Peter Hodina
Laufschrift - Teil II
Einen Siebzehnjährigen zu beschimpfen, weil er im Leben noch nichts geleistet
hätte, heißt, einen Siebzehnjährigen einfach deshalb zu beschimpfen, weil er ein
Siebzehnjähriger ist. Aber natürlich kann ein
Siebzehnjähriger nicht die hunderten Bücher
studiert haben, die zu studieren unerläßlich ist, um sicher tritt fassen zu
können. Rein zeitlich geht sich das nicht aus.
(30. 12. 2003) |
Noam
Chomsky
Selektives Erinnerungsvermögen und
falsche Doktrinen
Seit jeher sind in der Geschichte die brutalsten und beschämendsten
Handlungen mit Regelmäßigkeit von Bekundungen nobler Absichten begleitet
worden – und von Rhetorik darüber, Freiheit und Unabhängigkeit zu
bringen.
(28. 12. 2003) |
Kristina Werndl
Anna Mitgutschs neuer Roman
Familienfest
Auf 400 Seiten wird der Leser mit über zwei Dutzend Mitgliedern
einer jüdischen Großfamilie bekannt gemacht, deren mythischen
Bezugspunkt der einst aus Europa in die USA emigrierte Joseph Leondouri
bildet. An den ihm nachfolgenden Generationen entwickelt Mitgutsch ein
vielschichtiges Porträt amerikanischer Juden des 20. Jahrhunderts, das
über individuelle Eigenheiten hinaus immer auch eine allgemeine
soziologische Entwicklung durchscheinen lässt.
(15. 12. 2003) |
Peer Langenfeld
Frühling
"Blühendes Grün in des Frühlings Erwachen."
Leser:
Das ist sehr schön. Dichter:
Vielen Dank. Freilich hätte ich von Ihnen etwas mehr erwartet, da Sie ja
sonst so vehement nach literarischen Diskussionen verlangen. Wäre es
Ihnen zu so später Stunde eventuell noch möglich, sich genauer
auszudrücken?
(13. 12. 2003) |
Robert
Fisk
Edward Said - Ein Nachruf
Am 25. September 2003 ist der eloquenteste Fürsprecher der Palästinenser an
Leukämie gestorben. Edward Said, New Yorker und Palästinenser,
Intellektueller und "Kämpfer", hat eine Lücke hinterlassen, die nur schwer
zu füllen ist: Seine Eleganz im Schreiben und Denken, vor allem aber sein
mutiges Engagement im Palästinakonflikt, das hat ihn zu einem seltenen
Menschen gemacht.
(04. 12. 2003) |
Manfred Ach
Ganz gewöhnlicher Abend
Da fliegst du aus der Kneipe wegen ein paar Scherben, und alle andern
haben schon dicht, fährst das Auto an einen Zaun und gehst zu Fuß durch
die beinkalte Nacht, wirst von Nutten angequatscht und versicherst
ihnen, die letzte Mark versoffen zu haben, fliegst in eine Baugrube und
krabbelst wieder hoch mit zwei gebrochenen Rippen und einem Loch im
Kopf, tropfst eine Halbe Blut auf die Straße, findest endlich das Haus,
wo dein Mädchen wohnt, und die sagt dir dann.
(01. 12.
2003) |
Vasile
V. Poenaru
Im Vorfeld der Quantengermanistik
Quantenphysik und Germanistik – wie paßt das zusammen? Es paßt, meint
der Autor, "weil in der Quantenmechanik die Eigenschaften von
Teilchen erst durch deren Beobachtung entschieden werden und weil auch
in der Sprache die Eigenschaften von Partikeln erst durch deren
Wahrnehmung enststehen."
(28. 11. 2003) |
Howard
Zinn
Ein besetztes Land
Ich wache auf und denke, die USA befinden sich in den Klauen eines
Präsidenten, der nie gewählt wurde und der sich mit Ganoven in Anzügen
umgibt, die nichts auf Menschenleben geben – weder im Ausland noch hier.
(21. 11. 2003) |
Stefan T.
