ein bild


MÖGLICH auch Mowgli und Shir Khan
über die Dächer streifende Maulaffen teils
Till teils Wallenstein in seiner mageren
Version der König von Kentucky
Manitou aus Manitoba nach
digitalen Fingern funktionierender Tasten-
staat der Manichäer. Elfen mit Ohren im
Dschungel und das geriebene Flaschenglas
meidender Zootänzer all das möglich
wie ein baldiger Baloo

24.01.2007 12:40:40 

Ordnung des Körpers


nach Festigkeit Farbe
oben hart und licht
abwärts übers Weiche
Bunte endet er in
anderer Festigkeit.
Durch all das muß das
Blut in dem die Seele
schwimmt. Die Klippen
der Knochen wo es
sich staut das dann
emporsteigt in den
Quellbereich. Schon
immer war der Mensch
ein halbes All die
Nacht die leichte
Tinte hat ihm
Recht gegeben

25.01.2007 12:15:33 

Etwa das Wort


Wort? Ist es die Wolle
wert? Nein wir greifen
in den Sack und sagen
Salz. Das trägt uns
eine Strecke: toter
Mann. Ihn beten an
die kühlen Fische und
ihre Nachbarn die
Steine an den Wolken
aufgehängt wandern
sie durch die Wüste
von Nevada

27.01.2007 15:01:23 

Das Ohr


ein inneres Segel doch
fehlt es an Luft. Das Auge
links genähter
Nagel jenseits
ein Loch. Die Bilder
strömen doch fehlt
Flüssigkeit. Das Licht
ein Faden reißt ab.
Das Wort eine
schwarze Spur auf
der inneren Oberfläche
über die der glättende
der Wind geht. Das Ohr
ein Boot wo sich
die Lüfte kreuzen. Es ist
Nacht ein tobender
Mond die innere Ebene
geteert vom Meer

29.01.2007 11:07:37 

Fischpredigt: Schluß


»In Genf war ich ärmer als ein Fisch. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich saß am See bei einem Angler und beneidete die Fische um den Köder, den er ihnen zuwarf. Ich hätte den Fischen über dieses Thema eine Predigt halten können. Die Fische sind mystische Wesen, man sollte sie nicht töten und essen dürfen.

Epargnez votre sang, j‘ose vous en prier,
Sauvez-moi de l‘horreur de l‘entendre crier.
(Racine)«

Hugo Ball, »Die Flucht aus der Zeit«, Eintrag vom 31. 8. 1915, Zürich 1992

02.02.2007 12:29:11 

Stele: Eröffnung des Cabaret Voltaire am 4. 2. 1916


»Das Lokal war überfüllt; viele konnten keinen Platz mehr finden. Gegen sechs Uhr abends, als man noch fleißig hämmerte und futuristische Plakate anbrachte, erschien eine orientalisch aussehende Deputation von vier Männlein, Mappen und Bilder unterm Arm; vielmals diskret sich verbeugend. Es stellten sich vor: Marcel Janco, der Maler, Tristan Tzara, Georges Janco und ein vierter Herr, dessen Namen mir entging. Arp war zufällig auch da und man verständigte sich ohne viel Worte. Bald hingen Jancos generöse ›Erzengel‹ bei den übrigen schönen Sachen, und Tzara las noch am selben Abend Verse älteren Stiles, die er in einer nicht unsympathischen Weise aus den Rocktaschen zusammensuchte.«

