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neues aus literatur und kunst
fix zone | august 2013
Artwork: Michael Zauner
31.08.2013 | Zimmer 41 - das ist der Titel eines seit Ende Mai auf youtube online zu findenden und nun heute durch einen Hinweis von Korinna Feierabend entdeckten sehenswerten, experimentellen Kurzfilm von Arina Alexandrowa (Drehbuch und Regie) und Jan Hinz (Ton und Musik) frei nach dem Gedicht „Der schwarze Mann“ von Sergej Jessenin, übersetzt von Arina Alexandrowa selbst.
Einen Monat nachdem das Gedicht vollendet war, begeht der Dichter Selbstmord. In einem Hotelzimmer schneidet er sich die Pulsader auf, um sich anschließend zu erhängen. Mit seinem Blut schreibt er seinen Abschiedsbrief : Freund, leb wohl. Mein Freund, auf Wiedersehen./ Unverlorner, ich vergesse nichts./ Vorbestimmt, so war’s, du weißt, dies Gehen./ Da’s so war: ein Wiedersehn verspricht./ Hand und Wort? Nein, lass – wozu noch reden?/ Gräm dich nicht und werd mir nicht so fahl./ Sterben, nun, ich weiß, das hat es schon gegeben;/ doch: auch Leben gab’s ja schon einmal.
Die Inszenierung bewegt sich zwischen Theater und Film in einem abstrakten Raum. Drei Schauspieler verkörpern die Tragödie des Gedichtes. Es entsteht ein Dialog, der ein innerer Monolog des Dichters ist, so wie wir ihn durch sein Werk wahrnehmen.
31.08.2013 | In a singing style Die Langen Foundation zeigt ab 01.09. erstmalig Werke von Jorinde Voigt (geb. 1977). Zu sehen ist die Serie „Ludwig van Beethoven Sonate 1-32“ aus dem Jahr 2012. Seit einem Jahrzehnt arbeitet die Künstlerin mit konzeptuellen Zeichnungen, die sie Notationen und Partituren nennt. Ihre Werke erinnern an die grafischen Partituren von Komponisten wie Iannis Xenakis oder Mauricio Kagel, ohne jedoch Anleitungen für eine Umsetzung ins Musikalische zu sein.
Voigt hat in ihrem Werk eine codierte Schreibweise entwickelt, um Phänomene unserer Welt in visuelle Kompositionen zu überführen. Seien die Prozesse noch so komplex, sie finden in den Systemen der Künstlerin ihre Ordnung. In poetischen Liniennetzen, mathematischen Rastern und musikalischen Mustern untersucht sie in ihren Zeichnungen Vorgänge unserer Wahrnehmung.
31.08.2013 | Tagein „Hier und da ließen die Fabrikarbeiter auch etwas mitgehen. Manchmal wickelten sie Draht um ihren Körper, von der Hüfte aufwärts bis zu den Achseln. Darüber zogen sie Wintermäntel oder Jacken an. Sie gingen an der Pförtnerloge vorbei, in der der Sicherheitsbeamte saß, der nichts mitbekam. Die Fabrikarbeiter ließen den Draht nicht mitgehen, weil sie nicht genug Geld gehabt hätten, um ihn zu kaufen, sondern weil sie sich wenigstens für ein paar Augenblicke besser fühlen wollten als sonst.“
Neu in der edition korrespondenzen: Tatjana Gromača, Eines Tages. Kurzroman. Aus dem Kroatischen von Fabjan Hafner.
»Der Krieg hat mir die schönsten Jahre des Lebens kaputt gemacht und zugleich geholfen, schneller zu lernen, wer ich selbst bin.« Was Tatjana Gromača in einem Interview über sich selbst sagt, trifft auch ins Zentrum ihres Roman-Debüts Eines Tages. In 138 Kurzkapiteln beschreibt sie den Werdegang der Heldin, von der Kindheit auf dem Land bis zur jungen, erwachsenen Frau in der Stadt. Dabei schauen wir durch ihre Augen auf die Welt und wachsen mit ihr mit. Schonungslos, aber mit Humor und Sympathie für ihre Figuren, erzählt Gromača in einfacher, kristalliner Sprache von der abhanden gekommenen Zärtlichkeit und der Sehnsucht nach ihr.
30.08.2013 | Neuer Versschmuggel In kaum einem anderen Land prallen so viele poetische Vorstellungen aufeinander wie in Brasilien. Ihre Kraft schöpft die brasilianische Poesie aus unterschiedlichen Quellen, von der Konkreten Poesie der Avantgarden über die afro-brasilianischen Erzähltraditionen und Songwriting bis zur Visuellen Poesie. Der in Berlin lebende brasilianische Dichter Ricardo Domeneck hat einige der spannendsten Autoren Brasiliens unterschiedlicher poetischer Richtungen für den VERSschmuggel ausgewählt. Die Literaturwerkstatt Berlin hat sie zum poesiefestival berlin 2012 eingeladen. Mit dabei sind Ricardo Aleixo, Dirceu Villa, Jussara Salazar, Horácio Costa,Marcos Siscar und Érica Zíngano. Gemeinsam mit ihren deutschsprachigen Dichterkollegen Ann Cotten, Gerhard Falkner, Barbara Köhler, Christian Lehnert, Ulf Stohlterfoht und Jan Wagner arbeiteten sie an der Übersetzung ihrer Werke in die andere Sprache – ein Verfahren, dass ideal für Übersetzung ist, da der Dichter direkt in den sprachlichen Transfersmit einbezogen ist. In Koproduktion mit 7Letras (Rio de Janeiro).
Neuerscheinung im Verlag Wunderhorn: Aurélie Maurin & Thomas Wohlfahrt (Hg.): VERSschmuggel/transVERSal.
30.08.2013 | Seamus Heaney gestorben „Eine unendliche Fülle von Materie. Das Hämmern des Amboss, Dreck und Schlamm, das Rauschen des Regens, Erdklumpen, die einem ins Gesicht fliegen, landwirtschaftliches Gerät. Vergehende Jahreszeiten, mieses Wetter, Menschen, die sich bücken müssen. Auch wenn man diesen traditionsbewussten, ebenso zupackenden wie nachdenklichen Poeten gern mit W. B. Yeats verknüpft, dem Leitstern der dichterischen Moderne in Irland, erinnert Heaneys lyrische Archäologie in ihrer konkreten Körperlichkeit fast an die amerikanischen Puritaner, deren dichterischer Bildervorrat sich aus Radmachen, Erntearbeit und Bierbrauen speiste. Daneben allerdings gibt es den zweiten Heaney, einen poeta doctus ohne Bildungsdünkel, den Gastprofessor in Harvard und anderswo. Hier ist er demütig, erinnert an die Jahrhunderte vor ihm, und erweist sich als Hüter einer poetischen Tradition von Gerald Manley Hopkins bis Ossip Mandelstam.“ Paul Ingendaay erinnert auf FAZnet an Seamus Heaney, der jetzt 74 jährig nach „kurzer Krankheit“ (er erlitt 2011 einen Schlaganfall) gestorben ist.
28.08.2013 | about the house Der Schriftsteller Wystan Hugh Auden lebte von 1958 bis 1973 in den Sommermonaten in Kirchstetten im Wienerwald, wo er auch begraben ist. Nach seinem Tod erwarb das Land NÖ den in Österreich befindlichen literarischen Teilnachlass und richtete 1995 in seinem Wohnhaus eine Dokumentation zu seinem Leben und Werk ein. Dieses Jahr findet sowohl im Museum als auch im Ort Kirchstetten ein umfangreiches Ausstellungsprojekt statt. Am 31.08.13, 15.00 uhr eröffnet Ricarda Denzer „About The House - Silence Turned Into Objects” ein Kunstprojekt zu W.H. Auden mit Arbeiten von Fatih Aydogdu / Ricarda Denzer / Simone Forti / Sharon Hayes / Olga Karlíková / Pamelia Kurstin / Brandon LaBelle / Jonathan Quinn /Annette Stahmer / Imogen Stidworthy / Ultra-red / und einem Interview von Marcel Broodthaers mit einer Katze.
Die Künstlerin Ricarda Denzer setzt sich in ihrer Arbeit bereits seit mehreren Jahren mit dem Hören, der Stimme und mit Sprachhandlungen sowie deren formaler, räumlicher und gesellschaftspolitischer Transformation und Übersetzung auseinander. Um diese und ähnliche Thematiken kreisen auch die in der Ausstellung gezeigten Werke. Einige der Arbeiten wurden extra für die Schau entwickelt.
Das Wohnhaus des Schriftstellers, über das er selbst einen zwölfteiligen Gedichtzyklus verfasste, bietet sich dabei sowohl als realer Ausstellungsort als auch als Ausgangspunkt für Überlegungen zu der Frage an, "wie die Trennlinie zwischen dem privaten Innen und dem politischen Außen dimensioniert werden kann. Die Beschreibung des Hauses steht hier für die Verlängerung des eigenen Selbst. Dort wo Privates und Gesellschaftliches zusammentrifft, wird das Haus zu dem Ort der Erzählung über die Poetik dieser Wechselbeziehung." (Ricarda Denzer)
28.08.2013 | Street-Art Brazil Im Rahmen des Gastlandauftritts von Brasilien bei der Frankfurter Buchmesse 2013 präsentiert die SCHIRN erstmals in Deutschland die Vielfalt der brasilianischen Graffitikunst. In Brasiliens Metropolen findet sich eine der weltweit lebendigsten und künstlerisch interessantesten Szenen in diesem Bereich. Diese bunte, dynamische und einzigarte Bewegung unterscheidet sich sowohl inhaltlich als auch ästhetisch wesentlich von der amerikanischen und europäischen Street-Art-Szene.
Die Handschrift der Grafiteiros ist unabhängig von Worten, sie liegt in ihrer individuellen Formen- und Bildsprache. Durch das Reden in Bildern agiert die Graffitiszene global und die Handschrift jedes einzelnen macht das Arbeiten im Team möglich. „Wir haben als Street-Artists oder Graffitikünstler gelernt zusammen zu arbeiten, was in der normalen Malerei selten vorkommt. Wenn man sich etwa zu fünft ein großes Haus vornimmt wird eine Art kreativer Wettbewerb veranstaltet: jeder zeichnet sich die Wand in ihren Proportionen ab, mit ihren Merkmalen, Fenster, Röhren, Löcher – eben alles was als Koordinatensystem für Größe und Platzierung dienen kann. Dann macht jeder einen Vorschlag – wie ein Setzkasten oder eine Bühne – in dem alle ihre Stärken herausstellen können. Es geht also erst mal um Kompositionsskizzen und anschließend schaut man, wer die besten Ideen hat. Das geht ganz schnell, gute Ideen setzen sich sofort durch. Wir können uns non-verbal in die anderen Künstler reindenken, das funktioniert auch mit Japanern oder Koreanern, mit denen ich keine Sprache teile. Wir brauchen nur einen Bleistift und ein Zeichenbuch. Wir können die ganzen Wände komplett durchkonzipieren, ohne ein Wort in der gleichen Sprache sprechen zu müssen.“ Loomit
28.08.2013 | Relaunch Während der relaunch von fixpoetry im Hintergrund auf Hochtouren läuft, hat es lyrikline geschafft – die website wurde grundlegend umstrukturiert und überarbeitet. Im Poesieportal finden sich Gedichte von mehr als 850 Dichtern in 58 Sprachen zu lesen, vorgetragen und übersetzt in 55 Sprachen, vorbereitet und kommuniziert von Partnern in über 40 Ländern.
1999 avantgardistisch gestartet, mehrfach ausgezeichnet, erfüllt lyrikline jetzt endlich wieder alle Erwartungen an einen modernen Internetauftritt. Viele neue inhaltliche Zugänge wie bspw. Kategorien, Logbuch sowie Möglichkeiten der Suchverfeinerung sorgen dafür daß lyrikline ein wunderbares Transportband der Poesie ist.
Alle Lyrikfreunde sind eingeladen am 1.9. ab 19:00 in der c-base (›Raumstation unter Berlin Mitte‹) den Relaunch zu feiern. Wer nicht dabei sein kann: Das Programm ist online im Live-Stream auf www.lyrikline.org zu sehen mit u.a. Simen Hagerup (Norwegen), Els Moors (Belgien), Steffen Popp (Berlin) Pedro Sena-Lino (Portugal), Helena Sinervo (Finnland) und Jan Wagner (Berlin).
Moderiert wird der Abend von den lyrikline-Partnern Per Bergström aus Schweden und Joel Scott aus Australien. Die Veranstaltung findet in englischer und deutscher Sprache statt. Die Raumkapazitäten sind begrenzt, eine Anmeldung ist daher erforderlich und nur noch heute möglich: mail@literaturwerkstatt.org
28.08.2013 | art vs.crafts - technology vs.intention Die Illustrative ist ein internationales Forum für zeitgenössische Illustration und Grafik. Mit über 600 Werken von mehr als 60 Künstlern zeigt die Ausstellung, jedes Jahr in einer kreativen Metropolen, eine inspirierende Dichte an aktueller illustrativer und grafischer Kunst.
Zwei Wochen lang wird die Illustration gefeiert, neue Talente und Trends entdeckt, Meinungen ausgetauscht, progressive Technologien bestaunt und vergessene Stile wiederbelebt. Im Zentrum der Illustrative steht, neben Konferenzen, einem Filmprogramm und Partys, eine exklusive Ausstellung und Werkschau von 60 international bekannten Illustratoren; sie zeigt nicht nur die Qualität und Phantasie der neueren Grafik, sondern auch, wie die visuellen Einflüsse aus Grafikdesign, Illustration, Buchkunst, Comic, Concept Art oder Animation in das Feld der Kunst einbrechen und es beeinflussen.
Ergänzt wird die Ausstellung durch einen Nachwuchswettbewerb. Die Sektionsausstellung der Preisträger des Wettbewerbes zeigt die unmittelbarsten Tendenzen des Genres und ist ein spannender Seismograph für neue Strömungen.
