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Neue Reiselust gen Osten
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Tourismus und Kulturpolitik in der Westukraine

Es bleibt zu hoffen, dass sich zahlreiche engagierte und mutige Menschen
finden, die auch der Grenzregion der südlichen Westukraine/Rumäniens eine Chance
geben, sich zu entwickeln und zu wachsen. Der Reichtum an Sehenswürdigkeiten
ist ein großer, den es zu entdecken und zu erleben gilt.

Von Brigitte Macaria
(01. 02. 2007)

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Dr. Brigitte Macaria bukowina@chello.at

geboren in Wels (OÖ). Lebt
in Wien und im Waldviertel. Studium der Medien- und Kulturwissenschaft an der Università di Bologna (D.A.M.S); Internationales Europarecht an der Cattolicà di Milano, Italianistik und Theaterwissenschaft an der Universität Wien.

Arbeitsgebiete

Konsulenz für interkulturelle und grenzüberschreitende Projekte (u.a. Tourismus-, Machbarkeitsstudie für historische Objekte, Regionalmangement); Networking, Projektmanagement; Eventorganisation in den Bereichen Kunst, Tanz, Theater, Festival; Archiv- und Internet- Recherchen (Genealogie und Forschungen in In- und Ausland);

Homepage
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www.m-m-creations.
com/bukowina


Linktipps
zur Grenzregion
Westukraine/Rumänien

www.eol-reisen.de

www.tet-ukraine.cv.ua

www.jct.ch

 

 


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Lemberg

 

 

Stichwort
"Lodomerien"
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Wolhynien (in österr.-ungar. Zeit auch Lodomerien) ist ein historisches Gebiet in der nordwestlichen Ukraine. Es wird im Westen vom Bug, im Osten vom Dnipro begrenzt. Nur ein Teil des historischen Wolhynien entspricht der heutigen Oblast Wolhynien als ukrainischer Verwaltungseinheit. Das historische Gebiet Wolhynien soll seinen Namen von der legendären, längst untergegangenen Stadt Wolin erhalten haben, die einst westlich des Bugs bei Wolodymyr-Wolynskyj lag und der Hauptsitz des slawischen Stammes Wolynana war. In österreichisch-ungarischer Zeit wurde der Name Wolodymyr zu "Lodomerien" eingedeutscht.

 

 

Linktipp
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"Weltverlorene
Schönheit der Ukraine
",
von Iris Radisch (ZEIT).

 

 


Buchtipp


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Ania Klijanienko.
Lemberg entdecken. Streifzüge durch das kulturelle Zentrum der Westukraine.
Trescher Verlag, 2005, 304 S.
ISBN: 978-3-89794-062-8

 

 

 


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Bukowina
(rot: Rumänien; gelb:
Ukraine)

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Die Bukowina ist eine historische Landschaft in Südosteuropa. Die nördliche Hälfte gehört zur Ukraine und ist Teil der Oblast Czernowitz. Die südliche Hälfte gehört zu Rumänien und ist Teil der Bezirke Suceava und Botoşani. Hier liegt auch der Archipel der Moldauklöster, der zum Unesco- Weltkulturerbe zählt. Die Bukowina sowie das östlich davon liegende Bessarabien sind ein Teil der historischen Region Moldau. Nordwestlich davon liegt Galizien, im Südwesten grenzt es an Siebenbürgen. (Quelle: Wikipedia).

 

 

 


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Helmut Braun.
Czernowitz. Die Geschichte einer untergegangenen Kulturmetropole.
Links-Verlag, 2005, 181 S.
ISBN: 978-3861533740

 

 

 

 


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Iwano-Frankiwsk
(Altes Rathaus)

 

 

 

 

 
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Stadtteater Czernowitz
(erbaut 1905)

 

 

 

 


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Moldaukloster Voronet

 

 

 

 

 


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Alter jüdischer Friedhof
in Sadagora

Sagadora ist das osteuropäische chassidische Zentrum des Wunderrabbis Friedman – der auch "der Lubawitscher" oder der "Rushiner" genannt wurde.