Hugo Ball, »Die Flucht aus der Zeit«, Eintrag vom 5. 2. 1916, Zürich 1992

05.02.2007 10:55:30 

Hans Test geht ein Brot kaufen


Anonym
Hängt dir der Kopf so richtig runter
Iß Brot vom Seip und du wirst munter



Bis vor etwa zehn Jahren stand dieses kleine Gedicht auf jeder Tüte der Bäckerei Seip in der Heidelberger Weststadt. Es preist nicht das Brot dieser Bäckerei. Es erzählt von einer wunderbaren Heilung.
Nicht Sättigung wird hier versprochen, ein angenehmer Geschmack auf der Zunge, eine knusprige Kruste oder eine weiche Krume. Der niedergeschlagene Kunde ißt ein Stück Brot und schon geht es ihm besser.
Das klingt ganz nach Hausmittel und Kummerspeck. Man könnte auch an die Wundermittel umherziehender Bader denken, die das leichtgläubige Volk mit Pillen aus altem Brot traktierten (gegen den Zahnschmerz). Doch will der Bäcker sein Brot allen Ernstes als Medizin empfehlen?
Dagegen spricht die sprachliche Organisation des Gedichts. Die drastische Formulierung »der Kopf hängt runter« spielt mit einem Schaden, der die einfache Niedergeschlagenheit weit hinter sich läßt und kaum zu heilen wäre: der Kopf hängt runter, wenn er nicht mehr fest auf dem Hals sitzt. Das sich im Reim einstellende Happy End in Form eines krassen Gegenteils (munter) signalisiert den Taschenspielertrick, das geht nun doch zu schnell, um seriös zu sein.
So läuft die Unmöglichkeit der Heilung als verborgene Botschaft im Zweizeiler mit. Es herrschen Verhältnisse wie bei Doktor Eisenbart aus dem Spottlied (»kurier die Leut nach meiner Art widdewiddewitt bumbum«) in dessen Praxis der Kranke von etwas geheilt wird, worunter er gar nicht gelitten hat, die Garantie für ein perfektes Wunder.
In seiner Schlitzohrigkeit steht dieses Gedicht am Ende einer langen Tradition von Gebrauchslyrik, in der der (End-)Reim dafür sorgt, daß ein Satz nicht spurlos vorübergeht. Er strukturiert die behauptete Wirkung, formuliert sie glaubhaft und einprägsam. Der Reim ist ein Mittel der Wirksamkeit von Sprache. Davon künden unzählige Slogans, Gebete, Eselsbrücken. Sie verweisen direkt auf den Ursprung volkstümlichen Reimens, in dem Ausdruck und Wirkung direkt zusammenfallen, den Zauberspruch.
Dem anonymen Autor war all dies vermutlich nicht bekannt. Er folgte lediglich der ironischen Tradition seiner Zeit. Die Dichter der Hochkultur hatten aufgehört zu reimen, man begegnete dieser Form nur noch in der Bütt und auf Vereinsfestlichkeiten, Gereimtes hatte fröhlich und scherzhaft zu sein. So ist sich dieses Gedicht aus konventionellen Gründen seiner späten Existenz bewußt, es nimmt sich nicht mehr ernst, sondern spielt mit dem Genre. Dabei erfüllt es, erneute Drehung der Spirale, einen naiven Aberglauben und macht sich über ihn lustig.
Soweit immerhin ein Reklamevers, der sich auf die Höhe seiner Zeit begibt. Andere Produktionen populärer Verskunst sind noch erstaunlicher. Im Wilhelminischen Berlin gab es Straßendichter, bei denen man für wenig Geld ein paar gereimte Zeilen bestellen konnte. Mitunter müssen die Ergebnisse von grandioser Schlampigkeit gewesen sein, wie jenes Gedicht, das meine Großmutter sich als junge Frau einmal anfertigen ließ: »Oh wie labend ist der Abend, Abendbrot gegessen habend.« So dichtete ein Zeitgenosse des Formalisten Velimir Chlebnikow auf einem berliner Bürgersteig.

19.02.2007 13:14:03 

Oft schon zitiertes Lieblingszitat


Toujours Ke'kchose D‘ Extrème, Un Poème!
(= immer 'n bisschen extrem, son poem)

Raymond Queneau *21.2.1903-25.10.1976

21.02.2007 16:22:07 

Hans Test findet in einem Schlagloch das Babylon-Gefühl


»Aus ›schon vergessen‹ kann allerdings völlig neues Leben entstehen – wie damals, als der alte Moshe Zuckermann mit dem Schiff nach New York kam und auf Ellis Island bei der Immigration nach seinem Namen gefragt wurde. ›Schon vergessen‹ murmelte Moshe undeutlich in seinen Bart, und der Immigration Officer schrieb auf, was er gehört hatte. So kam es, daß seit drei Generationen die Oberhäupter einer jüdischen Schrottplatzdynastie Jean Ferguson heißen.«
Renée Zucker, taz vom 28. 2. 2007

28.02.2007 15:18:56 

Stille Wasser


Hans Test erinnert sich:
»Musik ist für mich wie Wasser«
Elvis Costello zu Mirko Bonné

