In
unserer vom "Fast Life" beherrschten Welt geht den Menschen der innere Bezug
zur Natur immer mehr verloren. Das Gefühl dafür, dass wir Teil der Natur
sind und von ihr leben.
Viele Kinder und
Jugendliche wissen kaum etwas über die Herkunft unserer Lebensmittel. Es ist
ihnen gar nicht bewusst, dass es die Natur ist, die sie ernährt. Was
eigentlich gar nicht verwunderlich ist, schließlich wird in vielen Familien
heute nicht mehr wirklich gekocht, sondern aufgewärmt. Industriell
hergestellter Fertigfraß hat die Haushalte erobert – jedes Nahrungsmittel
ist jederzeit im Supermarkt verfügbar. Das Qualitätsbewusstsein endet
hierzulande leider oft dort, wo es nach außen hin sichtbar ist: Am T-Shirt,
Handgelenk und Kühlergrill – Österreich ernährt sich zum Discountpreis! Die
gemeinsame Mahlzeit wird nur noch in wenigen Familien zelebriert.
Fazit: Abnahme der
Wertschätzung für hochwertige, saisonale, heimische Lebensmittel. Ihre
elementare Bedeutung für das körperliche und seelische Wohlbefinden wird
kaum noch erfasst. Deshalb fordert Slow Food von österreichischen Politikern
und Bildungseinrichtungen Bewusstseinsbildung und Motivation ein. Unser
Essverhalten und die Geschmacksbildung darf nicht multinationalen Konzernen
überlassen werden!
Slow
Food-Schulgarten
–
das grüne Klassenzimmer
Es
ist höchste Zeit, unsere Kindern die Natur mit ihren Händen "begreifen" zu
lassen. Wie etwa mit dem Projekt "Slow Food-Schulgarten", das dank
finanzieller Unterstützung seitens des Landes Steiermark und der EU bereits
an 16 Schulen und Kindergärten in der Leader+ Region "Hügelland östlich von
Graz" umgesetzt wird.
Der Unterricht im
Freien ist abwechslungsreich, handlungsorientiert und macht Spaß. Die Kinder
entdecken die Vielfalt heimischer Gemüsepflanzen, Kräuter und Beeren und
lernen auf spielerische Art und Weise Verantwortung für die Natur zu
übernehmen. Ihre Ernte genießen sie mit allen Sinnen: Bei Rohverkostungen
sowie bei der einen oder anderen Slow Food-Kochwerkstatt.
Essen und Trinken mit den
Sinnen wahrnehmen
Sehen,
Hören, Riechen, Schmecken und Tasten. Alle Sinne müssen angesprochen werden.
Durch ein spielerisches Schulen der Sinne lernen die Kinder den Geschmacks-
und Qualitätsunterschied zu Massen- und Billigprodukten erkennen. Es fördert
ihren Entdeckergeist und soll auch ihre Eltern animieren, Lebensmittel
kritisch einzukaufen und sich Zeit zu nehmen, gemeinsam und bewusst zu
genießen. Zu diesem Thema ist von Slow Food Styria auch ein Handbuch für
LehrerInnen herausgegeben worden, in dem es Anleitungen zum "Begreifen" von
Lebensmitteln gibt.
Frühstück und Jause
Da
für die Leistungsfähigkeit, Konzentration und den Schulerfolg das Frühstück
und die Jause grundlegend sind, widmet sich Slow Food Styria im
"Hügelland östlich von Graz"
auch diesem Thema. Dabei wird begeisterten Kindern vermittelt, woraus sich
eine gesunde und ausgewogene Mahlzeit, welche die Lernaktivität während des
Unterrichts maßgeblich unterstützt, zusammensetzt und wie gut gesundes Essen
schmecken kann.
Im Kinderkochbuch
"Frühstück & Jause" publiziert Slow Food Styria schmackhafte Frühstücks- und
Jausen-Kreationen, die gemeinsam mit Kindern und KM Franz Schauer anlässlich
der Slow Food-Kochwerkstatt im Frühjahr 2007 zubereitet wurden.