 

 

 

 

 


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Wehrsynagoge Zhovkva

    Sehr bald nach dem Fall des Eisernen Vorhanges wurde für europäische, vor allem aber für außereuropäische, besonders US-amerikanische und japanische Touristen, der Besuch des Städtedreiecks Wien-Budapest-Prag zu einer beliebten Reiseroute. In den letzten Jahren erweiterte sich dieses Dreieck für viele um die polnische Stadt Krakau, deren kultureller Reichtum das zentraleuropäische Mosaik um einige interessante Facetten erweitert und abrundet. Dem vorausgegangen waren enorme Anstrengungen zur Renovierung und Modernisierung der alten Residenzstadt der polnischen Könige. Dass in derselben historischen Region, jedoch von Krakau durch eine Staatsgrenze getrennt, eine weitere Stadt mit ähnlicher kultureller Bedeutung liegt, blieb vielen Touristen zwar vielleicht nicht verborgen, war jedoch wegen der lange Zeit schlechteren Erreichbarkeit meist nicht konkret erfahrbar. Die Rede ist hierbei von der alten Hauptstadt des ehemaligen K&K Kronlandes "Königreich Galizien und Lodomerien" – Lemberg.


Lemberg: Alte Handelsstadt und UNESCO-Weltkulturerbe

     Lemberg und ihre touristischen Reichtümer laden in den letzten Jahren vor allem kulturhistorisch interessierte Reisende (beziehungsweise Personengruppen mit biografischen Bezugspunkten zu dieser Region) zunehmend zu einer vielfältigen Entdeckungstour ein:

Lemberg (poln.: Lwów, ukr.: L´viv), jene Stadt, die anlässlich ihrer Grundsteinlegung durch Fürst Danylo Halytskyj im Herbst 2006 ihr 750-jähriges Jubiläumsfest feierte, liegt an den Schnittlinien verschiedener Herrschaftsräume und Sprachen. Dieser Diamant Osteuropas ist in vielerlei Hinsicht eine wahre Schatzkammer, die sich vor Vergleichen mit Krakau, Prag, Wien oder Budapest nicht zu scheuen braucht. Lemberg ist mit seinen über 2000 historischen, architektonischen und kulturellen Denkmälern ein Museum unter freiem Himmel. Der Stadtkern, welchem 1998 von der UNESCO der Weltkulturerbe-Status verliehen wurde, stammt aus der frühen Neuzeit und birgt vor allem Schätze aus der Renaissance und dem Barock. Neben den Kirchen und Bürgerhäusern der ehemals reichen Handelsstadt, am Kreuzungspunkt von Verkehrswegen zwischen Ostsee, Mittelmeer und Schwarzem Meer, besitzt die Stadt über 20 nennenswerte Museen, welche über die Ukraine hinaus von Bedeutung sind.

    An erster Stelle steht zweifellos die Lemberger "Gemäldegalerie". Diese kann seit 2004 – neben dem bisherigen Ausstellungsgebäude in der Stefanyk-Straße – auch im ehemaligen Stadtpalais der Fürsten Potocki einen Teil ihrer Schätze präsentieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Renaissance und Barock.

Der mit 44 historisch bedeutenden Gebäuden eingefasste historische Marktplatz (Rynok) präsentiert sich in einer farbenprächtig restaurierten Fassadenfront aus Renaissance- und üppigen Barockbauwerken. Ebenfalls am Hauptplatz liegt das großzügig dimensionierte Apothekenmuseum; dieses zeigt mehrgeschossig das alchimistisch anmutende Schaffen und Tun der Pharmazeuten der letzten Jahrhunderte. Auch heute findet sich ein aktiver Apothekenbetrieb in diesem Gebäude.