16.03.2007 12:33:01 

Hans Test erinnert sich: Westerwald I


Man hat Hans Test einen Weisen aus dem Ort empfohlen. Das letzte Haus rechts, ein Bienenkorb über der Scheune. Schuhenn, sagte Frau Zöller, weiß viel über alte Sachen und Geschichte, der hat uns mal so ein Heftchen über die Ortschaften hier geliehen, wo auch was über die Mühle drinstand, wo wir das wohl haben? 1 Freundlicher, runder Mann um die 70 im grauen Sonntagspullover schließt die Tür auf, bittet Test herein in die Stube. HT glaubt, Schuhenn hört vielleicht nicht gut, oder er selbst redet zu schnell. Ja, er weiß schon, was HT macht, er ist für ein paar Tage hier untergebracht und interessiert sich für den Westerwald. Schuhenn war ja Industriemeister im Nachbarort, die stellten Geräte der Lufttechnik her, lange Jahre hat er dort gearbeitet, auch die Leute eingestellt. Er ist gebürtiger Dickendorfer, hier in diesem Haus geboren. Was vorher dastand? Das hatte die Traufhöhe der Scheune nebenan. Also er kann HT über die Geschichte nicht viel sagen. Das einzige was er hat, hier, er zieht einen vergilbten Zeitungsausschnitt hervor: »Ganz so schlimm war es wohl nicht. Unterzeile: wie ein Schriftsteller vor 200 Jahren den Westerwald und die Lebensweise seiner Bewohner sah.« Er hatte auch mal ein Heftchen, das hat er zuerst der Familie Zöller und dann einem Arzt aus Bonn geliehen, der es ihm nie zurückgegeben hat. Eher lustlos fragt Test ein bißchen herum, zur Geschichte weiß er gerade, warum der Westerwald so heißt: westlich von Herborn. Sie sollten mal den Arndt in Elkenroth besuchen, der ist Heimathistoriker. Oder in Hachenburg einen Herrn Kessler, jetzt weiß er den Vornamen nicht, aber er ist oft im Freiluftmuseum zu finden. Die Leute hier waren arm, kleine Gehöfte, auf der Kuppe ist der Boden so dünn, daß man mit dem Pflug schon auf den Fels kam, also: Schiefer. Und die Müller waren die reichsten Leute hier, weil durch die Bannmühle bis nach Nauroth und weiter alle Leute hier über den Mühlenweg kommen mußten und ihr Korn mahlen. Der Müller wurde nicht schlecht bezahlt und dann blieb ja auch immer etwas in der Mechanik hängen, das konnte er dann behalten. Herr Zöller hat Test erzählt, daß er Schlichter der Verbandsgemeinde ist? Ja, jetzt lacht er: da muß ich die Lappalien, sag ich mal, also die muß ich da schlichten. Ich rede mit den Leuten, meistens reicht es, wenn man sie mal ausreden läßt. Nein, im allgemeinen kommen die Dörfler gut miteinander aus, die Leute sind hier human. Es geht oft um Beleidigung. Also Ihnen kann ich das ja sagen, kürzlich so ein Fall in Wissen auf dem Fußballplatz. Im Spiel ist nicht alles richtig gelaufen, nachher sagt einer durch die Lautsprecheranlage: wir haben verloren, ich sage Euch wer Schuld hat: der Soundso. Na, der Betreffende wollte dann klagen und der Richter hat das ans Schiedsgericht verwiesen, der Schlichter aus Wissen war befangen, da habe ich die Sache übernommen. Schuhenn ist auch Rechnungsführer in der Jagdgenossenschaft, aktiver Bienenzüchter, an Ehrgeiz fehlt es ihm nicht. Oder kürzlich hier im Ort, da hat ein Mann, der geschieden war, sein Auto vor das Fenster der Nachbarin geparkt, sie rennt raus und brüllt herum, da nannte er sie Blondine, weil sie so gefärbt war (er hebt eine zurückgekämmte Strähne etwas an), und sie schrie dann: du Ehebrecher. Bei mir hat das fünfzig Mark gekostet, die Anwälte treiben solche Sachen soweit, das wird dann teuer. Liebe Frau, habe ich ihr gesagt, so ein Wort kann Sie glatt zehntausend Mark kosten. Ein Richter aus Betzdorf, mit dem er manchmal noch zusammensitzt, hat ihm erzählt, daß manche Anwälte gerade das Existenzminium haben. Verständlich, daß sie jede Sache so verfolgen. Jedes Haus hier hat Schiefer an der Wetterseite. Schiefervorkommen in Limbach, obwohl man später dort nicht mehr abgebaut hat, der aus der Eifel war leichter zu verarbeiten. Durch das Fenster fällt Sonne in die Stube, Schrankwand aus Eiche, fünf Bücher, ein Lexikon, dunkelbraune extrem weiche Sitzgruppe, er etwas schief im Sessel, und die Krawatte fällt