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Manfred Rumpl: Ein Echo jener Zeit.

Roman.
Graz-Wien: Literaturverlag Droschl, 2012.
232 Seiten; geb.; Euro 19,-.
ISBN: 9783854208280.

Link zur Leseprobe

Ein Echo kommt manchmal unverhofft. So ergeht es auch der jungen Journalistin Martha, die als „Strafaufgabe“ für ihre Zeitung über einen Naziverbrecher schreiben soll, der in Syrien sein Exil gefunden hat.
Martha glaubt, sich um aktuellere, wichtigere Dinge kümmern zu müssen. Was interessieren sie die Geschichten von damals? Was hat das heute noch für eine Bedeutung? Wurden diese Verbrechen, diese dunkle Zeit nicht genügend aufgearbeitet? Fragen, die sich wohl viele junge Menschen heute stellen, die von einer älteren Generation mit einer Gedenkkultur konfrontiert werden, für die sie sich selbst nur noch wenig begeistern können. Schließlich gibt es genug aktuelle politische Verbrechen. Doch im Laufe des Romans entdeckt Martha, wie eng ihr eigenes Schicksal durch die Verstrickung ihrer Großmutter mit eben diesem Nazi verbunden ist und wie eine junge Generation von Nazis an die Verbrechen der Alten anknüpft.

Rumpl möchte ein aktuelles Buch schreiben. So bringt er fast tagesaktuelle Geschehnisse wie die Kämpfe des Assad- Regimes gegen Rebellen oder das Erstarken ungarischer Neonazigruppen in seinen Roman ein. Das Internet spielt eine wichtige Rolle, vor allem auch die Differenzen einer klassischen, an den Printmedien geschulten Journalistengeneration und einer neuen Netzjournaille. Aber auch eher private Geschichten einer Familie sind ein wichtiger Teil des Buchs. Rumpl verbindet alles miteinander und deckt damit die Vielschichtigkeit und Komplexität des Lebens auf, in dem man sich nicht so einfach von der Geschichte distanzieren kann. Doch leider ist durch die vielen unterschiedlichsten Handlungsbenen kaum Raum geblieben, die Personen eingehender zu schildern. Viele interessante Ansätze werden zu schnell und simpel abgehandelt.

Konflikte zwischen Generationen, zwischen den Geschlechtern, Familienprobleme ebenso wie dubiose Internetrechercheure, die sich suspekter verhalten als die Neonazis bei kospirativen Treffen auf dem Land - dies sind nur einige Beispiele, die man alle gerne viel deutlicher ausformuliert sehen würde und die teilweise den Stoff für einen eigenen Roman abgegeben hätten. So wirkt dann manches in der Kürze zu klischeehaft.
Wenn zum Beispiel die Enkelin der Täter den Enkel eines Opfers vor der ehemaligen Sammelstelle für Juden in Wien liebt, so kann das im Leben zwar durchaus vorkommen, in einem Roman wirkt dies aber einfach zu konstruiert.

Ein anderes Beispiel ist die Geschichte eines Renees, eines jungen weiblichen Skinheads. Sie liebäugelt mit den Neonazis, weil sie eine provokative Kraft in der Ödnis eines Dorfes bieten. Doch ihre Läuterung wird zu schnell abgetan. Ein, zwei aufklärende Gespräche über die braune Vergangenheit ihres Dorfes und wie sehr ihre eigene Familie darunter gelitten hat, und schon distanziert sie sich vom rechten Gedankengut. Wenn das immer so einfach wäre! Wichtig ist Martha, und wohl auch dem Autor, dass sie sich wieder ordentlich anzieht, „Kleider machen eben doch Leute.“ Schade, dass in dem Roman kein Platz war, einen solch psychologisch hochkomplizierten Prozess bei einem Teenager näher zu beschreiben.

So will Manfred Rumpl oft zu viel auf zu wenig Seiten. Man kann es verstehen. Es ist ein Thema, das vielschichtig und kompliziert ist und trotz seiner auf den ersten Blick abgeschlossenen Thematik brandaktuell bleibt.
Einen Kunstgriff hat sich der Autor gegönnt, um seinen Roman zu gestalten. Über den fast 100-jährigen Nazi in Syrien, der sich auf die Rückkehr in seine Heimat vorbereitet, wird nur im Präsens geschrieben. Die junge Journalistin beschreibt zwar ihre Gedanken und Erlebnisse in der Ich-Form, allerdings in der Vergangenheit. So ist seltsamerweise  manchmal der Nazi, obwohl er nur in der Vergangenheit lebt, greifbarer als Martha, die junge, engagierte Journalistin. Ein Stilmittel, das beim Leser Überlegungen über seine eigene Distanz und den eigenen Umgang mit Geschichte und neuen Nazis fördert.

Was Manfred Rumpl mit diesem Buch vortrefflich gelingt, ist das Gefühl einer Generation zu schildern, die glaubt, dass sie der Nationalsozialismus nicht mehr berühren oder interessieren müsse. So denkt seine Heldin auch: „Mich frustrierte die Last einer Geschichte, die keineswegs meine Billigung fand und trotzdem mein Leben erschwerte.“ ( S. 192)
Manfred Rumpl deckt auf, dass gerade durch unsere Ignoranz gegenüber diesen Problemen die Neonazis ihre ideale Entfaltungsmöglichkeit finden. Hier wird dieses Buch leider brandaktuell. Denn wie wir aus jüngster Zeit wissen, ertönen die Echos jener Zeit wieder verstärkt.

Spunk Seipel
27. August 2012


Originalbeitrag
Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

 

 

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