Ein verlassenes Wohnzimmer,
düsteres Licht wirft lange, gespenstische Schatten, vor dem Fenster winkt
drohend ein kahler Ast – schon beim Anblick der Bühne fühlt man sich wie in
einem Horrorfilm. "Hier wird etwas geschehen" ist der
erste Gedanke in der gruseligen Atmosphäre. Doch dann geht das Licht an und
die unheimliche Geistervilla präsentiert sich als knallbuntes Puppenhaus,
das schon jetzt ein wenig an die Irrenanstalt erinnert, in der die
ProtagonistInnen am Ende landen.
Dieser Kontrast zwischen
Gruselfilm-Szenen und schriller Fröhlichkeit prägt die gesamte Inszenierung
von Joseph Kesselrings Komödie "Arsen und
Spitzenhäubchen" durch Regisseur Frank Hellmund. Zwei alte Damen sitzen
beim Kaffeekränzchen und bringen dabei mit Hilfe eines köstlichen
Giftcocktails einsame Männer unter die Erde – genauer gesagt
in
die Erde in ihrem eigenen Keller, wo Neffe Teddy, der sich für
Präsident Roosevelt hält, schon die Gräber ausgehoben hat. Verbrecher
schleichen durch das Haus, unter ihnen Jonathan, ein weiterer Verwandter, der
nach einer misslungenen Gesichtsoperation aussieht wie Frankensteins Monster.
Die Fensterbank wird zum Zwischenlager für mehrere Leichen und am Ende
laufen alle dreizehn ermordeten Herren als Zombies über die Bühne. Sogar die
musikalische Untermalung gibt diese amüsante Horrorstimmung perfekt wieder
und schafft es, heitere Melodien mit unheimlichen
Untertönen zu vermischen.
Das einzige
"normale" Familienmitglied ist Theaterkritiker Mortimer, der jedoch
im Laufe der Handlung mit den zunehmenden Morden in seiner Familie immer
mehr die Nerven verliert, was Torsten Hermentin ausgesprochen amüsant
darstellt. Die Leistung des Ensembles ist dabei als Ganzes durchaus
beachtlich. Besonders Gerhard Peilstein als Mörder Jonathan überzeugt trotz
der dicken Make-up-Schicht, die sein Gesicht entstellte, mit seiner
verrückten Mimik; er sorgte ständig für Gelächter.
Julia Gschnitzer und Hanne
Rohrer spielten als wohltätige, aber listige alte Ladys perfekt zusammen.
Vor allem Gschnitzer beeindruckte in ihrer Rolle als schrullige Tante, die
zwar die ganze Zeit über ausgesprochen liebenswürdig war, sich aber ständig
die Hände rieb, was ihr einen Hauch von Wahnsinn verlieh. Wenn sie im
süßesten Tonfall von ihren Morden sprach, als wäre es das Normalste auf der
Welt, und schmollte, weil ihr Neffe ihr verboten hatte,
noch weitere Herren mit ihren hochprozentigen Getränken zu beglücken, konnte
niemand im Publikum mehr ernst bleiben. "Endlich
kann man auch im Landestheater einmal lachen", lautete das enthusiastische
Urteil eines Theatergastes, und Humorvolles gab es wirklich im Überfluss.
Kaum eine Sekunde verging, in der nichts Witziges oder bitterbös
Sarkastisches zu hören war.
Schade nur, dass Frank
Hellmund nicht den Versuch unternahm, das Stück zu modernisieren oder einen
aktuellen Zugang dazu zu finden. Die originalgetreue
Aufführung war zwar unterhaltsam, schöpfte das vorhandene Potenzial
jedoch bei Weitem nicht aus. Ebenso fehlten Versuche,
der doch sehr locker-leichten Handlung Tiefgründigkeit zu
verleihen. Gerade die Sterbehilfe-Aktion "Näher zu
Gott", bei der die beiden Tanten im Glauben eine gute Tat zu tun einen jeden
umbringen, der keine Familie mehr hat, sodass er nicht mehr allein sein
muss, hätte dafür doch einige Anschlusspunkte bereitgestellt.
Kleine Details, die doch
ein wenig zum Nachdenken anregten, bot allerdings das Bühnenbild, das mit
Sorgfalt gestaltet war. So befand sich über den Köpfen der
SchauspielerInnen ein kleiner Engel, umgeben von runden Leuchtkugeln, die die
Seelen der Verstorbenen symbolisierten. Doch obwohl der Gifttrunk die
einsamen Alten dem Himmel näherbringen sollte, sah es eher so aus, als
wollte sich der Engel mit seiner ausgestreckten Hand
am liebsten hinabstürzen. |