ständig so über den Bauch, daß er sie wegwischen muß. Die Fichten hier, alles von Förstern eingeführt, weil einen Eichenstamm kann man erst nach 200 Jahren verkaufen. Das sind Flachwurzler, ein Sturm und sie sind draußen. Der Hauberg früher, das war alles Laubwald. Und eines haben wir hier für die Bienen, das gibt es nur bei uns, wegen dem Hauberg: der Gamander. Er blüht jetzt als letzte Tracht für die Bienen, schmeckt leicht bitter, deshalb ist der Westerwälder Honig so hervorragend, einfach super. Vor Jahren hat er sich den Stamm einer vierhundertjährigen Eiche aus dem Wald geholt und ein Bienenvolk hineingesetzt, ja, das möchte Test natürlich sehen. In der Diele zieht er sich einen Blouson über: Hexenschuß. Er züchtet sich ja seine Königinnen selber. Auf dem Rasen vor dem Haus ein nackter Stamm, Thunfischfarben, gut zwei Meter hoch, obendrüber ein Spitzdach aus Blech, sieht ein bißchen aus wie eine hölzerne Litfaßsäule, aber da ist das Flugloch, rot unterstrichen und dicht umdrängt, er öffnet das Türchen, drinnen ein Bienenkasten, früher haben die ja auch in Bäumen gehaust. Dieses Jahr kommt nicht viel von den Tannen, aber Blütenmischung, super, wie gesagt, wegen dem Gamander. Aber er kann Test noch andere Sachen zeigen. Sie gehen durch eine kleine Senke auf den Bachlauf zu, nasses Gras, aber die Sonne wärmt den Rücken. Erlen und Linden, schattig, ein nasser, glitschiger Steg, das ist jetzt nicht der Elbach, sondern der Lindionsseifen. Das war ein Grenzbach, die eine Seite wurde in Hachenburg eingetragen, die andere in Kirchen, Betzdorf ist ja noch nicht so alt. Deshalb hat er Probleme mit Koblenz gekriegt, als er hier auf der anderen Seite das Häusken gebaut hat, dort schleudert er, wenn mal eine Schulklasse kommt Der Teich davor ist so ein Biotop, hunderte von Kaulqauppen hat er hier im Frühling, die Frösche locken die Ringelnattern an, die braucht er, weil sie ihm auch die toten Bienen wegholen. Sie gehen über eine Weide, die Kühe gehören einem Bauern nebenan, als Rasenmäher. Dahinter schon am Waldrand (verstreutes Laubholz halbhoch, das keine wirkliche Grenze bildet, eher ein allmählicher Übergang) seine 30 Völker in Bienenkästen. Man braucht ja kein Bienenhäuschen, das haben die Menschen immer nur gedacht. Vier große rostfarbene Bleche sind an den Hang gelegt, er hebt jedes einzelne an, nackte, verletzliche Erde, kleine Mulden, Eichelhüllen, nein, die sind nicht mehr da, eine Ringelnatter ist nicht zu sehen, das da ist eine Blindschleiche und er hatte auch zwei Feuersalamander hier, immerhin die Haut einer Ringelnatter. Sie stehen jetzt mitten im Bienenflug, Test streicht sich etwas nervös eine Biene aus dem Haar. Die sind ja nicht mehr aggressiv, sagt er. Wie das? Jetzt ist er sichtlich stolz: durch Auslese. Ich züchte ja meine eigenen Königinnen, tausche auch mit einem befreundeten Imker in der Eifel, ja und dann gibt es ja noch den Imkerbund. Wir haben sie jetzt soweit, daß sie nicht mehr stechen. Die Schüler staunen immer, wenn er sich so eine volle Wabe an die Wange hält. Vor allem, er hat neue Behältnisse für Waben gebaut, Jahre über Jahre ausprobiert und verbessert: früher mußte man die Waben einzeln aushängen, jetzt hat er ein Magazin, das man direkt in die Schleuder setzt. Eine Art Container? Ja, vor allem, jetzt schwärmen sie nicht mehr: man setzt einfach ein neues Magazin daneben. Und zum Schwärmen haben sie sich auch immer Honig für drei Tage mitgenommen, der ganze Ertrag war so im Eimer. Wir gehen wieder hinein, etwas lauteres Klappern aus der Küche, Kartoffelgeruch. Test sagt, er hätte ihm viel geholfen, die Reformbiene hat ihn beeindruckt. Er: Sie brauchen mir nicht zu danken, das ist doch selbstverständlich! (In Dickendorf reagieren alle beinahe verschreckt, wenn man sich bedankt) Sie sind ein echter Naturfreund, ruft er ihm nach, solche wie Sie sollte es öfter geben!, schließt die Tür, dreht den Schlüssel. Test verstaut den wertvollen Zeitungsauschnitt in der Innentasche so, daß er keine neuen Falten bekommt, und rollt den Berg hinab zu Mühle.



