2006
wurde von der rumänischen Kulturzeitschrift "Observatorul
cultural" zum Jahr des rumänischen Kinos erklärt. Seit 2001 wieder äußerst
lebendig und produktiv und mit
kathartischer Wirkung auf sein
spärliches einheimisches
Publikum, genießt das rumänische Filmschaffen der letzten Jahre große
Beachtung und feiert Erfolge auf internationalen
Festivals. Nach dem verheerenden Jahr 2000, in dem kein einziger
rumänischer Film veröffentlicht
wurde
–
es markierte zugleich den Tiefpunkt des
kontinuierlichen Niedergangs der rumänischen Filmindustrie seit 1989
–,
stiegen sowohl die Produktion als auch die Qualität der Filme unter der
cineastischen Handschrift einiger jungen Filmregisseure.
Catalin Mitulescu’s "Cum
mi-am petrecut sfarsitul lumii" ("Wie ich das Ende
der Welt erlebte") wurde zur
Oscar-Wahl für den besten Auslandsfilm 2006
nominiert. Der Regisseur beschreibt seinen Film als Tragikomödie mit
absurden und sublimen Anklängen, welche sich aus seiner Kindheitserinnerung
speisen. Es geht um die Liebe. Und um die Revolution 1989.
Die Schauspielerin Dorothea Petre hat für ihre Rolle in Cannes den Preis für
die beste weibliche Hauptrolle in der Sektion "Un
certain règard" gewonnen. Den ersten Preis in der Sektion "Quinzaine
des Realisateurs" hat 2006 Corneliu Porumboiu mit "A
fost sau n-a fost?" ("21:08 East of Bucharest")
bekommen.
Cristi Puiu’s zweiter international
erfolgreicher Spielfilm "Moartea domnului Lazarescu"
("Der Tod des Herrn Lazarescu") wurde in Cannes 2005
mit "Un certain regard" ausgezeichnet. 2004 gewann
Puiu mit "Un cartus de kent si un pachet de cafea" ("Eine
Stange Kent und ein Päckchen Kaffee") den Goldenen Bären für den besten
Kurzfilm. Im selben Jahr gewann auch Catalin Mitulescu mit "Trafic"
("Straßenverkehr") in Cannes
die Goldene Palme für den besten Kurzfilm.
Die
Filme haben die Revolution als Kulisse oder behandeln aus unterschiedlichen
Blickwinkeln die postkommunistische Zeit. Einige Kritiker sprechen von einer
"Nouvelle Vague" des rumänischen Films. Puius Antwort
darauf ist so eindeutig wie seine Filmsprache: "There is no Nouvelle Vague,
there are just a few desperate filmdirectors". Die cineastischen
Handschriften lassen sich schwer unter einem großen Label subsumieren.
Harter Realismus und eine radikale ästhetische Einfachheit zeichnet Puiu’s
Filme aus. Seine Handkamera konzentriert sich immer auf das
Wesentliche und schafft es meisterhaft,
Traurigkeit, Einsamkeit, Kommunikationsunfähigkeit, Missachtung oder
Sinnlosigkeit zu enthüllen. Cristian Mungiu’s
Filmsprache hingegen ist erzählerisch,
kinematographisch und perspektivenreich. Nemescu’s
zärtliches, im selben Maß für das Wunderbare und für
das Grausame der Welt geöffnete Kameraauge erinnert an Emir Kusturica.
Nichtsdestotrotz zeichnen sich auch Gemeinsamkeiten ab:
die nicht selten in Zynismus ausufernde Ironie und
der scharfe und schonungslose, aber immer wieder (verzweifelt) komische
Blick auf die rumänische Realität. Es geht um Kommunismus, um Revolution und
um den Übergang zum Kapitalismus. Aber das ist nicht
alles. Es geht viel mehr um Kindheitserinnerungen, um Liebe, um Wahrheit, um
allgemein Menschliches.
Wenn Sie neugierig geworden sind, kommen Sie
zum ersten Rumänischen Filmfestival in Österreich,
das im November/Dezember 2007 in Wien, Linz,
Graz und Salzburg stattfinden wird (nähere Informationen zum Programm und
zu den Spielorten finden Sie ab dem
15. Oktober 2007 unter
www.studentintelligence.at).
Bis dann erwarten Sie direkt in Rumänien das
Transilvania International Film Festival 2007 (www.tiff.ro),
das Anfang Juni in Cluj (Klausenburg) stattfindet,
sowie das Astra Film Festival (www.astrafilm.ro),
veranstaltet im Zeitraum 22. – 28. Oktober 2007 in Sibiu,
Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2007. |