![]() |
![]() | ||||||||||||||||||
Klassische Vampirgeschichten als atmosphärische HörspieleSeitdem es das Medium Hörspiel gibt, wurden immer wieder Bücher und Kurzgeschichten mehr oder weniger aufwändig vertont. Vor allem Gruselgeschichten fanden und finden immer ein dankbares Publikum und so verwundert es nicht, dass sich gerade heute viele Labels den Klassikern des Genres zuwenden. Insbesondere der Vampir erfreut sich dabei wachsender Beliebtheit und in der Umsetzung romantischer Schauergeschichten hat sich gerade ein Label in den letzten Jahren besonders hervorgetan: TITANIA MEDIEN. Mit der Reihe GRUSELKABINETT startete das Label ihr vielfältiges und hochkarätiges Programm, das seitdem jede Menge Preise eingeheimst hat. Kein Wunder also, dass diese Erfolgsgeschichte, die 2004 begann, ihren Anfang mit einer der berühmtesten Vampirerzählungen überhaupt nahm: Carmilla, der Vampir, geschrieben von Joseph Sheridan Le Fanu im Jahr 1872. Ohne diese Story wäre wohl auch der wohl berühmteste und bedeutendste Vampirroman der Weltliteratur Dracula anders ausgefallen, als wie wir ihn heute kennen. Auch in Carmilla sind unverkennbar erotisch-morbide Elemente miteingeflossen. Die freundschaftlich-schwesterliche Beziehung zwischen der naiven Laura und der weltlichen, selbstbewussten Carmilla trägt deutliche lesbische Züge, die für die damalige Zeit überraschend prickelnd beschrieben wurden. Marc Gruppe schuf ein atmosphärisches Hörspiel, das sich sehr dicht an das literarische Original hält. Eine umfassende Beschreibung des Inhalts und der Vertonung können in dem entsprechenden Beitrag dieser Kolumne nachgelesen werden. Ein schaurigschönes, romantisches Vampirhörspiel mit exzellenten SprecherInnen, allen voran Manja Doering und Daniela Hoffmann, der deutschen Synchronstimme von Julia Roberts. ![]() Der ganz große Wurf gelang den Machern von TITANIA MEDIEN jedoch mit der dritten Folge, in der abermals die charismatischen Blutsauger ihr Unwesen treiben. Die Familie des Vampirs basiert auf einer Kurzgeschichte von A.K. Tolstoi, in dem eine besonders teuflische Art der Untoten zu Ehren kommt. Der Wurdalak zeichnet sich dadurch aus, dass er zunächst die Menschen in sein finsteres Totenreich holt, die er zu Lebzeiten am meisten geliebt hat. Im Jahr 1788 verschlägt es den französischen Soldaten Serge dUrfé nach Kisolova, einem kleinen Dorf in Serbien. Dort sucht er vor dem unerbittlichen Schneesturm und den hungrigen Wölfen Zuflucht im Haus der Familie des alten Gortscha. Der befindet sich zur Zeit auf der Jagd nach dem finsteren Räuber Alibek und hat seine Familie mit einer düsteren Warnung zurückgelassen. Sollte er nach zehn Tagen und zehn Nächten nicht zurückgekehrt sein, so dürften sie ihn danach nicht mehr einlassen, weil er dann ein verdammter Wurdalak sei. Wie es der Zufall so will, gelangt Serge dUrfé just am zehnten Tage bei der Familie des alten Gortscha ein und natürlich, verstreichen die zwölf Glockenschläge, ohne dass der Vater heimgekehrt wäre. Erfahrene Gruselfans wissen natürlich was jetzt kommt und wer mehr über die Geschichte und ihre Hintergründe erfahren will, der sollte sich den Artikel in der Rubrik LITERRA empfiehlt zu Gemüte führen. Umsonst habe ich das Hörspiel jedenfalls nicht als Tip des Monats ausgewählt, gehört es doch zu meinen absoluten Lieblingshörspielen und zu den atmosphärischsten Vertonungen überhaupt. ![]() Anschließend wurde es lange Zeit ruhig um die finsteren Blutsauger, sieht man einmal von dem Kriminalhörspiel Der Vampir von Sussex ab, das nach