Pinternagel
Lyrik (Teil 1)
Am Nachbartisch / hat der Typ seiner Alten / gerade eine geblitzt, /
weil sie sich ne / Zigarette ansteckte / während er noch aß. / Ich wäre
beinahe / aufgestanden und hätte / ihm die Meinung gegeigt; / ließ es
dann aber / doch lieber bleiben; / zündete mir / – aus Protest – / eine
Zigarette an / und blies den Rauch / verstohlen in / seine Richtung.
(19. 11. 2003) |
Franz Wagner
"...und
dann ist der Kern zerplatzt"
Lise Meitner und Otto Hahn spalten das Atom
Am 6. August 1945
explodiert eine Uranbombe mit der Sprengkraft von 12,5 Kilotonnen TNT über
Hiroshima. Mehr als 100.000 Menschen sterben unmittelbar an den Folgen der
Detonation, weitere hunderttausend in den darauf folgenden Jahren und
Jahrzehnten.
(21.
10. 2003) |
Helmuth Böck
und Helmut Rauch
Gegenwart und Zukunft der Kernenergie
Die Diskussionen über Kernenergie in Österreich
hat Eigengesetzlichkeiten angenommen, die weder der internationalen
Entwicklung noch dem nationalen Interesse entsprechen. Mit Fakten zur
Kernenergie versuchen die Autoren zu zeigen, daß Kernkraftwerke auch
weiterhin einen beachtlichen Beitrag zur Energieversorgung liefern werden.
(16.
10. 2003) |
Antonia Wenisch
Trügerische Sicherheit
Um den ständig steigenden Energiebedarf der USA zu befriedigen, wird von
seiten der US-Regierung erstmals nach 30 Jahren wieder an den Neubau von
zusätzlichen Kernkraftwerken gedacht. Auch in Europa macht sich die
Atomlobby – 17 Jahre nach Tschernobyl – daran, die Kernenergie zu
rehabilitieren.
(10.
10. 2003) |
Helmuth Böck, Leiter des TRIGA-Forschungsreaktors,
im Aurora-Interview
"Es
gibt keine weltweiten Sicherheitsstandards"
Prof. Helmuth Böck, der Reaktorbetriebsleiter des österreichischen
TRIGA-Forschungsreaktors, im Aurora-Gespräch über atomare Sicherheit, die
Energieversorgung der Zukunft, Temelin und die Gefahr durch den Terrorismus.
(08.
10. 2003) |
Friedrich Steinhäusler u.a.
Nuklearer Terrorismus
Im Rahmen eines Sicherheitstests konnte eine militärische Spezialeinheit aus
einer Nuklearanlage in den USA genug waffenfähiges Uran für den Bau mehrerer
Atombomben stehlen.
(06. 10.
2003) |
Wendell Berry
Der Reaktor und der Garten
"Irgend jemand", schreibt der Autor, "wird bestimmt die Frage stellen, wie
ich auf die Idee komme, ein Garten, 'nicht mächtiger als einer Blume Kraft',
wie Shakespeare sagt, könne sich mit einem Atomreaktor messen. Nun, ich
denke, dass man die Kraft eines Gartens möglicherweise zu leicht
unterschätzt.
(04.
10. 2003) |
Cathryn Carson
Nuklearpolitik im Zeichen des
Kalten Kriegs
Schon einige Jahre nach dem
Zweiten Weltkrieg beschloß die Regierung Adenauer, ein bundesdeutsches
Atomprogramm in die Wege zu leiten. Als einer der verantwortlichen Physiker
setzte sich Werner Heisenberg von Anfang an für eine unabhängige Kontrolle
dieses Projektes ein und verlangte von der Regierung das Versprechen,
darüber hinaus keine militärischen Absichten zu verfolgen.
(01. 10.
2003) |
Kristina Werndl
Schrei nach Liebe
Margit Schreiners jüngster
Text "Heißt lieben" klingt erfolgversprechend. Dann aber gleitet ihr das
Verfahren aus der Hand. |
Reinhard Winkler
Still! Still! Ward die Welt nicht
eben vollkommen?
