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Bücher & Themen Artikel online seit 12.10.12 |
Jenseits der Ökonomie
Ein Kommentar zur Vergabe
des Friedensnobelpreises 2012 |
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Die Reaktionen schwanken
zwischen Unverständnis, Häme und einem weihevollem »Seht-wie-wichtig-das-doch-alles
ist«:
Die Europäische Union hat den Friedensnobelpreis 2012 bekommen. Am Rande
interessant ist dabei, dass das Komitee in den letzten Jahren immer, wenn eine
Organisation ausgezeichnet wurde auch eine Person, die untrennbar mit dieser
Organisation in Verbindung stand, auszeichnete. Bei den Vereinten Nationen 2001
war das Kofi Annan, bei der Internationalen Atomenergiebehörde 2005 Mohammed al
Baradei und 2006 wurde der Preis sowohl Muhammad Yunus als auch der Grameen-Bank
zugesprochen. Bei der heutigen Auszeichnung blieb es bei der Institution. Wen
hätte man auch als Person, als Identifikationsfigur auszeichnen können?
Herrn
Barroso? Herrn Van Rompuy?
Auf eine fast komische
Weise zeigt sich wieder einmal, dass Europa keine Telefonnummer hat, die man
anrufen kann, wie dies schon vor langer Zeit Henry Kissinger (übrigens auch ein
Friedensnobelpreisträger) beklagte. Es geht auch kaum um ein irgendwie mysteriöses Signal an europäische Politiker, sich in der Euro- oder Schuldenkrise in irgendeiner Form zu »verhalten«, wie dies von EU-Lobbyisten vorschnell interpretiert wird. Das Gegenteil dürfte der Fall sein: Der Friedensnobelpreis ist der womöglich verzweifelte Versuch, Europa aus der einseitigen ökonomischen Definition als Wirtschaftsraum zu lösen. Es geht darum, eine neue »Erzählung« Europas zu versuchen, die sich jenseits der vermeintlichen wirtschaftlichen Potenz der Europäischen Union bewegt. Dabei wird vergessen, dass es vor allem die Aussicht auf wirtschaftliche Prosperität war, die als Triebfeder für eine Zusammenführung dienen sollte. Hierüber sollte die Aussöhnung sozusagen manifest werden. Der erste Zusammenschluß hieß nicht umsonst »Europäische Wirtschaftsgemeinschaft». Das war 1957. Fünf Jahre vor dem Treffen Adenauers mit de Gaulle. Im Grunde genommen wäre dies immer noch die korrektere, ehrliche Bezeichnung für das heutige 27staatige Gebilde. Ein neues, ergänzendes und irgendwann dominierendes Narrativ, eine über die reine Ökonomie hinausgehende Klammer, dass diese Länder zusammenhält, muss erst noch gefunden werden. Mit dem aktuellen politischen Personal erscheint dies schwieriger denn je. Und ob man dies in der Tradition eines dubiosen »Weltbürgertums« zwanghaft überstülpen muss, ist ebenfalls fraglich.
Nach der Euphorie über den
Friedensnobelpreis kehrte allzu oft Ernüchterung ein; die Liste der
Enttäuschungen ist sehr lang. Man hofft, dass es dieses Mal anders ist. Mehr
nicht. |
Entwicklung der Europäischen
Gemeinschaft |
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