Eine Bilderserie von Norbert Kron:















Rainer Merkel
Tel Aviv. Simtat Beit HaBad 5, Uganda
»Dann gehen wir eben«, sagte M., »ins Uganda.« Das Uganda. Ins Uganda in Tel Aviv. Das findet man als deutscher Besucher natürlich lustig. Man findet es auf eine Weise lustig, dass man denkt: Ja, wenn die Israelis selbst einen Laden so nennen, dann habe ich ja damit nichts zu tun und kann also das Subversive dieses Besuchs ganz ohne weiteres genießen. Ganz ohne schlechte Gefühle ins Uganda in Tel Aviv, ganz in der Nähe des Rothschild Boulevards. Dabei hat Uganda mit Madagaskar gar nichts zu tun. Und so gesehen verbringe ich die nächsten zwei Stunden in dem Glauben, an einem Ort zu sein, der sich nach den zynischen Deportationsphantasien der Nazis benannt hat, in einem, wie mir vorkommt, geradezu wütenden Akt der Ironisierung. Eine Ironisierung, wie wir sie im Berlin der 80er-Jahre nicht zustande gebracht hätten. Aber dann stellt sich später heraus, ich bin zwei Stunden lang am falschen Ort. (Wir sprechen später mit M. und ein paar ihrer Freunden über Drogen, den Konsum von LSD, Kokain und diversen Pilzen, aber ich traue mich nicht, sie zu fragen, was es mit dem Uganda auf sich hat.) Es ist ein minimalistischer Ort. Ein Ort des Understatements. Es ist noch hässlicher als das Möbel Olfe in Berlin und viel unspektakulärer und schlichter als das San Remo. Man könnte viele solcher Orte aufzählen, es sind eigentlich Nicht-Orte, die umbenannt, umgebaut, transformiert werden. In einem uninteressanten Winkel dieser Welt, vor dem Uganda (das Uganda selbst betreten wir gar nicht) stehen niedrige Plastiktische, Sitzbänke, so als sei diese Kneipe gerade eben erst eröffnet worden, vielleicht auch nur für diesen Abend. Als hätte man ein paar Stühle und Tische herausgestellt, um zu sehen, was so passiert.
Lesen Sie weiter: Tel Aviv. Simtat Beit HaBad 5, Uganda als PDF herunterladen

Israelische und deutsche Autoren schreiben über das andere Land.
Vor 50 Jahren nahmen die Staaten Israel und Deutschland ihre diplomatischen Beziehungen auf. Ging es früher vorrangig um Vergangenheitsbewältigung, um die Auseinandersetzung mit historischer oder familiärer Schuld, so sind heute auch freundschaftliche Begegnungen und kulturelle Verbundenheit Realität. Politik, Literatur, Party – wie erlebt dies die dritte Generation vor dem Hintergrund der Geschichte? Davon erzählen die hier versammelten Erzählungen aus beiden Ländern.
Mit Erzählungen von Yiftach Aloni, Yiftach Ashkenazi, Yair Asulin, Sarah Blau, Galit Dahan Carlibach, Anat Einhar, Liat Elkayam, Idit Elnathan, Assaf Gavron, Amichai Shalev sowie Katharina Hacker, Norbert Kron, Marko Martin, Eva Menasse, Rainer Merkel, Albert Ostermaier, Moritz Rinke, Jochen Schmidt und Sarah Stricker.