28.08.2013 | Erlanger Poetenfest Mit einer Fülle von Veranstaltungen rund um die aktuelle Literatur findet das 33. Erlanger Poetenfest vom 29. August bis 1. September 2013 statt und gilt als inoffizieller Auftakt zum deutschsprachigen Bücherherbst. Über 80 Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Publizisten und Literaturkritiker kommen zu Lesungen, Gesprächen und Diskussionen zusammen. Mittelpunkt sind die langen Lesenachmittage am Samstag und Sonntag im Erlanger Schlossgarten. Viele wichtige Neuerscheinungen werden erstmals öffentlich gelesen und mit namhaften Literaturkritikerinnen und -kritikern wie Maike Albath, Verena Auffermann, Michael Braun, Wilfried F. Schoeller, Hajo Steinert und Florian Felix Weyh diskutiert. Im barocken Markgrafentheater finden an den Abenden Autorenporträts statt. Gespräche und Diskussionen zu literarischen, gesellschaftlichen und kulturpolitischen Themen sind weitere wichtige Bestandteile des Programms. Die Kulturstiftung Erlangen verleiht den Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung, als offenes Arbeitstreffen gewährt die Erlanger Übersetzerwerkstatt Einblicke in die Faszination des literarischen Übersetzens. Bayern 2 überträgt seine „Nacht der Poesie“ live aus dem Erlanger Markgrafentheater, das „Junge Podium“ präsentiert aktuelle Kinder- und Jugendliteratur in Lesungen bekannter Autorinnen und Autoren sowie ein attraktives Rahmenprogramm für die ganze Familie. Bibliophile Kostbarkeiten zeigt die Buchkunst-Ausstellung „Druck & Buch“, weitere Ausstellungen und ein umfangreiches Rahmenprogramm runden das Erlanger Poetenfest ab.
27.08.2013 | Arte Postale Illustre Künstlerpost und fantasievolle Mail Art-Massensendungen, zart aquarellierte Liebesbriefe, wild bestempelte und beklebte Künstlerpostkarten, visuelle Poesie, Text-Bild-Collagen und Politstatements – der Facettenreichtum künstlerischer Postsendungen scheint unerschöpflich. Mit rund 700 Exponaten bietet eine neue Ausstellung der Akademie der Künste vom 30. August an ein weites Spektrum und zeigt sowohl klassische Künstlerbriefe als auch Mail Art-Objekte, künstlerisch gestaltete Briefe und Karten in ungewöhnlichen Formaten und nicht zuletzt auch Postkartenentwürfe von bildenden Künstlern. Einmal mehr breitet die Akademie auch Schätze aus ihren Archivbeständen aus. Gezeigt werden u.a. Briefe und Postkarten von George Grosz, Else Lasker-Schüler, Max Pechstein oder auch Zeichenbotschaften von Bernhard Heisig, Bernard Schultze, Werner Stötzer und Joachim John, die an die Akademie adressiert waren.
27.08.2013 | Messages from Space Maybe the September 1st lyrikline relaunch isn’t quite the same as the discovery of a new solar system (even though there is so much to be explored on the new site). Either way, lyrikline like to send out an open call to all users, followers, poetry fans, and writers for their twitter length “tiny poems” on the topic “space” for our web relaunch on Sunday. Your poems will be published on the lyrikline blog and lyrikline will ask the poets reading at the event on Sunday to select and read their favourites. The relaunch event starts on September 1st at 7pm (UTC+2) and can be watched via live stream on the lyrikline website.
The poems shouldn’t exceed 140 characters and can be posted from now on until Sunday 7:30pm (UTC+2) via twitter (addressed @lyrikline or by using the hashtag #spacepoem), by sending a message to the Facebook fanpage or by commenting on the blog post. They should be written in English or German, since these are the main languages of the event.
26.08.2013 | Unzeit gemäß Gedichte, Prosa, Hörspiele, Kinderbücher - unzählige Werke hat Friederike Mayröcker in ihrem Leben verfasst und dafür angesehene Preise erhalten. Sie sei mit ihren fast 90 Jahren die jüngste Dichterin, meinen viele Autoren, die aus ihrem Werk Anreize für eigene Sprachbilder schöpfen. Mit 15 Jahren schreibt sie ihr erstes Gedicht und seitdem scheint die Flut der Wortbilder unerschöpflich. Schreiben heißt für Friederike Mayröcker, sich in einer Welt zu realisieren, die für die Autorin ein Wunder bleibt. "1 Alpengenuss ist dieses Schreiben und damit basta", sagt sie und fährt fort mit ihrer Farben- und Gedankenexplosion.
Im hohen Alter schaut die Sprachkünstlerin mit Demut auf das Geschenk, das ihr einst gegeben wurde - Worte zu finden für ihre "Kopf-, Körper- und Erinnerungs-Exaltationen", wie sie es nennt. "Immer schon bin ich unzeitgemäß" - Die Dichterin Friederike Mayröcker. Ein Hörportrait von Andrea Marggraf am 27.08. um 19:30 Uhr im Deutschlandradio.
26.08.2013 | Eckdichte Dichterecke „Strauß' Aufsatz könnte als schöne Folie für eine Verteidigungsrede der Askese dienen. Für ein Beharren des Übenden auf das Besondere inmitten der Ströme der Banalitäten. Für ein Widerstehen; wenn notwendig ein trotziges. ... So bedarf es beispielsweise doch besonderer Übung um inmitten von 80.000 Neuerscheinungen pro Jahr das Buch an sich zu sakralisieren und nicht zum profanen Handelsgegenstand verkommen zu lassen. Aber wie? Mit einem dystopischen Kulturlamento, zugegebenermaßen in schönen Wortornamenten daherkommend, welches lieber "eine rauschende Ballnacht des Geistes" statt einer weiteren Klimakonferenz als Ziel entwickelt, begibt sich Strauß nur in die längst behaglich ausgestattete Ecke der Nörgler.“ Gregor Keuschnig über das neu erschienen Buch von Botho Strauß: Lichter des Toren - Der Idiot und seine Zeit | Diederichs Verlag.
20 Jahre nach seinem aufsehenerregenden Essay »Anschwellender Bocksgesang« knüpft Botho Strauß an dessen radikale Zeitgeistkritik an. Im Zentrum des neuen Buches stehen die Fragen: Kann die flexibilisierte und durchinformierte Existenz wieder Boden und Mitte gewinnen? Was kann dem Überfluss ein Ufer sein?
»Das Beste, was man tun kann: im Atem, in der Umwälzung, im steten Wandel der Werke zu leben. Ihre Höhe immer aufs Neue zu ermessen, sich zu berauschen an der Wirkung gewisser Gipfelstürmereien. Alles Übrige ist Fusel, gemischt aus billigem Schein, aus ebenso unverbindlichen wie unwahrscheinlichen Realien. Etwas, das man getrost den Obdachlosen der Globalität, den Vagabunden der Netze überlassen darf.« Botho Strauß
26.08.2013 | Stochert in Mumien nach Gedichten von Sappho Roman Halfmann stellt den Sog guter Literatur im Hessischen Rundfunk anhand des Buches „Wittgensteins Maitresse“ von David Markson vor: „Die Welt“, so beginnt Ludwig Wittgenstein seinen „Tractatus Logico-Philosophicus“ aus dem Jahre 1921, „ist alles, was der Fall ist.“ Doch was soll das sein, der Fall, für eine Frau, die sich einer zerstörten Welt ausgesetzt sieht, ja, die sich letzten Endes in der monströsen Welt des frühen Wittgenstein befindet, in welcher in kalter Logik die grundsätzliche Einsamkeit jedes Menschen erwiesen scheint: Wenn man nämlich nur über das sprechen darf, über das man sprechen kann, dann ist Kommunikation, das Zwischenmenschliche insgesamt, nur sinnloses Gehampel …“
Wittgensteins Mätresse ist eine intellektuelle Tour de Force, verfasst in einer Sprache, die sich immerfort selbst überlistet, die Volten schlagend den Leser in die Irre führt und ihn dennoch belehrt und tief beseelt zurücklässt. David Marksons in den USA kultisch verehrter Roman ist ein funkelndes, philosophisches, raffiniert verwobenes Kunstwerk, wie man es sonst nur von William Gaddis, Thomas Pynchon oder David Foster Wallace kennt.
25.08.2013 | Ein armer verlassener Mann sieht in einen grauen Sonntag mit Regen - So nennt sich ein Gottfried Benn Hörspiel heute abend um 18:30 Uhr im Deutschlandradio.
"Gute Regie ist besser als Treue." (Gottfried Benn) Aus zahlreichen Briefen an Tilly Wedekind und Elinor Büller sowie aus Briefen an F. W. Oelze und anderen Texten hat Norbert Jochum eine Collage zusammengestellt, die jenes Bennsche Credo auf irritierende Weise beleuchtet.
Unter den Nationalsozialisten war Benns Lage in Berlin 1935 unhaltbar geworden: "wirtschaftlich, beruflich und vollends, Sie wissen, literarisch. Ich habe meine Praxis aufgelöst, die Belle-Alliance-Straße wird mich nicht wiedersehen. Ich tauche unter, kehre zurück, woher ich kam, zur Armee, Standort zunächst Hannover. (...) Ich bin nicht sicher, ob ich das Richtige unternehme, aber das andere ging auch nicht weiter. Ich muß sehen, was wird, ob es geht, ob ich noch einmal eine neue Existenz finde. Skeptischer, kälter, erwartungsloser kann man ein neues Leben nicht beginnen, als ich es hier tue."
Anschließend: Gottfried Benn liest eigene Gedichte – Aufnahmen des RIAS Berlin 1957.
25.08.2013 | Kraft des Vermögens „Der Mensch eignet sich «Vermögen» an, mit denen er seine «Kräfte» beherrscht. Unter den Begriff des Vermögens fällt für Menke aus dem Alltag Vertrautes: die Fähigkeit, eine Diskussion zu führen, einen Text zu schreiben oder Tennis zu spielen. Allgemeiner gesprochen: Vermögen sind durch Übung erworbene soziale Praktiken, die in bestimmten Situationen bewusst und zielgerichtet angewendet werden … Das Wahrheitsmoment der Kunst … darin, dass der Mensch sich in und mithilfe der Kunst selbst in seiner Doppelnatur erfährt, einerseits Vermögen, andererseits Kräfte zu haben. Da Kräfte aber unbeherrscht und nicht zielgerichtet seien, sei die Hervorbringung eines Kunstwerks ein mithin unkontrollierbarer Prozess – ein «Experiment», so Menke. Der Künstler vermöge es, sein subjektives Können so weit ausser Kraft zu setzen, dass sich seine «dunklen Kräfte» spielerisch entfalteten und im Kunstwerk zur Erscheinung kämen.“ Mario Schärli in der NZZ über: Christoph Menke: Die Kraft der Kunst. Suhrkamp, Berlin 2013.
25.08.2013 | „Babylonische Leiter“ »Ist das Chaos das schlechthin Unbestimmte, für Menschen als Grenze ihrer Welt bedrohlich, verführen die Musen, verborgen an der Grenze der menschlichen Lebenswelt, dagegen zu lebensbejahenden Gefühlen. Die Themenbreite ihres Gesangs umfasst vom Kosmos im Ganzen bis zum Menschen Hesiod, vom Anfang bis in die Zukunft schlichtweg alles. Tut sich das Chaos vor aller sprachlichen Prädikation auf, tanzen die Musen in der unerschöpflichen Fülle des sprachfähigen Seins. Kann aus dem Chaos alles entstehen, können die Musen von allem singen (auch Dada? ja, auch davon), indem sie es – als Quelle und als Medium – zur Sprache bringen, das heißt: es in der Sprache entstehen lassen.« (Asmus Trautsch: Musenschrift)
Die „Babylonische Leiter“ nennt sich die eben erschienene Ausgabe # 005 der karawa.net, mit Beiträgen u.a. von Pedro Favarón, Mara Genschel, Charles Bernstein, Bruce Andrews, Valère Novarina, Markus Manfred Jung und Arkadij Dragomoščenko.
24.08.2013 | Nachtbilder & Sommerreprisen "Happy Bastards“ von Andrea Grill (Otto Müller Verlag). Es liest Franziska Hackl. Gestaltung: Nikolaus Scholz. Redaktion: Edith-Ulla Gasser. Samstag, den 24.08. um 22:30 im OE1:
Einen zärtlich-robusten Blick auf das bunte Leben wirft Andrea Grill in ihren Gedichten: Mit "Happy Bastards" hat sie eine glückliche Mischung von Texten geschaffen, die ein ganzes Geflecht an Beziehungen öffnen und fein ausleuchten. Die Gedichte sind vielstimmig und treffen dennoch sensibel den einen Ton. Sie sind von einer sprachlichen Reinheit und einer - oft witzigen - Bildlichkeit, die überraschend und schlüssig zugleich ist. Flüchtige Momente, Ereignisse, Beobachtungen, die eingefangen werden, erhalten Dauerhaftigkeit - im Wiedererkennen universaler Gefühle, die keinem fremd sind. Liebesgedichte, Familiengedichte, Naturgedichte, Alltagsgedichte - eine Palette vielschichtiger Themen kreuzt sich im lyrischen Schaffen Andrea Grills und offenbart eine Vielfalt, die keiner festen Ordnung entspricht und daher so lebendig ist, so nah am Leben.
24.08.2013 | Donauweitenblick Vom Samstag 24. August 2013 bis Sonntag 25. August 2013, jeweils 14.00-20.00 findet statt das 4. höfleiner donauweiten poesiefestival - ein Sommerwochenende der Poesie und Musik bei Wein und Donauweitenblick, mit Dichterinnen und Dichtern aus nah und fern, sowie Open-mics. Plus eine Ausstellung Visueller Poesie. Open Air - bei Schlechtwetter im Presshaus. Eintritt frei! Bergheuriger Schuecker, 3421 Höflein/Donau, N.Ö.
U.a. lesen Hanane Aad (Lebanon/ Oe), Walter Baco (Oe), Katarzyna Bazarnik (Polen), Marian Bednarek (Polen), Dieter Berdel (Oe), Daniela Beuren (Oe), Maria-Elena Blancó (Kuba/ Oe), Patricia Brooks(Oe), Nicolae Coande (Rumänien), Zenon Fajfer (Pol), Dagmar Fischer (Oe), Wolfgang Glechner (Oe), Christine Huber (Oe), Christian Katt (Oe), Anton Kodlin (Deutschland), Anna Lombardo (Italien), Enrique Moya (Venezuela/Oe), Sainkho Namtchylak (Tuva/Oe), Gabriele Petricek (Oe), Milan Richter
(Slowakien), Victoria Slavuski (Argentina/ Oe), Peter Sragher (Rumänien), Susanne Toth (Oe), Peter Waugh (UK/ Oe), Bernhard Widder (Oe), Janus Zeitstein (Oe) u.a.