(Herausgeber: "Hügelland östlich von Graz", Redaktion: Manfred Flieser, Slow
Food Styria, Erscheinung: Sept. 2007)
Projektziel ist es, Kinder für
hochwertige, saisonale Lebensmittel von Bauern und Lebensmittelhandwerkern
aus der eigenen Region und für Mahlzeiten abseits von Fast Food und
Fertigfraß zu begeistern. Da begeisterte Kinder
bekanntlich in der Lage sind, Berge zu versetzen,
werden sie es sein, die die Konsum- und Ernährungsgewohnheiten ihrer Eltern
positiv verändern werden!
Wer oder was
ist Slow Food?
Der
Slow Food-Gedanke entstand im Herbst 1986 – just an jenem Tag, an dem
McDonald's seine erste Filiale in Italien eröffnete. Global einheitlich
schmeckendes Fast Food im Herzen Roms – das empfanden der Journalist Carlo
Petrini und eine handvoll Gleichgesinnte nicht nur als Zumutung, sondern als
Attacke auf die Esskultur. Sie deckten eine mehrere Meter lange Tafel vor
der US-Schnellimbissbude und luden alle Vorbeikommenden ein, gemeinsam mit
ihnen typisch regionale Hausmannskost und guten Wein zu genießen.
Auf genussvolle,
gesellige Weise demonstrierten Petrini und seine Freunde, dass Essen mehr
bedeutet, als genormte Hackfleischweckerln im Fast-Life-Takt
hinunterzuwürgen. Tags darauf berichteten alle italienischen Tageszeitungen
davon auf ihren Titelseiten – die Slow Food-Idee war geboren.
Nach und nach
wuchs der Kreis bewusster Genießer, der gegen die Vereinheitlichung des
Geschmacks und für das Recht auf Genuss kämpft, zu jener beachtlichen
internationalen Slow Food Bewegung von heute. Mehr als 85.000 Slow Food
Mitglieder engagieren sich gegenwärtig in 110 Staaten auf allen 5
Kontinenten für eine nachhaltige Agrikultur und Fischerei, das traditionelle
Lebensmittelhandwerk sowie für den Schutz der biologischen Vielfalt.
Insgesamt 750 Slow
Food Convivien
–
so nennt man die regionalen Organisationen der weltweiten Bewegung
–
setzen bewusstseinsbildende Initiativen vor Ort. In Veranstaltungen, mit
Projekten und Initiativen werden lokale und regionale Kulturen gefördert:
Einzigartige Lebensmittel und traditionelle Gerichte, in Vergessenheit
geratene Herstellungsmethoden und Rezepte, gefährdete Obst-, Gemüse-,
Getreidesorten und Haustierrassen.
So gründete Slow
Food nicht nur die Stiftung für biologische Vielfalt, die Arche des
Geschmacks, sondern auch die weltweit einzige "Universität für
gastronomische Wissenschaften". Slow Food organisiert Messen wie den "Salone
del Gusto" in Turin, die "Cheese" in Bra, die "Slow Fish" in Genua und das
alle zwei Jahre stattfindende Welttreffen der Lebensmittelgemeinschaften
"Terra Madre" in Turin.
Gut, sauber und fair
Die
weltweit aktive Slow-Food-Bewegung formuliert Lebensmittelqualität in einem
Dreiklang: "Gut, sauber und fair." Was wir essen und trinken soll von
Produkten ausgezeichneter Qualität sein, es soll sauber – ohne verfälschende
Zusatzstoffe – hergestellt sein und der Bauer und der Lebensmittelhandwerker
sollen einen fairen Preis für ihre Leistung erhalten. Über allem steht der
Begriff der Nachhaltigkeit, der noch anspruchsvoller ist als "öko" oder
"bio", weil er verlangt, konsequent darauf zu achten, dass auch kommende
Generationen eine natürliche Umwelt mit allen Ressourcen für eine gesunde,
schmackhafte Ernährung vorfinden. |