27.03.2007 13:42:47 

Hans Test erinnert sich: Westerwald II


An Gerhard Bolaender,

… heute Mühlenführung für eine 4. Klasse mit Lehrerin und Muttis. Als Müllerin fungiert Frau Zöller, bei der ich eingemietet wurde, sie betreibt eine Besuchermühle, die zu Schauzwecken angeworfen wird. Die Anlage ist recht alt: Spätmittelalterlich, erstmals erwähnt 1529 als Bannmühle, d. h. im Besitz des Fürsten (Sayn-Wittgenstein), die umliegenden Bauern sind verpflichtet, hier mahlen zu lassen, der Müller wird vom Grundherrn entlohnt. Durch Friedrich Wilhelm Hassel kommt sie 1732 in die Familie, erwähnenswert ein streitbarer Müller namens Christian Hassel, der sich von 1817-1835 in die Mühle hineinprozessierte, schließlich konnte er sie kaufen und damit vom Bann befreien. Bis 1972 wurde die Mühle häufig umgebaut und modernisiert, von der ursprüngl. Anlage ist vmtl. nur die Örtlichkeit (in der letzten Ritze des Tal-Ortes Dickendorf) und das Arbeiten mit Wasser/Gefälle übriggeblieben. 1972 mußte der Betrieb dann eingestellt werden, weil die Nebenerwerbsbauern kein Getreide mehr anpflanzten.
Die Anlage besteht aus einem Teich, dessen Wasser durch ein Rohr auf eine kleine Turbine geführt wird, wenn man mit einem Handrad die Schleuse öffnet. Das Wasser geht durch das Rohr in den Elbbach ab. Auf einer Achse im Keller des Mühlengebäudes sind zwei waagrechte Zahnräder angebracht und zwischen ihnen noch einmal zwei senkrechte Räder, letztere treiben über Transmissionsriemen ein Becherwerk für den Transport des Korns in den Speicher, eine Siebanlage und eine Schnecke für den Transport des Mehls ins Erdgeschoß an, die beiden Zahnräder sind für den Antrieb von zwei Mahlwerken gedacht, eines zum Schroten und eines zum Feinmahlen. Zuerst aber muß das in Säcken angelieferte Korn gewogen werden. Wer möchte Sack sein? Alle Kinderchen recken die Hand, also wird jedes gewogen, Ergebnis so zwischen 30 und 40 kg., verlegenes Auflachen der Muttis, als die Müllerin sie nun ebenfalls wiegen möchte. Dann darf so 1 Kleiner mit dem Handrad die Schleusen öffnen und die Maschine des Wasser-Eisen-Holz-Riemen-Staub-Systems beginnt ihr regelmäßiges Rattern und Rummen, wuchtiger Rundlauf, begleitet von hölzernen Flattergeräuschen und an den mächtigen Übersetzungen für die Mühlsteine gibt es einen Luftzug, weil die aufgesetzten Zahnräder mit breiten Eisengreifern bestückt sind. Die durch ein Loch im Boden in ihr Behältnis geschütteten Körner werden also über ein Becherwerk in den Speicher geschaufelt, um von dort aus in das Mahlwerk hinabzufallen: zwei Mühlsteine von gut 1m Durchmesser, der untere, Fauler genannt, liegt auf einer sich drehenden Eisenachse mit Nute (=Mitnehmer), die den oberen Mühlstein antreibt, der Läufer heißt. Beide liegen mit einer geriffelten Seite aufeinander, heute aus körnigem Beton hergestellt, früher natürlich »gewachsen«, aus einem harten Tuff, hier sogar einer aus der Champagne. Durch das Loch in der Mitte des Läufers fällt das (zuvor in einer besonderen Anlage im Hintergrund gelüftete, gereinigte und gebürstete [!]) Korn, gerät durch Fliehkraft zwischen die Steine, wo es gemahlen wird und wiederum dank Fliehkraft (wie beim Kettenkarussel, sagt Frau Zöller, aha, machen die Kinderchen) nach außen gerät, dort aufgefangen durch eine umgebende Zarge aus hellem Holz. Wofür liegen die beiden Hammer auf dem Faulen? Gute Frage, mit ihnen wurden die Mühlsteine geschärft, d. h. mit dem spitzen Hammer wurden die Rillen im unteren nachgezogen, mit dem stumpfen die Rillen im oberen angeschrägt.
Alle Maschinen stecken in Gehäusen aus hellem Holz, freundliche lichte Atmosphäre im Erdgeschoß des Fachwerkbaus aus dem 19 Jhdt., freundliches Frage- und Antwort-Spiel zwischen Müllerin und Kindern, die Erwachsenen halb ungläubig halb amüsiert im Hintergrund. Einiges wird angefaßt und nachgeschmeckt: (iih, das Schrot). Und was bringt man hier in Säcken an? Das Brot vielleicht? vermutet einer. Dann die schmale Holztreppe hinunter in den kalten Keller mit den schweren Eisenrädern, ein Brünnlein quetscht sich zwischen den Steinen hervor. Wofür ist das gut? Da ist gar nicht gut, eine undichte Stelle, man läßt es halt abfließen. Oben im Speicher die filigranen Anlagen: Zentrifuge zum Sieben des Mehls, Fahrstuhl, der über ein Schwungrad, also auch ohne das Wasser funktioniert, in ihm werden die Kinderchen paarweise nach unten geliefert, wo sie den für die nächste Führung neu andrängenden Schülern noch zurufen können: der Fahrstuhl ist das kuhlste …

28.03.2007 14:32:53 

Propheten 5


Habib Tengour

Stein im Sand
die Namen nicht eingeschrieben

Sie sagt: unmöglich
dieses Land
mein Kopf kann ihr zustimmen

Sie befragt dein Herz
ihr Blick
sinkt in Stille

Ein andermal vielleicht
danach nur
Trauer zu durchqueren

(Aus: Mouvements)