Musik: Walter Baco (Oe), Michael Fischer (Oe), Sandro Miori (Italien/ Oe), Sainkho Namtchylak (Tuva/Oe), Mike Scharf (Oe). Eine Ausstellung visueller Poesie: (Bednarek, Berdel, Fajfer-
Bazarnik, Katt, Kodlin, Waugh, Zeitstein).
23.08.2013 | Aktion vor hundert Jahren In der Ausgabe 34 des 3. Jahrgang der vn Franz Pfemfert herausgegebenen Literaturzeitschrift "Die Aktion" erschien am 23. August 1913 folgendes Gedicht von Oskar Kanehl
Sauwetter
Viel zu hoch gehobne Röcke.
Fett und magrer Waden viele,
vollgeferkelte vom Drecke
spritzender Automobile.
Damen die, ich weiß warum,
ihren Schirm vergessen haben.
Herren die, Gott weiß wie dumm,
einen anzubieten traben.
Angerannte Weiber quieken.
Radfahrer glipschen aus und fallen.
Schirme die in die Augen pieken.
Vollgepfropfte Lesehallen.
Ins Café? Wer bezahlt mir das?
Wo unterstelln? Bin kein Banause.
Verärgert. Wütend. Pitschenaß.
Pfui Teufel, wär ich erst zu Hause!
Aus: Die Aktion, 23.08.1913
23.08.2013 | nach wuchs der Schwund Angela Sommersfeld berichtet im Kölner Stadt-Anzeiger über den schwindenen Nachwuchs bei Literaturübersetzern:„„Ich befinde mich auf Studenten-Niveau“, fasst Gundula Schiffer ihre Lage zusammen. „Ich lebe von der Hand in den Mund, kann mir kein Auto und keinen Urlaub leisten. Wenn Freunde fragen, ob wir essen gehen sollen, schlage ich Kaffee vor.“ Die 33-Jährige hat im Fach Literaturwissenschaft promoviert, zusätzlich noch einen Master in „Literaturübersetzen“ gemacht. In diesem Sommer hat sie ihre Studien abgeschlossen, übersetzt seitdem in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung in Köln-Müngersdorf Lyrik und Dramen aus dem Hebräischen, Französischen und Englischen ins Deutsche. „Ich bereue meine Entscheidung nicht. Für mich ist es Luxus, mich mit Literatur beschäftigen zu dürfen. Dafür würde ich auch putzen gehen.“
[Von Gundula Schiffer übersetzte Gedichte sind im Netz greifbar bspw. auf lyrikline.org (u.a. Gedichte von Tal Nitzán)].
22.08.2013 | Hochstädter Lyriknacht Seit 2010 findet die Hochstädter Lyriknacht in Erinnerung an den Schriftsteller Horst Bingel in der Evangelischen Kirche in Maintal-Hochstadt statt: Arrivierte Stimmen treffen dort mit dem lyrischen Nachwuchs zusammen und werden musikalisch von Bernhardt Brand-Hofmeister auf der Orgel begleitet. In diesem Jahr treten am Freitag, den 23.08. neben dem aktuellen Stadtschreiber von Bergen, dem vielfach ausgezeichneten Marcel Beyer, der begnadete Sprachspieler Stephan Krass, die Frankfurter Lyrikerin Martina Weber sowie Schülerinnen und Schüler aus dem Main-Kinzig-Kreis auf. Zudem lesen Gerrit Wustmann, Erland Schneck-Holze und Ursula Teicher-Maier - und Heiner Boehncke präsentiert seine Schreibwerkstatt OULIPO FFM. Moderation: Harry Oberländer und Safiye Can.
22.08.2013 | „zwischen spiele eingepasst“ Manchem Lyrik-Kenner ist die Reihe „Neue westfälische Literatur“ bekannt durch das Reinhard Döhl-Lesebuch oder den Lyrikbänden von Nicolai Kobus oder Heinz Georg Bulla. Sie erscheint im Aistheis Verlag und während die Webseite der editierenden Nyland-Stiftung im März 2011 zu stocken beginnt, gibt der Verlag die Neuerscheinungen weiter bekannt:
„Klug sind die poetischen Gedanken, die der Kommunikationswissenschaftler und Schriftsteller Siegfried J. Schmidt in konsequenter Kleinschreibung formuliert, und schön und nobel ist die großzügige typografische Gestaltung, die diesen Texten Raum zur Entfaltung gibt. Andreas Grunert hat den streng konzeptionellen Texten jeweils Zeichnungen beigesellt, die Geist, Stimmungen und Gefühle sprechend in grafische Bilder transformieren. Der von unbekannter Hand an einer Leine geführte Esel liefert aus gutem Grund das metaphorische Leitmotiv für die Umschlaggestaltung. So ist hier in Zeiten technokratischer Machbarkeit und rationaler Effizienz ein bibliophiles »Libretto« entstanden, das all jenen Freude machen wird, die in Büchern mehr sehen als Kompendien bedruckten Papiers.“ Volker Jakob im Westfalenspiegel
Andreas Grunert / Siegfried J. Schmidt: lebens listen. Bücher der Nyland-Stiftung, Köln. Neue westfälische Literatur, Bd. 19. Leseprobe.
22.08.2013 | “The East will shake the West awake” Die Galerie Brüderstraße in Görlitz zeigt seit dem 10. August Japanische Visuelle Poesie. 33 Künstlern aus drei Generationen geben einen vielfältigen und reizvollen Überblick, der entdecken lässt, wie Sprache sinnlich wird und sich über ihre bildliche Erscheinung ganz anders zu verstehen gibt.
Die Geschichte der Visuellen Poesie reicht zurück bis in die griechische Antike und zu den asiatischen Schreibmeistern. Mit der international verflochtenen Bewegung der Konkreten Poesie erhielt sie entscheidende neue Impulse. So gibt es seit den späten 1950er Jahren enge Kontakte zwischen japanischer und westlicher Visueller Poesie.
Von bedeutendem Unterschied zwischen Ost und West sind allerdings die zugrunde liegenden Zeichensysteme: Die Buchstaben unserer lateinische Schrift tragen selbst keine Bedeutung; sie sind willkürlich mit Lauten verbunden. Anders die Schriften des Japanischen: Das Kanji ist eine Symbol- bzw. Bilderschrift, integriert also bildliche, klangliche und begriffliche Aspekte in jedem einzelnen der Zeichen, von denen es - anders als bei unseren 26 Buchstaben - ein riesige Vielfalt gibt. Besonders attraktiv ist die in vielen Arbeiten der Ausstellung gestaltete Spannung zwischen verschiedenen Zeichensystemen, auch zwischen den westlichen und den östlichen.
21.08.2013 | Die Berliner Weltverbesserungsmaschine Seit dem 17. Jahrhundert gibt es in verschiedenen europäischen Metropolen (damals v.a. in Paris und London) den geheimen Plan eine Weltverbesserungsmaschine zu errichten. Diese basiert auf der Annahme, dass die richtige Anordnung von bestimmten Kunstwerken und Artefakten in einer bestimmten architektonischen Ideal- und Superform eine mächtige Kraft freisetzen würde. Diese Idee beflügelte aufklärerische Weltverbesserungsansprüche genauso wie absolutistische Machtfantasien. Auch der preußische Staat wollte im europäischen Wettbewerb nicht zurückstehen und gründete deshalb die Akademie der Künste (1696) und die Akademie der Wissenschaften (1700).
Mit der Errichtung des Königlichen Museums im Jahre 1830 (Heute: Altes Museum) brachen gute Zeiten für die Realisierung der Weltverbesserungsmaschine an. Während die Akademien sich verstärkt der wissenschaftlichen und künstlerischen Forschung an der abstrakten Maschine widmeten, sammelten die Museen die nach damaligem Verständnis für den Bau der Maschine infrage kommenden Kunstwerke und Artefakte. Aus aller Welt und allen Zeiten wurden nach und nach künstlerische und kulturhistorische Artefakte nach Berlin gebracht, um aus ihnen die Berliner Weltverbesserungsmaschine zusammenzusetzen. Immer mehr Bauteile wurden gesammelt, für die wiederum neue Museen errichtet wurden.
Doch die Weltverbesserungsmaschine wurde niemals realisiert. Seit dem 19. Jahrhundert konzentrierten sich die Wissenschaftler auf pragmatische Weltverbesserung. Statt an einer abstrakten Maschine zu forschen, setzte man auf den Bau großer technischer Systeme zur Verbesserung der Lebenswelt: Kanalisation, Fabriken, Flugzeuge …
Aber Industrialisierung und Massenkonsum führten nicht zu der erhofften „besseren Welt“. Noch immer gibt es Hunger, Krieg und soziale Ausgrenzung. Vielleicht kann uns die Berliner Weltverbesserungsmaschine heute neue Antworten geben. Die gerade erschienenen Bücher mögen dabei hilfreich sein.
20.08.2013 | Sinn und Form „Sinn und Form“, schreibt der polnische Dichter Adam Zagajewski in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift, „repräsentiert einen Denkstil, der die falsche Trennung zwischen dem linken, liberalen, ironischen und nichtmetaphysischen Denken auf der einen Seite und dem religiösen, metaphysischen und politisch ‚verdächtigen’ Denken auf der anderen Seite aufhebt. Sie repräsentiert quasi die Mitte. Das ist großartig.Ich sehe hier ein Denken, das auf der Suche ist, das den Geheimnissen der Welt nachgeht, das zu keiner festen Form geronnen ist, das gewillt ist, klischeehafte Vorstellungen von geistigen Haltungen, geistiger Reizbarkeit abzuschaffen.“
65 Jahre Sinn und Form sind ein guter Anlass, sich über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Akademie-Zeitschrift auszutauschen. Am 22.08. Lesung und Gespräch mit Volker Braun, Jürgen Becker, Friedrich Dieckmann, Sebastian Kleinschmidt, Martin Mosebach, Monika Rinck, Adam Zagajewski u.a. im Plenarsaal der Akademie der Künste am Pariser Platz in Berlin.
20.08.2013 | körpern ist denkern mit fühlern am wühltisch (der welt) Seit 6. Juli ist die Ausstellung ›Körpern. Ein Festschmaus‹ im Magazin4 zu sehen. Der Titel deutet es an: es geht um ein stark physisches Erlebnis für alle Sinne. Körpern steht hier zunächst für eine intensive Wahrnehmung der Verhältnisse des eigenen Körpers zum fremden Körper. Dieser kann menschlicher Körper, architektonischer, landschaftlicher oder politischer Körper sein und mir als bildlicher, klanglicher und textlicher Körper begegnen. Kann/muss man mit dem Körper denken? Wenn ja wie verhält sich das zum sprachlich-rationalen Erkennen? In der Ausstellung werden die körperliche Präsenz der Objekte, der Akteure und der Besucher in ständig andere Verhältnisse zum (Um)Raum gesetzt. Mal geht es um ein konfrontatives Gegenüber, mal um ein harmonisches Miteinander, mal um Distanzlosigkeit, mal um Isolation. In einem Moment ist Maßlosigkeit gefordert, im anderen distanzierte Zurückhaltung.
20.08.2013 | Das Raster Das Raster ist einer der stärksten Ausdrucksformen der Moderne, weil es gerade diese Figur ist, die in der Kunst des 20. Jahrhunderts allgegenwärtig ist und immer wieder neu und doch unverändert auftaucht. Die vorgegebene Ordnung der Geometrie, leicht verständlich und unmittelbar erfassbar, dominiert die Formsprache der Modernen Kunst. Während die Thematik der kontinuierlichen Wiederholung und der damit verbundenen Grenzlosigkeit, Unendlichkeit, bereits vielschichtig untersucht und interpretiert wurde, geht das Buch insbesondere auf die unterschiedlichen Herleitungslinien des Rasters, und somit auch des Gitters und Netzes ein und untersucht diese mit der Veränderung und Kontinuität in der Geschichte der Perspektive neu. Der Text beginnt somit mit den Rasterverwendungen bei den Ägyptern und führt über den Gebrauch des Rasters in der Buchmalerei zur Ausarbeitung des Rastergebrauches in der Renaissance, um dann über Goya zu Manet, Kelly, Close und Serra zu gelangen, immer im Vergleich oder mit gleichzeitiger Betrachtung der Entwicklung der Perspektivdarstellung.
Aktuelle Neuerscheinung bei Könighausen & Neumann: Marleen Dyett - Aus der Perspektive. Raster, Gitter, Netze. Betrachtungen zu einer Suggestion der Kunst.
Dazu im Blick:die letzjährige Ausstellung: Rasterfahndung im Kunstmuseum Stuttgart
19.08.2013 | Zukunft der Literatur „Heute blickt Text & Kritik zurück auf ein halbes Jahrhundert und voraus in eine Zukunft, von der niemand sagen kann, was sie für eine bis ins Mark verunsicherte Literaturbranche bereithält. Traditionen und Institutionen scheinen verletzlicher geworden, während sich die digitale Welt bislang als weitgehend unfähig erwiesen hat, Traditionen zu begründen und Institutionen zu generieren, es sei denn auf dem Feld der bloßen Distribution. Text & Kritik hält dagegen. Zum Jubiläum hat die Redaktion sich und ihren Lesern ein Geschenk gemacht: einen Sonderband zur Zukunft der Literatur.“ berichtete im Juni Hubert Spiegel in der FAZ und erinnerte sich an die über die 50jährige Geschichte der Literaturzeitschrift Text & Kritik.
Die Subskription des Sonderbands läuft morgen aus. In ihm wagen Literaturvermittler, Autoren und Wissenschaftler, von der aktuellen Situationen und verschiedenen Standpunkten ausgehend, einen Ausblick auf die Entwicklung der Literatur und des Literaturbetriebs.
19.08.2013 | Flötentöne An dem Franzosen Charles Baudelaire (1821-1867) führt auch für heutige Poeten kein Weg vorbei. Der Schöpfer von "Die Blumen des Bösen" ist das Urbild einer bedingungslosen literarischen Existenz: ein "poète maudit", zerrissen und voller Verachtung für die bürgerliche Waren- und Funktionswelt, an Spleen und Ennui leidend und aus der Fremdheit gegenüber der Wirklichkeit seine poetische Energie beziehend.
