logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   

Dezember
Mo Di Mi Do Fr Sa So
48 26 27 28 29 30 01 02
49 03 04 05 06 07 08 09
50 10 11 12 13 14 15 16
51 17 18 19 20 21 22 23
52 24 25 26 27 28 29 30
1 31 01 02 03 04 05 06

FÖRDERGEBER

  BMUKK

  Wien Kultur

JAHRESSPONSOR

  paperblanks
kopfgrafik mitte

Gert Jonke: Alle Gedichte.

Herausgegeben und mit einem Nachwort von Klaus Ammann.
Salzburg, Wien: Jung und Jung, 2010.
158 Seiten; geb.; Euro 20,-.
ISBN 978-3-902497-65-9.

Link zur Leseprobe

Schön langsam kommt alles von Gert Jonke gesammelt heraus, zuerst "Alle Stücke" (Jung und Jung 2008) und nun "Alle Gedichte". Der – nach Wien und in die Welt ausgewanderte – Kärntner war eine wahrhaftige Dichter-Existenz, etwas mehr als ein Homme de lettres und vielleicht etwas weniger als ein literarisches Universalgenie, wobei er Leben und Schreiben immer mehr zu einer Einheit zusammenfügte, was ihn zu einem konsequenten Künstler formte. Vor allem war er ein Sprachzauberer, was zuallererst in seinem – auch von ihm selbst unübertroffenen – Roman "Der ferne Klang" (1979), wofür er im Jahr 1977 mit dem Ingeborg Bachmann-Preis ausgestattet wurde, deutlich wurde.

Gert Jonke war zweifellos ein ausgezeichneter Prosaschriftsteller, als Lyriker aber eher unbekannt. Natürlich hat er Zeit seines Lebens einige Gedichte veröffentlicht, in Anthologien sowie in der "Brücke" und den "manuskripten", doch wäre es keinem Literaturwissenschaftler oder -kritiker eingefallen, in Gert Jonke tatsächlich einen Lyriker zu sehen, wohl aber einen Dichter.
Das poetische Universum dieses multiplen Talents kannte keine Gattungen und keine Grenzen. Seine Prosa war über weite Strecken lyrisch, seine Gedichte sind teilweise in Prosa verfasst. Gesagt sei aber, dass er – wie viele andere Schriftsteller – als Lyriker begonnen hat. Seine ersten Veröffentlichungen mit sechzehn Jahren waren Gedichte. Nach dem lyrischen Debut hat Jonkes Vormund ihm das Schreiben und Veröffentlichen verboten. Gert Jonke dagegen hat nie wieder aufgehört zu schreiben und zu veröffentlichen.

Das Buch enthält sämtliche Gedichte, die im Zug einer Recherche ermittelt und gefunden werden konnten, so "Jugendwerke", Gedichte, die er ab dem Jahr 1970 selber als solche definiert und publiziert hat, sowie lyrische Passagen aus seinen Theaterstücken.
Bei der Veröffentlichung wurde, wie es in einer Anmerkung heißt, Jonkes Rechtschreibung "respektiert", lediglich für das scharfe S wurde die neue Rechtschreibung gebraucht. Offensichtliche Fehler in den Druckvorlagen, heißt es weiter, seien behutsam korrigiert worden. Im Buch finden sich auch die Nachweise für den Erstdruck, was in der inhaltlichen Navigation weiterhilft.

Gert Jonke hat seine Gedichte, wenn man ihn mit seinen Worten auslegen darf, in "einer neuen Sprache" geschrieben, in "deren Gedankenreiseverkehrsnetz unsere Verständnisexpeditionen weiter gelangten als in eine vorausgebreitet fernere Erinnerungsprovinz" (S. 125). Seine "Segel" blähen sich vor "Ausdrucksklangbereiche(n)", die anderen AutorInnen fremd sind und nie vertraut sein werden. Und dennoch schreibt er keine "unbekannte Sprache", sondern eine höchst genaue, deren Einfallsreichtum einen von Vers zu Vers erstaunt.

Die "Empfindungsklanghaut", die Jonke wächsen lässt, fügt sich aus "durchsichtigen Silbenlautschleiern" zusammen, wenn es beispielsweise heißt: "AUF DEN TELEGRAPHENDRÄHTEN/ sitzen diese Vögel/ und zeigen dem/ heutigen Abendwind/ den Fortgang/ seiner Melodie" (S. 53).
Gert Jonkes Gedichte, die er seit den frühen Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts und bis zu seinem Tod im Jahr 2009 geschrieben hat, machen eine Sprache lesbar, "deren Redewendungskarawanen vor uns das Feld räumten, ehe ihre flinken Lichtzeichensignalsätze von uns in den Mund genommen" (S. 126) und verschluckt werden. Es ist eine Sprache, die wir, die Leser nämlich, nicht überreden können, die sich aber vom Sprachkönner Gert Jonke überreden hat lassen.

Gert Jonke ist und bleibt aber auch nach "Alle(n) Gedichte(n)" ein ganz großer österreichischer Prosaschriftsteller, dessen "Geometrischer Heimatroman", "Der ferne Klang" und "Erwachen zum großen Schlafkrieg" aus der deutschsprachigen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts nicht wegzudenken sind. Er ist neben vielen KönnerInnen seiner Zeit der einzige Zauberer.

 

Janko Ferk
17. März 2010

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

Suche in den Webseiten  
Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
SLAM B

Fr, 11.01.2013, 20.00 Uhr Poetry Slam Über 160 SlammerInnen – im Alter zwischen 14 und 77 Jahren...


Ausstellung
Herbert J. Wimmer ROTOPOST ROTOSPOT

LICHT & LITERATUR AUFNAHMEN 16.01.2013-21.03.2013


Tipps
flugschrift

Ein Zeitschriftenprojekt des Autors Dieter Sperl in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Wien und...


Der Erich Fried Preis 2012 ging an Nico Bleutge

Der deutsche Dichter Nico Bleutge erhielt am 25. November den mit 15.000 Euro dotierten Erich...