Hans Test gratuliert zum 60. Geburtstag

28.03.2007 17:41:55 

Hans Test erinnert sich: Westerwald III


An Michael Braun,
… so gegen 13 Uhr hat heute der Regen nachgelassen & ein landesuntypischer Sonnenstrahl fiel zu mir ins Funkloch. Ich schalte also den Mozart ab und hinaus! 1/2 Stunde später telefoniere ich mit Angelika, beglotzt von ungezählten Kühen, 4 Kälbern und einem Stier. Über den Kamm nach Steinebach zur Besuchergrube Bindweide, die Mi und Sa/So geöffnet ist, Schacht Herkules, in alter Zeit in den Berg getrieben (Werkzeugfunde). Es warten schon ca. 10 Leute darunter 1 Kindergeburtstag, alle in gelbem Ölzeug mit Helm, ich suche lange nach einer Jacke, die über meinen wattierten Leib paßt. Bald kommt ein alter Bergmann im weißen Zeug, führt uns zur Grubenbahn und weist uns in die engen Käfige, ich stoße mir zu 1. Mal den Helm und gleich darauf wird ein dicker Mann auf meinen Schoß geworfen, maintenant j´ai un problème, sagt er, weil er nicht in den Wagen hineinpaßt, ich: ne vous inquiétés pas. Oh vous parlez Français, mieux que moi l´allemand, was nichts heißen will, denn er kann gerade mal woorsiiescht! sagen (anstatt Achtung, was mglw. einfacher wäre). So rattern wir zu zweit auf einem Bänkchen von ca. 50 cm durch den Stollen, er eingezwängter als ich & vmtl. kaum mit Bankberührung, bis wir nach 800 m aussteigen dürfen, wir sind jetzt 100 m unter dem Berch, sagt der Führer. Schon die Kelten haben hier Eisen jefunden, waren ein kriegerisches Volk. Wenn an einer Stelle Fingerhut wuchs, hat man dort Erz vermutet. Das war im Mittelalter. Die Grundherrschaft hatte kein Interesse am Bergbau hier, aber reiche Leute konnten sich Schürfrechte kaufen, so geschehen 1849, als die bereits bestehende Grube intensiv genutzt wurde, dahinter standen Leute aus dem nahegelegenen Kirchen, nich wahr, das Dorf der Millionäre. Einige Besucher nicken. Der dicke Franzose hat mir nun schon zum 2. Mal seine junge Tochter vorgestellt, einmal im Dunkeln und einmal im Hellen, seinen Schwiegersohn, seine Frau. Un homme qui parle Français! ruft er begeistert. Damals wurde von oben nach unten gehauen, was sich in den 80er Jahren rächte, als einmal plötzlich das Wasser von oben kam und einige Bergleute ihr Leben ließen, darunter der Schwiegersohn des Hauptbetreibers. Der verkaufte an Krupp, womit jetzt endlich Wind in die Sache kam, eine Eisenbahn wurde gebaut, 1 Million t Erz gefördert von 900 Bergleuten. Mit Schlägel und Eisen haute man die Brocken los, jetzt von unten nach oben vorgehend, das Losgehauene wurde mühsam zur Sturzrolle geschleppt und in Wägelchen verfrachtet, oben von Frauen vorsortiert, das Eisen dann bei großer Hitze aus dem Erz herausgeschmolzen. Die Gänge wurden mit Eichenholz gesichert, das naß so hart wird wie Eisen, Brocken an der Decke allerdings mit Tannenholz, denn Tannenholz warnt, d. h. es kreischt auf, wenn der Brocken von oben drückt. Die Loren wurden von Grubengäulen bewegt, die nur einmal heruntergelassen und erst wieder aus dem Stollen gebracht wurden, wenn sie nach kaum zehn Jahren verbraucht und natürlich ohnehin völlig erblindet waren, aber auch die Hauer hatten nur eine Lebenserwartung von 40-45 Jahren, die Staublunge, von den Quarzanteilen, die beim trockenen Abbau die Bläschen blähten. Arme Bauern gab es genug. Es herrschte völlige Dunkelheit, die Hauer waren mit Karbid-Lampen ausgerüstet, mit denen man das Wetter prüfen konnte, d. h. den Sauerstoffgehalt der Luft, außerdem konnten sich die Bergleute ihren Kaffee aufwärmen. Er zeigt wie man den Bügel umlegte und Monsieur neben mir, aha le rechaud! Der Führer, der selber noch eingefahren ist, allerdings erst ab 52, wirft nun die dröhnenden Bohrmaschinen und Luftdrucklampen (über einen Dynamo) an, die man hier zu seiner Zeit benutzte. Krupp hat noch Anfang der 60er für mehrere Millionen neue Stollen abgeteuft (=in die Tiefe getrieben), aber bald wurde die Erzförderung hier überall eingestellt. Hauptproblem: das viele Wasser. Für 1 Wagen Erz mußten 7 Wagen Wasser herausgeschafft werden. Anfang der 80er kam dann ein Bürgermeister auf die Idee der Besuchergrube, unser Führer und andere Kumpel arbeiteten Jahre an der Fertigstellung dieses äußerst sicheren und nunmehr elektrisch beleuchteten Stollens, in dem wir hier stehen, sie wurden verlacht und angegriffen vom Rest des Dorfes. Er redet sich in Ärger hinein, seine Rede rutscht ins Platt, der Schwiegersohn hat schon lange seine Übersetzungsversuche eingestellt, ich lasse mich nicht einspannen, bringe lieber ein paar Verständnisfragen. Zu wievielt arbeitete man sich voran? Immer drei Leute. Auf engstem Raum, früher 12 Stunden, es gab Stollen zur Abkürzung des Heimweges, weil die Leute anschließend noch aufs Feld mußten. Der hier kommt bei Dickendorf raus. Wir gehen ein bißchen hin und her, ich immer froher über meinen Helm, weil ich mir ständig den Kopf stoße, man sieht weiße und tiefschwarze Adern, rostrote Stalaktiten und -miten, redet ein bißchen, darüber wie erstaunlich das alles ist & wie früher das Leben schwer war. 2 dicke Männer mit weißen Bärten, aus der Umgebung (von Honigessen und von Kotzenrot), mit schüchternen Gattinnen, dann die 6 Jungs, denen der Führer am Ohr herumdreht, nach dem Abfragen, was er vor 1/2 Stunde verzeehhlt hat. Dann noch natürlich die dt-frz. Familie und eine exotische Dame mittleren Alters mit einem pausbackigen Mädchen, das später die Eisenleiter herunterfällt, aber war nicht schlimm. Das Wasser, das hier runterkommt, ist vor drei Wochen als Regen auf die Erde gefallen. Hier eine Madonna, die uns geschenkt wurde, wir haben sie aufgestellt, obwohl die Patronin der Bergleute die Heilige Barbara ist, die hat immer einen Turm dabei, ihr Vater war Heide und hat sie darin eingesperrt, als sie Christin werden wollte, da hat der Spender gesagt, daß die Madonna 1 Kelch hat, sei künstlerische Freiheit, der war ein Studierter, mir braucht er nichts zu erzählen, ein Turm muß dabeisein, wir haben sie trotzdem aufgestellt, hättens nicht tun sollen. Er hat sich wieder in den Dialekt hineingeredet, hetzt dann gleich noch gegen den neuen Beamten der Aufsichtsbehörde, mir braucht der nichts zu erzählen, dann: nur damit Sie wissen, wie sicher hier alles ist. Als wir wieder nach ca 1 Stunde das Bähnchen besteigen, suche ich mir gleich einen so engen Platz, daß niemand auf die Idee kommt, mir 1 Franzosen beizugeben, der sitzt jetzt Rücken an Rücken mit mir. Draußen stopfe ich 1 Zehner in den Opferstock, der Führer hat nochmal Glückauf gerufen (die Bärtigen aus der Region stimmen ein) und gesagt, er macht das alles ehrenhalber, also ohne Bezahlung. Noch die paar Vitrinen im Vorraum, dann schüttle ich die dt-frz. Hände & wünsche bonne continuation, kaufe 1 Erzbrocken mit Namenszettel für DM 5,-, trinke in der nahen Wirtschaft Zum Stollen eine Tasse Kaffee, und trete den Rückmarsch an eine gute halbe Stunde, diesmal auf einem straßenferneren Weg, der aber, oh Wunder, direkt bei der Mühle herauskommt.