Für Baudelaire ist die Welt nichts und die Dichtung alles. Die Großstadt war ihm als Erstem reiner Imaginationsraum, er verwandelte Hässlichkeit und Krankheit, Tod und Verfall in formvollendete poetische Landschaften. Was bedeutet dieses Rollenmodell des modernen Dichters den Gegenwärtigen? Welche Bedeutung hat Charles Baudelaire für die poetische Sozialisation heutiger Schriftsteller? Uwe Kolbe, Monika Rinck, Jan Volker Röhnert, Aris Fioretos und Jan Wagner erzählen von ihrer Begegnung mit einem großen Vorbild. „Die Panflöte des Meisters Baudelaire - Junge Dichter und ein großes Vorbild“ von Uta Rüenauver, zu hören im Deutschlandradio am 20.08.2013 um 19.30 Uhr.
19.08.2013 | Neues bei Maro „Der beste Spätzünder der deutschen Literatur“ hat ihn Feridun Zaimoglu genannt. Thomas Kraft, promovierter Germanist und langjähriger Literaturkritiker und –verwalter in München, ob als Programmleiter des Literaturhauses oder zuletzt Programm-Macher des LangenMüller-Verlags, legt seinen ersten Roman vor, in dem das zentrale Thema die Freundschaft ist. „Robert stöpselt sich ein in den Sound vergangener Tage und treibt allmählich davon“, heißt es in „Alles Tarnung“, die Vergangenheit verschmilzt mit der Gegenwart und hat mit List zu tun, mit Suchen und Wiederfinden, was Suche ist.
18.08.2013 | Konstanz der Fragezeichen „Christine Koschel ist ihren Themen treu geblieben und - alle zeitbedingten Wandlungen eingerechnet - auch ihrer Sprache. … Man macht es sich aber zu einfach, wenn man aus technischen Analogien Abhängigkeit, ja, Epigonentum ableitet. Auch der Begriff Intertextualität reicht nicht hin, um Koschels Festhalten an einer heute fast anachronistischen Schreibweise zu erklären, am ehesten dagegen ein kulturelles Argument: das Faktum, dass die Autorin seit Jahren in Rom lebt, abseits der Moden des deutschen Literaturbetriebs. Entscheidend ist ihr Eigensinn. Christine Koschel arbeitet seit den sechziger Jahren an einer Sprache, die das Unvereinbare zusammenzwingt, Auschwitz und die Poesie, und sie ist dieser Arbeit treu geblieben.“ Harald Hartung in der FAZ.
Neuerscheinung in der Edition Rugerup: Christine Koschel „Bis das Gedächtnis grünet“. Gedichte. Mit einem Nachwort von Ruxandra Niculescu. Berlin/ Hörby, Schweden 2013.
18.08.2013 | Wer blickt dem Laakoon ins Maul Die menschliche Mundhöhle ist ein weitgehend unbekanntes und unerforschtes Territorium. Dabei sind Mund, Zunge und Zähne nicht nur für die Sprache des Menschen von zentraler Bedeutung, sondern auch für das Essen und Trinken, für die Sexualität, für Körpersprache und Mimik. Mehr noch: Für den Kulturwissenschaftler Hartmut Böhme erfolgt im Mundraum die "zweite" Geburt des Menschen zum Subjekt. Für ihn kam es einer abenteuerlichen Expedition gleich, als er sich gemeinsam mit der Zahnärztin Beate Slominski und für das Buch „Das Orale“ daran machte, den Mund kultur- und medizinhistorisch aus seiner geheimnisvollen Dunkelheit und Verschlossenheit herauszuholen.
Nachzuhören in der ARD-Mediathek.
18.08.2013 | Das Drama des Meeres „Wir müssen die Ozeane retten, wenn wir uns selbst retten wollen!“ Diese Überzeugung äußerte Elisabeth Mann Borgese, die jüngste Tochter Thomas Manns. Das Meer, das der Schriftsteller liebte und das in seinem Werk eine zentrale Rolle spielte, wurde für Elisabeth Mann Borgese zum Lebensinhalt. Energisch setzte sie sich für den Schutz der Ozeane und eine gerechte Verteilung der Meeresressourcen ein. Zu ihrem letztjährigen 10. Todestag entstand eine einzigartige Ausstellung: „Elisabeth Mann Borgese und das Drama der Meere“, die nun nach Bremen ins Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie kommt.
In Originaldokumenten und zeitgenössischen Berichten wird Elisabeth Mann Borgeses umweltpolitisches Engagement und ihr Kampf für den Meeresschutz vor dem Hintergrund ihrer Biografie dargestellt. Die Autorin des Sachbuches „Das Drama der Meere“ verfasste einen eigenen Entwurf für eine neue Seerechtskonvention und initiierte die ersten „Pacem in Maribus“ (Frieden auf See)-Konferenzen. 1972 gründete sie das International Ocean Institute (IOI) mit Hauptsitz in Malta, das wesentlich an der Überarbeitung des internationalen Seerechts mitwirkte und heute in Ausbildung und Beratung zu Fragen der nachhaltigen Nutzung unserer Meere aktiv ist.
18.08.2013 | Blick übern Zaun Eine neue Art von Wissenschaftsromanen kommt gut an. In den vergangenen Jahren haben einige die Bestsellerlisten gestürmt, so Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“, oder Ann Patchetts „Fluss der Wunder“ („State of Wonder“). Doch warum sind Wissenschaftsromane jüngst so erfolgreich, insbesondere in englischsprachigen Raum? Wie treffen Wissenschaft und Gesellschaft im Roman aufeinander? Welches Bild von Naturwissenschaft wird in der modernen Wissenschaftsliteratur vermittelt? Helfen uns solche Romane gar, aktuelle Probleme wie Plagiate, Datenfälschung und Whistleblowing zu verstehen? Über das Thema Naturwissenschaft im zeitgenössischen Roman wurde bisher wenig geforscht. Unter dem Titel „Fiction Meets Science: The World of Science under the Literary Microscope“ will nun ein Projektverbund der Universitäten Bremen und Oldenburg sowie des Hanse-Wissenschaftskollegs die literarische Aufbereitung des Wissenschaftsbetriebs untersuchen….
In der Startphase des Projekts hat der Buchautor und promovierte Biologe Bernhard Kegel, zuletzt Autor des Romans „Ein tiefer Fall“, an Forschungsexpeditionen des Bremer Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie (ZMT) nach Jordanien und zu den Galapagos Inseln teilgenommen. Und er hat auf dem Forschungsschiff auch Hand angelegt. Die Wissenschaftler warten mit Spannung auf seinen nächsten Roman ...
18.08.2013 | Ende einer Illusion „Der Bringer unliebenswürdiger Nachricht macht sich mit Sicherheit nicht beliebt. Und Armin Grunwalds schmales Bändchen „Ende einer Illusion – Warum ökologisch korrekter Konsum die Umwelt nicht retten kann“ reppelt ziemlich gnadenlos am Gebetsteppich, den wir – besonders wir eco-minded consumers – uns zurechtgelegt haben. Einen Teppich, dem der Glaubenssatz eingewebt ist: Durch kluges, vom Nachhaltigkeits-Ideal geleitetes Konsumieren ließe sich die Welt vom Öko-Kollaps wegsteuern.
Sie lässt sich nicht, sagt der Physiker und Philosoph Grunwald und stützt sich dabei unter anderem auf Ausführungen von Till Bastian, der schon 2002 vom ökofrommen „Ablasshandel“ an Mülltrennungstonnen sprach – vom symbolischen Tun, das dümmstenfalls ein eigentliches Handeln ersetzt.“ Claus-Peter Lieckfeld über Hiobs Büchlein , dessen pessimistische Aussage er so bündelt: „Vom Besserwissen zum Bessertun führt kein ausreichend kurzer, vielleicht nicht mal ein gangbarer Weg“.
17.08.2013 | In Fragmenten fragend Am Sonntag, den 18. August liest der georgische Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber Dato Barbakadse im Rahmen der Lesereihe »Literatur in Weißensee« in der Brotfabrik Berlin. Dato Barbakadse (* 1966) wurde in Tbilissi geboren. Er gründete zahlreiche literarische Zeitschriften und Organisationen, u. a. »Polylog«, »± Literatur« und das Buchreihenprojekt »Österreichische Lyrik des 20. Jahrhunderts«. Zahlreiche Buchveröffentlichungen in Deutschland und Österreich. Seine Texte wurden ins Deutsche, Französische, Russische und Englische übersetzt.
Die dritte »Literatur in Weißensee«-Sommerlesung wird sich der Poesie in sozialen Kontexten widmen. Dato Barbakadse und ich zeigen am 18. August ab 19:30 Uhr in der Brotfabrik am Caligariplatz 1 anhand von Lyrik und Prosa, wie »das Soziale« poetisch gedacht werden kann. Dato Barbakadse übernimmt dabei den Blick auf das große Ganze einer Gesellschaft, ich dagegen widme mich den Partnerschaften als kleinste soziale Einheiten.
17.08.2013 | dichter stimmen Jede Stimme ist einzigartig und besonders, ob die große Dänin Inger Christensen (1935-2009) die Welt durchbuchstabiert oder der Palästinenser Mahmoud Darwish (1941-2008) sich einen Reim auf die Zeiten macht. Ko Un (*1933) findet zurück zur Gelassenheit eines buddhistischen Mönchs, der er einst war, bevor er in Südkorea gegen die Diktatur kämpfte. Und die aus Sibirien kommende Sainkho Namtchylak (*1957) knüpft an der uralten Verbindung von Gesang und Gedicht an, indem sie nomadische Gesangskultur ins Heute überführt. Poesie in mehr als 50 Sprachen findet sich auf Lyrikline.org und immer lassen sich Original und Übersetzung gleichzeitig verfolgen, "eine Brücke der Poesie zwischen Sprachen und Kulturen." Zum Lyriksommer kooperiert Deutschlandradio Kultur mit dem Stimmenprojekt, das die Literaturwerkstatt Berlin 1999 initiiert und mittlerweile weltweit verknüpft hat. Die Welt stets aufs Neue buchstabieren. Dichterstimmen aus dem Netz | Von Barbara Wahlster. Am Sa 17. August um 17:30 im Deutschlandradio Kultur.
17.08.2013 | Neues auch bei Corvinus Würfelwörter von Aldona Gustas mit Splittergedichten und 17 Zeichnungen der Autorin, 54 Seiten, Buchdruck, japanische Bindung, von der Autorin numeriert und signiert, für (wie immer bei Corvinus) erstaunlich günstige 20,- €. Beim Verlag käuflich erhältlich derzeit auch noch einige Originalzeichnungen aus dem Buch. Derzeit nachzuvollziehen auf dem Blog der Corvinus Presse der Entstehungsprozess zum demnächst erscheinenden Band mit Adrian Kasnitz „Sag Bonjour aus Prinzip“ mit Grafiken von Sybille Schwarz (Buchpremiere am 20.09. in Berlin).
Aldona Gustas dereinst in einem Interview mit der taz, befragt zum „Welttag der Poesie“:
„Was soll das sein, ein Welttag? Poesie ist jeden Tag. Gertrude Stein, meine liebste Autorin, hat gesagt: "Jederzeit ist es Zeit, ein Gedicht zu machen." Jederzeit! Ich hab mir das Motto an meine Tür gehängt. Ich mag es nicht, wenn Poesie abgehoben ist, so feierlich und mit Kerzenschein. Das ist vielleicht das Litauische in mir. In Litauen gehört die Poesie in die Küche, ins Schlafzimmer, ins Wohnzimmer, in den Flur. Ein Tag Poesie - ich bin entsetzt.“
15.08.2013 | Heute erschienen Der neue Gedichtband „Prachtvolle Mitternacht“ von Ron Winkler beginnt mit einem Abgesang, einer Totalverweigerung, einem Boykott: »nicht mehr teilnehmen (...) nicht mehr Buchstaben zu etwas Aufgesplissenem ordnen. (...) nicht mehr an sich selbst // schreiben. Oder anderen // jene neunzehnsilbigen Kosenamen ins Ohr flüstern, die nackt // machen, wenn man sie sagt.« Um sich im Anschluss umso leidenschaftlicher in Buchstaben und Kosenamen, in »Zahlen und Figuren« zu stürzen. Das jedoch tut er stets mit ironischer Distanz: »ist eine Rose // und also mehr als eine Rose // und also zugleich keine Rose mehr. nicht mehr. und auch: nie // mehr: nie mehr // nicht.«
Ron Winkler ist bewundert worden für seine »poetische Wandlungsfähigkeit« (Michael Braun). Waren seine letzten beiden Gedichtbände Fragmentierte Gewässer und Frenetische Stille voller geschichtsphilosophischer Anspielungen und naturlyrischer Auskundschaftungen jenseits der Idyllik, wird er nun zum Minnesänger: »ich machte dir weiter den Hof, die Stirn, ich // machte dir die Wellen«; Winkler erzählt, so mag man Roland Barthes variieren, von der Defragmentierung einer Sprache der Liebe. Da darf Venedig nicht fehlen: Hier bewegen sich ein Ich und ein Du wie träumerisch durch die Stadt und die Begriffe, die mit ihr verwoben sind.
15.08.2013 | Konkret bei Sinnen Die zweisprachige Werkauswahl Termitenlob - Elogio da Térmita des brasilianischen Dichters Haroldo de Campos (1929-2003) liegt pünktlich zu seinem 10. Todestag am 16. August 2013 und anlässlich der Internationalen Frankfurter Herbst-Buchmesse mit dem Gastland "Brasilien" vor.
Haroldo de Campos (1929-2003) war Mitbegründer der internationalen Konkreten Poesiebewegung um die legendäre brasilianische Zeitschrift „Noigandres“ (1950-1958) und zählt zu den großen Dichtern Brasiliens und Lateinamerikas. Die nun aufgelegte Auswahl aus seinem Spätwerk versammelt 68 Gedichte aus den Bänden „Die Bildung der fünf Sinne“ (A Educação dos Cinco Sentidos, 1985) und „Chrysantempus“ (Crisantempo, 1998). Haroldo de Campos verbanden kreative Freundschaften mit dem deutschsprachigen Lyriker Eugen Gomringer und mit dem Stuttgarter Philosophen und Wissenschaftstheoretiker Max Bense, dem er das Gedicht „stuttgart: in erinnerung an m.b. (1919-1990)“ (stuttgart: in memoriam m.b. (1910-1990)) widmete.
15.08.2013 | Literaturwalks Wie verändert sich Literatur, wenn wir sie in und als Bewegung wahrnehmen, wenn wir beim Hören Gehen oder beim Sprechen Tanzen? Wenn wir in/durch/an Texten mit anderen unterwegs sind, mit Neugier und Freund*innen (un-) vertraute Ecken der Stadt neu oder anders entdecken?
