Alison Louise Kennedy: Gleissendes Glück (Roman) |
Alison Louise Kennedy: Gleissendes Glück |
Inhaltsangabe:Helen Brindle ist in Glasgow mit einem gewalttätigen Mann verheiratet. Vor zwei Jahren hielt er ihr die Hand in eine Schublade, die der dann mit aller Kraft zuschlug. Statt ins Krankenhaus brachte er sie zum Hausarzt und erzählte eine Lüge über einen Unfall bei der Hausarbeit. Zwei Fingernägel mussten Helen gezogen werden. Sie hat ständig Angst, ist frigide geworden und kann nachts nicht schlafen.
Er hatte sich mal mehr, mal weniger offenbart, aber er war doch immer, absolut, ewig da gewesen: Gott. Ihr Gott. Unendlich zugänglich, ein Trost ihres Fleisches. Er war ihre schönste Liebe [...] Jahrzehntelang war sie niedergekniet, hatte die Augen geschlossen und gespürt, wie sich ihr Kopf an das heiße Herz der Welt lehnte. Das Herz hatte sie umhüllt, hatte ihr alles gegeben, hatte sie emporgehoben, sie gewiegt, hatte ihr die Unruhe genommen und ihr Schönheit geschenkt. Mrs Brindle war makellos schön gewesen.
Um sich nicht so allein zu fühlen, legt Helen sich in schlaflosen Nächten auf den Fußboden und schaut Fernsehen. Einmal doziert der Londoner Psychologieprofessor Edward E. Gluck über kybernetische Zusammenhänge bei der Selbstbefriedigung und die Frage, ob es dafür eine Etikette gibt, zum Beispiel in Bezug auf die Person, die man sich dabei vorstellen darf. Um Steuerung war es gegangen. Ein hochgewachsener Mann hatte über Steuerung und übers Wichsen geredet. (Seite 10)
Den Namen des Psychologen weiß sie nicht mehr, doch als sie seine Stimme im Hörfunk hört, erkennt sie ihn sofort wieder und merkt sich wie er heißt. Aus einer Zeitschrift erfährt sie, dass Edward E. Gluck in Kürze an einem Kongress in Stuttgart teilnehmen wird.
Sie versuchte, nicht zu seufzen. "Ich habe ein Problem." Gluck weist darauf hin, dass er nicht viel Zeit habe. Daraufhin will Helen sich zurückziehen, aber der Professor verabredet sich mit ihr wider Erwarten zum Abendessen in einem italienischen Restaurant. Ein Anflug von Panik schüttelte sie und verschwand wieder, doch ihre Brust blieb verkrampft und ohne Atemluft. Gluck machte ihr jetzt schon Angst, obwohl er bestimmt gar nicht kam. Sie würde zum Restaurant gehen und dort unbelehrbar auf ihn warten, bis das Herumsitzen zu peinlich wurde. (Seite 33f) Gluck kommt tatsächlich. Aber das Gespräch bleibt holprig. "Ich habe Angst. Das ist mit mir los. Das ist ständig mit mir los. Ich habe Angst." (Seite 38) Sie habe Gott verloren, klagt Helen. Gluck erzählt ihr, seine geschiedene Mutter sei an einer Gehirnblutung gestorben, als er zweiundzwanzig war und an der University of California in Los Angeles studierte. Sein an Parkinson erkrankter Vater hatte sieben Jahre zuvor Selbstmord begangen.