Von der letzten Ruhestätte zum Museum

  Der Lyčakivs'ke-Friedhof erzählt in teilweite prunkvollen Grabmonumenten dem Besucher von seinen österreichischen, deutschen, polnischen und ukrainischen Dauergästen. Der große ukrainische Schriftsteller Ivan Franko fand hier ebenfalls in einem Ehrengrab seine letzte Ruhestätte. Von der Grundsteinlegung im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis heute wurden über 300.000 Gräber, Grabplatten und Gruftinschriften angelegt, die dem Besucher von einer bewegten Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner erzählen. Dieser historisch bedeutende Friedhof gilt zu Recht als einer der sehenswertesten und ältesten Europas. Die kunstvollen Steinmetz- und Bildhauerarbeiten vermitteln Museumscharakter; zudem werden seit 1975 nur mehr in absoluten Ausnahmefällen Beisetzungen verzeichnet. Seit 1991 hat dieses Areal Museumsstatus erlangt.


Das Freilichtmuseum im "Kaiserwald"

   Unweit des Friedhofes findet sich eine vergleichsweise lebensbejahende erwandernswerte Sehenswürdigkeit Lembergs: Das weitläufige Museum für Volksarchitektur und Lebensweise liegt im waldig-hügeligen Areal des alten Kaiserwaldes, heute Ševčenko- Wäldchen genannt. In Erinnerung an einen Besuch des Kaisers im Jahre 1780 war seinerzeit die Bezeichnung "Kaiserwald" geprägt worden; interessanterweise wird diese altösterreichische Benennung von vielen Lembergern immer noch verstanden.

Inmitten dieses bewaldeten Areals liegt nun das großzügig angelegte Freilichtmuseum: Über 120 meist aus Holz gefertigte Gebäude – Bauernhäuser, Stallungen, Mühlen, Holzkirchen, ein Schulhaus und Taubenhäuser aus der gesamten westukrainischen Region – werden auf 50 ha Fläche gezeigt. Besondere Beachtung verdienen die Bauten der Karpatenregion, namentlich jene der Bojken, Lemken und Huzulen, da sie vor dem endgültigen Entschwinden zumindest in Museumskreisen bewahrt werden können. Die ältesten Objekte reichen bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück und ein Großteil ist für den Besucher geöffnet und präsentiert rustikales Interieur. Viele der Hausgärten werden aktiv betreut, dadurch entsteht ein besonders lebhaftes Flair für den Besucher.


Möglichkeiten des organisierten Tourismus in Lemberg

   Den Individualreisenden ohne ausreichende kyrillische Sprachkenntnisse kommen die ortsansässigen Produzenten ausgezeichneter Informationsmaterialien entsprechend entgegen. Meist sind die Informationsbroschüren, Bücher und Stadtpläne in englischer oder sogar deutscher Sprache abgefasst und können in den städtischen Museen im Zentrum erworben werden. Sogar ein Informationsbüro besteht seit einigen Jahren, wenngleich es von seinem ursprünglichen zentralen Platz im Rathaus zur etwas weniger frequentierten Stelle im äußeren Bereich der Stadtmauer ausweichen musste. Derzeit ist das Tourismusbüro eine private Institution mit durchaus westlichen Qualitätsansprüchen. Die internationalen Sprachkenntnisse der freundlichen Mitarbeiter sind sehr erfreulich.


Eine nachwirkende multikulturelle Vergangenheit

    Im architektonischen Erbe allein liegt nicht das ganze Geheimnis der Attraktivität von Lemberg. Es ist seine kulturelle Vielfalt – sichtbar in den verschiedenen Sprachen und Religionen der Bewohner dieser Stadt – welche schon in der Vergangenheit Verbindungen zu verschiedenen Teilen Europas hergestellt hat. So spielt die Stadt nicht nur in der ukrainischen, sondern auch in der polnischen, österreichischen sowie in der sowjetischen Geschichte eine bedeutende Rolle. Daraus resultiert das besondere Interesse von Ukrainern, Russen, Polen, Österreichern und damit auch des gesamten deutschsprachigen Raums für die ehemals östlichste Region der K&K-Donaumonarchie.