Das Künstler*innennetzwerk und Texttonlabel KOOK hat die Autor*innen Martina Hefter, Simone Kornappel, Annika Scheffel & Friederike Kenneweg und Peter Weber eingeladen, über die Frage, wie und wo Texte entstehen, hergestellt und vermittelt werden, neu nachzudenken und ästhetische Konzepte für eine Literatur zu entwerfen, die Stadtraum und seine Bewohner*innen in Bewegung versetzt.
Literaturwalks in Berlin mit Martina Hefter, Simone Kornappel, Annika Scheffel (Foto) & Friederike Kenneweg, Peter Weber & Lale Yavas. Termine: 17./18.8.: Simone Kornappel; 24./25.8.: Peter Weber & Lale Yavas; 31.8./1.9.: Martina Hefter; 6./7.9.: Annika Scheffel & Friederike Kenneweg
15.08.2013 | ngiyaw Seit Jahren versammelt Peter Michael Sporer auf den Seiten von ngiyaw Literatur (aus und um den 19er Jahrhundertwechsel), die es nicht in den Kanon geschafft hat und man kann einiges an Zeitgeist und die eine oder andere kleine Entdeckung aus seinen Seiten extrahieren. Aktuell hat PMS Ausgewählte Gedichte von Edgar Allen Poe wiederveröffentlicht, wie sie von Hedwig Lachmann übersetzt und 1891 im Verlag des Biographischen Bureaus veröffentlicht wurden. Es war einer ihrer ersten Schritte in die Berliner Welt der Literatur.
Aktuell auch die Wiederveröffentlichung der recht verschollenen eigenen Gedichte von Gisela Etzel (1880-1918), einer früh verstorbenen Übersetzerin (u.a. von Werken Edgar Allen Poe. 1910 erschienen von ihr bei Insel Übertragungen der Gedichte von John Keats). „Die Lieder der Monna Lisa“ sind entstanden in der Zeit vom Frühjahr 1909 bis zum Frühjahr 1911.
Gisela Etzel
Florenz ist schön, doch schöner noch ist Rom,
Und seine Männer sind besonders kühn;
Ich liebe es, wenn Kardinäle glühn,
Und sitze gerne dort im Petersdom
In fernem dunklen Winkel ganz allein,
Wenn vorn im Licht die goldnen Priester stehn
Und sich in himmlischen Ekstasen drehn
Und hoch vom Chor die Knabenstimmen schrein
Und aus dem Dunkel neben mir die Augen
Der herben jungen Mönche an mir hängen
Und ihre stummen Seelen zu mir drängen
Und gierig sind, mein Bildnis aufzusaugen /
Und mir zur Seite jener Kardinal
Die Hände krampft in ungestümer Qual.
Aus: Die Lieder der Monna Lisa, Georg Müller Verlag, München, 1912.
Auflage 800 Ex., derzeit nur 1 Ex. im Handel erreichbar.
15.08.2013 | Bild ab! Erstmalig in Europa präsentiert die Schirn das OEuvre des US-amerikanischen Fotografen Philip-Lorca diCorcia in einer umfangreichen Überblicksausstellung. Der 1951 geborene diCorcia gehört zu den bedeutendsten und einflussreichsten Fotografen unserer Zeit. Seine Bilder schweben zwischen alltäglichen Momenten und detailreich inszenierten Arrangements. Die realitätsnahe Wiedergabe und der scheinbar dokumentarische Blick werden in seinen Arbeiten von einer höchst aufwendigen Bildregie unterwandert. Die Frage nach der Möglichkeit der Abbildung von Realität ist eines der Hauptthemen diCorcias und verbindet die überwiegend in Serien entstandenen Fotografien miteinander. So nahm er für Hustlers (1990–1992) männliche Prostituierte in minutiös inszenierten Settings auf, während er in seiner wohl bekanntesten Serie Heads (2000–2001) New Yorker Passanten völlig ahnungslos in einer Alltagssekunde festhielt. Neben den Werkgruppen Streetwork (1993–1999), Lucky 13 (2004) und A Storybook Life (1975–1999) wird die in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler entstehende Ausstellung in der SCHIRN auch Arbeiten des momentan in Entstehung begriffenen Projekts East of Eden der Öffentlichkeit präsentieren.
14.08.2013 | Strickmuster „Wir stricken aus all den Handlungs- und Erfahrungsepisoden, die wir erlebt haben, aus all den uns offen stehenden Optionen, den Menschen, die wir kennen, und den Dingen, die wir erworben haben, die vielen möglichen ‚Erzählungen‘ unseres Lebens, mit deren Hilfe wir unsere Identität bestimmen können. Wenn wir uns all diese Dinge jedoch nicht mehr richtig anverwandeln können, dann ist keine der möglichen Geschichten mehr verbindlich oder überzeugend (was mit ein Grund dafür ist, daß wir uns anderer Leute Lebensgeschichten nicht mehr anhören wollen)“. Roman Halfmann aktuell auf literaturkritik.de über Hartmut Rosa: Beschleunigung und Entfremdung. Auf dem Weg zu einer kritischen Theorie spätmoderner Zeitlichkeit. Suhrkamp Verlag, Berlin 2013.
14.08.2013 | Provokateur und Poet „Wolf Wondratschek war der Rock-Poet der 70er und 80er Jahre, seine Gedichte gehörten zur Grundausstattung jeder Wohngemeinschaft. Er gab seinen Büchern Titel wie "Früher begann der Tag mit einer Schusswunde". Nicht zu fassen, dass er am 14. August 70 Jahre alt wird. Inzwischen hat Wondratschek seine Cowboystiefel aus Krokodilleder abgelegt und auch einige seiner Helden sind erwachsen geworden. Seit er Ende der 90er Jahre damit begonnen hatte, einen geradezu klassischen Erzählstil zu zelebrieren, attestierten ihm die Feuilletons eine neue Ernsthaftigkeit. Dabei nahm der Poet doch das Wichtigste immer ernst: die Sprache und die Literatur.“ Wolf Wondratschek im Gespräch mit dem WDR 3
Pünktlich zum runden Geburtstag hat Wondratschek seinen neuen Roman „Mittwoch“ veröffentlicht:
„Es ist Mittwoch, ein ganz alltäglicher, unspektakulärer Mittwoch, an dem ein Mann - beschrieben als "kultiviert" und "von bedächtiger Eleganz" - einen Hundert-Euroschein bei einem Hotelportier hinterlegt. Am Ende des Tages, 240 Seiten später, wird er ihn wiederbekommen. Wolf Wondratschek begleitet diesen Hunderter bei seiner Tagesreise. Ein Mechaniker, ein Wirtssohn, eine Prostituierte, ein Boxer, ein Friseur, ein Tabakhändler - mit ihren Schicksalen reisen wir an einem einzigen Tag, eben an diesem Mittwoch von acht bis 18 Uhr auf eine Mittelmeerinsel, nach Sibirien und auch ins Hollywood der 1940er Jahre.“ Kristina Pfoser stellt das Buch vor.
14.08.2013 | „Der Anfang von etwas“ Eine neue Ausgabe von „ L – Der Literaturbote“ ist da, es gibt ihn immerhin schon seit 28 Jahren und mit dieser Doppelnummer 109/110 ändert er (erneut) sein Outfit: neuer Umschlag, neue Typografie, neues Layout. Im Inhalt u.a. mit der Festrede von Harry Oberländer an Paulus Böhmer(anläßlich der Verleihung der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt), mit Gedichten von Eva Demski, Jan Volker Röhnert, Michael Wüstefeld, Martin Piekar, Christophe Fricker, Joachim Durrang, Andreas Risse, Eric Giebel u.a.m.
13.08.2013 | Nachlass von Hertha Kräftner „Die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) hat vor kurzem den Nachlass von Hertha Kräftner erworben. Die Autorin nahm sich 1951 23-jährig das Leben. Das nun übernommene und bisherige Bestände gut ergänzende Konvolut, für das 7.500 Euro gezahlt wurde, stammt aus Privatbesitz und umfasst neben Tagebüchern, Briefen und Vorlesungsmitschriften alle literarischen Texte der Autorin.
Kräftners Bekanntheit beruht vor allem auf der häufig autobiografisch-subjektiven Lyrik, die besonders in ihrem Todesjahr ihre depressive psychische Verfassung spiegelte. Das Prosawerk der Schriftstellerin umfasst einige kürze Prosatexte, einen Romanentwurf und Tagebuchaufzeichnungen. Die literarische Qualität letzterer wurde durch die Zeitschrift "Neue Wege" gewürdigt, die das nach einer Reise verfasste "Pariser Tagebuch" mit ihrem Prosapreis auszeichnete.
Die 1928 in Wien geborene und in Mattersburg aufgewachsene Autorin begann schon in ihrer Schulzeit mit dem Schreiben und veröffentlichte mit 20 Jahren das Gedicht "Einem Straßengeiger" in der Zeitschrift "Lynkeus". Dies bedeutete Kräftners Einzug in die literarischen Kreise Wiens, wo die Studentin zu Schriftstellern wie H.C. Artmann, Friederike Mayröcker und Hans Weigel Kontakt pflegte. Prägend für die junge Schriftstellerin war auch der Kontakt zu ihrem Professor Viktor E. Frankl. Trotz Anerkennung durch den literarischen Zirkel und mehreren Beziehungen litt Kräftner stets unter Depressionen, die 1951 schließlich zum Suizid führten. „ meldet derStandard
13.08.2013 | Götter, Gifte und Gelehrte „Eine Gruppe von Natur- und Geisteswissenschaftlern des Sonderforschungsbereichs Manuskriptkulturen in Asien, Afrika und Europa ist in diesem Jahr für drei Wochen nach Kathmandu gereist, um dort lagernde Handschriften erstmals unter Zuhilfenahme einer Reihe von modernsten technischen Geräten einer manuskriptwissenschaftlichen Analyse zu unterziehen. Mit ihrer Hilfe wurde auch eine Palmblatt-Handschrift untersucht, die den esoterischen buddhistischen Text „Kommentar zum Tantra der Gottheit Trisamayarāja“ (Trisamayarājaṭīkā) enthält. Der auf Sanskrit geschriebene Text ist anonym und liegt einzig in Form dieses Manuskripts vor. Die Ergebnisse der Materialuntersuchung sind bemerkenswert: Erstens ergab sie, daß die Handschrift mit Arsen (auf den Blättern) und Quecksilber (in der Tusche) Elemente enthält, die auf die Verwendung hochgradig giftiger Substanzen hinweisen. Zweitens wurden mit Hilfe von multispektralen fotografischen Spezialaufnahmen textliche Elemente lesbar gemacht, die mit dem bloßen Auge nicht zu entziffern waren. … Es kam sogar vereinzelt Text zum Vorschein, der zuvor gänzlich unsichtbar war. Rühren die genannten Phänomene womöglich daher, daß es sich hier um die Handschrift eines Textes handelt, der dem esoterischen Buddhismus angehört und somit vor dem Zugriff von Uneingeweihten geschützt werden sollte?“ manuskript des monats 06/2013
12.08.2013 | Die Brooklyn-Bridge-Sinfonie Weiter geht der Lyriksommer im Deutschlandradio, am 13.08.2013 um 19:30 Uhr.
Der Weg des amerikanischen Dichters Hart Crane nach Deutschland war lang. Erst gut 70 Jahre nach seinem Tod (er nahm sich im Frühjahr 1932 33-jährig das Leben) lag sein Opus Magnum, der Gedichtzyklus "The Bridge" in der Übersetzung der österreichischen Anglistin Ute Eisinger vor.
Der kleine Salzburger Verlag "Jung und Jung" wagte das Risiko, denn Crane galt und gilt als gar nicht oder nur schwer übertragbar, obwohl das Poem als Schlüsseltext der amerikanischen Moderne gilt. Die Gegensätze zwischen Technologie, Naturmythologie und Großstadterfahrung sollten im zentralen Symbol der Brücke aufgehoben werden, und dafür benutzte Crane historische Mythen von Pocahontas bis Columbus, sowie musikalischen Variationen.
Einzelne Erzählstränge klingen wie Indianergesänge, Blues oder Gospel, andere wie irische Balladen oder Werbeslogans. Crane, der labile, ruhelose Trinker, hat in harter Arbeit, mit nahezu fanatischer Intensität eine unvergleichliche Sprach - und Gesellschaftsanalyse, ein Klangbild von bizarrer Schönheit geschaffen. Das außerordentliche Bauwerk über den East River erhielt durch ihn eine poetische Entsprechung.
12.08.2013 | „Arbeit am Wortwerk“ Neu auf planetlyrik der eröffnende Essay von Bernhard Scheller zum Buch „Arbeit am Wortwerk“ von Dylan Thomas, 1982 bei Reclam erschienen, mit u.a. folgendem Zitat von Dylan Thomas selbst: „… Ich schreibe in einer Geschwindigkeit von zwei Zeilen pro Stunde. Ich habe Hunderte von Gedichten geschrieben, & jedes davon hat schmerzliche, hirnquälende und schweißtreibende Stunden gekostet… Ich werde von Tag zu Tag obskurer… Ich fühle, wie sich alle meine Muskeln anspannen, wenn ich aus den strudelnden Wörtern meiner andauernden Ideen von der Gewichtigkeit des Todes unter den Lebenden einige verbundene Wörter herauszuzerren suche, die erklären, wie das strahlende System der Toten, geordnet wie in des Grabes Horizont, gesehen wird entlang der Planetenbahn eines (Vers-)Fußes oder einer Blüte…“
12.08.2013 | Leben mit Pop Vor fünfzig Jahren, anlässlich ihrer selbst organisierten Ausstellung in einem leerstehenden Ladenlokal in der Kaiserstraße 31a in Düsseldorf, prägten Manfred Kuttner, Konrad Lueg, Sigmar Polke und Gerhard Richter das Label „Kapitalistischer Realismus“. Lueg und Richter veranstalteten ebenfalls 1963 die legendäre Aktion Leben mit Pop – Eine Demonstration für den Kapitalistischen Realismus im Möbelhaus Berges. eine aktuelle Ausstellung in der Kunsthalle Düsseldorf arbeitet das Phänomen, das als Synonym für eine kurze Periode einer spezifisch westdeutschen Nachkriegskunst gesehen werden kann, erstmals umfassend auf und beleuchtet seine gegenwärtige Relevanz.