04.04.2007 15:27:46 

Hans Test erinnert sich: Westerwald IV


Haltestelle
Ihr Gesicht habe ich hier noch nicht gesehen. Ich gehe immer raus, bei dem Regen, überall gehe ich hin, das ist wichtig. Nur ein paar Gummischuhe bräuchte ich noch. Ja, der Bus kommt immer ein bißchen später. Man ist ja so einsam, wissen Sie. Und die Leute sind heute nicht mehr so wie wir damals waren. Dann könnten Sie vielleicht ein Gedicht über mich schreiben und wie die Leute sind? Aber das machen Sie nicht! Und Sie wohnen noch bei Ihrer Mutter? Ach, Sie sind umgezogen. Und ist es dort jetzt schöner? Ja, man hätte gern jemand, der einen verwöhnt, aber der sollte sein wie ich. Man kann ja nicht jeden nehmen, manche machen das und werden die dann nicht mehr los. Jedenfalls bin ich froh, daß Sie Gedichte schreiben. Nein, ich bin nicht gern hier, aber solange ich gesund bin, kann ich ja rausgehen, sonst fällt mir alles auf den Kopf.

10.04.2007 15:38:35 

Hans Test erinnert sich: Westerwald V


Bei der Glockenbuche
Zur Glockenbuche: gleich dahinten. Und Sie kucken sich jetzt um hier? Da sollten Sie mal schreiben, was die Gemeinde Nauroth mit den Linden macht. Sieben stehen über meinem Haus und werden nicht beschnitten. Also mein Papa wollte mir zuerst ein Haus bauen, aber das hat dann meine Schwester gekriegt, die mit zwölf vom Heuboden fiel und hat dann acht Zentimeter in den Schuh gekriegt. Was denken Sie, was denken Sie. Vierzehn Jahre habe ich gebraucht, um meinen Mann dazu zu bringen, daß wir ein Haus bauen, die Kinder sollen wissen, daß man auch etwas gearbeitet hat. Die Gemeinde wollte in Fremdenverkehr machen und hat die sieben Linden pflanzen lassen. Sie sind jetzt fünfundzwanzig Jahre alt und es ist dunkel im Haus, keiner will es mieten und mein Mann möchte hierbleiben, beim Vieh, ich führe doch nicht den Hund spazieren, sagt der. Das müssen Sie sich mal fürstellen. Und die Grube, bis wir das hingekriegt haben: Wasser war da immer drin. Mein Mann hat so einen Block Basalt geholt und kleingeschlagen, wir haben den Basalt verteilt, daß das Wasser abfließen kann von dem Haus. Ich die kleinen Brocken mit der Schubkarre und er die größeren. Damals war ein Regensommer, meine Schwester die ganze Zeit am Kleider trocknen. Ich hatte ihr auch meinen Teil gegeben, als alles bei ihr eingebrochen ist, damals. Warten Sie, das muß ich jetzt erstmal zusammenkriegen für Sie. Ich war gerade vierzehn Tage verheiratet, sie brauchte das Geld und ich noch nicht, da habe ich es ihr gegeben für die Bankzinsen, damit wir real bleiben im Leben. Und wir haben damals gearbeitet, was denken Sie, was denken Sie! Einmal wurde das Dach gedeckt, wir schliefen im Dachstuhl und hörten, wie die Balken trockneten. Und mit den Mietern sind wir gut ausgekommen, die sagten sogar: wir wollen euch das Leben süß machen und haben uns geholt, zum Kaffee und dann zum Abendessen. Der Mann konnte schön Gitarre spielen und wir haben gesungen und uns verstanden wie Geschwister. Dann bin ich eingebrochen und kam ins Krankenhaus, und was denken Sie, was denken Sie, die Ärzte wollten mir das Bein abnehmen. Mein Mann mußte zum Bau, und ich hatte Steine bestellt, und nach dem Vieh mußte gesehen werden und meine Schwester konnte ja nicht mit ihren acht Zentimetern im Schuh. Da habe ich mir so mit den Fingern den Eiter aus dem Knie gedrückt, was denken Sie, was denken Sie, die Schwestern und alle haben gesagt, sowas gibt es gar nicht. Das müssen Sie sich mal fürstellen, und die Schwiegermutter vom Bürgermeister, also da oben von Gebhardshain, daß ich Ihnen das jetzt bloß richtig sage, vom damaligen Bürgermeister, von der Verbandsgemeinde, die lag damals auf meinem Zimmer und sagte: wenn du draußen bist, dann gehst du aber nicht morgens gleich in die Gummischuh, um das Vieh zu versorgen. Hier das Stück hat auch mal der Gemeinde gehört, da beim Bach, aber wir haben es getauscht, und was denken Sie, was denken Sie, dann sagt doch einer, die gehen an die Fische, da haben wir den Zaun hingemacht. Bachgänse haben halt bessere Federn als freilaufende. Ich spleiße die - nein, nicht mit dem Messer, mit der Hand zerrupfe ich die, ich kann das. Meine Tochter hat so ein Federbett gekriegt und mein beiden Jungs auch. Kürzlich wollte einer einen Flügel unten, mit noch allen Federn, als Fächer für die Bienen. Zum auskehren, meinen Sie? Ich habe nicht schlecht gestaunt, das müssen Sie sich mal fürstellen, ich dachte, die großen Federn müssen doch raus! Nein, der wollte alles dranhaben. Ja die Hühner und die Gänse, das ist der Spaß von meinem Mann, aber so richtig verdienen tut man nichts mehr damit. Ums deutsch zu sagen: Mein Mann trägt die ganze Rente ins Vieh, damit die Sache rund läuft.