So erfreut sich etwa die im Norden der Altstadt gelegene "Österreich-Bibliothek" großer Beliebtheit. Dort werden deutschsprachige Filme im Originalton gezeigt, Fachbücher sowie Belletristik eifrig verborgt und ein reger kultureller Austausch zwischen Lembergern und deutschsprachigen Personen vor Ort gepflegt. Weiters findet sich der verlängerte Arm der Österreich-Kooperation in einem Institutsraum des Obergeschoßes der Lemberger Universität. Die größte Buchmesse der Ukraine findet ebenfalls in Lemberg statt. Apropos Bücher: Das "Lemberger Buchforum" bietet über 700 Verlagen die Möglichkeit, sich einer Besucherschaft von über 60.000 Interessenten zu präsentieren.

  Die Überschneidungen von unterschiedlichen Kulturen und Religionen während der vergangenen Jahrhunderte in der Westukraine sind den meisten Landesinteressierten vor allem aus der Literatur bekannt. Galizien und die Bukowina waren ja ein umfassender religiöser und linguistischer "melting pot".

Der jüdische Anteil an der Geschichte Lembergs und der Westukraine ist auch für weniger involvierte Beobachter unübersehbar.

Die Städte Czernowitz, Ivano-Frankivs’k (zur Zeit der Donaumonarchie "Stanislau" benannt), Čortkiw sowie Kolomea bieten bildungsinteressierten Reisenden die Möglichkeit, sich verschiedene Kulturen zu erschließen und den Lebenswelten berühmter Persönlichkeiten wie Rose Ausländer, Paul Celan, Wasilj Stefanyk, Karl Emil Franzos, Bruno Schultz, Mihai Eminescu und vieler anderer nachzuspüren. Von großer Attraktivität für den kultur- und bildungsinteressierten Touristen sind auch die volkskulturell nennenswerten Besonderheiten der Westukraine.


Hoffnungsträger UNESCO?

    Wie die erfolgreichen Bemühungen um die Aufnahme der Altstadt von Lemberg in das UNESCO-Weltkulturerbe-Verzeichnis und die diesbezüglich laufenden Bemühungen von Czernowitz zeigen, sind sich die Verantwortlichen der Bedeutung des kulturellen Erbes bewusst. Darauf weisen auch die konkreten Schritte zur Revitalisierung der alten Adelsschlösser im Umkreis von Lemberg hin: Während das Schloss Oles’ko bereits in der sowjetischen Periode für Ausstellungen genutzt wurde, sollen nun weitere Schlösser revitalisiert und als touristisches Gesamtpaket entsprechend beworben werden.

Von einem ähnlichen Wunsch, sich in kulturpolitischem Weitblick zu üben, zeugt die partielle Neugestaltung des Volkskundemuseums von Kolomea. Dieses im Kernland der Huzulenkultur gelegene Städtchen befindet sich im südlichen Karpatenbogen unweit der rumänischen Grenze.

   Die Karpaten und die ihnen westlich und östlich vorgelagerten Landschaften sind äußerst reizvoll und gut für den klassischen Erholungs- und Wandertourismus geeignet. Die Region bietet zahlreiche Möglichkeiten für Winter- und Sommersport. Alteingesessene Thermalkurorte wie Truskavec’ oder Moršin stehen ganzjährig in Betrieb und hatten ihre Grundsteinlegung bereits im 19. Jahrhundert. Die Einrichtungen des Sport- und Erholungstourismus sprechen in erster Linie Gäste aus der Ukraine und den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken an. Langfristig gesehen sollen aber auch Gäste aus dem Westen für die Karpatenregion interessiert werden.

Eine der ersten Studien bezüglich des touristischen und kulturellen Potenzials der Karpatenregion wurde bereits 1999 gemeinsam mit Projektpartnern aus dem EU-Raum abgewickelt. (Es folgten auch weitere theoretische Studien). Der im Folgenden näher bezeichnete touristische Marktauftritt der fünf Karpatenregionen ist das Resultat aus einer Studie der neunziger Jahre mit einem irländischen Projektpartner:


Theorie und Praxis einer Tourismusstudie
"Euro-Region" – bald mehr als ein Begriff?