der gleichnamigen Sherlock-Holmes-Geschichte vertont wurde, allerdings wenig mit den klassischen Vampiren zu tun hat. Nichtsdestotrotz ist auch das Hörspiel wert, zumindest im Kontext dieser Kolumne erwähnt zu werden, denn wie immer hält sich das Skript von Marc Gruppe dicht am Original und Holmes zieht einige bemerkenswerte Schlüsse zwischen dem Vampiraberglauben und der Realität. Was das GRUSELKABINETT angeht mussten allerdings zwei Jahre vergehen, ehe mit Folge 14 Die Blutbaronin ein weiteres Vampir-Hörspiel in der Kultreihe erschien. Zum Inhalt: Obwohl Baron Ferenc Nádasdy bereits zum zweiten Mal verheiratet ist, trauert er immer noch seiner ersten Frau, Elisabeth Báthory nach. Jede Nacht begibt er sich zu ihrem Sarkophag. Bis er eines Tages eine alte, weise Frau trifft, mit deren Hilfe es ihm gelingt die Tote wieder zum Leben zu erwecken. Kurzentschlossen trennt sich Baron Ferenc von seiner zweiten Gemahlin und bringt Elisabeth Báthroy als neue Schlossherrin auf sein Anwesen. Doch damit beginnt eine Zeit des Grauens, denn mit der Rückkehr aus dem Reich der Toten dürstet Elisabeth Báthory nach Menschenblut ... Der Vertonung liegt die Erzählung Lasst die Todten ruhen von E.B.S. Raupach zugrunde und macht die ungarische Gräfin Elisabeth Báthory zur zentralen Figur. Diese Geschichte ist umso reizvoller, da Elisabeth Báthory tatsächlich gelebt hat und im Volksmund nur Die Blutgräfin genannt wurde. 600 Frauen und Mädchen hat sie angeblich zu Tode gefoltert um durch deren Blut ewige Jugend und Schönheit zu erlangen. Mit Viola Sauer, deutsche Synchronstimme von Charlotte Rampling, wurde die optimale Besetzung für diese Rolle gefunden. Der Erzähler, welcher gleichzeitig Ferenc Onkel Janos ist, wird von der allseits bekannten und ruhigen Stimme Hartmut Neugebauers gesprochen, der für die Synchronisation von Robbie Coltrane bekannt ist. Auffallend ist die dichterische Freiheit, denn während die Blutbaronin als durch und durch böse Kreatur dargestellt wird, kommt ihr Ehegatte als blauäugiger und trauernder Mann mit tadellosem Charaktere davon. Die Geschichte jedoch beschreibt ihn nicht minder grausam und herrschsüchtig. Tatsächlich soll er an den Perversionen der Báthory regen Anteil genommen haben. ![]() Ihr Meisterstück in Sachen klassischer Vampirgeschichten schufen die Machen von TITANIA jedoch mit dem 260 Minuten langen Epos DRACULA. Nun wurde die Geschichte schon mehrfach hervorragend vertont, doch was wäre ein GRUSELKABINETT ohne den besten und wichtigsten Vampirroman der Weltliteratur? Das sagten sich vermutlich auch Stephan Bosenius und Marc Gruppe als sie sich entschlossen Dracula erneut als Hörspiel herauszubringen. Wie immer, ohne in wesentlichen Aspekten vom Original-Text abzuweichen. Zum ersten Mal allerdings hatte sich ein Label dazu entschlossen die Kurzgeschichte Draculas Gast der eigentlichen Story, quasi als Prolog, vorne anzustellen. Eigentlich war die Erzählung von Bram Stoker als erstes Kapitel von Dracula gedacht gewesen und wurde schließlich ersatzlos gestrichen, ehe sie separat Eingang in die gleichnamige Anthologie erhielt. Geniale Idee also von Produzenten die Geschichte erneut mit dem eigentlichen Roman zu verknüpfen. Dass das Ergebnis mehr als hörenswert ist, muss sicher nicht extra erwähnt werden. Inhalt: Draculas Gast Der junge Anwalt Jonathan Harker macht auf seiner Reise zu dem transsylvanischen Adeligen Dracula Halt in München. Von dort begibt er sich ausgerechnet am Abend des 30. Aprils auf eine Spazierfahrt. An einem Kreuzweg, an dem ein