Das Ende des Krieges und der Untergang der Habsburger Monarchie bedeutete auch für Franz Kafka viel: Er war nun Bürger der neugegründeten Tschechoslowakischen Republik und damit als deutschsprachiger Jude in einer heiklen Lage, gezwungen zu neuen Kompromissen und Arrangements. Es ist die Zeit seiner Erholung von der »Schwindsucht«, dann einer Grippeerkrankung (inmitten der weltweiten Epidemie, die vielen Millionen das Leben kostete) und dem erneuten, nun noch schlimmeren Leiden an der Tuberkulose. Es ist die Zeit privater Krisen und Leidenschaften, erst die Verlobung mit Julie Wohryzek, dann die leidenschaftliche Korrespondenz mit Milena Pollak (Jesenská). – Hans-Gerd Koch hat Band 4 der Briefedition innerhalb der Kritischen Ausgabe der Werke Franz Kafkas nach langer Recherchearbeit nun herausgegeben. Der Band enthält 252 kommentierte Briefe Kafkas, zehn sind bisher unbekannt geblieben (einzelne sind in Auktionskatalogen abgebildet bzw. in einer tschechischen Zeitschrift wiedergegeben worden, andere aber noch nie veröffentlicht, darunter zwei Rohrpostbriefe an Julie Wohryzek). Insbesondere die Datierungsprobleme waren immens – wie sehr die Arbeit immer wieder zu einer detektivischen Suche geriet, berichtet Hans-Gerd Koch auf hundertvierzehn.de – der Text geht auf einen Vortrag anlässlich der Konferenz: FRANZ KAFKA: NUOVE VIE DELLA RICERCA (Venedig, 13. und 14. März 2013) zurück.
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Briefe 1918-1920
Das Ende des Krieges und der Untergang der Habsburger Monarchie bedeutet auch für den tuberkulosekranken Kafka einen gravierenden Einschnitt: Er ist jetzt Bürger der CSR und damit als deutschsprachiger Jude in einer heiklen Lage. Selbst die leidenschaftliche Korrespondenz mit Milena Pollak, geb. Jesenská – der Schwerpunkt in diesem Band – ist von nationalen Konflikten überschattet. Erst nach dem Scheitern dieser wohl intensivsten Beziehung seines Lebens findet Kafka zurück zur Literatur.
Band 4 der Briefedition enthält 306 kommentierte Briefe Kafkas, davon sieben im Erstdruck, ergänzt durch 48 an ihn gerichtete Schreiben. Ansichtskarten sind als Abbildungen wiedergegeben. Im Rahmen der Kritischen Ausgabe stellt ein rund 200-seitiger Apparat detaillert die Überlieferung der einzelnen Briefe dar und gibt Auskunft über schwierige Datierungsfragen.