logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   

Dezember
Mo Di Mi Do Fr Sa So
48 26 27 28 29 30 01 02
49 03 04 05 06 07 08 09
50 10 11 12 13 14 15 16
51 17 18 19 20 21 22 23
52 24 25 26 27 28 29 30
1 31 01 02 03 04 05 06

FÖRDERGEBER

  BMUKK

  Wien Kultur

JAHRESSPONSOR

  paperblanks
kopfgrafik mitte

Gerold Foidl: Standhalten.

Texte aus dem Nachlaß und Verstreute Prosa.
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Dorothea Macheiner.
Innsbruck: Edition Löwenzahn, 1999.
121 S., brosch.; öS 198.-.
ISBN 3-7066-2193-2.

Link zur Leseprobe

"Standhalten", Texte aus dem Nachlaß und Verstreute Prosa, ist der mittlere Band der auf drei Bände angelegten Gesamtausgabe der Werke Gerold Foidls. Die Entstehungszeit der Texte liegt zwischen 1978 und 1982, oder der verstümmelten Erstausgabe des Romans "Der Richtsaal" und der "von Peter Handke behutsam bearbeiteten" Ausgabe der "Scheinbaren Nähe".
Die acht Prosatexte sind teilweise in den Literaturzeitschriften "Manuskripte", "Thurntaler", "Salz" und "das fenster" publiziert worden, die größte Arbeit, "Das Geständnis" ist unveröffentlicht.

Im Fragment "Das Geständnis" ist der gesamte literarische Kosmos Gerold Foidls exemplarisch umrissen. Ein Eishockey-Spieler sitzt in Untersuchungshaft, ihm wird vorgeworfen, seinen Bruder, einen erfolgreichen, aber schleimigen Politiker, umgebracht zu haben, aber der Ich-Erzähler wird sich keinesfalls zu einem Geständnis irgendwelcher Art hinreißen lassen und "standhalten". In diesem Text kommen die Thesen des Gesamtwerkes zum Vorschein: Der Feind sitzt immer in der Familie. Die größte Bedrohung geht von Familienmitgliedern aus. Die Innenwelt der Familie ist das Gegenteil des Bildes, das sie nach außen vermittelt. In der Provinz ist kein Atmen möglich, weil alles auf Schein aufgebaut ist.

In "Alleinsein" erscheint während eines kurzen Aufenthaltes die Heimatstadt unerträglich, der Heimkehrer wird sowohl von der Familie als auch von den diversen Provinz-Cafés ausgestoßen.
"Heimgang" thematisiert das Sterben der Mutter, "Entfernung" berichtet von der Todesangst des Vaters. Das Verhältnis zu den Elternteilen ist für den Erzähler jeweils kühl und seltsam teilnahmslos. "Etwa eineinhalb Stunden danach mußte er sich eingestehen, daß die Erschütterung sich schon einen guten Teil von ihm entfernt hatte. [...] Er wurde das Gefühl nicht los, als habe er das schon eine Weile im voraus gewußt." (S. 59)

Eine wichtige Station im Leben Gerold Foidls macht sein Mexiko-Besuch aus. Wegen einer Beinverletzung, die den Aufenthalt empfindlich zwischen Sepsis und Stumpfheit eingrenzt, wird die Aufmerksamkeit merkwürdig irdisch und beschwerlich. Einem Studenten gibt Foidl den Rat, sich um Sartre, Camus, Kafka, Faulkner, Hemingway oder Beckett zu kümmern, weil sich über diese Autoren Referate in einem fernen Land halten ließen. Dorothea Macheiner bemerkt in ihrem Nachwort, daß sich Gerold Foidl selbst an diesen Autoren orientiert habe.
Das Schlußkapitel gilt dem Tod, Foidl kämpft gegen die Tabuisierung seines Lungenkrebses durch die Ärzte, er will "standhalten" und beschreibt seine Blutstürze mit der bockigen Ergebenheit von Franz Kafka.

Selbst für Leser mit unausgeprägtem Schicksalsbegriff ist es erstaunlich, daß die drei wichtigsten Osttiroler Schriftsteller - Gerold Foidl, Johannes Trojer und Christoph Zanon - in ziemlich jungen Jahren an Krebs verstorben sind. Die Ritualisierung der Politik als gottgewollt, die Einkesselung Osttirols durch die eigenen Gedanken, der Ausweg aus dem Land nur über Korridore macht vielleicht das Schreiben für Osttiroler unerträglich oder todgefährlich.

Die Gesamtausgabe der Werke Gerold Foidls ist ein wichtiges Dokument für die Beschreibung einer Provinzkultur, wo der Sprung zwischen Eingottglaube und Eingwegkonsum tödlich endet.
"Standhalten" ist über die rein ermunternde Parole hinaus ein Zustand, in dem sich die Literatur erstmals verfestigt und in einem feindlichen Areal dem provinziellen Machtapparat paroli bietet.

Helmuth Schönauer
10. Dezember 1999

Suche in den Webseiten  
Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
SLAM B

Fr, 11.01.2013, 20.00 Uhr Poetry Slam Über 160 SlammerInnen – im Alter zwischen 14 und 77 Jahren...


Ausstellung
Herbert J. Wimmer ROTOPOST ROTOSPOT

LICHT & LITERATUR AUFNAHMEN 16.01.2013-21.03.2013


Tipps
flugschrift

Ein Zeitschriftenprojekt des Autors Dieter Sperl in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Wien und...


Der Erich Fried Preis 2012 ging an Nico Bleutge

Der deutsche Dichter Nico Bleutge erhielt am 25. November den mit 15.000 Euro dotierten Erich...