   Die aktuelle Entwicklungspolitik der Westukraine steht in Zusammenhang dieser Tourismusstudie. Dabei wurden zwölf mögliche weitere touristische Vorgehensweisen erarbeitet. Kernziel war dabei auch die Verbesserung der Ausbildungsmöglichkeiten des touristisch orientierten Managements vor Ort. Mit dem Überbegriff "Euro-Region" werden verschiedene länderübergreifende Interessen und Projekte formuliert. Diese Region umfasst alle Länder, die an den Karpaten geografisch Anteil haben. In der hierarchisch untergeordneten "Mikro-Karpaten-Region" sind die fünf im Folgenden näher beschriebenen westukrainischen Gebiete zusammengefasst. Ihre Koordinierung erfolgt durch den "Karpatenrat" in Iwano Frankiwsk.


Der Versuch eines gemeinsamen Marktauftrittes der fünf westukrainischen Verwaltungsgebiete der "Karpatenregion"

    Als erste Ansätze einer gebietsübergreifenden Tourismusförderung treten die fünf Verwaltungsgebiete Lemberg, Ivano-Frankivs’k, Užhorod, Ternopil’ und Czernowitz unter der Marke "Karpatenregion" gemeinsam auf. Der geschlossene Auftritt bei namhaften Tourismusmessen im In- und Ausland vermittelt bereits eine gute Idee, wie vernetzt angedachter Sport- und Bildungstourismus künftig aussehen könnte. Die gesamte Region ist auch für das Nischenprodukt "Grüner Tourismus" bestens geeignet. Am ehesten ist dies vergleichbar mit den deutschsprachigen, zunehmend beliebter werdenden Begriffen "Erlebnisurlaub am Land" und "Urlaub am Bauernhof". In Ivano-Frankivs’k entschloss man sich daher, eine gemeinsame touristische Anlauf- und Koordinationsstelle einzurichten.

Dieser gemeinsame Marktauftritt – mit Unterlagen in englischer Sprache – darf als erster relevanter Schritt gesehen werden, auch einem des Kyrillischen unkundigen Publikum die Region der Westukraine besser erschließbar zu machen.

Eine objektive Beurteilung des Entwicklungsstandes der westukrainischen Tourismuswirtschaft ist unverändert schwierig einzustufen: Die Bewertungsparameter für Erfolg und Misserfolg gilt es mittel- und langfristig vor Ort zu erarbeiten.


Erkennen und Beleben des kulturellen Potenzials

    Im Umland von Lemberg finden sich die sehenswerten, historisch bedeutenden Schlossanlagen Oles’ko, Žovkva, Svirž und Pidhirci. Das Städtchen Žovkva beispielsweise bietet dem achtsamen und interessierten Besucher eine baulich äußerst interessante Palette: Ein Klosterkomplex, heute von einer polnischen Nonnenschaft geführt, eine wunderschöne Holzkirche mit beachtlichen Ikonen und die einzige Wehrsynagoge der Region finden sich allesamt in dem kleinen Städtchen. Die einstmalige Bedeutung des kleinen, heute ins Lemberger Hinterland abgerückten Ortes lässt sich heute nur mehr partiell erahnen.

Die imposante Burganlage von Mukačevo liegt bereits im Verwaltungsgebiet von Užhorod, das ist jene Region, die am nächsten zur ungarischen Grenze liegt.

Um bei einem monumentalen Festungsbau in der Czernowitzer Oblast zu verweilen, sei die sehenswerte imposante Festungsstadt Chotyn hier genannt. Sie findet sich eine gute Autostunde nordöstlich von Czernowitz. Diese Festungsanlage liegt am Dnister und lag bereits im 12. Jahrhundert an einem bedeutenden Handelsweg. Die Burganlage war Mitte des 17. Jahrhunderts auch die letzte Bastion gegen die Türken. Sie konnte nur dank eines Zusammenschlusses der geeinten slawischen Armee gehalten werden.

Diese Sehenswürdigkeiten sind trotz der eher mäßig ausgebauten Straßenverbindungen in einer mehrtägigen Reise durchaus erreichbar und zu besichtigen. Für Individualreisende ist die Orientierung durch die ausnahmslos kyrillische Hinweis- und Straßenbeschilderung dennoch unverändert schwierig.