"Ich habe meine Mutter verletzt gesehen, körperlich verletzt von einem anderen Menschen, und das war noch nicht das Schlimmste. Wie sie sich selbst verletzte, innerlich, das konnte ich nicht ertragen [...] Meinetwegen sollte sie eine gute Ehe führen und ein gutes Familienleben haben. Sie hat sich selbst ihrer Freuden beraubt [...]" Gluck hat zwei Karten für eine moderne finnische Tanzaufführung zurücklegen lassen. Sieben Tänzerinnen wickeln sich bei Synthesizer-Musik aus ihren Bandagen, bis ihre Oberkörper nackt sind. Die Nacktheit an sich machte ihr nichts aus, die war kaum anstößig. Aber dass diese halbnackten Frauen jetzt herumliefen, während sie hier mit Edward saß, das störte sie. (Seite 45)
In der Pause gehen Helen und Edward, wie sie sich inzwischen nennen. Er begleitet sie im Taxi zu ihrem Hotel zurück. In ihrem Zimmer zieht Helen sich aus und betrachtet ihren nackten Körper im Spiegel. "Eine der Gruppen, die ich berate, behandelt Männer, die krankhaft süchtig nach pornografischen Darstellungen sind. Das sind Menschen, die unser Mitgefühl verdienen. Und unsere Hilfe." (Seite 76)
Den Abend verbringen Edward und Helen an der Hotelbar. "Ich sollte dich nicht damit belästigen. Es ist nur ... Ich habe mir noch mal dieses Material angeschaut, und das deprimiert mich so." (Seite 83) Immer obsessiver beschreibt er ihr ein Foto, auf dem eine Frau und zwei Männer bei einer Double Penetration abgebildet sind.
"Helen, ich möchte wissen, wie die Frau auf dem Foto sich fühlt. Ich möchte sogar wissen, wie sie sich anfühlt.
Bevor Helen aus ihrer Erstarrung erwacht, legt er auf. Und als das Telefon gegen 2 Uhr erneut klingelt, hebt sie nicht ab.
"Ist er da draußen? Beobachtet er unser Haus? [...]
Mr Brindle hat eine von Edwards Karten gelesen. "Ich hätte dir vielleicht sagen sollen ... ich muss gestehen, dass ich dich benutze – deine Anwesenheit –, weil es mich von dem Zimmer fernhält [...] Wirklich. Aber wenn du dort bist, selbst wenn du nur in dem Zimmer gewesen bist, dann fühle ich mich sicher." (Seite 136) Als sie gedankenlos einen Ärmel hochzieht, entdeckt er Hämatome und Hautabschürfungen an ihrem Unterarm. Ob das ihr Mann gemacht habe, fragt Edward und erfährt erst jetzt, dass Mr Brindle eine seiner Karten las. Entsetzt gibt er zu, sich zwar auch sadomasochistische Videos angesehen zu haben, aber stets in der Gewissheit, dass es sich um gespielte Szenen handelte. "Aber ich muss immer wissen, dass es nicht echt ist. Mein Gott – echte Menschen jagen mir Angst ein. Und echter Schmerz ... Helen, ich bin damit aufgewachsen. Meine Mutter, ich habe gesehen, was mein Vater ihr angetan hat." (Seite 140) Stolz verkündet Edward, seit achtundvierzig Tagen keinen Rückfall mehr gehabt zu haben. Und er fragt Helen, wie weit sie mit ihm zu gehen bereit sei. Er wolle nichts ohne ihr Einverständnis tun. Nachdem sie sich darauf geeinigt haben, dass er sie nicht anfassen darf, zieht Helen sich im Wohnzimmer vor ihm aus. Zunächst stellt sie sich vor, in einer Umkleidekabine zu stehen, aber nach einer Weile gelingt es ihr, ihn anzusehen. Edward murmelt:
"Helen. Du bist wunderschön. Als er zurückkommt, setzt er sich neben sie und hält ihre Hand, nicht ohne zuvor um Erlaubnis gefragt zu haben. Das ließ Helen zu: eine kleine, formelle Berührung, wie sie auch auf der Straße möglich wäre. Entweder sie waren schon viel zu weit gegangen und ohnehin verloren – dann konnten sie jetzt auch tun, was sie wollten –, oder diese Berührung half ihnen, sich zu beherrschen, erinnerte sie daran, was möglich war und was nicht." (Seite 151) Nach einer Liebeserklärung holt Edward eine kleine Schere aus der Tasche.