(19. 10. 2003) |
Peter Hodina
Laufschrift
Ich schrecke im geist vor überhaupt nichts zurück. Im tun schon, zum
glück, da ist eine sicherung eingebaut, mehr ein feiner takt als ein
gewissen. Ich will die abgründe erforschen, ich bin erfreut, mit
abgründen bei anderen konfrontiert zu sein, vorausgesetzt, die distanz
bleibt gewahrt. Mich entsetzt fast nichts.
(13. 10. 2003) |
Stefan Krieger
Der alte Mann und die Gitarre
Rick Rubin hat
genau das gemacht, was Johnny Cash gebraucht hat. Die Musik von allem
völlig überflüssigen Firlefanz befreit und den alten Mann mit einer
Gitarre ans Mikrofon gesetzt. Plötzlich spürt man in jeder Zeile, in
jeder Note jede einzelne Droge, die der Mann jemals genommen hat, seine
Krankheit ist stets präsent. Das kommt tausendmal ungeschminkter als
jeder sogenannte "Unplugged"-Auftritt bei MTV.
(10. 10. 2003) |
Stefan T.
Pinternagel
Malheur
Während wir die "Zigarette danach" rauchten, sagte sie mir, daß sie nie
mit mir zusammen leben könnte. Ich antwortete "Das mußt du auch nicht"
und fragte sie nicht, warum es so wäre. Ich konnte es mir ohnehin denken
– es war wie immer, bei jeder Frau; ich war zu sehr Eigenbrötler um mein
Brot und mein Bett und mein Leben mit jemanden teilen zu können.
(08. 10.
2003) |
Hermann Maier
Terror und Widerstand
Was bringt z.B. die 19jährige Hiba aus der Westbank dazu, sich vor einer
israelischen Mall in die Luft zu sprengen?
(23. 09. 2003) |
Manfred Ach
Mein Kopf
Der schmerzt und Schuppen hat. Der hart und dick ist. Der mir verdreht
wurde, und auf den man Hörner setzte. Auf dem ich manchmal stehe und auf
den ich manchmal gefallen bin. Durch den ich mir manches gehen lassen
soll, was nicht hineingeht. Den ich oft hängen lasse oder verliere, den
ich aber wiederfinde und den ich mir aufsetze. Über den mir vieles
wächst.
(21. 09. 2003) |
Bernhard Flieher
Echter Heiliger und wahre Hure
Robbie Williams ließ die Hose runter und bekam dafür kreischende Liebe
von 60.000 Besuchern, die nach Wien ins Happel-Stadion gekommen waren.
(20. 09. 2003) |
Magdalene Geisler
Kleine Hommage an das Tagebuch
Du blickst auf die Ereignisse eine Spur intensiver, suchst Worte, lebst
interessanter für diese Zeit.
Zum Beispiel dieser äußerst nervöse Mann, dessen Alter ganz
schwer zu bestimmen ist. Er besteigt die Bahn und sofort taucht er seine
ganze Umgebung in Unruhe.
(18. 09. 2003) |
Manfred Ach
Immunisierung
Die Schuldgefühle gegenüber dem riesigen Gesundheitsapparat STAAT zu
verlieren, hat zur Folge, als Revolutionär ins Haus für Nervenkosmetik
deponiert zu werden, wo aus den Monitoren die synthetischen Stimmen von
ironischen Moderatoren quengeln und über die Dialektik von Krankheit und
Kapital referieren.
(28. 08. 2003) |
Reinhard Wessely
Rap the Punzel: the absolute
penthouse chat
Im chat ließ es sich famos schaukeln, in luftiger
sommerstimmung fanden sich die gefundenen in nie gespürter
intimitätsrasanz. die prinzen hatten es punzel angetan. sie aß fast
nichts mehr. einfach nur die prinzen, ja die prinzen wollte sie.
(19. 08.
2003) |
Reinhold Wagnleitner
Globalisierung – wovon reden wir eigentlich?
Das Zeitalter der Globalisierung ist
gekennzeichnet von rasanten Veränderungen. Das lässt sich leicht an
Indikatoren wie Welthandel und Auslandsinvestitonen, der Entwicklung im
Verkehrs- und Kommunikationswesen oder der Anzahl von internationalen
Konzernen ablesen. Begleitet werden diese Veränderungen von einem tiefen
Unbehagen darüber, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer noch größer
wird, die Zerstörung der Biosphäre fortschreitet oder sich der Einfluss der
(US-amerikanischen) Mediengiganten kontinuierlich ausweitet.
