Über die Aurora

Aktuelle Ausgabe

Frühere Ausgaben

Suche

   Schwerpunkte    Theater     Kulturphilosophie     Belletristik      Literatur     Film     Forschung    Atelier     Musik  

......
Slow Food Genießen mit allen Sinnen
...

Der Slow Food-Gedanke entstand im Herbst 1986 – just an jenem Tag, an dem
McDonald's seine erste Filiale in Italien eröffnete. Global einheitlich schmeckendes Fast
Food im Herzen Roms – das empfanden der Journalist Carlo Petrini und eine handvoll
Gleichgesinnte nicht nur als Zumutung, sondern als Attacke auf die Esskultur. Sie deckten
eine mehrere Meter lange Tafel vor der US-Schnellimbissbude und luden alle Vorbeikommenden
ein, gemeinsam mit ihnen typisch regionale Hausmannskost und guten Wein zu genießen.
Nach und nach wuchs der Kreis bewusster Genießer, der gegen die Vereinheitlichung
des Geschmacks und für das Recht auf Genuss kämpft, zu jener beachtlichen
internationalen Slow Food Bewegung von heute.

Von Manfred Flieser
(01. 09. 2007)

...



Manfred Flieser
m.flieser [at] utanet.at

ist freier Journalist, Gastro-
nomiekritiker, Herausgeber
von Wein- und Reiseführern
sowie Österreich-Beirat der
internationalen Slow
Food Bewegung.

 

Web-Tipps

www.slowfood.com

www.slowfoodaustria.at

 

 

 
(c) Manfred Flieser

 

 


(c) Manfred Flieser

 

 


(c) Manfred Flieser

 

 

Buchtipps


Carlo Petrini.
Gut, sauber & fair.
Grundlagen einer neuen Gastronomie.
Tre Torri, 2007, 280 S.
ISBN: 3937963553
 

 

Jürgen Dollase.
Die kulinarische Intelligenz.
Tre Torri, 2006, 160 S.
ISBN: 3937963332

 

 

Web-Tipp

Universität für gastrono-
mische Wissenschaften

   In unserer vom "Fast Life" beherrschten Welt geht den Menschen der innere Bezug zur Natur immer mehr verloren. Das Gefühl dafür, dass wir Teil der Natur sind und von ihr leben.

Viele Kinder und Jugendliche wissen kaum etwas über die Herkunft unserer Lebensmittel. Es ist ihnen gar nicht bewusst, dass es die Natur ist, die sie ernährt. Was eigentlich gar nicht verwunderlich ist, schließlich wird in vielen Familien heute nicht mehr wirklich gekocht, sondern aufgewärmt. Industriell hergestellter Fertigfraß hat die Haushalte erobert – jedes Nahrungsmittel ist jederzeit im Supermarkt verfügbar. Das Qualitätsbewusstsein endet hierzulande leider oft dort, wo es nach außen hin sichtbar ist: Am T-Shirt, Handgelenk und Kühlergrill – Österreich ernährt sich zum Discountpreis! Die gemeinsame Mahlzeit wird nur noch in wenigen Familien zelebriert.

Fazit: Abnahme der Wertschätzung für hochwertige, saisonale, heimische Lebensmittel. Ihre elementare Bedeutung für das körperliche und seelische Wohlbefinden wird kaum noch erfasst. Deshalb fordert Slow Food von österreichischen Politikern und Bildungseinrichtungen Bewusstseinsbildung und Motivation ein. Unser Essverhalten und die Geschmacksbildung darf nicht multinationalen Konzernen überlassen werden!

Slow Food-Schulgarten das grüne Klassenzimmer

   Es ist höchste Zeit, unsere Kindern die Natur mit ihren Händen "begreifen" zu lassen. Wie etwa mit dem Projekt "Slow Food-Schulgarten", das dank finanzieller Unterstützung seitens des Landes Steiermark und der EU bereits an 16 Schulen und Kindergärten in der Leader+ Region "Hügelland östlich von Graz" umgesetzt wird.

Der Unterricht im Freien ist abwechslungsreich, handlungsorientiert und macht Spaß. Die Kinder entdecken die Vielfalt heimischer Gemüsepflanzen, Kräuter und Beeren und lernen auf spielerische Art und Weise Verantwortung für die Natur zu übernehmen. Ihre Ernte genießen sie mit allen Sinnen: Bei Rohverkostungen sowie bei der einen oder anderen Slow Food-Kochwerkstatt.

Essen und Trinken mit den Sinnen wahrnehmen

   Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Alle Sinne müssen angesprochen werden. Durch ein spielerisches Schulen der Sinne lernen die Kinder den Geschmacks- und Qualitätsunterschied zu Massen- und Billigprodukten erkennen. Es fördert ihren Entdeckergeist und soll auch ihre Eltern animieren, Lebensmittel kritisch einzukaufen und sich Zeit zu nehmen, gemeinsam und bewusst zu genießen. Zu diesem Thema ist von Slow Food Styria auch ein Handbuch für LehrerInnen herausgegeben worden, in dem es Anleitungen zum "Begreifen" von Lebensmitteln gibt.