Einige kleinere Reisebüros in Deutschland und der Schweiz bieten Reisen für Kleingruppen sowie Individualtouristen in die Westukraine an, die sich durchaus eines wachsenden Interesses erfreuen dürften. Positiv fällt auch das wachsende Interesse der Ukrainer dabei auf: Mit dem Anbot von Privatquartieren – vor allem in den Ski- und Wanderregionen – will man den westlichen Tourismusinteressen entgegenkommen. Im Gegensatz dazu wirken die klotzartigen Hotelkästen der Sowjetzeit auf westlich orientierte Reisende einfach wenig einladend. Deshalb wird auch die Idee, mit örtlichen Gepflogenheiten sowie Land und Leuten in direkten Kontakt zu treten, zunehmend geschätzt.

 

 

 

 

Ein Umdenkprozess vor Ort ist unumgänglich

 


Touristische Entwicklungen in Theorie und Praxis

    Westliche Beobachter mögen bald erkennen, dass die touristischen Möglichkeiten vor Ort bei Weitem nicht bestmöglichst erkannt und genutzt werden. Es stimmt, dass manche Veränderungen, wie die Koordinierung des Marktauftrittes der fünf Verwaltungsgebiete, auch mit Hilfe von EU-Mitteln realisiert worden sind. Die Konditionen für die Teilnahme an EU-gestützten Projekten sind häufig sehr kompliziert und lassen auch investitionsfreudige und engagierte Tourismusfachleute vor Ort immer wieder zurückschrecken. Um eine spätere handfeste, weil sichtbare Umsetzung der angedachten Projekte zu sichern, wird jedoch ein Umdenkprozess vor Ort unumgänglich sein. Dabei geht es nicht darum, theoretische Maßnahmenpapiere am laufenden Bande zu produzieren, sondern durch engagiertes Erkennen der einzelnen Fachinstitute, Tourismus-Departments an Fachhochschulen und Universitäten entsprechend zukunftsorientiert zu agieren.

Der chronische Kapitalmangel und die häufig fehlenden Perspektiven der Menschen vor Ort sind sehr starke Bremsmechanismen, die so manches theoretisch wohlklingende Tourismuspapier nicht in die Praxis umsetzen lassen. Diese Umsetzungsblockaden beruhen mitunter wohl auch auf dem mangelhaften Wissen über vorhandene Ressourcen und deren Bedeutung im nationalen und internationalen Rahmen.

 

 

 

Wieviele Touristen?

 

 

 

 

 

 

 

 

Interesse an ausländischen Tourismus- und Kulturfachbetrieben

 


Lücken in der touristischen Basisarbeit

    Neben der mangelhaften Datenlage hinsichtlich der Touristenzahlen besteht ein weiteres Grundproblem im Fehlen tatsächlicher Feldforschungen. Das bedeutet konkret das Erfassen der tatsächlichen Möglichkeiten und Wünsche bezüglich der Weiterentwicklung in kulturellen und touristischen Belangen der einzubindenden Bevölkerung vor Ort. Hierfür gilt es eine seriöse Arbeitsgrundlage zu schaffen. Eine zukunftsorientierte Planung kann nur gemeinsam mit den Menschen vor Ort stattfinden, die von Entwicklungen und Veränderungen ja auch betroffen sind und davon profitieren sollen.

Die Schätzungen der Besucherströme aus dem In- und Ausland sind eben Schätzungen, die nicht unbedingt der realen Situation entsprechen. In Lemberg gibt es beispielsweise Angaben über jährliche Besucherzahlen von etwa 120.000 Personen; davon sollen 20.000 Reisende aus dem Ausland sein. Woher diese Besucher kommen, bleibt bereits wieder offen. Dass die realen Daten von Tourismus-Insidern etwa zwanzigmal höher eingeschätzt werden, hilft nicht wirklich weiter.