(27.
08. 2003) |
John Pilger
Die neuen Herrscher der Welt?
Wer regiert heute die Welt?
Sind es die Staaten oder eine Handvoll internationaler Konzerne? Dieser
Essay zeigt, wie die WTO, die Weltbank und die großen Multis die Existenzen
von Millionen Menschen zerstören.
(23.
08. 2003) |
Internationaler Währungsfonds
Globalisierung: Bedrohung oder Chance?
Die
Globalisierung erhöht die ökonomische Effizienz und fördert folglich den
Wohlstand. Tatsächlich haben sich die Lebensbedingungen in den letzten
Jahrzehnten in fast allen Ländern verbessert. Und obwohl es vorkommen kann,
dass sie "einige Gruppen benachteiligt", ist die Globalisierung eine
wichtige Waffe im Kampf gegen die Armut. (21. 08.
2003) |
Der Sozialhistoriker Helmut Bräuer im Interview
"Eine
über die Maßen kranke Gesellschaft"
Die historische Dimension macht deutlich, dass
der internationale Handel nicht stattfände, wenn er für dessen "Träger"
gewinnmindernd funktionieren würde. Das war um 1500 so und hat auch heute
Gültigkeit. "Als Sozialhistoriker aber", bemerkt Helmut Bräuer, "bedenke ich
vor allem die Folgen für die Betroffenen dieser ökonomischen Einseitigkeit.
Es ist dies eine Elends- und Verelendungsspur, die sich 'von alters her’
durch die Weltgeschichte zieht und gegenwärtig bei den Bananen ankommt."
(19. 08.
2003) |
Reinhard Winkler
Das hätte es unter Stalin nicht
gegeben!
(18. 08. 2003) |
Bernhard Flieher
Hoffnung rast ins Leere
Auf "Demolition" macht Country-Rocker Ryan Adams trotz des Molls der
Verlorenheit und stimmlicher Intimität seine Rastlosigkeit spürbar.
(17. 08. 2003) |
Manfred Ach
Notiz zu einer Biographie
Jeder Schritt auf diesem Weg / gab ihm zumindest Vertrauen / flößte ihm
etwas sehr Flüssiges / nämlich Zuversicht / ein / stärkte seinen ohnehin
kleinen Mut / und steifte ihm den Rücken / bis er / endlich gepanzert /
eine mutige Marionette / daherkam.
(04. 08. 2003) |
Vasile V. Poenaru:
Die Genesung einer Katze
Herr Schrödinger war abends immer sehr traurig. Seine Katze litt nämlich
an einem ambivalenten Zustand. Das hatte mit Herrn Schrödingers
Gepflogenheit zu tun, Dinge zu halbieren, besonders zeitlich und
räumlich. Wenn etwa eine halbe Stunde halb vergangen war, blieb von der
übriggebliebenen Viertelstunde immer noch die Hälfte übrig: frisches
Material zum Halbieren.
(02. 08.
2003) |
Bernhard Flieher
Stille schmerzt wundervoll
Beck Hansen wirft auf seinem neuen Album "Sea Change" die Ironie über
Bord, entblößt seine Seele und triumphiert mit leiser Nachdenklichkeit.
(16. 07. 2003) |
Peter Hodina
Namensvetternschaft
Was konnte nun dieser grundgutmütige Guggenberger dafür, daß in die
Schulklasse, der er angehörte und in der er wohlintegriert zum Beispiel
seine Jausenbrote verzehrte, nunmehr ein neuer Schüler eingemeindet
wurde, ein in allem ihm entgegengesetzter kleinwüchsiger und
schwächlicher, obendrein unsympathischer und wie sich bald herausstellen
sollte: streberischer Typ, der fataler- und freilich zufälligerweise
Unterguggenberger hieß?