13.04.2007 14:10:57 

Hans Test erinnert sich: Westerwald VI


Das kurze Leben des Andreas Ludwig Balzar:
geboren 1769 in Höchstenbach als Sohn des reformierten ev. Pfarrers, erstes von zwölf Kindern. Studierte auf der Hohen Schule in Herborn Theologie und Philosophie, wurde 1794 wegen mehrmaliger Wilderei im fürstlichen Tiergarten zu Dillenburg relegiert und verurteilt. Floh zu seinem Vater in Flammersdorf, der ihn verstieß. Nur seine Braut Grete Sandner hielt noch zu ihm. Als Hauptmann einer Wildererbande geriet er in ein Scharmützel der Österreicher gegen die Franzosen bei Kirchleib, verwundete den General Jean-Baptiste Kléber. Vom Kriegsgericht zum Tode verurteilt, konnte er nach einer Vernehmung mit Hilfe seines Bruders fliehen. Kurz darauf wurde seine Braut von französischen Soldaten vergewaltigt. Aus Rache wurde Balzar Freischarführer: le capitaine noir. Durch Verrat seines ehemaligen Bandenmitglieds Giebert im Mehrbachtal gefangen, wurden dem Balzar von Flammersfeld im Schloß Westerburg der Prozeß gemacht. Schwer belastet wurde er von der Wahlroder Müllerstochter, deren französischen Geliebten er getötet hatte, und vom Gemeindeförster Wiedmann. Er gestand, 21 französische Offiziere getötet zu haben und wurde 1797 hingerichtet.
(Rheinzeitung vom 12. Sept. 2001)

16.04.2007 11:30:20 

Comics für Blinde


Bahndeutsch

Zugbegleiter – Daff isch mal ihr Fahrkättsche seije?
HT – Kärtchen gibts schon lange nicht mehr.
Zugbegleiter – Iss abä gud, wenn mä ä bissche Dialekt höre dud. Wird heut viel zu wenisch geredd.
Alte Dame im Nachbarabteil – Was ist das?
Zugbegleiter – Hessisch
Alte Dame im Nachbarabteil – Ich kann ja noch Sütterlin lesen!
Zugbegleiter – Lese isch aach, abä mim schreibe hättisch Schwierischkeite!

20.04.2007 11:08:11 

Comics für Blinde


Gemüsedeutsch

- Du schwarz?
- Oh, mein Sohn ist verstorben.
- Wieviel alt?
- Vierzig.
- Traurig, traurig.
- Es war ein Herzinfarkt.
- Hamse Kinder?
- Ja. Ja.

26.04.2007 11:55:45 

Propheten 6


»Die einfachste surrealistische Handlung besteht darin, mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings soviel wie möglich in die Menge zu schießen. Wer nicht wenigstens einmal im Leben Lust gehabt hat, auf diese Weise mit dem derzeit bestehenden elenden Prinzip der Erniedrigung und Verdummung aufzuräumen – der gehört eindeutig selbst in diese Menge und hat den Wanst ständig in Schußhöhe.«
André Breton, Zweites Manifest des Surrealismus. Deutsch von Ruth Henry. Reinbek (Rowohlt) 1977, S. 56

Mirko, da haste die Attac. Oder war das Juergen mit den Umsturzplänen?

30.05.2007 15:53:23 

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