Selbstmörder begraben liegt, will der junge Engländer eine Exkursion zu Fuß zu einem alten, verlassenen Dorf antreten. Obwohl er von seinem Kutscher Johann eindringlich vor der Walpurgisnacht gewarnt wird macht sich Jonathan auf den Weg in das ausgestorbene Dorf, wo das Grauen auf ihn wartet ... Dracula Jonathan setzt seine Reise nach Transsylvanien fort und besucht den exzentrischen Grafen Dracula auf seinem Schloss. Dracula will in London Grundbesitz nahe Carfax erwerben. Schon bald argwöhnt Jonathan, dass mit dem Grafen etwas nicht stimmt. Niemals sieht er den charismatischen Mann essen und tagsüber ist er immer unterwegs. Sein Bild ist nicht in einem Spiegel zu sehen und einmal hat er ihn beobachtet, wie er wie eine Eidechse die Mauer des Schlosses herunterkroch. Bald darauf fällt er drei lüsternen und blutdurstigen Frauen in die Hände, vor deren scharfen Zähnen ihn nur der Graf bewahrt, weil er ihn noch braucht. Mit Hilfe von Zigeunern und den Papieren, die ihm Jonathan noch ausgestellt hat reist Dracula nach England, wo er sich an die beste Freundin von Jonathans Verlobter Mina heranmacht: Lucy Westenra. Ihr Arzt und Verehrer Jack Seward informiert schließlich seinen holländischen Freund und Mentor Abraham van Helsing. Dieser hegt bald einen schrecklichen Verdacht. Ein Vampir saugt Lucy nach und nach das Blut aus den Adern, um sie bald ebenfalls zu einer Untoten zu machen ... Die Umsetzung ist einfach bombastisch und lässt keinerlei Wünsche offen. Ein Hörspiel, dass man sich nicht entgehen lassen sollte, auch wenn man andere Vertonungen des Stoffes bereits kennen sollte. Allein die kunstvolle Covergestaltung von Firuz Askin ist eine Anschaffung wert. ![]() Ebenfalls zu den absoluten Klassikern des Genres gehört Die liebende Tote", von Théophile Gautier, die als Folge 26 vertont wurde. Ein, in seiner Umsetzung äußerst erotisches Hörspiel, was bereits unschwer an dem Booklet-Cover zu sehen ist. Der Inhalt: Pater Romuald erzählt einem jungen Mönch, wie er einst den Versuchungen der Liebe erlegen ist, als er selbst ein junger Priester war. Schon bei der Weihezeremonie erblickte er jene Frau, die sein Leben von Stunde an verändern sollte. Kurz nachdem er sein neues Amt als Priester angetreten hat wird er zu einer sterbenden Edelfrau gerufen, welche er die letzte Ölung geben soll. Als er an das Lager der Todgeweihten tritt kommt er jedoch zu spät. Clarimonde ist tot. Doch Romualds Schrecken ist weitaus größer als er erkennt, wer auf dem Bett liegt: Es ist die Frau, in welche er sich bei der Priesterweihe auf den ersten Blick unsterblich verliebte. Als er die kalten Lippe Clarimondes küsst erwacht die Tote zu neuem vampirischem Leben Ein Meisterwerk der gotischen Schauergeschichte des neunzehnten Jahrhunderts wurde hier von Titania Medien meisterhaft vertont. Äußerst werkgetreu und mit viel Liebe zum Detail, dabei von einer mitreißenden Musik untermalt. ![]() Der Vampir, von John William Polidori, wird als erste, echte Vampirgeschichte der abendländischen Literatur angesehen. Dabei ist die Story selber nicht abenteuerlicher als ihre Entstehungsgeschichte, denn Der Vampir erblickt gemeinsam mit Frankenstein im Jahr 1816 das Licht der Welt, als Mary und Percy Shelley gemeinsam mit Lord Byron und dessen Leibarzt John William Polidori in der Villa Diodati am Genfer See ihre Langweile mit dem Ersinnen von Gespenstergeschichten zu bekämpfen trachteten. Inhalt: Der schüchterne Percy Aubrey wird in die Gesellschaft eingeführt und lernt dort den weltmännischen, souveränen Lord Ruthven