(15. 07. 2003) |
Heinz Pusitz
Wr. Godot
Der Erste: Fad, sehr fad. Der
Zweite:
Rücksichtslos, wie immer. Der Erste:
Noch immer fad. Der Dritte:
Gibt’s denn nix anderes? Der Erste:
Das ist unser Thema. Der Zweite:
Welches? Der Erste:
Das andere! Der Dritte:
Habe ich was Falsches gesagt?.
(14. 07.
2003) |
Kristina Werndl
Sputum wie eine Hibiskusblüte
Der Schotte Robert Louis Stevenson, Autor von Klassikern wie Die
Schatzinsel und
Der seltsame Fall des Doctor Jekyll und des Mister Hyde, starb im
Dezember 1894 44-jährig in seinem Haus Vailima bei Apia in Westsamoa.
Stevenson garantierte spannungsreiche Unterhaltung mit höchster
Raffinesse. Um seine Person und sein Schreiben dreht sich Alberto
Manguels Erzählung Stevenson unter Palmen.
(01. 07. 2003) |
Marianne Leersch
Das Frühstück
Fröstelnd stand sie in der Küche und ließ den Blick schweifen. Durch das
Fenster fluteten die ersten Sonnenstrahlen und lautes Vogelgezwitscher
drang an ihr Ohr. Sie zog den Bademantel enger um sich. Mit aller Kraft
widersetzte sie sich dem Bedürfnis, sich auf den Boden zu kauern, den
Bademantel über den Kopf zu ziehen, sich in ihrer künstlich errichteten
Höhle langsam auf den Fußballen hin- und herzuwiegen.
(29. 06. 2003) |
Bernd Ehlert
Ein Plädoyer für die
Willensfreiheit
An den unmittelbaren neurobiologischen Forschungsergebnissen der
Determiniertheit der Hirnprozesse ist nicht zu zweifeln, aber diese
objektiven Erkenntnisse der neuronalen, körperlichen Ebene können nicht
ohne weiteres auf die geistige, kulturelle Ebene unseres Seins
übertragen werden.
(28. 06.
2003) |
Reinhard Wessely
Tolle Wolle. Eine Entstrickung
Eine witwe hatte zwei töchter, davon war die eine schön und fleissig,
die andere hässlich und faul. sie hatte aber die hässliche und faule,
weil sie die rechte tochter war, viel lieber und die andere musste alle
arbeit tun und das aschenputtel im haus sein. Marie, so hieß die
stieftochter, war also eine verdammt scharfe braut, die aber eben nicht
nur scharf war, sondern auch vollkommen korrekte dialoge mit
waschmaschine und backrohr führen konnte.
(20. 06.
2003) |
Reinhard Winkler
The End
Ich weiß heute nicht mehr, wohin die Reise geführt hat. Nur mehr ein
Bild: Ich sehe uns über die Linzer Eisenbahnbrücke fahren. Im Radio
stimmen Gitarrenklänge The End von den
Doors
an. Im Lichtkegel der Scheinwerfer die Brücke mit ihrer endlosen Reihe
an Eisentraversen, die über mir und neben mir vorbeifliegen. Und
gleichzeitig mit Jim Morrison fängt der Riese hinter mir zu singen an,
mit der glockenhellen Stimme eines Wiener Sängerknaben.
(13. 06. 2003) |
Kurt Luger
Dritte Welt@hope.com
Eine Einschätzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
(ICTs) für den Entwicklungseinsatz.
(11. 06. 2003) |
Rupprecht Mayer
Ein Brief aus Ado-Suwa
"Das", sagte Blauer Seestern und strich sanft über die Innenseite meiner
Arme zwischen Ellenbeuge und Achselhöhle, "nennen wir wailu-taga".
Dann erfuhr ich, daß der kleine Knorpel oberhalb des Ohrläppchens als
kiniti und die halbmondförmige weiße Stelle an der Daumennagelwurzel
als harun-zilli bezeichnet wird.
(06. 06.
2003) |
Franz Wagner
Hab Acht Europa!
Muß Europa zunächst eine riesige Militärmaschine auf die Beine stellen,
um von den USA als Global Player ernst genommen zu werden? Oder wozu
braucht die Europäische Union sonst eine gemeinsame Armee?
(05. 06.