Eine Bedarfserhebung hinsichtlich der Reiseentwicklung in Czernowitz sieht noch diffuser aus. Das Czernowitzer Management & Tourismus-Institut ist eingegliedert in das Institut für Handel und Wirtschaft. Es ist mit einer österreichischen Fachhochschulstruktur annähernd vergleichbar. Der engagierte Lehrgangsleiter ist durchaus an Kooperationen mit ausländischen Tourismus- und Kultur- Fachbetrieben interessiert. Die Einbindung der Studierenden in konkrete wissenschaftliche Rechercheprojekte, Machbarkeits-Studien (Feasibility studies) und die Unterstützung bei der schrittweisen Umsetzung der daraus resultierenden Ergebnisse vor Ort sollte dabei ein zukunftsweisender Parameter sein.

  Einem Kooperationsversuch zwischen der Tourismus-Fachhochschule "Modul" (Wien), einer Tourismusfachschule in Stralsund (Norddeutschland) und dem Tourismusinstitut in Czernowitz wurde leider vor wenigen Jahren kein bürokratisches grünes Licht seitens eines zukunftsweisenden vernetzenden EU-finanzgestützten Lehrplankonzeptes gegeben.

An konkreten Kooperationsschritten wurde die letzten beiden Jahre auch seitens der Kultur-Konzeptionisten von "Kultur & Tourismus Management" gearbeitet. Diese interkulturell agierende und kulturvernetzende Firma mit Sitz in Wien ist eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus Personen des ukrainischen und österreichischen Kulturkreises, die ein besseres Kulturverständis entwickeln will.

Eine weitere Initiative bietet die Plattform "Freunde der Bukowina". Sie versteht sich als Drehscheibe eines breit angedachten Networkings und wurde 2006 in Österreich begründet. Sie will Anlaufstelle sein für nationale und internationale Institute und Bildungsträger, Einzelinitiativen, Vereine und Stiftungen, die im wissenschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Sinne die Kulturlandschaft Bukowina als eine Region mit vielschichtigem Potenzial erkennen und sich einbringen möchten.

 

Czernowitz hat hinsichtlich seiner Infrastruktur, der internationalen Erreichbarkeit und seiner Positionierung in Unesco-Kreisen gegenüber Lemberg noch großen Aufholbedarf

 

 

 

 

 

Seit Jahrzehnten dem Verfall preisgegeben: Sadagora

 

 

 

 

 

 

 

Die Bukowina: Von den Habsburgern als territoriale Einheit geschaffen

 

 

 

 

 

 

 

Die Gebietshauptstadt der Südbukowina, Suceava, wird von Reisenden gerne als Ausgangspunkt für die Besichtigung der prächtigen freskenreichen  Moldauklöster ausgewählt

 

 

 

 

 

 

 

 

Grenzlandschaften erlebbar machen

 


Konkrete Chancen in der Nordbukowina – Czernowitz

    Die Stadt Czernowitz (rum. Cernăuţi, ukr.: Černivci) hat hinsichtlich ihrer Infrastruktur, der internationalen Erreichbarkeit und ihrer Positionierung in UNESCO-Kreisen gegenüber Lemberg noch großen Aufholbedarf. In zahlreichen innerstädtischen Altstadtgassen wurden auf Initiative der Stadtverwaltung hin in den letzten Jahren verstärkt zahlreiche Restaurierungen vorgenommen. Beispielsweise wich an vielen Bürgersteigen wackeliges Kopfsteinpflaster den optisch bedingt ansprechenden, doch durchaus gut begehbaren Asphaltplatten-Lösungen.

Das Fundament der Stadt Czernowitz ist durch die Lössbasis kein besonders stabiles; die Restaurierungsarbeiten werden durch die aufsteigende Feuchtigkeit nicht eben begünstigt. Anlässlich der allherbstlich stattfindenden Stadtfeste werden eifrig Fassadenübermalungen und frontseitig gelegene Restaurierungen an öffentlichen Gebäuden und Privathäusern vorgenommen. Tatsächlich gibt es in Czernowitz einen schier unendlichen Aufholbedarf an restaurierungsbedürftigen Objekten.

Das im Norden der Stadt gelegene, ehemals weit über die Grenzen der Bukowina hinaus bekannte osteuropäische chassidische Zentrum des Wunderrabbis Friedman – der auch "der Lubawitscher" oder der "Ruschiner" genannt wird –, befindet sich in einem kleinen Ort namens Sadagora und ist seit Jahrzehnten dem Verfall preisgegeben.

