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Günter Vallaster (Hrsg.): Grenzüberschneidungen.

Poesie Visuell Interkulturell.
M. e. Vorw. v. Günter Vallaster und Juliana W. Kaminskaja.
Übers. v. Juliana W. Kaminskaja und Valeri Scherstjanoi.
Wien: edition ch, 2006.
164 Seiten; brosch.; mit Abb.; Eur 18,-.
ISBN 3-901015-31-0.
Supplemente 2008:
ISBN 978-3-901015-37-7.

zum Buchcover

 

Sehtexte

Kein Text ohne Bild – kein Bild ohne Text. Denn die Literatur hat seit jeher den Austausch mit der bildenden Kunst gesucht. Umgekehrt hat die bildende Kunst Literatur stets als Dialogpartner gebraucht. Der Bildtheoretiker W. T. Michtell hat die Kulturgeschichte als "Geschichte eines zähen Ringens um die Vorherrschaft zwischen bildlichen und sprachlichen Zeichen" charakterisiert. So gab es Zeiten, in denen Text und Bild enger zueinander rückten, während in anderen Epochen die Grenze zwischen Wort- und Bildkunst dichtgemacht und stärker auf Abgrenzung geachtet wurde.

Gegenwärtig finden wir uns in einer Phase der extremen Annäherung. Dies spiegelt eine von Günter Vallaster herausgegebene Anthologie, die gleichermaßen sprachlich wie grafisch überzeugt. Das Buch mit dem Titel "Grenzüberschneidungen. Poesie Visuell Interkulturell" zeigt, dass die Dialoge zwischen Bild und Schrift, zwischen Schriftbild und Bilderschrift nicht nur ein charakteristisches Phänomen der gegenwärtigen Kunst und Literatur sind, sondern auch ein kulturübergreifendes. Denn es stellt rund 30 österreichische und russische AutorInnen vor, für deren schriftstellerisch-künstlerischen Prozess die Überlappung von Sichtbarem und Sagbarem bestimmend ist. Die Publikation ist ein Muss für alle, die an der Beziehung zwischen Literatur und Kunst interessiert sind, führt sie doch die große Bandbreite vor, mit der GegenwartsautorInnen und -KünstlerInnen die Visualität der Sprache und die Sprachlichkeit der bildenden Kunst ästhetisch und poetisch in ihren Arbeiten thematisieren.

Gemeinsam ist allen vorgestellten Beiträgen, dass sie sich nicht in die Schubladen "Literatur" oder "bildende Kunst" zwängen lassen. Höchst subtil und auf jeweils ganz unterschiedliche Weise hinterfragen die beteiligten Bild-DichterInnen sowohl die Mediengrenzen als auch die Grenze zwischen Literatur- und Kunstszene. Die Mitwirkenden arbeiten bewusst mit den Unterschieden zwischen Texten und Bildern, versuchen diese aber zugleich in einem permanenten Grenzüberschreitungsakt zu überwinden. Für die Betrachter- und LeserInnen gestaltet sich die Lektüre äußerst lustvoll, da sie ein ständiges Umschalten von Sehen auf Lesen erfordert und somit die Möglichkeit gibt, den Dialog zwischen Wort- und Bildkunst im Moment der Wahrnehmung selbst fortzusetzen.

Wann beginnt ein Text ein Text und ein Bild ein Bild zu sein, fragt man sich man angesichts der Schriftspurenblätter, Textgrafiken und Bilddichtungen? Eine Frage, die besonders durch die Kombination von russischen und deutschsprachigen Blättern hervorgerufen wird. Denn kann man die kyrillische Schrift nicht entziffern, so wirken die Buchstaben in den Text-Bildern von Alexandr Gornon aufgrund ihres ästhetischen Reizes lediglich wie Bildelemente. Umgekehrt ist es für deutschsprachige LeserInnen nahezu unmöglich eine Bleistiftzeichnung Gerhard Rühms "nur" als Bild zu betrachten, denn das Wort "Hoffen" tritt deutlich aus dem Liniengewirr hervor. Auch Christine Huber spricht mit ihren Schriftspuren-Grafiken das Verhältnis zwischen Les- und Unlesbarkeit an. Sie führt ein Schriftgewebe vor Augen, das durch die Handschrift und die lineare Anordnung der Zeichen scheinbar alle Merkmale eines traditionellen Autographen aufweist. Zugleich lässt die Autorin die LeserInnen in den Versuchen, eine Bedeutung herauszufinden, scheitern. Denn die Schrift gibt ihr Geheimnis auch nach mehrmaligen Lesversuchen nicht preis, bleibt letztendlich grafische Spur.

Ganz anders spielt Josef Bauer mit dem Verhältnis zwischen Bildlichkeit und Sprachlichkeit, auch wenn er ähnlich wie Christine Huber die Kulturtechniken Lesen und Sehen auf die Probe stellt. Im Zentrum seiner mehrfarbigen Text-Bilder stehen Farben und deren Begriffe, wobei vor allem die Nichtübereinstimmung zwischen dem Begriff "weiß" etwa und seiner Ausführung in der Farbe "gelb" zum Nachdenken über imaginierte und gesehene Bilder, über gelesene Begriffe und deren Vorstellung motiviert.

Ilse Kilic agiert in der Bildergeschichte "Mehr als Ein Fluss" in Tradition der Comic-Art und visualisiert in einer sechsteiligen Serie die Wortkombinationen "Einfluss", "Zweifluss", "Dreifluss"; "Überfluss", "Redefluss" und "Zeitfluss". Spannung und Witz entstehen dadurch, dass die Wörter und figuralen Zeichnungen zwar miteinander kommunizieren, einander aber nicht illustrieren oder kommentieren.

"Grenzüberschneidungen" ist ein spannender Beitrag zum Verhältnis von Literatur und bildender Kunst, da das Buch durch die vielfältigen Spielformen zwischen Wort- und Bildkunst die Unterschiede der Medien als auch ihre Verwandtschaft hervortreten lässt. Somit werden die ältesten Gegensätze alphabetischer Kultur zwischen Zeigen und Nennen, Abbilden und Sagen, Imaginieren und Auslegen in sinnlicher Form zur Diskussion gestellt.

 

Johanna Schwanberg
3. März 2008

Das Buch enthält Beiträge von Alexandr Gornon, Angelika Kaufmann, Boris Konstriktor, Brigitta Falkner, Christian Futscher, Christian Steinbacher, Christine Huber, Dmitrij Avaliani, elffriede, Elisabeth Netzkowa, Erika Kronabitter, Eter de Panji, Fritz Lichtenauer, Fritz Widhalm, Gerald Kurdoglu Nitsche, Gerhard Jaschke, Gerhard Rühm, Günter Vallaster, Heinz Gappmayr, Ilse Kilic, Ingo Springenschmid, Josef Bauer, Jörg Piringer, Lenore Linza, Liesl Ujvary, Lisa Spalt, Nikolaus Scheibner, Valeri Scherstjanoi und Werner Herbst.

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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