Deutschland auszuwandern. Vom Ceauşescu-Regime als "Person ohne
Staatszugehörigkeit" gebrandmarkt, war sie über lange Jahre auf der
Suche nach dem Gefühl von "Heimat".
(Paula Leichtweiß, 01. 02. 2007) |
Bräuche zum Frühlingsbeginn
Der Monat März beginnt mit einer malerischen Traditionsfeier des
Frühlingsanfanges, dem "Märzchen". Der Name ist im Rumänischen ein
Diminutiv für März. Seit vielen Jahrhunderten gilt dieser Brauch als ein
Fest der Freude und ist ein Symbol des Sieges des Guten über das Böse.
(Irina Wolf, 01. 02. 2007) |
Zug des Lebens: Reise ohne Wiederkehr
Dass man sich
dem Holocaust auch auf humorvolle Weise nähern kann,
bewiesen in den 1990er Jahren gleich zwei
Spielfilme: Roberto Benignis
"Das Leben ist schön" und Radu Mihaileanus
"Zug des Lebens". (Franz Wagner, 01. 02. 2007) |
Magabudu und sein Schwert - ein
Integrationslied
"Sie wissen das vielleicht noch nicht: Ich
bin nämlich kein eigentlicher Staatsmann. Ich bin freischaffender
Diktator." Magabudu, Staatspräsident von Magabudien.
(Vasile V. Poenaru, 01. 02. 2007) |
Botschafter
der rumänischen Kultur
Einer der zur Zeit bekanntesten deutschsprachigen Schriftsteller
Rumäniens ist Eginald Schlattner. Die stark autobiographisch
gefärbten Romane des 73-jährigen Siebenbürger Pfarrers sind
geprägt von Verhaftung, Folter und zweijähriger Haft in den
Zellen der Securitate.
(Alexandra
Oşan, 01. 01. 2007) |
Alles wahr und alles nur geträumt
Mircea Cartarescus kunstvolle Prosa lädt uns
ein zum Traumwandeln ins Bukarest der
geheimnisvollen Villen, der verräucherten Keller
und verwahrlosten Neubauviertel. (Tanja Becker, 01. 01. 2007) |
Rumäniens Wirtschaft und Politik
Schon früh wurde der wirtschaftliche
Aufschwung Rumäniens von und für eine sehr
schmale Elite betrieben.
Das ist heute nicht viel anders. Wie sonst wäre es zu erklären, dass
die wirtschaftlichen Wachstumsraten abenteuerlich hoch,
die Armut aber nach wie vor groß ist. (Hannes
Hofbauer, 01. 01.
2007) |
Meerträubchen und Wüstenrenner
Interview mit Erika Schneider:
Die Donau-Auen-Expertin Erika Schneider im Aurora-Interview:
"Die Donau
durchzieht mit ihren
zahlreichen Nebenflüssen wie ein grünes Band
Mittel- und Südosteuropa. Sie
durchquert auf ihrem Weg bis zur Mündung ins Schwarze
Meer nicht nur unterschiedliche
Naturräume, sondern auch unterschiedliche Sprach- und
Kulturräume. Diese Vielfalt im
geographischen, biologisch-ökologischen und
kulturellen Bereich ist das,
was die Besonderheit der Donau
ausmacht ."
(Franz Wagner, 01. 01. 2007) |
Siebenbürgens
Wehrkirchen
In welches Bauerndorf man auch
kommt in Siebenbürgen, das Bild ist ähnlich: Die
jungen Leute sind weggegangen, nur die Alten sind geblieben und fühlen sich
doch längst als Fremde im eigenen Land. Kaum ein Dorf, wo
mehr als zehn, fünfzehn Leute noch tatsächlich
miteinander Deutsch sprechen.
(Reinhard Kriechbaum, 01. 01. 2007) |
Mündlich'n, so blau
Dort, wo Böhmen am Meer liegt, legt die Donau ihren Namen im Meer ab – und
heißt fortan Hister. Die seit Aristoteles vermutete (und vehement
diskutierte) Bifurkation der Donau geht mithin in Istrien vor sich: hier
teilt sich der Strom und mündet zum einen (als kleinerer Arm) ins
adriatische Mittelmeer (nahe der Achilles-Stadt Aquileia), und zum anderen
(als verlängerter Ärmel) in das Schwarze Meer (nahe der Pappel-weißen Insel
des Achilles, Leuke oder Alba, wo Persephone bzw. Proserpina die
gleichnamige Nymphe zum populus alba der Weißpappelnacht dämonisierte).
(Oswald Egger, 01. 01. 2007) |
Ein Augenblick
Drei Gedichte. (Erika-Elisabeth Mureşan, 01. 01. 2007) |
Not macht erfinderisch
Weil im Klausenburger Nationaltheater die
Regisseure fehlen, ergreifen die
Theaterstudenten und Schauspieler die Initiative und inszenieren
ihre Stücke selbst. (Alexandra
Oşan, 01. 01. 2007) |
Bukarest - Stadt der
Kontraste
Zwischen meinem ersten und letzten Spaziergang durch diese Stadt, in der
ich aufgewachsen bin, liegen vierzig Jahre.
Vieles hat sich nach der Revolution verändert,
zum
Guten und zum weniger Schönen. Doch
die Calea Victoriei ist geblieben,
das Athäneum, das Naturgeschichtliche
Museum, das Kunstmuseum, der Königliche
Palast, der Triumphbogen, der Herastrau-See, der
Unirii-Platz, der Universitätsplatz,
der Romana-Platz und vieles andere.