2003) |
Joseph Hoppichler
Die Gentechnik drängt sich auf den
Teller
Die Gentechnik drängt weiter in die Landwirtschaft und
Lebensmittelindustrie. Dadurch wird es immer schwieriger,
"Gentechnikfreiheit" zu gewährleisten.
(04. 06. 2003) |
Helmut Bräuer
Treff mit Ed
Ganz sicher hat Ed in diesem Keller musiziert. Ich drücke mich zwei
Schritte in den Raum. Da drinnen spielt jetzt das Piano kurz an.
Gespräche brechen ab. Lärm versackt. Aufmerksamkeit. Gespanntes Zuhören.
Die Männer an Baß und Schlagzeug nehmen lässig den Rhythmus auf.
(29. 05. 2003) |
Alfred Haiger
Von der Petro-Kultur zur
Agri-Kultur
Die bäuerliche Landwirtschaft wird immer mehr von der industrialisierten
Landwirtschaft verdrängt. Überschüsse und die Zerstörung von Umwelt und
Haustieren sind die Folge.
(27. 05. 2003) |
Kristina Werndl
Kopflos ins Sekundenglück
Judith Hermann erzählt wieder, von Dreißigjährigen in der Fremde und vom
Aufbruch ins unentdeckte Land der Seele.
(21. 05.
2003) |
Bernhard Flieher
Im Reich der stillen Monster
Mit seinen beiden letzten Werken "Ease Down The Road" und "I See A
Darkness" hat er sich vor allem der Themen Verlust, Schmerz und Leid
angenommen - jetzt legt Will Oldham, Eigenbrötler des
Alternative-Country, wieder ein herausragendes Album vor.
(15. 05. 2003) |
Magdalene Geisler
Ein altes Foto
Gerade habe ich ein Foto von meiner Großmutter eingescannt, damit es mir
nicht verloren geht, das alte Ding. Das Bild stammt aus dem Besitz
meines Onkels, den ich nur einmal in meinem Leben gesehen habe.
(13. 05.
2003) |
Elisabeth Loibl
Bäuerliche Esskultur im Zeitalter
der Globalisierung
Je mehr das Wissen verloren geht, wie flott ein Kaiserschmarren, eine
Erdäpfelsuppe oder ein Mus gekocht ist, umso mehr lässt sich mit Fertig-
und Halbfertigprodukten Geld verdienen.
(12. 05.
2003) |
Christian H. Sötemann
Brotzödders Scheitern
Seit seiner Geburt wurde Dieter Brotzödder von einer schwangeren Frau
verfolgt, die Jutta hieß. Nicht nur, daß sie all diese Jahre schwanger
gewesen war, ohne je zu gebären, sondern sie hieß auch noch all diese
Jahre Jutta, an sich kein schlimmer Name, aber eben nicht nur das: Wenn
immer Dieter Brotzödder über die Straße ging, um einzukaufen, stand sie
an der Haltestelle an der Ecke, die ungefähr fünfzig Meter von Dieter
Brotzödders gewohntem Straßenüberquerungspunkt entfernt war.
(10. 05. 2003) |
Andrea Heinisch
Meeting
Frieda öffnet ihre Tasche,
ein riesiges, unförmiges Ding,
kramt herum und zieht schließlich eine kleinere Tasche hervor. Mit einem
Ratschen, das so endgültig klingt, so kompromisslos, dass Richard die
Milch fast sauer wird,
zieht sie den Reißverschluss auf. Sicherheitshalber greift Richard nach
einer politischen Theorie und hält sie sich vor die Brust. Man kann nie
wissen, was Frieda so einfällt. "Der Krieg in Nahost", fängt er an,
verliert aber sofort wieder den Faden, den roten. Wegen des
Lippenstifts, den Frieda aus dem Täschchen gezogen hat. "Rot wie Blut",
sagt sie. (28. 04. 2003) |
Vasile V. Poenaru
Austrokanadisches Schnitzel
Servus in Kanada! Natürlich brauchen
Österreicher auch jenseits (diesseits) der großen atlantischen
Wasserfläche wohlzubereitete Nahrungsmittel und entsprechend bedachtsam
destillierte Getränke, um hundertprozentig zu überleben.