Frühstück und Jause

   Da für die Leistungsfähigkeit, Konzentration und den Schulerfolg das Frühstück und die Jause grundlegend sind, widmet sich Slow Food Styria im "Hügelland östlich von Graz" auch diesem Thema. Dabei wird begeisterten Kindern vermittelt, woraus sich eine gesunde und ausgewogene Mahlzeit, welche die Lernaktivität während des Unterrichts maßgeblich unterstützt, zusammensetzt und wie gut gesundes Essen schmecken kann.

Im Kinderkochbuch "Frühstück & Jause" publiziert Slow Food Styria schmackhafte Frühstücks- und Jausen-Kreationen, die gemeinsam mit Kindern und KM Franz Schauer anlässlich der Slow Food-Kochwerkstatt im Frühjahr 2007 zubereitet wurden. (Herausgeber: "Hügelland östlich von Graz", Redaktion: Manfred Flieser, Slow Food Styria, Erscheinung: Sept. 2007)

Projektziel ist es, Kinder für hochwertige, saisonale Lebensmittel von Bauern und Lebensmittelhandwerkern aus der eigenen Region und für Mahlzeiten abseits von Fast Food und Fertigfraß zu begeistern. Da begeisterte Kinder bekanntlich in der Lage sind, Berge zu versetzen, werden sie es sein, die die Konsum- und Ernährungsgewohnheiten ihrer Eltern positiv verändern werden!

Wer oder was ist Slow Food?

   Der Slow Food-Gedanke entstand im Herbst 1986 – just an jenem Tag, an dem McDonald's seine erste Filiale in Italien eröffnete. Global einheitlich schmeckendes Fast Food im Herzen Roms – das empfanden der Journalist Carlo Petrini und eine handvoll Gleichgesinnte nicht nur als Zumutung, sondern als Attacke auf die Esskultur. Sie deckten eine mehrere Meter lange Tafel vor der US-Schnellimbissbude und luden alle Vorbeikommenden ein, gemeinsam mit ihnen typisch regionale Hausmannskost und guten Wein zu genießen.

Auf genussvolle, gesellige Weise demonstrierten Petrini und seine Freunde, dass Essen mehr bedeutet, als genormte Hackfleischweckerln im Fast-Life-Takt hinunterzuwürgen. Tags darauf berichteten alle italienischen Tageszeitungen davon auf ihren Titelseiten – die Slow Food-Idee war geboren.

Nach und nach wuchs der Kreis bewusster Genießer, der gegen die Vereinheitlichung des Geschmacks und für das Recht auf Genuss kämpft, zu jener beachtlichen internationalen Slow Food Bewegung von heute. Mehr als 85.000 Slow Food Mitglieder engagieren sich gegenwärtig in 110 Staaten auf allen 5 Kontinenten für eine nachhaltige Agrikultur und Fischerei, das traditionelle Lebensmittelhandwerk sowie für den Schutz der biologischen Vielfalt.

Insgesamt 750 Slow Food Convivien so nennt man die regionalen Organisationen der weltweiten Bewegung   setzen bewusstseinsbildende Initiativen vor Ort. In Veranstaltungen, mit Projekten und Initiativen werden lokale und regionale Kulturen gefördert: Einzigartige Lebensmittel und traditionelle Gerichte, in Vergessenheit geratene Herstellungsmethoden und Rezepte, gefährdete Obst-, Gemüse-, Getreidesorten und Haustierrassen.

So gründete Slow Food nicht nur die Stiftung für biologische Vielfalt, die Arche des Geschmacks, sondern auch die weltweit einzige "Universität für gastronomische Wissenschaften". Slow Food organisiert Messen wie den "Salone del Gusto" in Turin, die "Cheese" in Bra, die "Slow Fish" in Genua und das alle zwei Jahre stattfindende Welttreffen der Lebensmittelgemeinschaften "Terra Madre" in Turin.

Gut, sauber und fair

   Die weltweit aktive Slow-Food-Bewegung formuliert Lebensmittelqualität in einem Dreiklang: "Gut, sauber und fair." Was wir essen und trinken soll von Produkten ausgezeichneter Qualität sein, es soll sauber – ohne verfälschende Zusatzstoffe – hergestellt sein und der Bauer und der Lebensmittelhandwerker sollen einen fairen Preis für ihre Leistung erhalten. Über allem steht der Begriff der Nachhaltigkeit, der noch anspruchsvoller ist als "öko" oder "bio", weil er verlangt, konsequent darauf zu achten, dass auch kommende Generationen eine natürliche Umwelt mit allen Ressourcen für eine gesunde, schmackhafte Ernährung vorfinden.

Ausdrucken?


Zurück zur Übersicht