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Alles wahr und alles nur geträumt
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Mircea Cartarescus kunstvolle Prosa lädt uns ein zum Traumwandeln ins Bukarest der
geheimnisvollen Villen, der verräucherten Keller und verwahrlosten Neubauviertel.


Von Tanja Becker
(01. 01. 2007)

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Tanja Becker
tanja_ursula_becker
@yahoo.de

studierte Deutsch und Französich für das Lehramt an Gymnasien in Erlangen und Augsburg, DEA in Lettres Modernes an der Sorbonne (Paris IV), zweijährige Tätigkeit als Deutschassistentin in Frankreich, 1997-2003 DAAD-Lektorin an der Politehnica-Universität Temeswar, ab 2003 Privatdozentin, Übersetzerin. Forschungen im Bereich Komparatistik, Aufsätze zur germanistischen Forschung und Lehre.


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Mircea Cartarescu.
Nostalgia.

Volk und Welt, 1997.
ISBN:
3353010947

   Rumänische Gegenwartsliteratur ist kaum in deutscher Übersetzung vorhanden. Um so interessanter ist der 1997 in deutscher Sprache erschienene Roman "Nostalgia" von dem in Rumänien gefeierten Mircea Cartarescu. Cartarescu wurde 1956 in Bukarest geboren, studierte rumänische Sprache und Literatur an der Bukarester Universität und arbeitete danach als Lehrer. Inzwischen ist er Universitätsdozent. Zwischen 1978 und 1985 veröffentlichte er mehrere Gedichtbände. 1989 erschien sein Prosaband "Visul" (Der Traum), der allerdings von der Zensur um wesentliche Passagen gekürzt worden war. Unter dem Titel "Nostalgia" legte er das Buch 1993 noch einmal in vollständiger Fassung vor. Es wurde ebenso wie der 1994 entstanden Roman "Travestie" in Rumänien preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt.

In "Nostalgia" ist alles wahr und alles nur geträumt – Cartarescus kunstvolle Prosa lädt uns zum Traumwandeln ins Bukarest der geheimnisvollen Villen, der verräucherten Keller, der verwahrlosten Neubauviertel. Dort begegnen wir einem Spielsüchtigen, der wieder und wieder das Schicksal im russischen Roulette herausfordert – schließlich hat er sechs Patronen im Revolver. Die beiden ebenso verklemmten wie narzisstischen Gymnasiasten Andrei und Gina verwandeln sich irgendwann in den jeweils anderen. Ihre erste Liebesnacht haben sie ausgerechnet ins Naturkundemuseum verlegt. Ein geheimnisvoller Knabe, Mendelibus genannt, wird Anführer einer Kindergang und entwickelt wundersame Einsichten: "Es gibt vier Arten von Menschen. Die Ungeborenen, die Lebenden, die Gestorbenen und diejenigen, die weder geboren, noch am Leben noch gestorben sind – das sind die Sterne."

    Cartarescu, der sich selbst einmal ironisch den Nationalpreis "für die vollendete Beherrschung einer ausdrucksreichen Sprache" zuerkannt hat, lässt uns immer wieder die Spur eines Schriftstellers kreuzen, der listig sein Spiel mit Tanz und Statik, Licht und Schatten, Transparenz und Verhüllung treibt: "Soll sich jeder vorstellen, was er will. Finde jeder für diesen spiegelverhüllenden Text, diese Textur, Textile, diese Plane, die nur dann gelungen ist, wenn man nicht durch sie hindurch sehen kann, die Begründungen, die Deutungen, die ihm passen."

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