(26. 04. 2003) |
Interview von
Veronika Bennholdt-Thomsen
"Das
ist alles nur mehr Kosten-Nutzen-Rechnung"
Der Strukturwandel von der bäuerlichen zur industriellen
Landwirtschaft, den ein Großteil der Medien, Politiker und
Wissenschaftler, aber auch viele Landwirte als "unausweichlich"
betrachten, fordert seinen Preis: gesunde Tiere, Pflanzen und Böden;
alte Kulturlandschaften; Bauernhöfe, auf denen sich Tiere aller Arten
tummeln usf. Dazu kommt viel menschliches Leid.
(24. 04. 2003) |
Reinhard Winkler
Annäherungen
Er saß bei ihr im Zimmer und redete. Oft wußte er gar nicht, wie er zu
alledem kam, was ihm da nur so über die Lippen eilte. Während des
Sprechens wunderte er sich, daß es so viel zu erzählen gab. Er kannte
diesen Zustand, und er wußte nie genau, was das war. Später, wenn sich
sein Reden erschöpft hatte, war die Sprache ganz weg. Er brauchte dann
immer Tage, um den Willen für einen neuen Satz zu finden.
(08. 04. 2003) |
Aurora-Interview mit Kurt Luger
Die Kuh ist lila, die Beziehung zur
Natur gestört
Sind die Landleute wirklich anders und das Leben in der Stadt besser?
Oder spielt es keine Rolle mehr für einen Menschen, wo er lebt? –
Darüber und über die Beziehung zwischen Stadt und Land äußert sich Kurt
Luger im folgenden Aurora-Gespräch.
(05. 04. 2003) |
Steffen Koch
Ist hier noch frei ?
Ein Abteil für sich ganz allein. Fünf Sitzplätze hinter einer
zugeschobenen Glastür. Ein kleines Heim mit Wohlfühlgarantie, frei von
mitreisenden Fahrgästen. Kein Zeitungsrascheln cholerischer
Seitenrumreißer, kein permanentes Räuspern von Froschverschluckern, kein
Röcheln nasenatmender Schläfer. Dieses angenehme Reisen ist ein Geschenk
der Bahn für das Vertrauen in die Bahn.
(02. 04. 2003) |
Kurt Luger
Bewahrender Fortschritt
Den (Alpen-)Tourismus grundsätzlich
abzulehnen mag schick sein, zielt aber daneben. Immerhin schafft er
dezentrale Erwerbsmöglichkeiten, an denen im günstigen Fall viele
Einheimische Anteil haben.
(31. 03. 2003) |
Peter Hodina
Professor Greif
Vielleicht würde er sogar recht behalten, der Doktorvater, der zu mir
sagte: So einer wie Sie wird berühmt werden, aber nichts erleben. Noch
bin ich ja keineswegs berühmt. Und erst seit ich über dreißig bin, kommt
durch meine Bemühung ein wenig dichte Zeit zustande. Man will es
schließlich wissen. Andere sagen, das Leben leiere sich von dreißig ab
eher aus; alles sei schon zu bekannt, drehe sich im Kreis; diese
Kreisläufe ermüdeten einen. Das kann ich von mir nicht sagen.
(19. 03.
2003) |
Vasile V. Poenaru
Grüner Plan für wüstes Land
"Nachdenken. Einnicken. Essen. Proklamieren. Briefing. Debriefing.
Powell sprechen. Zeichentrickfilm angucken: Altes Europa, Neues Europa.
Deutschland, Kuba, Libyen. Schlafengehn. Siege träumen. Aufwachen. Die
Poeten einladen. Die Poeten wegjagen. Nation hin. Nation her. Kampf der
Kulturen. Bart rasieren. Nachdenken. Weiterschreiben."
(18. 03. 2003) |
Bernhard Flieher
Flüsternde Wut
Pearl Jam, letzte Überlebende der Grunge-Ära, zeigen auf ihrem neuen
Album "Riot Act", wie leise Weltschmerz klingen
kann.