Nach Erbstreitigkeiten mit den heute in Amerika und Israel lebenden Nachkommen der Friedmann-Dynastie scheint der Verfall des zwischenzeitlich als Metallfarbenfabrik genutzten Gemäuers unaufhaltsam. Dabei wurde in den frühen neunziger Jahren bereits die Idee eines "Schtetl-Tourismus" rund um das Friedmann'sche Monumentalgebäude angedacht. Die Bedenken gegen eine Art "Disneyland in Sadagora" waren bislang allerdings unbegründet.

Der beeindruckende alte jüdische Friedhof mit seinen kunstvollen Steinornamenten, der großflächiger wirkt als der Ortskern von Sadagora selbst, ist dafür unverändert ein großer Besuchermagnet geblieben. Die mitunter zwischen den Grabsteinen herumstreifenden Ziegen und Schafe vermitteln ein recht eindrucksvolles Bild davon, wie es aussieht, wenn die Natur sich stückweise eine sakrale Stätte zurückzuerobern versucht.


Die Trennung des historisch gewachsenen "Buchenlandes" in Nord- und Südbukowina

    Die bislang definitive politische Trennung dieser einst gewachsenen Kulturlandschaft erfolgte im Juni 1940. Seit der Besetzung durch die Sowjetarmee in diesem Jahr ist die kulturell und historisch entstandene Struktur der Bukowina zweigeteilt geblieben. Die rote Armee marschierte in die Nordbukowina mit Czernowitz ein. Somit war das Ende des "Buchenlandes", das als territoriale Einheit unter den Habsburgern geschaffen worden war, mit Unterbrechung (in den Jahren 1941-1944) durch die international anerkannte und bis heute geltende Grenze zwischen Rumänien und Ukraine besiegelt.

Die Befreiung vom rumänischen Staatsnationalismus durch das bolschewistische Regime führte in der Nordbukowina zu einer Sowjetisierung durch die Sowjetmacht – und in der Folge zu einem totalen Bruch in der wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Lebensweise. (Dies betraf auch die Region Bessarabien, der heutigen Republik Moldau).

Der südliche Teil des Buchenlandes, die "Südbukowina", findet sich heute in Nordrumänien und ist über den landschaftlich reizvollen Pass Siret von Czernowitz kommend zu passieren. Die Gebietshauptstadt der Südbukowina, Suceava, wird von Reisenden gerne als Ausgangspunkt für die Besichtigung der prächtigen, an Freskenreichtum unübertroffenen Moldauklöster ausgewählt. Die bekanntesten sowie historisch bedeutsamen Objekte dieser Landschaft sind heute zweifelsohne die Moldauklöster. Zahlreiche von ihnen stehen heute bereits unter UNESCO-Denkmalschutz und werden auch von internationalen Reisegruppen eifrig besucht. Selbst Pilgergruppen können in den größeren Klosteranlagen Herberge gegen ein kleines Salär beziehen.

   Die Hoffnung auf Länder überschreitende Kultur- und Themenwege, die den Reisenden und Erkundenden einen neuen Kulturraum besser zu erschließen helfen, soll einer der zukunftsorientierten Mosaiksteine einer bereisbaren und einladenden Grenzregion sein. Gerade in den grenznahen östlichen und nördlichen Teilen Österreichs, die ja zur Zeit vor der Grenzöffnung innerhalb Europas lange Zeit als wirtschaftlich wenig attraktiv galten, gibt es mittlerweile zahlreiche Themenwege in Grenzlandschaften, die auch auf Naturparkebene Grenzland erlebbar und interessant machen. So bleibt zu hoffen, dass sich zahlreiche engagierte und mutige Menschen finden, die auch der Grenzregion der südlichen Westukraine eine Chance geben, sich zu entwickeln und zu wachsen!

Der Reichtum an Sehenswürdigkeiten ist ein großer, den es zu entdecken, zu unterstützen und zu erleben gilt!

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