logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   

Dezember
Mo Di Mi Do Fr Sa So
48 26 27 28 29 30 01 02
49 03 04 05 06 07 08 09
50 10 11 12 13 14 15 16
51 17 18 19 20 21 22 23
52 24 25 26 27 28 29 30
1 31 01 02 03 04 05 06

FÖRDERGEBER

  BMUKK

  Wien Kultur

JAHRESSPONSOR

  paperblanks
kopfgrafik mitte

Eveline Goodman-Thau: Eine Rabbinerin in Wien.

Betrachtungen.
Wien: Czernin Verlag, 2003.
184 S.; geb.; mit 25 Schwarz-Weiß-Fotos. Eur 20.-.
ISBN 3-7076-0157-9.

Link zur Leseprobe

"Wien ist eine wunderschöne Stadt, am Tag, in der Nacht, im Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Wie alle Großstädte in Europa ist es eine Mischung zwischen Alt und Neu, aber in Wien ist die Mischung anders ..." Eveline Goodman-Thau wagt den Wien-typischen Vergleich mit einer Melange: man kann Milch und Kaffee verrühren oder erst den Schaum löffeln, dann wird der Kaffee darunter aber ganz anders schmecken.

So sei auch die Stadt, das Oberflächliche, der Schleier müsse erst einmal gelüftet werden, die Essenz halte sich bedeckt. Und die Essenz ist für sie, die 1981 erstmals wieder einen Fuß auf österreichischen Boden setzte und seit 2001 als Rabbinerin in ihrer Geburtsstadt Wien tätig ist, eine ganz besondere, komplexe, der sie nun literarisch in ihren Erinnerungen nachspürt.

Nur die ersten vier Jahre ihres Lebens hatte sie in Wien verbracht. 1938 flüchtete die Familie nach Holland und hielt sich dort bis zum Ende des Krieges versteckt. Ihre "Rückkehr" - allein das Wort stellt sie schon gern in Frage - gestaltete sich auch Jahrzehnte nach dem Holocaust naturgemäß nicht gerade einfach. Der zweite Bezirk, die ehemalige "Mazzesinsel", auch heute "jüdisches Viertel", hat sich verändert. Die Menschen, die hier leben, haben viele Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Ebenso wie sie selbst. Und trotz allem versucht sie stets das Positive zu sehen.

Tiefe Religiosität ist ihre Art, mit der Vergangenheit und dem Leben umzugehen. Während ihres Studiums und ihrer Tätigkeit als Dozentin habe man sie des öfteren als "religiöse Denkerin" bezeichnet - als "Träumerin" ergänzt sie sofort ironisch. Und sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen, das sei die Konsequenz daraus gewesen, die die "orthodoxe unorthodoxe Rabbinerin" bis heute daraus zieht. Die unermüdliche Suche nach einem Miteinander ist der Autorin eine weitere "Lehre", die das Leben ihr mit auf den Weg gab.

Wer sich von "Eine Rabbinerin in Wien" eine Art Autobiographie erwartet, wird enttäuscht werden. Auch vom Alltag und den damit verbundenen Schwierigkeiten, die eine Frau zu bewältigen hat, die heute mit der Seelsorge einer jüdischen Gemeinde betraut ist, erfahren wir nur am Rande. Der Untertitel "Betrachtungen" ist keineswegs zufällig gewählt, und nicht selten sind diese Betrachtungen geistlicher Natur.

Eveline Goodman-Thau erzählt liebend gern chassidische Geschichten, philosophiert über Glaubensfragen, die für weniger oder nicht Religiöse vielleicht nicht immer nachvollziehbar oder von Belang zu sein scheinen, aber sie schafft es doch, selbst atheistische LeserInnen mit ihrer versöhnlich-sympathischen Lebensweisheit bei der Stange zu halten, da sie kaum jemals aufdringlich wirkt - oder beeindruckt schlicht und einfach als gute Erzählerin.

Als "begnadete Rednerin" bezeichnet sie sich sogar einmal selbst. Was auf den ersten Blick wie Aufschneiderei klingen mag, wird schnell glaubhaft bei der Lektüre ihres Buches. Die Rabbinerin hat nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich ihre Sprache gefunden - eine mit hebräischen und jiddischen Begriffen gewürzte Sprache (das Glossar am Ende erweist sich in vielen Fällen als hilfreich), manchmal ein wenig altmodisch anmutend, an anderen Stellen mit englischen Ausdrücken durchsetzt, eine poetische oder auch ganz schlichte Sprache, die sich stets dem anpasst, was sie uns vermitteln will, und den sehr unterschiedlichen Betrachtungen einer vielseitigen Frau entspricht, die ein bewegtes Leben hinter sich und noch viele Aufgaben zu bewältigen hat.

Sabine E. Selzer
8. April 2003

Originalbeitrag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Suche in den Webseiten  
Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
SLAM B

Fr, 11.01.2013, 20.00 Uhr Poetry Slam Über 160 SlammerInnen – im Alter zwischen 14 und 77 Jahren...


Ausstellung
Herbert J. Wimmer ROTOPOST ROTOSPOT

LICHT & LITERATUR AUFNAHMEN 16.01.2013-21.03.2013


Tipps
flugschrift

Ein Zeitschriftenprojekt des Autors Dieter Sperl in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Wien und...


Der Erich Fried Preis 2012 ging an Nico Bleutge

Der deutsche Dichter Nico Bleutge erhielt am 25. November den mit 15.000 Euro dotierten Erich...