(16. 03. 2003) |
Franz Wagner
Wörter machen Leute
Die Kirchen haben ihn im Stich gelassen. Jimmy Carter ist nicht nett
gewesen. Hollywood weigert sich immer öfter, mitzuspielen. Selbst der
eigene Vater macht Bedenken geltend. George W. Bush hat es nicht einfach
in diesen Tagen. Er muß der Welt beweisen, daß jenseits von
lahmarschigen Debattierklubs (alt.politics.org.un - 362) harte
Fakten stehen, die niemand länger ignorieren kann (us.military.army
- 5189).
(14. 03. 2003) |
Peter Hodina
Diversités
Einen Siebzehnjährigen zu beschimpfen, weil er im Leben noch nichts
geleistet hätte, heißt, einen Siebzehnjährigen einfach deshalb zu
beschimpfen, weil er ein Siebzehnjähriger ist.
(03. 03. 2003) |
Reinhard Winkler
Symposion
Beim Betreten des Saals hatte ich das Gefühl des störenden
Hineinplatzens in eine geschlossene Gesellschaft. Der Vortrag war schon
einige Minuten in Gang. Ich bemühte mich leise zu sein - und schon
krachte die Tür ins Schloss. In der hintersten Ecke des Raumes saß
Manuel, ein Studienkollege, den ich seit Jahren nicht mehr gesehen
hatte. Er rückte um einen Sitzplatz weiter, als hätte er hier auf mich
gewartet.
(20. 02. 2003) |
Marianne Leersch
Die Suppe
Seine Hände zitterten, vor ihm bewegte sich die Schlange der noch
Wartenden, bald vor dem großen Kessel Stehenden, der Glücklichen, die
vor ihm einen Blechnapf voll mit köstlicher warmer Suppe bekommen
würden, langsam, schrittweise weiter. Ängstlich beobachtete er den
Schöpfer, der immer wieder in den großen Kessel eintauchte.
(19. 02. 2003) |
Vasile V. Poenaru
Kritik des reinen Herzens
Wer sich aber zu einer Kultur bekennt, muß Schuld auf sein Gewissen
laden. Es ist der Genuß einer Kultur, zu dem man sich bekennt, die
Wollust einer Sprache, die man sein eigen nennt, die ästhetische
Verführung einer Mode, von der man nicht weiß, wohin sie führt. Viel
Glaube und viel Aberglaube sind zu überwinden, wenn man weiter will.
(18. 02. 2003) |
Hermann Maier
Ein Fänger
John Lennon hat mich berühmt gemacht und Salinger meine Geschichte
erzählt. Glauben Sie mir, beiden bin ich unendlich dankbar! - Die Idee?
Die Idee ist mir im Central Park gekommen. Beim Entenfüttern. Geh
dorthin, habe ich mir gedacht, steck dir einen Revolver und Den
Fänger
ein und geh dorthin; in fünf Minuten ist die Sache erledigt.
(01. 02. 2003) |
Christian H. Sötemann
Memento Mori
Ich befand mich in einer
Phase meines Lebens, die vom Berufsstreß dominiert war. Es blieb mir in
aller Regel recht wenig Zeit, mich um die Sauberhaltung meiner
Dreizimmerwohnung zu kümmern, und so fiel ich, vom Büro spät abends
zurückkehrend, nicht selten erschöpft in meinen Lieblingssessel.
(31.01. 2003) |
Der Alpenforscher Werner Bätzing im Aurora-Interview
"Das
größte Problem sehe ich darin, dass die Alpen verschwinden"
Wenn es nicht bald einen grundsätzlichen Wandel in der
Berglandwirtsschafts-, Berggebiets- und Alpenpolitik gibt, dann
verschwinden die Alpen als eigenständiger Lebens-, Wirtschafts- und
Kulturraum. An seine Stelle werden Wirtschafts- und
Gesellschaftsstrukturen treten, die überall in Europa gleich sind.
(7.01.2003) |
Reinhard Winkler
Wie sieht es im Kopf des
Weihnachtsmannes aus?
Finden wir da überhaupt Platz? Sind nicht Millionen anderer Männer schon
da? Und Frauen? Hat der Weihnachtsmann Frauen im Kopf?
(07. 01. 2003)
...... |