11.08.2013 | Sappho Der Greifswalder freiraum-verlag plant für Herbst 2014 (Einsendeschluss März 2014) eine Sappho-Anthologie, die von Michael Gratz und Dirk-Uwe Hansen herausgegeben wird. Für diesen Band werden Gedichte gesucht, die ihren Ausgang von Sapphos romantischer Poesie nehmen ‒um sie zu vervollständigen, ihr ein Eigenes entgegenzusetzen, sie zu verstehen, misszuverstehen, umzudeuten oder weiterzugeben.
„Wir besitzen fast nichts mehr von Sapphos Dichtungen und wissen noch weniger von ihrem Leben. Und doch: Sappho lässt die Dichterinnen und Dichter, Leserinnen und Leser nicht los. Vielleicht, weil es so verführerisch ist, die Lücken, die die Überlieferung in ihr Werk gerissen hat, zu füllen. Vielleicht auch, weil das Wenige, das wir lesen können, so überwältigend schön ist, dass man sich seiner immer wieder vergewissern will. Jede Zeit schafft sich ihre eigene Sappho.“
11.08.2013 | Zeitungsleser
Gestern in der Neuen Züricher Zeitung ein Gedicht von Marcus Roloff.
Hier im Rückblick für alle, die keine NZZ lesen:
rilke cut
strand bei triest
kliff und klippe und
winter-
warme gischt und
nichts steht so fest
wie gedachte stimmen und
wer wenn ich schriee
erster dienstag im januar
zweitausendzwölf
hörte mich denn
und reagierte
aus der touristen ordnungen
auf diese schwere durchschlag-
papierne wetter-
feste leere
11.08.2013 | Wiederentdeckung Noch bis 08.09. präsentiert die Aschaffenburger Kunsthalle Jesuitenkirche in ihrem Sakralraum mit den aufwendigen Stuckelementen eine Retrospektive von Leo Grewenig mit Bildern von 1916 – 1988 und entdeckt damit einen der wandelbarsten Künstler innerhalb der figürlichen und abstrakten Malerei des 20. Jahrhunderts neu. Man begegnet einem Œuvre, das seine Wurzeln im Bauhaus in Weimar hat, wo Grewenig von Lászlo Moholy-Nagy, Josef Albers, Wassily Kandinsky und Paul Klee unterrichtet wurde. Die Zeit seiner größten künstlerischen Entfaltung setzte erst in den späten 50er Jahren ein. Es entstand ein weitgehend abstraktes Werk, das die Anfänge am Bauhaus ebenso reflektiert wie spätere Strömungen der europäischen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Charakteristisch für das Werk Leo Grewenigs sind konsequent aus formalen Überlegungen entwickelte, kleinteilige Kompositionen, die sich einer größeren Umrissfigur unterordnen.
11.08.2013 | Wert Arbeit Seit Nov 2011 erschließt die Zeitschrift „Hohe Luft“ Philosophie, für alle die Lust am Denken haben. Herausgeberin ist Katarzyna Mol-Wolf, Gründungschefredakteur Thomas Vašek. Verlagssitz ist Hamburg, Stadtteil Hoheluft – und damit Namensgeber der Zeitschrift. HOHE LUFT ist aber auch eine Metapher für eine neue Perspektive, die der Leser einnimmt: Aus luftiger Höhe können Themen, die bewegen, neu gedacht werden und so einen anderen Sinn ergeben.
Ähnliches hat Thomas Vašek nun für den Begriff „Arbeit“ angegangen. In seinem neuen Buch „Work-Life-Bullshit“, das Anfang September erscheint, beginnt das wahre Leben nicht erst nach Feierabend. Der Burnout-Debatte stellt Thomas Vašek die These entgegen, dass Arbeit nicht perse krank macht. Sie bindet in die Gesellschaft ein, stiftet Sinn und gibt Struktur. Die Work-Life-Balance dagegen ist ein Selbstbetrug, da sie den Arbeitnehmer nicht als handelndes Subjekt betrachtet und suggeriert, das wahre Leben beginne erst nach Feierabend. Arbeit ist aber das Zentrum unseres Lebens und das Herz unserer Gesellschaft. Arbeitszeit ist Lebenszeit.
Thomas Vašek plädiert für eine radikale Neubewertung der Arbeit, auf individueller, ökonomischer und gesellschaftlicher Ebene. Denn: Der Wert der Arbeit hängt davon ab, was wir persönlich aus ihr machen und wie sich Politik und Gesellschaft ihrer annehmen, um sie als Lebensform sicherzustellen und Chancengleichheit zu gewährleisten.
11.08.2013 | Wie wir arbeiten wollen Im Juni erschien die Ausgabe #90 der Zeitschrift Texte zur Kunst mit dem Titelthema: Wie wir arbeiten wollen. Gefragt waren dabei nicht revolutionäre Entwürfe zum Thema Arbeit, sondern schlicht „Arbeiten“ der Beiträger, wie diese sie gerne ohne Zeitdruck und Kalkül abliefern würden. Man trifft in diesem Heft folglich auf Entwürfe – „Bonbons aus dem Studierzimmer“, wenn man so will –, die sonst in der Schublade liegen und sich der unmittelbaren Verwertungslogik zunächst einmal entziehen. Das Angebot der Zeitschriftsredaktion lautete, diese Texte ohne die sonst geforderte Zuspitzung auf ein von außen vorgegebenes Thema auszuarbeiten.
Gerade die Entstehungszusammenhänge und unterschiedlichen Textformate der jetzt abgedruckten Beiträge – von kollaborativen Autorschaften über erzählerisch-literarische Essays bis hin zu monografischen und künstlerisch-performativen Abhandlungen – stehen für einen anderen Zugang zu universitären Forschungsfeldern, projekthaftem Zusammenarbeiten, künstlerischen Beschäftigungen und thematischen „Privatleidenschaften“ der Autoren und Autorinnen, welcher dem häufig ernüchternden Zwang zu Aktivität und Effektivität des heutigen Arbeitsalltags entgegensteht.
10.08.2013 | Fundsachen aus Irland Eine Sendung, die von aktueller Poesie und von historischen Radioantiquitäten lebt. Archivalien der späten Vierziger-, der Fünfziger- und der frühen Sechzigerjahre aus dem Fundus des Radio-Bremen-Archivs und anderer ARD-Archive. Ein radiophones Panoptikum, liebevoll dargeboten von Michael Augustin. Unter den Originaltönen sind u.a. auch Aufnahmen mit den irischen Nobelpreisträgern William Butler Yeats, Samuel Beckett und Seamus Heaney zu hören. Zu ihnen gesellt sich die Stimme ihres deutschen Kollegen Heinrich Böll, der seit den frühen 50er Jahren bis zu seinem Tod ein besonders inniges Verhältnis zur "grünen Insel" pflegte. Außerdem kommen zu Wort: Dennis O'Driscoll – er las 2011 bei "Poetry on the Road" in Bremen (verstarb leider zu Weihnachten 2012) -, Brendan Behan, Arno Schmidt, Pearse Hutchinson, Ror Wolf, Harry Rowohlt, Nuala Ní Dhomhnaill (und hier ein link zu einer Lesung von ihr auf youtube mit Gedichten teils auf Gälisch) und viele andere. Am 11. August um 9:05 Uhr im nordwestradio.
10.08.2013 | Abschreibesystem Nach Robert Walsers Tod wurden im Jahr 1956 seine Mikrogramme entdeckt, 526 Blätter unterschiedlicher Art und Grösse, die entziffert fast sechstausend Druckseiten ergeben und neben Prosastücken, Gedichten und dramatischen Szenen auch einen ganzen Roman enthalten. Entwickelt hatte der Autor sein „Bleistiftsystem" in den Zwanzigerjahren in Bern. In einer abenteuerlich winzigen Schrift mit Bleistift zu schreiben und dafür teilweise Makulatur zu verwenden, war Walsers Reaktion auf eine tiefgreifende Schreibkrise. Walsers Mikrografie mutet so befremdlich an, dass sie anfänglich für eine Geheimschrift gehalten wurde. Erst ab Anfang der Sechzigerjahre konnte sie entziffert und transkribiert werden.
Die Ausstellung im Robert Walser-Zentrum dauert vom 14. Juni 2013 bis zum 15. Oktober 2014 und zeigt dreizehn Mikrogrammen, die im Schweizerischen Literaturarchiv der Schweizerischen Nationalbibliothek deponiert sind.
10.08.2013 | Wie aus Klecksen Kunst wurde Langsam tropft die Tinte von der Feder und landet verspritzt auf dem Papier, wo sie sich rasend schnell ausbreitet. Was im Privaten ein Ärgernis ist, betrat um 1800 die Bühne des künstlerischen Geschehens: der Klecks. Maler wie William Turner und Gustave Moreau aber auch Schriftsteller wie Victor Hugo und George Sand waren begeistert von der geheimnisvollen Schönheit des amorphen Gebildes. Unter dem Titel „Die Klecksographie – Zwischen Fingerübung und Seelenschau“ zeigt das Wallraf 25 Zeichnungen, in denen der Klecks als schöpferischer Akt im Mittelpunkt steht. Die Ausstellung will damit nicht die Geschichte, sondern die große ästhetische Kraft der klecksographischen Methode veranschaulichen.
10.08.2013 | Bayerische Kunstförderpreise in der Sparte Literatur - sie gehen 2013 an drei Autoren: Martin Beyer, Jonas Lüscher und Christian Schloyer. Die mit je 5.000 Euro dotierten Auszeichnungen werden am 12. November in München überreicht.
Die Kunstförderpreise erhalten sie für folgende Werke: Martin Beyer (Bamberg) für seinen neuesten Erzählband "Mörderballaden. Dreizehn Erzählungen" (asphalt & anders, 2013) | Jonas Lüscher (München) für seine Novelle "Frühling der Barbaren" (C.H. Beck, 2013) | Christian Schloyer (Nürnberg) für sein lyrisches Werk "spiel ur meere" (kookbooks, 2007) und "panik blüten" (poetenladen, 2012).
"Mit den diesjährigen Preisträgern zeichnen wir junge Autoren aus", sagte Kunstminister Wolfgang Heubisch in der Mitteilung seines Ministeriums, "die auf der Suche nach neuen Formaten und Formen sind und gekonnt mit literarischen Gattungen experimentieren. Darüber hinaus treten sie als Literaturvermittler und Impulsgeber in ihrem jeweiligen städtischen und regionalen Umfeld in Erscheinung. Auf diese Weise prägen und bereichern unsere Preisträger das literarische Leben in Bayern auf vielfältige Weise."
08.08.2013 | der andere bin ich Die lettrétage ist umgezogen und der neue Raum am Mehringdamm bietet neue Möglichkeiten. Beispielsweise ein neues Late-Night-Format, das morgen Abend Premiere feiert.
Was haben Sex- und Textualität gemeinsam? Was soll das sein: Schwules Schreiben, schwules Lesen? Und überhaupt: Welche Rolle spielen die Körper, die hörenden, die schreibenden, die beschriebenen und welche spielt der Raum, der die Körper zu Körpern macht?
Denis Abrahams liest Prosa von Hubert Fichte und Tom Bresemann und im Audiozimmer inspirieren Gedichte von Mathias Traxler, Konstantin Kafavis, Martial u.a.- schließlich unterhält DJ Einhitwunder mit einem Mix aus Pop, Soul, R&B, Disco, Rock und Indie aus allen Jahrzehnten der Popkultur.
08.08.2013 | Dingähnliches Siebzehen Im Rahmen der Forschungswerkstatt Schweizer Lyrik las der Schriftsteller und ehemalige Feuilletonchef der Basler Zeitung Urs Allemann aus seinem neusten Buch in sepps welt. gedichte und ähnliche dinge (erschienen bei Klever 2013) und sprach in der anschliessenden Diskussion über die Verfahren, die er bei der Produktion seiner Gedichte anwendet, über das Verhältnis der Originalgedichte von so bekannten Autoren wie Goethe, Heine oder Trakl zu den Allemannschen Neufassungen, über die Komposition der Gedichtsammlung in sepps welt. gedichte und ähnliche dinge sowie über vieles Andere, was sich in und zwischen Texten abspielt. Das Gespräch ist aktuell auf litradio.net nachzuhören.
07.08.2013 | Joachim Ringelnatz zum 130. Geburtstag
Liedchen
Die Zeit vergeht,
Das Gras verwelkt,
Die Milch entsteht,
Die Kuhmagd melkt.
Die Milch verdirbt.
Die Wahrheit schweigt.
Die Kuhmagd stirbt.
Ein Geiger geigt.
(1932)
07.08.2013 | Konkretmacher Der Literaturschwerpunkt der Salzkammergut Festwochen Gmunden 2013 vom 08. - 11. August wird dem Ausnahmekünstler Gerhard Rühm gewidmet sein. Vier dicht programmierte Tage bieten eine einmalige Gelegenheit, sich intensiv mit der Person und dem Schaffen dieses Künstlers auseinanderzusetzen.
Gerhard Rühm ist ein umfassend, ein enzyklopädisch tätiger Künstler. Ein Gesamtkünstler. Geben Sie ihm einen Bleistift, und er macht Zeichnungen oder Bleistiftmusik. Geben Sie ihm eine Schreib-maschine, und er macht „schreibmaschinenideogramme“ (1954), konkrete Poesie oder lässt Goethes Erlkönig auf Schreibmaschine erklingen. Geben Sie ihm einen Rahmen, und er erfindet das Bild. Geben Sie ihm ein Bild, und er macht den Rahmen zum Thema. Und wenn Sie schon gar nicht mehr wissen, was Sie ihm noch geben könnten, geben Sie ihm gar nichts, stellen Sie Rühm in einen leeren Raum ohne irgendwelche Gegenstände und Materialien: Sie werden den Raum nach kurzer Zeit nicht wiedererkennen. (Michael Lentz über Gerhard Rühm zum 80. Geburtstag)
Auf dem Programm stehen Lesungen, Konzerte und Performances mit dem Künstler. Auch Wegbegleiter, Germanisten, Journalisten und Künstler werden Gerhard Rühm und sein Werk mit eigenen Beiträgen, in Diskussionen und Referaten erklären, würdigen und kommentieren.
Eine Ausstellung mit dem was Gerhard Rühm mit Zeitungen macht läuft zeitgleich in der Gmundener Galerie 422.
