Prosa
Barackenleben
Erschöpfend hatte ich weder zu dem einen noch zu dem anderen antworten können, doch bewunderte ich dort wie auch auf meiner Rückreise über Dresden bei meinen Verwandten die Stereoanlagen, Farbfernseher und beleucheten Anbaureihen mit exzellenten Trinkgläsern- und Kelchen meiner jeweiligen Gastgeber, die keinesfalls in höheren Stellungen ihre wirklichkeitgewordenen Bedürfnisse befriedigen durften. Daß ich das alles selber nicht besaß noch darauf eine berechtigte und erstrebte Aussicht gehabt hätte, hat mich weniger betroffen als die unendlichen Geschichten über das Organisieren von alltäglichen Lebensmitteln, und ein junger Ingenieurstudent hatte mir in diesem Ambiente am vielfältig bestückten Gastgebertisch seine Feindschaft erklärt, weil ich als eine von drüben einfach keine Vorstellung hätte, was es bedeute, um Salz, Zucker oder ein wenig frisches Obst anzustehen. Heute beschäftigt mich oft die Frage, was mit den Menschen während dieses würdelosen Anstehens geschehen ist, warum mir in Situationen möglicher freier oder möglicher aufrichtiger Äußerungen plötzlich Ablehnung und pure Verweigerung entgegenschlägt, jetzt, da alles zu erwerben ist und warum jenes "mehr", das nicht für den durchschnittlichen Geldbeutel zu kaufen ist, uns - jedenfalls von der Haltung her gesehen- immer noch trennt und als Argument dient für Blockaden eines selbstentschiedenen Denken- und Handelnkönnens.
Die Resignation, die oft von der Feigheit nicht zu unterscheiden ist (und umgekehrt), ist ein Grundzug vieler Menschen, Existenzen hier, eingepflanzt, alles durchdringend eingewachsen ins Dasein, und daß es ein System geben kann, innerhalb dessen Menschen endlich Zivilcourage zeigen können in kleinsten und vor allem ihren eigenen Angelegenheiten, an dem sie sich selber kennenlernen und möglicherweise wachsen können, das bleibt, von jemandem wie mir von drüben ausgesprochen, überheblich, eine Zumutung, denn "es ändert sich doch nüscht und man kriegt noch eins druff". Wenn ich, was anfangs nicht selten geschah, selber in solche Haltungen geriet (um unausgesprochen meinen Widerstand und Widerspruch für meine nächsten Interventionen zu stärken!), war ich eine der ihren - die Türen zu den Herzen der Menschen öffneten sich, und ich erhielt Kaffee und Kuchen und Blumen dafür und wußte so für die Zukunft ähnlich zu antworten, wenn ich etwas erfahren und erreichen wollte.
Barackenleben, das ist Ausgesetztsein im lebendig verfallenden Relikt einer Geschichte unaufhörlichen Scheiterns, an dessen Rändern ein Aufleuchten von Nähe, von Kaffeeduft immer eingeleitet oder begleitet, immer dann möglich wird, wenn das Ende der Fahnenstange erreicht ist, an der schlapp, schmutzig und zerrissen, ein Fetzen Freiheitserinnerung klebt. Dann beginnen die langen, fast unbewegten und unbeweglichen Beratungen, das sich aufhalten an unbedeutenden Fragen, die Aufgabenzuweisungen, die latenten Drohungen, die an ein fehlverstandenes Verantwortungsbewußtsein appellieren, die Vereinzelungen in kleinen Gruppen nach dem offiziellen Teil, wo jede Neuerung, jede anmutende Zumutung ein Zurechtrücken in gewohnte Bahnen erfährt:
Erfahrung ist ein anderes Wort für die Unmöglichkeit, anders zu denken, und dann: das Ausströmen "in die Maßnahmen" Wem wird Maß genommen? An wem werden die Maßnahmen „vollzogen“?), weiterhin peinlich eingehaltene Ritualisierung jener Arbeitsstrukturen, die von den Pausen abstrahlen in die Wirklichkeit, die dem so definierten und gelebten Alltag anhängt wie ein lästiges, ekliges Insekt, das sich ausgerechnet in jenem Lebensraum verirrt hat, wo es grundsätzlich keine Überlebenschance finden wird. All dies beharrlich begleitet vom Geruch der Pause in wohliger, schützender Wärme, vernebelt vom Abbrennen der unvermeidlichen f 6...
Die Resignation, die oft von der Feigheit nicht zu unterscheiden ist (und umgekehrt), ist ein Grundzug vieler Menschen, Existenzen hier, eingepflanzt, alles durchdringend eingewachsen ins Dasein, und daß es ein System geben kann, innerhalb dessen Menschen endlich Zivilcourage zeigen können in kleinsten und vor allem ihren eigenen Angelegenheiten, an dem sie sich selber kennenlernen und möglicherweise wachsen können, das bleibt, von jemandem wie mir von drüben ausgesprochen, überheblich, eine Zumutung, denn "es ändert sich doch nüscht und man kriegt noch eins druff". Wenn ich, was anfangs nicht selten geschah, selber in solche Haltungen geriet (um unausgesprochen meinen Widerstand und Widerspruch für meine nächsten Interventionen zu stärken!), war ich eine der ihren - die Türen zu den Herzen der Menschen öffneten sich, und ich erhielt Kaffee und Kuchen und Blumen dafür und wußte so für die Zukunft ähnlich zu antworten, wenn ich etwas erfahren und erreichen wollte.
Barackenleben, das ist Ausgesetztsein im lebendig verfallenden Relikt einer Geschichte unaufhörlichen Scheiterns, an dessen Rändern ein Aufleuchten von Nähe, von Kaffeeduft immer eingeleitet oder begleitet, immer dann möglich wird, wenn das Ende der Fahnenstange erreicht ist, an der schlapp, schmutzig und zerrissen, ein Fetzen Freiheitserinnerung klebt. Dann beginnen die langen, fast unbewegten und unbeweglichen Beratungen, das sich aufhalten an unbedeutenden Fragen, die Aufgabenzuweisungen, die latenten Drohungen, die an ein fehlverstandenes Verantwortungsbewußtsein appellieren, die Vereinzelungen in kleinen Gruppen nach dem offiziellen Teil, wo jede Neuerung, jede anmutende Zumutung ein Zurechtrücken in gewohnte Bahnen erfährt:
Erfahrung ist ein anderes Wort für die Unmöglichkeit, anders zu denken, und dann: das Ausströmen "in die Maßnahmen" Wem wird Maß genommen? An wem werden die Maßnahmen „vollzogen“?), weiterhin peinlich eingehaltene Ritualisierung jener Arbeitsstrukturen, die von den Pausen abstrahlen in die Wirklichkeit, die dem so definierten und gelebten Alltag anhängt wie ein lästiges, ekliges Insekt, das sich ausgerechnet in jenem Lebensraum verirrt hat, wo es grundsätzlich keine Überlebenschance finden wird. All dies beharrlich begleitet vom Geruch der Pause in wohliger, schützender Wärme, vernebelt vom Abbrennen der unvermeidlichen f 6...