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Süßer die Glocken nie klingen ...

… und lauter das Gezänk auch nicht. Alan Ayckbourn tritt in seinem Klassiker "Schöne
Bescherungen" den Beweis an, dass Weihnachten nichts mit jener Idylle gemein hat,
wie sie in den Festtagsliedern herbeigeträllert w
ird. (Volkstheater Wien)
 
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V
on Kristina Werndl
(08. 12. 2007)

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Kristina Werndl
kristina.werndl [at] gmail.com

ist Redakteurin des
Aurora-Magazins.





(c) Gabriela Brandenstein
 

 


(c) Gabriela Brandenstein

 



(c) Gabriela Brandenstein


Linktipp

www.volkstheater.at
 

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Theaterbesprechungen

   Allzu oft bleibt die erhoffte "schöne Bescherung" aus bzw. wird nur in ihrer Fratze, in der ironischen Lesart des Wortes sichtbar: Eine schöne Bescherung!

Ayckbourns Komödie lässt eine Handvoll mehr oder weniger beschädigter Existenzen (man könnte aber auch von working class people sprechen) große Gefühle erleben: Liebe, Liebesüberdruss, Verlangen und Ausbruchswillen. Die eingespielte häusliche Ordnung wird vom jungen Schriftsteller Clive (Till Firit) durchbrochen, den die ewige Jungfrau Rachel (bezaubernd: Claudia Sabitzer) ins Haus geholt hat – mit dem Ziel, die Ewigkeit ein wenig zu verkürzen.

Clive funkt allerorts dazwischen und stört die Saturiertheit des in Hassliebe gefangenen Gastgeberpaares (Susa Meyer, Günter Franzmeier) und den Televisions-Frieden des bis an die Zähne bewaffneten Opas (Rainer Frieb). Ein alternder Arzt, dem die Marionetten besser in der Hand liegen als die Spritzen (Marcello de Nardo), seine alkoholkranke Frau (großartig: Beatrice Frey) und eine schwangere Mutter (Heike Kretschmer) mit kindlichem Gemüt und infantilem Ehemann (Raphael von Bargen) komplettieren das skurrile Ensemble der in der Regie von Patrick Schlösser sehr zahm wirkenden Farce. Diese wandelt ein wenig in den Fußstapfen von "Arsen und Spitzenhäubchen", ohne freilich an dessen Komplexität anschließen zu können.

   Es ist eine brave, solide Inszenierung (Bühne: Etienne Pluss, Kostüme: Wiebke Meier), der allerdings der Schwung fehlt. Eine Straffung, vor allem in der zweiten Hälfte, hätte dem Stück gut getan, hätte es dynamisiert und damit näher an unsere Gegenwart mit ihrer fragmentierten Videoclip-Ästhetik herangerückt.

Zuweilen wirkt "Schöne Bescherungen" ein wenig angegraut und erinnert insofern an die englische Kult-Comedy "Fawlty Towers". So war das Lachen des Theaterpublikums über die behauptete Homosexualität des jungen Schriftstellers gewissermaßen ein historisches: Es besaß keine tatsächliche Aktualität mehr, da Homosexualität in unseren Breiten (solange nicht die eigenen Kinder bzw. Jörg Haider betroffen sind) weitgehend toleriert ist. Das Lachen galt dem Wissen, was "Homosexualität" unter sozialen Gesichtspunkten einmal bedeutet hat.

   Ein Trumpf der Aufführung sind die subtil herausgearbeiteten Figuren, die bei aller Überspitztheit doch soweit zugänglich sind, dass sich etwa bei den erfolglosen Annäherungsversuchen der couragierten Jungfrau an ihren Dichter echte Betroffenheit einstellt.

Während die lieben Kinderchen nach der Bescherung in ihren Betten schlafen und draußen der Schnee fällt, fällt drinnen ein Schuss. Leider bricht das Stück dann recht unvermittelt ab. Amüsant? In Maßen. Relevant? Dem Publikum hat’s gefallen.

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