07.08.2013 | Displaced Person „Als Filmemacher ist Jonas Mekas weltberühmt, doch sein erstes künstlerisches Ausdrucksmittel, seine Poesie, kennen bislang nur die Litauer. 1948 konnte Mekas, den es im Krieg nach Deutschland verschlagen hatte, in Kassel seinen ersten Gedichtband herausbringen (hektografiert in drei Exemplaren – Anm. FM), die Idyllen von Semeniskiai - eine geradezu dokumentarische Poesie der alltäglichen Gegenstände und Verrichtungen des litauischen Dorfes, aus dem er kam und in das er nicht mehr zurückkehren konnte. Nennung und listenartige Aufzählung sind das Grundmaterial dieser Poesie, nicht Empfindungen oder Kommentare; Parallelen zu seinem späteren Filmschaffen sind deutlich zu erkennen.
Erst Jahrzehnte später veröffentlichte Mekas in New York weitere Gedichtbände; die Reminiszenzen von 1972 stehen in ihrem kommentarlosen Konstatieren von Vorgängen dem Erstlingswerk sehr nahe. Beginnend mit der Verszeile "Es war schon Sommer, als wir Flensburg verließen" lässt der acht Teile umfassende Zyklus Szenen aus der Nachkriegszeit in Deutschland Revue passieren. Es ist ein Glücksfall, dass beide Werke in einer prächtigen zweisprachigen Ausgabe den Dichter Jonas Mekas erstmals auf Deutsch zugänglich machen.“ Cornelius Hell auf derStandard.at über den Band „Alt ist das Brausen des Regens in den Zweigen“, übersetzt von Claudia Sinnig, erschienen im Kölner Matto Verlag (der ohne website auskommt).
07.08.2013 | In der Reibung entstanden Dass ihr Schreiben autobiografisch fundiert war, daraus hat Christa Wolf nie ein Geheimnis gemacht. Die Frage aber, wie das Erlebte zu Literatur wurde, ist damit nicht beantwortet. Brigitte Burmeister, Daniela Dahn, Brigitte Struzyk und Gerti Tetzner gehörten jahrelang dem literarischen „Kränzchen“ von Christa Wolf an, bei dem entstehende literarische Texte im Kolleginnenkreis gelesen und diskutiert wurden. Anhand von Christa Wolfs Tagebuch-Aufzeichnungen „Ein Tag im Jahr“ (2003) und „Ein Tag im neuen Jahrhundert“ (2013) zeichnen sie nach, wie Autobiografisches in Christa Wolfs literarisches Werk Eingang fand. „So frisst das Schreiben das Leben auf“ – Christa Wolfs Jahres-Tage 1960-2011 – Podium-Diskussion am Donnerstag, den 8. August um 20 Uhr im Literaturforum im Brecht-Haus (in dem seit Sonntag die Christa Wolf-Woche läuft) plus Lesung aus „Herr Wolf erwartet Gäste“ mit Jens Sparschuh.
06.08.2013 | Sprachstrom der Stillagen „Fast jeder Leser hat mit Joyce eine Rechnung offen. Vielleicht nicht unbedingt mit "Ulysses", dem kompliziertesten Kneipentext der Weltliteratur. Aber zumindest mit "Finnegan's Wake" – dem kabbalistischen Rätseltempel schlechthin. Furchterregend sind beide. Entweder durch die Leseüberforderung, an der selbst fleißigste Naturen gescheitert sind. Oder durch die intellektuelle Gloriole, die einem den Garaus macht als unschuldiger Joycianer. Nein, es ist eine Krux mit diesem Kanoniker der Moderne. Genauer: Es war eine Krux. Denn jetzt ist ja plötzlich alles anders.
Auf 31 CDs, ein gutes Kilo, präsentiert der Hörverlag erstmals eine integrale Lesung dieses Opus absolutissimum. Also: keine Ausreden mehr!“ Rezension eines Mitte Juni im Hörbuch-Verlag erschienenen Hörbuch-Ungeheuers in der WELT.
06.08.2013 | Carl Weissner und die andere Liga „ …Bei der Cut-up-Fraktion stecken die poetologischen Passagen in der Regel mitten im Werk, man propagiert den semantischen Kontrollverlust und macht auch gleich die Probe aufs Exempel. Dadurch entsteht eine Kongruent aus Form und Inhalt, die in RichtungL'art pour l'art tendiert. Das Kunstwerk stellt die eigenen Entstehungsbedingungen aus. Und als mitunter verstörende, aber auch enorm suggestive Sprachkunstwerke muss man Weissners Experimente vielleicht heute vor allem lesen, nachdem der sprach- und medienkritische Subtext ein bisschen aus der Mode gekommen ist.
Seine Beiträge zum übersichtlichen Cut-up-Kanon gehören durchaus zu den besten. Texte wie Pasteur go Home, The Braille Film und So Who Owns Death TV sind nicht nur auf der Höhe seines großen Gewährsmannes Burroughs, sie verraten bei all ihrer Affinität eben auch eine gewisse Originalität des Zugriffs.“ Frank Schäfer in der ZEIT über das gerade erschienene Buch Carl Weissner : Eine andere Liga. Milena, Wien 2013
05.08.2013 | Bienenstock aus Glas Die dänische Lyrikszene ist eine der spannendsten und lebendigsten in Europa. Dabei fällt auf, dass vor allem ihre jüngeren Vertreter nicht einfach ein Gedicht nach dem andern schreiben. Sie betreiben vielmehr ein Projekt. Ihre Gedichtbände sind keine mehr oder weniger zufällig zusammengestellten Sammlungen, sondern es sind Suiten: Sie haben ein gemeinsames Thema, sie erzählen Geschichten, sie schildern die Wirklichkeit. Damit eng verknüpft ist die zweite Auffälligkeit: die Wiederaufnahme der politischen Poesie. Aber im Gegensatz zu den siebziger Jahren, in denen alles, auch das Poetische, politisch war, wird nun alles, auch das Politische, poetisiert. Die Herangehensweisen und Inspirationsquellen sind dabei ganz verschieden. Gemeinsam ist den Lyrikern die vielstimmige Komposition ihrer Texte, die sich mal an der Musik, mal an der Antike orientieren, aber immer frisch und originell sind. Mit Ursula Andkjær Olsen, Mette Moestrup und Morten Søndergaard werden drei der interessantesten Dichter des heutigen Dänemarks am 06.08.2013 von Peter Urban-Halle um 19.30 Uhr im Deutschlandradio Kultur vorgestellt. Das Manuskript dazu gibt es hier.
Mette Moestrup
Auf dem Heumarkt
Unverblümt in meinem Gang, wie du so wild und hell,
späte, noch immer junge Nacht, du Freundin und Komplize,
ging ich über den Halmtorv - der Halbmond einer Zehe grell
durch Lack zu ahnen - doch über des Viertels revitalisierter Spitze:
deines Mondes Widerschein, Nacht, und in deinem weißen Tosen
verlorne Wattestäbchen, gleich kleinen, weichen Doppelpfeilen,
und du, Marktplatz, mit Subjekten, nackt unter Röcken, Hosen,
dein Springbrunnen lud ein zu kosmetischem Verweilen -
private Gelüste ertrug ich in dir, du öffentlicher Raum.
Dort liegt ein Duft von stadterneuerter Klematis heute.
Ein anonymes "Wieviel", ich verstummte, glaubt' es kaum.
Der Bürgersteig sank ein und stank nach Pisse andrer Leute.
Dann fing, am Fuße der Klematis mit Blüten lila und weiß,
erhellt von Straßenlampen, ein gebrauchtes Kondom meinen Blick.
So sehe ich mich selbst, sehe mich selbst als sie, deren Preis
der Kunde mit anonymem Schwanz abschätzt für einen Fick.
So gehe ich weiter, denke, ein Kunde, von jemandem geboren, du
bedeutest mir viel - er ist das Wort,
ich, in der dritten Person,
gebrauche es für meinen Geliebten, meinen Sohn, meinen Vater und dich.
05.08.2013 | Retroworter André Thomkins (1930 – 1985) war einer der kreativsten Erben von Dada und Surrealismus. Ein Künstler, aus dem die Ideen nur so heraussprudelten und der Werke voller Fantasie, hintergründigem Witz und Ironie aus sich herausschüttelte. Insgesamt 6700 Arbeiten umfasst der Nachlass, den das Kunstmuseum Liechtenstein seit 2002 verwaltet und aufarbeitet. 290 davon werden noch bis 15. September unter dem Titel „Eternal Network“ im Vaduzer Museumskubus gezeigt.
Sein Werk umfasst ein enormes Spektrum, das die Gattungsgrenzen ständig überschreitet und sich nur schwer gängigen Kategorisierungen zuordnen lässt. „Bilder, Sprachbilder, Objekte, Skulpturen, Bühnenbilder, Musik sind die Medien seines spielerischen Umgangs mit Bild und Sprache,“ heißt es in einem Pressetext, der darauf verweist, dass Bild und Sprache bei ihm unzertrennlich miteinander verwoben sind. Er selbst bezeichnete sich als »retroworter« und fand damit eine Berufsbezeichnung für seinen wiederverwertenden, spielerischen und zum Teil automatisierten Sprachumgang. Vielleicht war diese schwer verdauliche Vielfalt mit ein Grund, warum André Thomkins lange Zeit ein „Künstlerkünstler“ war, bis er 1972 und 1977 zwei Mal hintereinander zur Documenta in Kassel geladen war und damit international enorm an Bekanntheit gewann.
Nach seinen Anfängen Ender 50er Jahre mit Palindromen und Anagrammen (teils wiederzuentdecken u.a. in diesem Katalog, weil im Original als selbstverlegte Heftchen bspw. 1963 erschienen „Oh! Cet echo“ und heute unerreichbar) war er mit seinen Sprachbildern auch in Eugen Gomringers unvergessenem Reclam Band „Konkrete Poesie“ von 1972 vertreten.
05.08.2013 | Innere Front fixpoetry erinnert an Adam Kuckhoff, der heute vor 70 Jahren in Plötzensee von den Nazis wegen Hochverrats hingerichtet wurde. In der Haft schrieb er damals an einer „Theorie der Lyrik“, die unveröffentlicht blieb.
Ob sich heute noch einmal ein Verlag an die Herausgabe seiner Werke wagt? Was gäbe es da zu entdecken: den tief die ganze Epoche auslotenden »Deutschen von Bayencourt«, die geistreiche Novelle »Scherry«, eigenwillige Erzählungen wie »Der Deserteur« oder »Der letzte Auftritt«, anspruchsvolle Essayistik, sogar einen Kriminalroman, »Strogany und die Vermißten« und unbekannte Lyrik. In Kockhoffs Heimatstadt Aachen erschien zuletzt 1985 (damals zu seinem 85. Geburtstagsjahr) eine Sammlung unter dem Titel „Fröhlich bestehen“ mit sonst verstreuter Prosa, Lyrik & Dramatik.
04.08.2013 | Überwach - ung „… wir erleben im Moment eine enorme Beschleunigung des Kreislaufs von Zeichen, Informationen und Kapital. Für diese Beschleunigung müssen alle Geheimnisse, Rückzugsräume, Einzigartigkeiten, Ecken und Kanten beseitigt werden. Nur in der Transparenzgesellschaft stößt der permanente Informations- und Warenfluss auf keinen Widerstand mehr. In der Transparenzgesellschaft ist alles nach außen gekehrt, enthüllt, entkleidet und exponiert. Wir stellen uns selbst aus für Aufmerksamkeit.“ Byung-Chul Han
04.08.2013 | Die Zigarette danach Nach den "Meteoren" legt Horace Engdahl mit "Die Zigarette danach" neue "Mikrobetrachtungen" vor - ein kleines Handbuch der Weltklugheit, zum Teil in Berlin verfasste Prosanotate, die voller Verwunderung Auswüchse des Zeitgeistes und menschlichen Verhaltens, auch des eigenen, reflektieren. Neben "Metakritischen Fragmenten" finden sich darin auch "Reaktionäre Betrachtungen", in denen Engdahl seine Belesenheit und die Schärfe seines Beobachtens und Denkens luzide und kurzweilig entfaltet.
Engdahl hatte 2009 seine Amt als Vorsitzender der Stockholmer Jury für den Literaturnobelpreis abgegeben um seiner Ehefrau Ebba Witt-Brattström zu deren Gastprofessur nach Berlin folgen zu können und „einsam in einer Kammer zu schreiben“ und/oder in Cafés zu sitzen und „scharfe Meinungen“ zu formulieren.
Gerade erschienen als Band 16 der Reihe Schwedische Literatur der Moderne bei Kleinheinrich.
04.08.2013 | Trauma und Erinnerung ist das Thema der aktuellen Sommer-Ausgabe der LiteraturNachrichten stellt sich der spannenden Frage nach der Erzählbarkeit von gesellschaftlichen Traumata und der Notwendigkeit des Erinnerns.
In diesem Zusammenhang lohnt die Auseinandersetzung mit den Gedanken des 2011 verstorbenen karibischen Romanciers, Essayisten, Lyriker, Dramatiker und Journalisten Edouard Glissant (dessen Werke hierzulande im Verlag Wunderhorn erscheinen). Außerdem erinnert sich Andrea Hirata aus Indonesien in seinem autobiografischen Roman Die Regenbogenkinder an seine Schulzeit. Und der indische Autor und Journalist Raj Kamal Jha berichtet über an einen Tag im September 2002, an dem sich das Klima der Feindseligkeit zwischen Hindus und Moslems auf furchtbare Weise entlud, und warnt vor einfachem Schwarz-Weiß-Denken.
04.08.2013 | Das Verschwinden der Waage Heute, am Sonntag um 18:30 Uhr, im Deutschlandradio Kultur die Erzählung des Gleichgewichts W von Jean Daive (1941 in Bonsecours geboren, Lyriker, Romancier, Übersetzer.) als zweisprachiges Hörspiel.
W. ist die Aufschrift auf einem Papierbündel und einem Paket, in dem eine störende Schwester, ein stummer Vater, eine entfernte Mutter auf die Post gebracht und verschickt werden, um vom Adressaten - einem Leser/Hörer - Stück für Stück einverleibt zu werden. W, ein gezahnter Buchstabe, ist sein Biss. Er richtet sich gegen alles, was W sonst noch ist oder andeutet: das Weiß, auf das es geschrieben ist, Wien als den Ort einer bestimmten, Psychoanalyse genannten Hör- und Sprechpraxis, das Weh, das mit der Sprache und mit ihrem Fehlen verbunden ist. W., das Gedicht, ein paraanalytischer Parcours, eine Übung in gehemmter Dissoziation, eine stenographische Erzählung von einem, der sich zur Sprache zu bringen versucht (und, da er viele ist, nur zu verschiedenen, geteilten und widersprüchlichen Sprachen kommen kann).
