Martin Walser: Die letzte Matinee (Erzählung) |
Martin Walser: Die letzte Matinee |
Inhaltsangabe: Ein Bildhauer, krank, genial, hungrig. Er kann nichts mehr arbeiten und geht dazu über, Menschen, die nachts an der Seine spazieren gehen, in die Seine hinabzustoßen. Stößt einmal einen Mann ins Wasser, der ein Mädchen begleitet. Das Mädchen versteht den Bildhauer. Der Bildhauer sieht sich verstanden. Da erwacht er und verzweifelt jetzt wirklich und geht zum Beweis dessen freiwillig in die Seine. Am Ende geht jenes Mädchen allein spazieren. Wieder an der Seine. Im Gegensatz zu Inga muss er blinzeln, sobald er aus dem Dunkel des Kinos ins Tageslicht tritt. Nach der Vorstellung diskutieren Inga und andere Matineebesucher über den Film. Dem Ich-Erzähler bleibt nichts anderes übrig, als dabeizustehen, aber er kann mit dem Gerede nichts anfangen. Dafür tadelt ihn seine Frau auf dem Weg zu ihrer Wohnung. [...] ich löste schon den Schlüssel aus dem klirrenden Bund, da war mir – aber das musste eine Täuschung sein –, als hörte ich was aus unserer – eine Täuschung, ganz bestimmt – aus unserer Wohnung? Sicher nicht. Sicher waren's die Kinder der Facharbeiterfamilien in den oberen Etagen. Wie käme auch am hellen Sonntag jemand in unsere Wohnung! In ihrem Wohnzimmer sitzen tatsächlich ein gutes Dutzend Männer und Frauen, kochen sich etwas auf Spirituskochern und beachten das in der Tür stehende Paar überhaupt nicht. Sobald Inga und der Ich-Erzähler sich von ihrem ersten Schreck erholt haben, schließen sie die Tür und gehen wieder. Wo aber hin jetzt mit uns? Zum Wohnungsamt? Es war aber Sonntag. Auf einem großen Platz treffen sie Matineefreunde. Auch in deren Wohnungen sind Fremde eingedrungen ... [...] grünhäutige Muskelmenschen bei dem, eine Art Husaren mit Affengesichtern bei den anderen, oder auch Stubenfliegen, größer aus ausgewachsene Hühner. Immer mehr Matineefreunde kommen zusammen. Die Schar wird von der Polizei in eine bestimmte Richtung gelotst. Passanten bleiben stehen und begaffen den seltsamen Zug. Schließlich drängt die Polizei die eifrig diskutierenden Matineefreunde, die von all dem keine Notiz nehmen, in eine nach Fisch stinkende, schmutzige Güterhalle. Der Ich-Erzähler versucht noch, seine Frau zurückzuhalten. Ich nahm ihre Hand, wollte sie mit hinaus ins Freie ziehen, sie aber entwand sich mir, ohne mich angesehen zu haben, sie musste gerade einen Einwand niederreden, der ihr Ärgerfalten in die Stirn gegraben hatte.
Im letzten Augenblick schlüpft er allein ins Freie. Die Polizisten, die an seinem Äußeren erkennen, dass er nicht zu den Matineefreunden gehört, lassen ihn laufen.
Ich aber habe alle Hoffnung aufgegeben, meine Frau je wieder zu sehen. |
Buchbesprechung: |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003
Martin Walser: Ehen in Philippsburg |