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Franzobel: Österreich ist schön.

Ein Märchen.
Wien: Zsolnay, 2009.
187 Seiten; geb.; Euro 18,40.
ISBN 978-3-552-05473-8.

Projektpartner: readme.cc - Neue Literatur aus Österreich

Link zur Leseprobe

Kein Märchen: Seit Franzobel im Jahr 1995 in Klagenfurt den Ingeborg Bachmann-Preis gewonnen hat, ist er im deutschsprachigen Raum berühmt geworden. Sozusagen über Nacht.
Von heute auf morgen bekannt geworden ist auch Arigona Zogaj, die "heilige Jungfrau der Integration" (Franzobel), ein aus dem Kosovo stammendes Mädchen, das mit seiner Familie – nach fünf Jahren (!) Aufenthalt im Land – aus Österreich abgeschoben werden sollte. Diese fremdenpolizeiliche Maßnahme hat die Gesellschaft der ehemaligen "Insel der Seligen" polarisiert. Auf der einen Seite standen Leute, die man kurzerhand als Ausländerfeinde apostrophiert hat, und auf der anderen die Mitglieder der Menschlichkeits-Partei, zu denen auch Franzobel zählt. Selbst der Gemeinderat der Kommune Frankenburg in Oberösterreich setzte sich zunächst für die Familie ein; später kippte die Stimmung in eine unfreundlichere Richtung.

Franzobel hat die Arigona-Geschichte auf die ihm eigene Art literarisiert: Albin, Albona, Alfred, Alban und ihr Vater Devat Zogaj werden im Herbst 2007 in ihre Heimat zurückgebracht. Die damals fünfzehnjährige Schwester und Tochter Arigona taucht unter, droht mit Selbstmord und kann tagelang nicht aufgefunden werden.
Nach ihrem Auftauchen hilft ihr und ihrer psychisch kranken Mutter der mittlerweile ebenso bekannt gewordene Pfarrer von Ungenach, der inzwischen an den Grundfesten des römisch-katholischen Zölibats rüttelt.
Franzobel zieht in seinem Arigona-Essay einige sehr bildhafte Vergleiche, beispielsweise meint er, "Ungenach ist das oberösterreichische Klagenfurt." Oder analysiert treffend die österreichische Gesellschaft, wenn er schreibt: "In Österreich hat man noch immer Angst, die anderen, die Türken, die Slowenen, die Moslems, könnten eines Tages das Land übernehmen und die Österreicher versklaven. Die Österreicher, fürchten die Österreicher, die alle Czerny, Prohaska, Zilk, Kalina, Novotny, Belovic, Spera oder ähnlich heißen, werden aussterben. Daher braucht es ein Artenschutzprogramm für Österreicher, sonst sind sie irgendwann verschwunden."

In das Arigona-Schutzprogramm schalten sich Politiker ein, letztlich hilft dem Mädchen nur einer wirklich, der die Kirche eines schönen Tags vielleicht doch noch in Fragen der Keuschheit revolutionierende Priester Josef Friedl. Dieser sieht sich nach der Asyl-Gewährung mit Kirchenaustritten konfrontiert. Gerüchte über eine Schwangerschaft des Mädchens aus dem Kosovo kursieren. Es wäre wohl verwunderlich gewesen, wenn sie nicht aufgekommen wären. Doch Österreich ist auch anders: Freunde und Nachbarn werden initiativ und setzen sich für die Menschenwürde ein. Arigona lebt bis heute in Oberösterreich.

Franzobel nennt sein Buch im Untertitel "Ein Märchen", es geht aber, meine ich, um eine wahre Geschichte, die er aus dem "Land der Zwerge, Land der Keller, Land der Knödel mit Saft" erzählt. Er hat Heime aufgesucht und mit Asylwerbern Gespräche geführt, ebenso mit Arigona und den Inhabern der Hausrucker Stammtischstammplätze.
Der Autor selbst beharrt, es handle sich tatsächlich um ein Märchen, und sagt zur Begründung klipp und klar: "Arigona ist eine Märchenfigur, ein armes und unschuldiges Mädchen, das ihre Familie verliert, in einer Welt leben muss, die ihr feindselig gegenübersteht. Sie muss Prüfungen bestehen, hofft auf Wunder und darf am Ende gar in einem Schloss wohnen. Und das alles in einem märchenhaft schönen Land, in dem viele Wölfe und Zwerge wohnen." (Kurier, 28. Juli 2009, S. 25.)

In seinem neuen Buch legt Franzobel zwei Texte vor, den persönlichen Essay "Der Fall Arigona Zogaj" zum Thema Migration und das Schauspiel "A Hetz oder Die letzten Tage der Menschlichkeit", in dem er den Menschen und Menschenfreunden – wie vor Jahrzehnten Karl Kraus – "aufs Maul schaut". Zwei Schriften, bei denen eines sicher ist, sie sind weder uninteressant noch unwichtig.

Janko Ferk
18. August 2009

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

 

 

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