Aus dem Französischen von Werner Hamacher | Funkeinrichtung und Regie: Ulrich Lampen | Komposition: Ulrike Haage | Mit: Jean Daive, David Bennent.
03.08.2013 | Rogue Nation #2 Pünktlich zum Monatswechsel erscheint die zweite Ausgabe des Rogue Nation Magazins. Die Elite des deftiges Wortes hat es sich nicht nehmen lassen der lesenden Welt ein paar Texte vor den Bug zu schießen. Mit dabei sind diesmal Radoslaw J. Berus, Rüdiger Saß, Roland Adelmann, Markus Prem, Ulrich Kersten, Kai Kraus, Florian Günther und Jürgen Landt. Das Coverfoto ist von Mayra Martell.
03.08.2013 | Luftschlangentexte Buchvorstellung am 04.08. im Motto, Berlin: bisher nur in wenigen handgebundenen Exemplaren existiert der Band der drei der Texte, die die Grundlagen für Annette Wehrmanns Performances bildeten, versammelt. Erschienen ist er jüngst im Verlag der Kunstzeitschrift starship.
„Die Arbeiten von Annette Wehrmann (* 10. Juni 1961; † Mai 2010 in Hamburg), stehen für eine starke singuläre, künstlerische Position zwischen Skulptur und Intervention, die kunsthistorisch an die Methoden der Konzeptkunst und Aktionskunst sowie an die Sprache der Situationistischen Internationale anknüpft. Mit ephemeren und billigen Materialien stellte sie Objekte her, die ein Spannungsverhältnis zu gesellschaftspolitischen, erkenntnistheoretischen und künstlerischen Großfragen produzieren. Sie bearbeitete das Geld, die Religion, Gehirne, das Denken, die Stadt, den Staat, das Fernsehen und die Sprache. Mit ihren Lesungen von auf Luftschlangen verfassten Texten, in denen Alltagsbeobachtungen mit philosophischen und ästhetischen Fragestellungen verknüpft werden, demonstrierte Annette Wehrmann eine Visuelle Poesie in der dritten Dimension. Die Texte transportieren in ihrer sprachlichen Schärfe darüber hinaus eine ungewöhnliche Formfindung zwischen Literatur und Politik.“ Material Verlag
03.08.2013 | „Dein Buch liest dich“ – Lara Fritzsche über die Auswertung des Leserverhaltens durch ebook-Anbieter im aktuellen Süddeutsche Zeitung Magazin: „ Auch am Reißbrett geplante Romane sind denkbar. Ähnlich dem Empfehlungsprinzip von Amazon könnten auf Basis der Leserdaten ganze Romansujets entstehen. Etwa so: Kunden, die alle schmerzhaften Selbstbefriedigungsszenen aus Feuchtgebiete markiert haben, würden sicher auch eine ganze Sadomaso-Trilogie kaufen. Zeit für Fifty Shades of Grey.
Vorreiter ist der kleine Verlag Coliloquy mit Sitz in Palo Alto. Hier werden die Leserdaten nämlich auch inhaltlich analysiert. Wen mögen die Leser, wessen Zitate markieren sie besonders häufig, welche Eigenschaften schätzen sie an Protagonisten? Die wichtigsten Erkenntnisse geben die Verleger an die angestellten Autoren weiter, und die schreiben dann Geschichten im Sinne der Leser. Was rauskommt? Heldinnen, die sowohl stark als auch sensibel sind, langhaarig und langbeinig, und männliche Protagonisten, die groß sind, dunkel, grünäugig und moderat behaart auf der Brust.“
02.08.2013 | Originalität ist Kult Heute vor 25 Jahren starb der US-amerikanische Kultautor Raymond Carver. Er ist vielleicht der berühmteste Autor amerikanischer Short Stories im zwanzigsten Jahrhundert. Die Lakonie der Aussparung, die minimalistischen Details und wortkargen Dialoge prägten eine ganze Generation von Autoren - besonders durch Carvers zweiten, Kult gewordenen Erzählband »Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden«. Aber eigentlich war das Buch nicht sein Buch. Der Lektor Gordon Lish schuf den typischen Carver-Sound und veränderte das Manuskript entscheidend. „Die frühe Version ist gut doppelt so lang wie die veröffentlichte Lektoratsfassung. Bei manchen Geschichten strich Lish vierzig Prozent, in zwei Fällen sogar fast vier Fünftel des Originals. Er änderte den Plot, vereinfachte das Vokabular, verknappte die Dialoge, eliminierte Reflexionen, Abschweifungen und Binnengeschichten; drei Viertel aller Stories erhielten unter seinen Händen einen neuen Schluss. Seine Homogenisierungsarbeit ist ein Meisterwerk. Lish wollte auch nicht, dass in den Stories zu viel geweint wird, gebetet schon gar nicht, obwohl manche von Carvers Figuren das nun einmal tun: sie weinen und beten. Weg damit! In der Erzählung „Wo stecken sie alle?“ reflektiert der Ich-Erzähler über eine Stelle bei Italo Svevo. Der Lektor warf sie hinaus. Der Arbeiterschriftsteller Carver sollte keine literarische Bildung demonstrieren. Gordon Lish, soviel ist klar, verstand sich als Toningenieur und Produzent des Carver-Sounds.“ weiß Paul Ingendaay in der ZEIT.
02.08.2013 | Blick in den Aufprall Eben bei Wallstein erschienen: Licht für andere Augen – Gedichte von Hendrik Rost. Darin zeigt er sich als ein äußerst wacher und genauer Beobachter. Sein Blick fixiert das ganz Kleine, das Familiäre ebenso wie die großen Zusammenhänge: Geschichte, politische Verwerfungen, Klimawandel. Seine Fähigkeit, beides im Text zusammenzubringen, hart aufeinanderprallen zu lassen oder in eine geradezu zärtliche Balance zu bringen, ist außerordentlich. Kein Lamento, sondern Bestandsaufnahme sind seine Texte. Und immer wieder gelingen ihm hinreißende Landschaftsgedichte.
Tut das Unnütze, singt die Lieder
Sand im Getriebe
kann man sich so
vorstellen: Geld
im Portemonnaie,
Attentate auf CNN,
schwanger in der 12.
Woche, Binnenreim
im Gedicht, Lächeln
in deinem Gesicht.
Mehr Glück als Verstand,
was keiner erwartet
aus harmlosem Mund.
02.08.2013 | So Much I Want to Say Von Annemiek bis Mutter Courage — die Sammlung Goetz im Haus der Kunst in München noch bis zum Januar 2014. Titelgebend für die fünfte Präsentation aus Werken der Sammlung Goetz ist eine frühe Videoarbeit von Mona Hatoum aus dem Jahr 1983. Sie gründet auf dem Material einer Performance: Während die Stimme von Mona Hatoum die Worte "So Much I Want to Say" wiederholt, zeigen die Bilder, wie das Gesicht einer Frau von Männerhänden verdeckt wird. Im Mittelpunkt des Werks von Mona Hatoum (geb. 1952 in Beirut) stehen Menschen, die aufgrund von Herkunft und Geschlecht gesellschaftlich marginalisiert und zum Schweigen gebracht werden.
Werke von Künstlerinnen machen in der Mediensammlung von Ingvild Goetz etwa die Hälfte aus. Anhand dieser Arbeiten lassen sich die wichtigen Etappen des feministischen Diskurses und der feministischen Filmtheorie seit den 1970er-Jahren nachvollziehen.
Weitere Werke von Chantal Akerman, Andrea Bowers, Rineke Dijkstra, Cheryl Donegan, Mona Hatoum, Lucy McKenzie & Paulina Olowska, Tracey Moffatt, Ulrike Ottinger, Ryan Trecartin, Rosemarie Trockel und T.J. Wilcox.
02.08.2013 | Formeln die man nicht versteht Bücher zum Thema Mathematik kommen, wenn sie sich an ein allgemeines Publikum richten, fast immer ohne Formeln aus und sind in einer Sprache formuliert, die das Wissenschaftliche vereinfacht. Wenn man dagegen das Buch des französischen Mathe-Genies Cédric Villani liest, wird man auf einige Formeln stoßen und immer wieder Aussagen finden, die man nicht versteht. Auf der anderen Seite bekommt man hier einen realistischen Eindruck davon, was Mathematik heute ist: Cédric Villani schildert, wie er sich jahrelang mit der Boltzmann-Gleichung auseinandergesetzt hat, bis er für seine Arbeiten 2010 schließlich mit dem bedeutendsten Preis für Mathematiker, der Fields-Medaille, ausgezeichnet wurde. Durch Gespräche mit Kollegen, E-Mails, Tagebuchnotizen, aber auch Gedichte, Zufallsfunde und Lektüre kommt der Forscher seinem Ziel immer näher, und auch der Leser versteht immer besser, was mathematische Forschung bedeutet. Und auch wenn die Formeln unverständlich bleiben, die Begeisterung Villanis für sein Fach ist unverkennbar.
Cédric Villani Das lebendige Theorem Sachbuch aus dem Französischen von Jürgen Schröder. S.Fischer Verlag.
02.08.2013 | Babelsprech Die Teilnehmenden für die Auftaktveranstaltung von Babelsprech stehen fest. 7 Lyriker_innen aus der Schweiz, 7 Lyriker_innen aus Österreich und 15 Lyriker_innen aus Deutschland haben ihre Teilnahme an dem viertägigen Workshop zur aktuellen Situation der jungen deutschsprachigen Lyrik bestätigt. Die Teilnehmenden wurden von den Dichtern und Projektleitern von Babelsprech Max Czollek (Deutschland), Robert Prosser (Österreich) und Michael Fehr (Schweiz) eingeladen. Auswahlkriterien waren der Jahrgang (nach 1980) und die Abbildung einer Vielfalt poetischer Positionen und Herangehensweisen junger deutschsprachiger Lyrik.
Der Workshop beginnt am 26.9.2013 in Lana (Südtirol) und beinhaltet u.a. Gastvorträge von Raoul Schrott, Anja Utler und Thorsten Ahrend. Die Veranstaltung ist die Initialveranstaltung für das Projekt Babelsprech, das u.a. eine Lesereihe und die Veröffentlichung von „Lyrik von jetzt 3“ beinhaltet. Mit Ende der Veranstaltung wird auch ein Online-Forum (babelsprech.org) für junge deutschsprachige Lyrik gestartet.
Ziel von Babelsprech ist, erstmals eine breite angelegte Diskussion über die Möglichkeiten junger deutschsprachiger Lyrik zu initiieren, junge Dichter und Dichterinnen in deutschsprachigen Ländern besser zu vernetzen und ihre öffentliche Wahrnehmung zu stärken.
Aus Deutschland Kathrin Bach, Yevgeniy Breyger, Peter Dietze, Christiane Heidrich, Tim Holland, Anja Kampmann, Dagmara Kraus, Alexander Makowka, Tristan Marquardt, Charlotte Warsen, Mónika Koncz, Rick Reuther, Lea Schneider, Michael Spyra, Max Wallenhorst | aus Österreich Sophie Reyer, Christoph Szalay, Martin Fritz, Esther Strauß, Lydia Steinbacher, Reinhard Lechner, Oravin | aus der Schweiz Barbara Arnold, Sascha Garzetti, Wolfram Höll, Simone Lappert, Patrick Savolainen, Eva Seck,Michelle Steinbeck.
01.08.2013 | Helmut-Heißenbüttel-Homestory Ortserkundungen - Von Elke Heinemann: Das grünweiße Fachwerkhaus, das ist es: Verwinkelt, schwer einsehbar, vom Alter gebeugt steht es neben der Kirche in Borsfleth, einem kleinen Dorf bei Glückstadt in Schleswig-Holstein. Es war der Alterssitz eines literarischen Avantgardisten: Helmut Heißenbüttel (1921 - 1996), Mitglied der Gruppe 47, Leiter der Abteilung "Radio Essay" beim Süddeutschen Rundfunk, formulierte in Lyrik und Prosa, Hörspiel und Radio-Feature so radikal wie brillant Kunst, Sprach- und Gesellschaftskritik.
Seine Hörfunkarbeit wird als Höhepunkt des Kulturradios geschätzt, seine lyrischen "Kombinationen", "Topographien" und "Textbücher" brachten einen neuen Ton in die bundesrepublikanische Dichtung der 60er-Jahre.
Das Haus ist ein Zimmerlabyrinth, angefüllt mit chronologisch geordneten Büchern, Bauhaus-Mobiliar, einer beeindruckenden Jazz-Sammlung. Auch neue Musik und Musik vor dem Barock hat Heißenbüttel gesammelt sowie Gemälde von Henri Michaux, Armin Sandig, JiÞí KoláÞ.
Das Gebäude ist ein Gesamtkunstwerk im Geiste seines einstigen Bewohners. Seine Witwe, Ida Heißenbüttel, lebt heute noch dort. Sie führt um 20:10 Uhr am 02.08.2013 durch das Haus, im Deutschlandfunk.
01.08.2013 | Nummer elf der Reportagen eine schweizerische Zeitschrift, die zu entdecken hilft - Wie jedesmal enthält das Magazin wieder „sieben Reportagen von Journalisten und Schriftstellern, die sorgfältig vor Ort recherchiert wurden: Nathaniel Rich schreibt über die unsterbliche Qualle Turritopsis, die 1988 von einem deutschen Studenten entdeckt wurde und seinem Besuch in Japan bei dem einzigen Forscher, der diese heute züchtet und untersucht. In der historischen Reportage von 1924 berichtet Albert Londres, Kriegskorrespondent, Schriftsteller und noch immer einer der berühmtesten französischen Journalisten, von der damaligen Tour de France. Er versetzt uns in längst vergangene Zeiten in denen auch schon tüchtig mit Pillen, Salben und Pulvern experimentiert wurde. Ausserdem: Felipe Vilani über Fischzucht in Brasilien, Sandra Mattioli und Oliver Kugler über den Prozess eines ehemaligen Mafia – Auftragsmörders, Tom Kummer auf einem Road Trip entlang der US – mexikanischen Grenze, Margrit Sprecher über den Insider – Kongress der Rohstoffhändler und einem Brief von Saskia Jungnikl über die Erfahrung des unvermittelten Tods ihres Vaters.“ Do you read me?