(Irina Wolf, 01. 01. 2007) |
Wie man schwarze Augen trägt
Beim Blättern durch alt gewordene rumänische Reiseliteratur
entdecke ich sie immer und immer wieder: beispielsweise die
rosenrankenden Tuchmuster, die die Frauenköpfe ummanteln. Die einen
Rahmen bilden um ein Augenpaar, das sich entdeckt fühlt, im
Vorüberfahren noch einmal skeptisch blinzelt oder aber bereitwillig
grinst, sich zeigt und ausstellt: den Frauenkörper, in Pose geworfen und
ausgestattet mit einem Kopftuch als stereotyp gewordenes Accessoire des
Rückständigen.
(Teresa Präauer, 01. 01. 2007) |
Rumäniendeutsche Gegenwartsliteratur
Viele rumänische Schriftsteller waren in den 80er Jahren
Ziel von Verhaftungen
und Verfolgungen, was die meisten zu
einer Auswanderung bewegte. Ihre damaligen
traumatischen Erfahrungen spiegeln sich teilweise
noch
in ihren heute erscheinenden Werken. (Tanja Becker, 01. 01. 2007) |
Business-To-Business
Nach wie vor herrscht bei vielen westlichen Firmen Unkenntnis oder
Misstrauen gegenüber der rumänischen
Abwicklungsmentalität. Um dem zu begegnen,
investieren Unternehmen verstärkt in die
Mehrsprachigkeit ihrer Mitarbeiter und bauen auf den direkten Kontakt zum
rumänischen Kunden.
(Irina Wolf, 01. 01. 2007) |
Zu Mircea Eliade
Die Debatte um die Verstrickung der führenden Köpfe des
Landes in
den Nationalsozialismus kam in Rumänien erst nach 1989
zustande: Die Säulenheiligen des nach der
Wende tief verunsicherten Staates gerieten ins Schussfeld der Kritik
im In- und Ausland,
darunter auch Mircea Eliade. Er starb
1986, ohne sich je öffentlich mit
den Schattenseiten seiner
Vergangenheit auseinandergesetzt zu haben.
Am Beispiel Eliades lassen sich heute die Zusammenhänge
zwischen bestimmten Formen
von Religiosität und politischem
Extremismus studieren. (Herwig Gottwald, 01. 01. 2007) |
Kopf, Herz und
Rückgrat
Die Tagebücher des rumänischen Schriftstellers Mihail Sebastian sind
atemberaubend dicht und von großer erzählerischer Qualität. (Catalin
Florescu, 01. 01.
2007) |
Hermannstadt: Das
Johannis-Prinzip
Schulen mit funktionierenden Heizungen. Beamte, die
nicht brüllen und fast so etwas
wie Kompetenz vermuten lassen. Gesunde
Stadtfinanzen und eine Arbeitslosenrate, die gegen null tendiert:
Hermannstadts Renaissance ist mit Händen zu greifen.
Es herrscht eine Atmosphäre des Aufbruchs.
(Boris Kalnoky, 01. 01. 2007) |
Nae Caranfil und der
rumänische Film
Dass der notorische Geldmangel der rumänischen Filmwirtschaft kein Hindernis
für gute Filme und beeindruckende Initiativen sein muss, zeigen zwei junge
einheimische Regisseure: Nae Caranfil und Tudor Giurgiu.
(Alexandra
Oşan, 01. 01. 2007) |
Ole Ole - Ceauşescu ade!
Ein kleiner, feiner rumänischer Film fühlt der
(post)revolutionären Befindlichkeit
der Rumänen auf den Zahn. (Kristina
Werndl, 01. 02.
2007) |
Annäherung an die Wirklichkeit
Die rumänische Literatur
befindet sich in Aufbruchstimmung.
Vor allem die jungen AutorInnen
zeigen durch ihren dynamischen Umgang mit Sprache
und Form, welches Potential in ihnen steckt. Vielfältig und komplex
sind aber auch ihre Themen. Wiederholt kommen hier die
Probleme, Obsessionen
und Ideen, aber auch die Träume und
Hoffnungen der zeitgenössischen Europäer
zum Ausdruck.
So kann man ihre Literatur als
rumänisch und
europäisch zugleich betrachten, als ein anderes Gesicht
unseres Europas und unseres Selbst...(Iulia
Dondorici, 01.
01. 2007) |
Heimweh
Feiertag im tiefen
Herbst – also kann ich den Tag genießen. Der Wind wirbelt die
verwelkten Blätter, Regentropfen klopfen an mein Fenster. In mein
Zimmer ist warm, die Kinder spielen nebenan und schmieden schon eine
"Weihnachtshölle".
Das ist bei uns schon Tradition, seit die Kinder im
Kindergartenalter den Spaß am Basteln entdeckt haben.
(Alina Greisinger, 01. 01. 2007) |
Die andere Hauptstadt
Obwohl in Hermannstadt nur noch 2.000 Deutsche wohnen, ist Sibiu bis
heute das inoffizielle Zentrum der deutschen Sprache und Kultur
geblieben. (Udo-Peter u. Tilman Wagner, 01. 01. 2007) |
Die Dracula-Legende
Der im siebenbürgischen Sighişoara/Schäßburg geborene Schriftsteller
Dieter Schlesak beleuchtet als intimer Kenner
der Orte in Siebenbürgen und der Geschichte
Siebenbürgens die wahren Hintergründe, die Fälschungen, aber
auch den tieferen Sinn des Dracula-Mythos. Er
berichtet über viele interessante Details, die von anderen
Berichten zum Thema "Dracula" gerne ignoriert werden und damit zu
einem
falschen Siebenbürgen-Bild in der Welt beitragen. (Dieter
Schlesak, 01. 01.
2007)
... |