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H.P. Lovecraft Die Hörspiele von Titania Medien
LITERRA EMPFIEHLT Es ist wahr, ich habe meinen besten Freund in jener regnerischen Nacht Anfang Februar des Jahres 1933 sechs Kugeln durch den Kopf gejagt und doch hoffe ich, beweisen zu können, dass ich nicht sein Mörder bin.
Sicherlich werden manche denken, dass ich bloß ein Verrückter bin sogar noch verrückter als der Mann, den ich seiner Zelle im Arkham Sanatorium erschossen habe. Andere hingegen werden, wenn sie meinen Bericht gehört haben, anerkennen, dass ich gar keine andere Wahl hatte, nachdem ich das grauenhafte Beweisstück gesehen hatte
dieses Ding auf der Schwelle.
Die kalten Jahreszeiten halten Einzug in unser Land und die Tage werden kürzer und trüber. Wie geschaffen für gemütliche Abende im Bett, auf dem Sofa oder sogar in der Badewanne, um sich mal wieder ein atmosphärisches Gruselhörspiel zu Gemüte zu führen. Und welche Reihe wäre dafür geeigneter als das GRUSELKABINETT von Titania Medien?
Besonders reizvoll ist hierbei die enorme Vielfalt der Geschichten, angefangen bei den zeitlosen Klassikern des Genres, über vergessene Perlen der Gothic Novelle, bis hin zu den Wegbereitern des modernen Horrors, zu deren Großmeistern zweifelsohne H. P. Lovecraft gezählt werden muss. Nicht umsonst wurden ihm bereits zwei Beiträge der Rubrik LITERRA empfiehlt gewidmet. Dieser Artikel beschäftigt sich jedoch nicht mit den gedruckten Werken des Autors, sondern mit einer Reihe äußerst gelungener Vertonungen. Obwohl Lovecrafts Einfluss auf die Horror-Literatur gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, gibt es nicht wenige Leser, denen der Schreibstil des Autors zu trocken und dokumentatorisch ist. Lovecraft entführt die Leser in seinen Geschichten in surreale Welten, oftmals erzählt von Außenseitern und Sonderlingen, in aller Regel ohne die üblichen Versatzstücke des Genres. Den Protagonisten ist oft ein enormer Forscherdrang zu eigen, wohingegen Liebschaften in den seltensten Fällen als Antriebsfeder dienen. Ein häufig wiederkehrendes Motiv in Lovecrafts Geschichten ist ein kosmisches und/oder urzeitliches Grauen. Der Autor hat sich nie mit klassischen Gruselgestalten wie Untoten, Vampiren oder Werwölfen aufgehalten, sondern nicht weniger als zyklopische Gottheiten aus den Tiefen des Alls herausbeschworen. Doch es sind nicht nur die monströsen Auswüchse seiner Fantasie, die seine Storys so besonders machen, sondern auch die subtile und düster-morbide Art in der sie erzählt werden. So verwundert es kaum, dass es bis heute kaum gelungen ist die Erzählungen Lovecrafts angemessen und werkgetreu zu verfilmen.
Das (Nischen-)Medium Hörspiel dagegen scheint wie geschaffen dafür, um auch lesefaulen Horror-Fans die düster-phantastischen Geschichten näher zu bringen. Und in Sachen Hörspiel hat Titania Medien eindeutig die Nase vorn. Mit Das Ding auf der Schwelle sind mittlerweile sechs der besten Horror-Storys von H. P. Lovecraft als aufwändig produzierte Gruselhörspiele erschienen, fabelhaft umgesetzt von Marc Gruppe. Dem Autor ist es auf einzigartige Weise gelungen die Erzählungen dramaturgisch dem Medium anzupassen und trotz gelegentlicher Abweichungen vom Original, die unumgänglich sind, atmen die Vertonungen den Geist Lovecrafts. Zumal man nicht vergessen darf, dass auch die besten Literaturverfilmungen so gelungen sind, eben weil sie an bestimmten Stellen geändert wurden. Literatur, Film und Hörspiel unterliegen ganz unterschiedlichen dramaturgischen Gesetzmäßigkeiten, denen man Rechnung tragen muss.