kennen. Rasch freunden sich die beiden Edelmänner an und beschließen eine Reise durch Europa zu den geschichtsträchtigen Stätten der Antike zu machen. Percy, ein Vorbild an Tugend und Standhaftigkeit, ist erschüttert als er miterlebt wie lasterhaft das Treiben von Lord Ruthven ist, der sich kein Vergnügen entgehen lässt. Bald trennen sich die Wege der Gefährten und Percy reist allein weiter nach Griechenland, wo er die hübsche Ianthe kennen lernt, in die er sich verliebt. Sie warnt ihren Liebsten eindringlich vor dem Vampir, der in einer nahgelegenen Höhle hausen soll, doch Percy schlägt die Warnungen in den Wind. Bis Ianthe selbst dem Blutsauger in die Hände fällt und der junge Mann mit Entsetzen erkennen muss, hinter welcher Maske sich der Vampir verborgen hat Eine der klassischsten Vampirerzählungen überhaupt, die, ähnlich wie Carmilla, Bram Stokers Dracula bedeutsam prägte. Sprecher wie Christian Stark und Patrick Bach sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass dieses Hörspiel zu den besten des Genres gezählt werde muss. ![]() Einen weiteren Ausflug in die vampirischen Gefilde unternahm das GRUSELKABINETT zuletzt in dem sorgfältig produzierten Zweiteiler Jagd der Vampire. Ein in vielerlei Hinsicht ungewöhnliches Projekt, denn zum einen stammt die Romanvorlage von Barbara Hambly aus dem Jahr 1988 und gehört damit sicherlich nicht zu den Klassikern und zum anderen ist auch die Handlung, obwohl zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielend recht ungewöhnlich: London 1907 Ein unbekannter Mörder öffnet die Särge mächtiger Vampire und lässt ihre Körper im Licht der Sonne verbrennen. Der Vampir Simon Ysidro zwingt den ehemaligen Spion ihrer Majestät der Königin, Professor James Asher, den Fall aufzuklären, andernfalls würde der Untote dessen Frau Lydia töten. Zähneknirschend beginnt Asher mit den Ermittlungen und findet bald heraus, dass die Vampire bereits vor dem verheerenden Kontakt mit dem Sonnenlicht getötet wurden. Asher vermutet, dass es sich bei dem Killer selbst um einen Untoten handelt. Ist es vielleicht Lionel Grippen selbst, das Oberhaupt der Londoner Vampire? Doch der würde sicherlich nicht seine eigenen Fangkinder vernichten. Die Spur führt nach Paris, wo die Legende über einen uralten Blutsauger kursiert, der selbst dem Licht der Sonne zu trotzen vermag. Wahrheit oder Aberglaube? James Asher droht in diesem Konflikt zwischen die Fronten zu geraten Nichtsdestotrotz ein beeindruckendes Hörspiel in einer phänomenalen Inszenierung mit einem erstklassigen Wolfgang Harrison Ford Pampel. Jagd der Vampire bildet einen weiteren Höhepunkt in der ruhmreichen Geschichte des GRUSELKABINETTs und auch wenn es lange still um die blutsaugenden Gespenster war, so kann man sicher sein, dass es nicht das letzte vampirische Hörspiel in dieser kultigen Reihe bleiben wird. Nur auf die direkte Fortsetzung von Jagd der Vampire muss indes verzichtet werden, denn Gefährten des Todes erfüllt nicht die Anforderungen, um in den erlesenen Kreis der Geschichten aufgenommen zu werden, die auf eine Vertonung durch TITANIA MEDIEN hoffen dürfen. ![]() VAMPIRISCHE WELTEN
|
|
DRACULA
Florian Hilleberg |
|
Bram Stoker - Eine Biografie zum 100. Todestag des Autors von DRACULA
Florian Hilleberg |
|
Die Vampire des David Wellington: Die LAURA CAXTON-Serie
Florian Hilleberg |
|
VAMPIRA – Geschöpf der Dämmerung
Alisha Bionda |
|
Klassische Vampirgeschichten als atmosphärische Hörspiele
Florian Hilleberg |
[Seite 1] [Seite 2] |
ManuskripteBITTE KEINE MANUSKRIPTE EINSENDEN!
|