"Ich möchte dir die Haare schneiden. Wenn ich darf." Behutsam schneidet er ihr das Schamhaar ab. Helen kommt dabei zum Orgasmus. Beim Anblick ihrer feuchten Schamlippen beginnt Edward wie von einem Porno zu schwärmen und beteuert zugleich: "Das hier wird niemals das gleiche sein." (Seite 154) Sie gehe jetzt wohl besser zu Bett, meint er dann. Helen hebt ihre Kleidung auf und verlässt den Raum. Edward schaut ihr dabei zu und versucht nicht, ihr zu folgen. Er hält sich an die Abmachung. In ihrem Zimmer ging sie sofort ins Bett, nackt und erfüllt von Edwards Echo, sie rollte sich auf die Seite und zeigte zu spät Zurückhaltung: Sie zog die Knie an die Brust. Sie war nicht glücklich. (Seite 155)
Nach dem Frühstück küsst sie Edward und geht dann, als wolle sie in den Park oder ins Museum. Stattdessen nimmt sie den Überlandbus nach Glasgow. Sie war gekommen, sich zu unterwerfen, und Mr Brindle würde Gottes Willen an ihr vollziehen, auch wenn er Atheist war. (Seite 160f)
Fragen stellt er keine. In einer Abstellkammer hat er den Schrank ausgeräumt und ihre Kleider hineingeworfen. Das ist jetzt ihr Schlafzimmer. Dort kniet sie sich jeden Abend hin und betet.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht, Kein einziges Mal besucht Mr Brindle seine Frau in ihrer Kammer. Eines Abends steht Helen auf, geht nackt hinüber zum Schlafzimmer und tritt so vor ihren Mann.
Mr Brindle sitzt im Bett und starrt in ein Taschenbuch, das du noch als einen seiner Kriminalromane erkennen kannst. Verbrechen: nichts erregt so sehr sein Interesse [...] Er sieht, was er sehen soll: Dass ihre Scham enthaart ist. Du bist nicht ganz so, wie er dich in Erinnerung hat. Er legt den Kopf leicht nach links und schaut noch einmal hin. Nicht ganz so. (Seite 168)
Helen dreht sich um und geht ohne Hast zurück zu ihrem Zimmer. Dort holt er sie ein und schlägt zu, dass sie zu Boden stürzt und es ihr die Luft aus der Lunge treibt. Sie wusste, dass sie tot war und dass man sie jetzt auf einen dieser Tische für die Autopsie legte. Es war sehr unfair, dass man das schon tat, während ihr Bewusstsein noch in ihrem Körper war. (Seite 170)
Helen hat einen Schädelbruch und mehrere andere Verletzungen.
"Warum zum Teufel bist du dahin zurück?" Er setzte sich. "Meinetwegen?"
Nach ihrer unerwarteten Abreise sei er schrecklich einsam gewesen, klagt Edward. Deshalb habe er sogar wieder Pornos hervorgeholt, aber damit könne er nichts mehr anfangen. Er macht Helen wieder eine Liebeserklärung und mietet eine Wohnung in Glasgow. Dort pflegt er sie gesund, nachdem er sie im Rollstuhl aus dem Krankenhaus geholt hat. "Wir haben alle Zeit der Welt, wir haben die ganze Nacht, wir haben Jahre Zeit." (Seite 185) Sie reden miteinander, während ihre Hand über seinen Körper wandert, bis er stöhnt:
"[...] ich glaube ... |
Buchbesprechung:
"Gleissendes Glück" – orthografisch korrekt müsste der sarkastische Titel eigentlich "Gleißendes Glück" heißen – handelt von der Wiedergewinnung der verlorenen Fähigkeit zur Liebe. Alison Louise Kennedy hält sich nicht lange mit
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Alison Louise Kennedy: Also bin ich froh |