Den Anfang der lovecraftschen Erfolgsgeschichte im GRUSELKABINETT machte Der Fall Charles Dexter Ward, der als aufwändiges Hörspiel in zwei Teilen im April 2008 erschienen ist. Die Geschichte zählt zu den zwei umfangreicheren Novellen des Autors, der sich Zeit seines Lebens hauptsächlich der Kurzgeschichte widmete.
Hier hat Lovecraft stark mit autobiografischen Elementen gespielt und das Thema Seelenwanderung ist ebenfalls ein häufig bemühtes Motiv in seinen Storys.
Eineinhalb Jahre später, im November 2009, erschien das zweite Hörspiel nach einer Kurzgeschichte von Lovecraft. Der Tempel ist bis heute die einzige Vertonung einer weniger populären Kurzgeschichte des Schriftstellers und eine, die mit am deutlichsten vom Original abweicht, was dem Unterhaltungswert indes jedoch nicht abträglich ist.
Bereits im Spätsommer des folgenden Jahres, wir schreiben den September 2010, überraschten Stephan Bosenius und Marc Gruppe die Hörer mit der packenden Umsetzung von Berge des Wahnsinns, einer der berühmtesten und längeren Erzählungen, in denen auch die kosmischen Urgötter, die sogenannten Großen Alten erwähnt werden. Auch hier wurde zugunsten der Dramaturgie das Original ein wenig geändert und gestrafft. Der Einfluss dieser Geschichte auf das Horror-Genre ist enorm und schlägt sich in unzähligen Büchern und Filmen nieder. Das Ding aus einer anderen Welt ist eines der besten und populärsten Beispiele dafür.
Wieder ein Jahr später, im November 2011, erschien die Vertonung von Pickmans Modell, einer der schauerlichsten Geschichten, in der sich Lovecraft mit seiner intensiven Abneigung gegen den Fortschritt beschäftigt. Ein wahrhaft unheimliches Hörspiel, mit einer intensiven Gruselatmosphäre.
Der September 2012 bescherte den Hörern dann die geniale Umsetzung der berühmten, zweiten Novelle Der Schatten über Innsmouth, die ebenfalls als zweiteiliges Hörspiel erschienen ist. Hier erzählt Lovecraft von einem jungen Studienreisenden, der in das abgelegene, nach Fisch stinkenede Innsmouth kommt, deren Bewohner sich höchst sonderbar benehmen und deren Erscheinungsbild teilweise abstoßend auf den Protagonisten wirkt. Eine wirklich beklemmende und düstere Geschichte, die hier erstmals als inszeniertes Hörspiel vorliegt.
Jenes nach Fisch stinkende Innsmouth wird auch in der bis dato letzten Vertonung eines Werkes von H. P. Lovecraft erwähnt. Das Ding auf der Schwelle mit dem großartigen Helmut Winkel als Ich-Erzähler, ist ein über 80minütiges Einzelhörspiel mit einer dichten Atmosphäre, die in einem beklemmenden Finale gipfelt.
Das faszinierende an den einzelnen Geschichten ist, dass Lovecraft durch fiktive Buchtitel wie Namenlose Kulte oder das sagenumwobene Necronomicon eine faszinierende Querverbindung zwischen den Erzählungen geschaffen hat. Auch Begriffe und Namen von sonderbaren Gottheiten werden immer wieder genannt, die schließlich unter dem Titel Cthulhu-Mythos Eingang in unser Kulturgut fanden. Die Hörspiele nach Werken von H. P. Lovecraft gehören unbestritten zu den Highlights der Reihe GRUSELKABINETT und sind jedem Horror- und Hörspielfan wärmstens empfohlen.
Der Schatten über Innsmouth © http://www.titania-medien.de
LITERRA EMPFIEHLT Beitrag vom 11. Okt. 2013
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